Antipolitisches Denken in Deutschland im diachronen Vergleich

Norbert Elias – Zwischen „Zivilisation und Gewalt“


Referat (Ausarbeitung), 2008

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsübersicht

1. Einleitung

2. Theorie von Zivilisation und Gewalt
2.1 Gesellschaftliche Pazifizierung
2.1.1 Individuelle Pazifisierung
2.1.2 Inter- und Intrastaatliche Pazifizierung

3. Beispiele innerhalb der deutschen Geschichte
3.1 Die Gründung des Deutschen Reiches
3.2 Der Erste Weltkrieg und die Kriegsbegeisterung
3.2.1 Die „Etablierten-Außenseiter-Theorie“
3.3 Weimar und die Gründung der Freikorps
3.3.1 Freikorps in Deutschland
3.2.2 Freikorps und der Kampf im Baltikum
3.4 Bundesdeutscher Terrorismus

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die folgende Referatausarbeitung setzt sich mit dem scheinbar dualistischen Verhältnis zwischen Zivilisation und Gewalt auseinander. Der zugrunde liegende Primärtext ist das Kapitel „Zivilisation und Gewalt“ aus dem Werk „Studien über die Deutschen – Machtkämpfe und Habitusentwicklung im 19. und 20. Jahrhundert“ von Norbert Elias.

In dem vorliegenden Kapitel beschäftigt sich Elias mit der Pazifizierung der Gesellschaft, zeigt den zugrunde liegenden Prozess auf und analysiert unter diesem Aspekt Epochen der deutschen Geschichte.

Die nachfolgende Ausarbeitung beginnt mit der Darstellung des allgemeinen intra- und interstaatlichen Pazifizierungsprozesses sowie der Analyse des Verhältnisses von Zivilisation und Gewalt.

Anschließend werden verschiedene Epochen der deutschen Geschichte unter diesen Gesichtspunkten vergleichend dargestellt und untersucht. Neben der Zeit der Gründung des Deutschen Reiches, auch die Kriegsbegeisterung zu Beginn des Ersten Weltkrieges, die Zeit der Weimarer Republik und die Zeit des aufkommenden Terrorismus in der Bundesrepublik. Das Fazit fasst die Ergebnisse abschließend zusammen.

2. Theorie von Zivilisation und Gewalt

Norbert Elias zufolge ist der Prozess der Zivilisation zu keinem Zeitpunkt vollständig abgeschlossen. Er setzt sich in der stetigen Weiterentwicklung der Gesellschaft fort. Ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen Pazifizierung und Gewalt innerhalb einer Gesellschaft ist dementsprechend ganz normal.[1]

2.1 Gesellschaftliche Pazifizierung

Persönliche und soziale Konflikte gehören zur Normalität des Zusammenlebens. Es kommt jedoch darauf an, inwieweit die Menschen in der Lage sind, ihre Konflikte und vorhandene Probleme ohne die Anwendung von Gewalt zu lösen.[2]

„Wie ist es möglich, dass so viele Menschen normalerweise friedlich miteinander leben können, ohne Furcht, von Stärkeren ge- oder erschlagen zu werden – so friedlich wie das in den großen Staatengemeinschaften Europas, Amerikas, Chinas oder Russlands in unseren Tagen gewöhnlich der Fall ist.“ (Elias, 2005, 256f.)

Elias bevorzugt es, diese Frage zu stellen, anstatt, wie es denn möglich sei, dass in einer Gesellschaft überhaupt Gewalt angewandt wird, und Menschen ihren Mitmenschen Gewalt antun. Noch nie haben in der Geschichte so viele Individuen friedlich zusammengelebt – unter weitestgehender Deaktivierung körperlicher Gewalt. Das Gewaltniveau ist demnach auf einem sehr geringen Level angesiedelt, im Vergleich zu anderen Epochen.[3]

