Im Schatten der Elite - Idee, Verlauf sowie Kritik an der Exzellenzinitiative


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

21 Seiten, Note: Befriedigend


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung / Definitionsversuch

2. Entstehungsgeschichte
2. Notwendige sowie kritische Fragestellungen

3. Die Gegenstände der Förderung
3.1 Graduiertenschule
3.2 Exzellenzcluster
3.2 Zukunftskonzepte

4. Zeitlicher Verlauf
4.1 Ergebnis der ersten Ausschreibungsrunde
4.2 Ergebnis der zweiten Ausschreibungsrunde

5. Begutachtungs- und Entscheidungsverfahren

6. Das Märchen von der Chancengleichheit

7. Steigerung der sozialen Selektivität

8. Die Elite und sein Fußvolk

9. Fazit

1. Einleitung / Definitionsversuch

Die Funktion von gesellschaftlichen Führungsgruppen wurde schon immer kontrovers diskutiert. Mit der längst begonnenen Umsetzung der Exzellenzinitiative ist hierbei aber erneut Öl ins Feuer gegossen worden. Zurecht stellt man sich die Frage, ob und wofür Deutschland eigentlich eine wissenschaftliche Elite benötigt. Haben Eliten nicht einen erhöhten Einfluss auf die Gesellschaft und passen somit nicht in unser demokratisches Politikverständnis (vgl. www.uebergebuehr.de/uploads/me dia/AKBp_Elitebegriff.pdf)?

Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass dieser Begriff lange Zeit tabuisiert und stattdessen eher eine mildernde Wortwahl wie beispielsweise „Spitzenuniversität“ oder „Leuchttürme der Wissenschaft“ bevorzugt worden ist. Den unangenehmen Beigeschmack hat der Ausdruck sicherlich im höchsten Maße seiner Vergangenheit zu verdanken. Darüber hinaus kann eine schleichende Umbenennung keine Änderung der zugrunde liegenden Idee zur Folge haben, ganz gleich wie es formuliert wird. Bevor in dieser Hausarbeit der eigentliche Gegenstand der Exzellenzinitiative präziser dargestellt wird, lohnt es sich den Elite- Ausdruck von einem geschichtlichen Standpunkt zu betrachten. Obwohl dieser bereits seit Anbeginn des politischen Denkens existiert, ist der eigentliche Begriff erst ca. 200 Jahre alt und bedeutet etymologisch gesehen soviel wie „Auswahl“ (lat.: eligere). Heute ist unser Eliteverständnis hauptsächlich von der Vorstellung des eigenständigen (!) Aufstiegs weniger Menschen in eine gesellschaftlich führende Gruppe geprägt. Diese werden als sog. Leistungselite definiert, wohingegen Menschen, die diese Position auf Grund von politischen, ökonomischen und/oder gesellschaftlichen Privilegien für sich beanspruchen, zu den sog. Herkunfts- bzw. Besitzeliten zählen. Relativ spontan bringt man letztere mit dem klassischen Adel in Verbindung, der so in seiner alten Tradition jedoch nicht mehr existiert. Ferner wurde der Elitebegriff aber auch von einem ideologischen Standpunkt heraus interpretiert. So berief sich das nationalsozialistische Regime auf die Herrschaft bzw. Überlegenheit der arischen Rasse über den Rest der Welt (vgl. www.uebergebuehr.de/uploa ds/media/AKBp_Elitekritik.pdf).

So unterschiedlich die verschiedenen Definitionen auch sein mögen, lässt sich darin aber ein wiederkehrendes und allgemeingültiges Muster erkennen: Die permanente Abspaltung einer kleinen Gruppe von der Masse. Letztere wird in diesem Zusammenhang häufig als Gegenbegriff zur Elite benutzt. Die wesentliche Frage dabei ist allerdings, ob wirklich allein die eigenständig erbrachte Leistung den heutigen Elitebegriff bestimmt oder ob die Grenze zwischen Leistungs- und Herkunftselite fließend ist (ebd.). Dies am Beispiel der Exzellenzinitiative zu klären ist ein Anspruch der zugrunde liegenden Hausarbeit. Zuvor soll jene jedoch von offizieller Seite beleuchtet, und dabei auf ihre Entstehungsgeschichte, Fördergegenstände, Verlauf, Entscheidungsverfahren und Ergebnisse eingegangen werden. Die danach folgenden Kapitel orientieren sich im Wesentlichen an den Aussagen Dr. Michael Hartmanns - welcher Professors der Soziologie mit Forschungsschwerpunkt Elitenrekrutierung an der Technischen Universität Darmstadt ist - und setzen sich daher sehr kritisch mit (den möglichen Folgen) der Exzellenzinitiative auseinander.

2. Entstehungsgeschichte

Rückblickend betrachtet hat die Exzellenzinitiative ihren Ursprung in dem damaligen Vorschlag Gerhard Schröders bzw. der SPD zehn deutsche Universitäten nach dem amerikanischen Vorbild als internationale Spitzen- bzw. Elitehochschulen zu etablieren. Dabei ging es ursprünglich weniger um das gezielte Privilegieren vorbestimmter Universitäten, sondern um die Durchführung eines allgemeinen Leistungswettbewerb auf höchstem Niveau, der ausgeschrieben werden sollte, um diejenigen Universitäten zu ermitteln, die „weltweit strahlen“ und die „klügsten Köpfe“ vorweisen oder für sich gewinnen können. „Brain Up! Deutschland sucht seine Spitzenuniversitäten“, lautete die Devise des damaligen Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Ernst-Ludwig Winnacker. Großer Wert wird hierbei auf den Grundsatz der Chancengleichheit aller deutschen Hochschulen bei der Auswahl zur Elite gelegt. Folglich entstand die „Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen“ so der vollständige Name – welche, durch die Vereinbarung am 23. Juni 2005 legitimiert, dem Problem der chronischen Unterfinanzierung und der damit verbundenen Schwächung deutscher Universitäten entgegenwirken und gleichzeitig die internationale Wettbewerbsfähigkeit verbessern soll. Diese „Leuchttürme der Wissenschaft“ sollen die Bildungslandschaft erhellen und die angedeutete Misere beheben. Wie der vollständige Titel aber bereits deutlich macht, zielt die Förderung ausschließlich auf Wissenschaft und Forschung ab während die Begünstigung von Ausbildung und Lehre de facto leer ausgeht. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat wurden mit der organisatorischen Abwicklung und der wissenschaftlichen Begutachtung bzw. Begleitung der Exzellenzinitiative beauftragt (vgl. Winnacker 2005: 2). Die hierfür bereitgestellten Geldmittel in Höhe von insgesamt 1,9 Mrd. Euro werden von Bund und Ländern durch die Versteigerung der UMTS Lizenzen über einen Zeitraum von fünf Jahren (2006 bis 2011) finanziert. Soweit das theoretische Fundament.

2.1 Notwendige sowie kritische Fragestellungen

Ob die Exzellenzinitiative allerdings das erreicht, was sie sich zum Ziel gesetzt hat, darf stark bezweifelt werden. Beruht der Grundsatz auf Chancengleichheit im Wettbewerb letztendlich nur auf theoretischen Begebenheiten? Ist diesbezüglich ausschließlich das offizielle Kriterium der Leistung bei der Selektion ausschlaggebend? Gehört man nach einer erfolgreichen Auswahl direkt zur wissenschaftlichen Elite und welche Konsequenzen gibt es für die soziale Zugänglichkeit des deutschen Universitätssystems? Sprich: Wohin führt uns die akademische Zwei- Klassen-Gesellschaft? (vgl. Hartmann 2006a: 448).

3. Die Gegenstände der Förderung

Im Laufe weniger Monate kam es zu einer Konkretisierung des Programms, das nämlich aus drei Säulen bestehen sollte: Sowohl aus der Bezuschussung von Graduiertenschulen und Exzellenzclustern (1. + 2. Förderlinie) als auch von Zukunftskonzepten zur Optimierung der Rahmenbedingungen (3. Förderlinie).