Wie kommt eine derartige Pazifizierung zustande, da man ja davon ausgehen kann, dass Konfliktpotential, welches im normalen Zusammenleben von Menschen aufkommt, immer vorhanden ist. Die Antwort auf die Frage ist das organisierte Zusammenleben von Individuen in modernen Staaten, die das Gewaltmonopol für sich in Anspruch nehmen, und mittels autorisierter Gruppen die Bürger an der Ausübung von Gewalt hindern können. Die Monopolisierung von Gewalt ist nicht als eine geplante und gelenkte Errungenschaft zu verstehen, sondern vielmehr als ein ungeplanter, sich stetig weiterentwickelnder und noch längst nicht abgeschlossener Prozess.[4]

Das janushäuptige Problem des staatlichen Gewaltmonopols liegt in der Balance zwischen den „Funktionen für seine Kontrolleure und der Funktion […] für die Staatsbevölkerung“. Die Gewichtung hat sich seit Ludwig XIV. stetig zugunsten der Gesamtgesellschaft verschoben, da teilweise die Kontrolleure der Gewalt ebenfalls einer Kontrollinstanz unterliegen.[5]

2.1.1 Individuelle Pazifisierung

Reagieren Babys und Kleinkinder, egal aus welchem gesellschaftlichen System sie stammen, auf ihnen unangenehme Situationen mit Strampeln, was nichts anderes ist, als die Abwehr potentieller Gefahren mit Händen und Füßen, entwickelt sich im Laufe des Heranwachsens ein Tabu gegenüber der Anwendung von Gewalt, welches durch die moderne Gesellschaft geprägt ist.

Die Tabuisierung von Gewalt in modernen Staaten ist begründet durch das funktionierende Gewaltmonopol. Hierbei handelt es sich um einen Prozess, dessen Entwicklungslinie sich gut zurückverfolgen lässt. War es im 19. Jahrhundert noch verbreitet und selbstverständlich, dass Männer ihre Frauen und Kinder schlugen, veränderte sich dies im Laufe der Zeit und es wurde zu einem Tabu und einer geächteten Handlung familiäre Gewalt anzuwenden. Aus einem bis dahin herrschenden Fremdzwang entwickelte sich ein Selbstzwang.[6]

2.1.2 Inter- und Intrastaatliche Pazifizierung

Auf Grund des historischen Entwicklungsprozesses hat sich ein hohes intrastaatliches Gewaltmonopol entwickelt. Aufrechterhalten wird dies innerhalb der Staaten durch Organe der autorisierten Gewalt, wie Polizeikräfte oder auch Militär.[7]

Da solche Instanzen im interstaatlichen Raum – sprich in der Interaktion verschiedener autonomer Staaten miteinander – allerdings fehlen, ist das Niveau der Pazifizierung auf dieser Ebene nicht annähernd nicht so hoch einzuschätzen. Wie in früheren Zeiten haben schwächere Staaten noch immer mit der Gefahr zu leben, dass sie von mächtigeren Staaten angegriffen, okkupiert und gegebenenfalls eingegliedert werden. So versucht jeder Staat eine möglichst machtvolle Stellung einzunehmen. Dieser Prozess, der sich durch gegenseitige Furcht und Bedrohung definiert, wird von Elias als Doppelbindereffekt bezeichnet. Hegemonialkämpfe sind auf interstaatlicher Ebene Normalität, da keine übergeordneten Kontrollinstanzen existieren.[8]

[...]


[1] Vgl. Elias, 2005, S. 255

[2] Vgl. a.a.O. 2005, S. 255f.

[3] Vgl. a.a.O. 2005, S. 256

[4] Vgl. Elias, 2005, S. 257f.

[5] Vgl. a.a.O. 2005, S. 259

[6] Vgl. a.a.O. 2005, S. 260

[7] Vgl. Elias, 2005, S. 260

[8] Vgl. a.a.O. 2005, S. 261

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Antipolitisches Denken in Deutschland im diachronen Vergleich
Untertitel
Norbert Elias – Zwischen „Zivilisation und Gewalt“
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
15
Katalognummer
V115662
ISBN (eBook)
9783640215584
ISBN (Buch)
9783640215744
Dateigröße
542 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Antipolitisches, Denken, Deutschland, Vergleich
Arbeit zitieren
Tobias Meints (Autor:in), 2008, Antipolitisches Denken in Deutschland im diachronen Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115662

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