Gefördert werden 39 (von 40 geplanten) Graduiertenschulen mit jeweils durchschnittlich 1 Million Euro pro Jahr und 37 (von 30 geplanten) Exzellenzcluster mit jeweils durchschnittlich 6,5 Millionen Euro pro Jahr. Zudem wird ein pauschaler Zuschlag in Höhe von 20 Prozent der Fördersumme zur Deckung der mit der Förderung verbundenen indirekten Ausgaben bereitgestellt. Die Förderung in der dritten Förderlinie (Zukunftskonzepte) setzt die Einrichtung von mindestens einem Exzellenzcluster als auch einer Graduiertenschule voraus. Diese ist mit durchschnittlich 21 Millionen Euro pro Jahr am lukrativstem. Der Förderzeitraum beträgt jeweils immer fünf Jahre. Die genauen Förderbedingungen wurden weitgehend unter Berücksichtung der von Bund und Ländern beschlossenen idealen Bewertungskriterien (siehe 3.1 bis 3.3) festgelegt. Universitäten konnten in zwei Ausschreibungsrunden Förderanträge einreichen. Die Beteiligung außeruniversitärer Einrichtungen war ausdrücklich erwünscht. Die Bewilligungen der ersten Ausschreibung wurden im Oktober 2006 ausgesprochen. Die Förderungen der zweiten Runde wurden im Oktober 2007 entschieden. Die Antragsstellung erfolgte in zwei Stufen (Antragsskizzen und Vollanträge). Antragsskizzen und Vollanträge wurden im Rahmen international besetzter Gutachterpanels beurteilt (Quelle: www.dfg.de/forschungs foerderung/koordinierte_programme/exzellenzinitiative/allgemeine_inform ationen.html).

3.1 Graduiertenschulen

Die Graduiertenschulen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sind ein wesentlicher Beitrag zur Profilierung und Herausbildung wissenschaftlich führender, international wettbewerbsfähiger und exzellenter Standorte in Deutschland. Sie dienen der Ausbildung von DoktorandInnen in einem eingegrenzten Themenspektrum bzw. Forschungsumfeld unter hervorragenden wissenschaftlicher Begleitung und erstklassigen Rahmenbedingungen. Die Forschung der beteiligten Professoren tritt hierbei in den Hintergrund, während die Forschung der DoktorandInnen im Vordergrund steht.

Graduiertenschulen bieten somit innerhalb eines breiten Wissenschaftsgebietes optimale Promotionsbedingungen und fördern als international sichtbare und integrative Einrichtungen die Identifizierung der beteiligten Promovierende mit dem jeweiligen Standort (ebd.).

3.2 Exzellenzcluster

Mit den Exzellenzclustern zur Förderung der Spitzenforschung sollen an deutschen Universitätsstandorten international sichtbare und konkurrenzfähige Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen etabliert und dabei wissenschaftlich gebotene Vernetzung und außeruniversitäre Kooperation ermöglicht werden. Es geht im Wesentlichen nicht darum, ein bestimmtes Teilgebiet eines Faches zu bearbeiten, sondern vielmehr 25 hervorragend ausgewiesene Wissenschaftler (sog. Forschungsverbunde) zu einem Thema von gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Relevanz zusammenzubringen, das - wie bereits erwähnt - gemeinsam bearbeitet wird. Dabei sind strukturelle Auswirkungen auf das organisatorische Gefüge einer Universität ausdrücklich gewollt. Die Exzellenzcluster sollen wichtiger Bestandteil der strategischen und thematischen Planung einer Hochschule sein, ihr Profil deutlich schärfen und Prioritätensetzung verlangen. Zusätzlich sollen sie für den wissenschaftlichen Nachwuchs exzellente Ausbildungs- und Karrierebedingungen schaffen (ebd.).

3.3 Zukunftskonzepte

Die Zukunftskonzepte zum projektbezogenen Ausbau der universitären Spitzenforschung haben zum Ziel, die Forschung in Deutschland zu intensivieren und international konkurrenzfähiger zu machen. Gegenstand der Förderung sind alle Maßnahmen, welche die Universitäten in die Lage versetzen, ihre international herausragenden Bereiche nachhaltig zu entwickeln und zu ergänzen sowie sich als Institution im internationalen Wettbewerb im Spitzenfeld zu etablieren. Allgemeiner formuliert umfasst ein Zukunftskonzept also die Beschreibung einer langfristig geplanten universitären Entwicklung in der Forschung, was das Setzen von Schwerpunkten auf bestimmte Themengebiete mit sich führt. Insgesamt werden daher Ziele für die gesamte Universität definiert und ferner der Weg dorthin beschrieben, also ein strategischer Verlauf festgelegt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Im Schatten der Elite - Idee, Verlauf sowie Kritik an der Exzellenzinitiative
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Veranstaltung
Hochschule 2.0 (Hauptseminar)
Note
Befriedigend
Autor
Jahr
2007
Seiten
21
Katalognummer
V118340
ISBN (eBook)
9783640214853
Dateigröße
536 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schatten, Elite, Hochschule
Arbeit zitieren
Alexander Schneider (Autor:in), 2007, Im Schatten der Elite - Idee, Verlauf sowie Kritik an der Exzellenzinitiative, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118340

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