Wasserstofftechnologie in großen Offshore-Windkraftanlagenparks


Diplomarbeit, 2004

85 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Offshore-Windenergie

3 Netzanbindung und Inselbetrieb

4 Dezentrale Energieversorgung

5 Speichermedien
5.1 Arten von Speiehermedien
5.2 Flüssigwasserstoff
5.3 Druckwasserstoff
5.4 Metallhydridspeicher
5.5 Carbon-Nanofaserspeieher (CNF)

6 Plattform zur Wasserstofferzeugung
6.1 Allgemeiner Aufbau
6.1.1 Modulare Bauweise
6.1.2 Sammelsehienen
6.1.3 Transformatoren
6.1.4 Gleichrichter
6.1.5 Wasserbedarf und Speisewasseraufbereitung
6.1.6 Elektrolyseur
6.2 Aufbau bei Pipeline-Anbindung
6.2.1 Wasserstofftransport in Rohrleitungssystemen , , , ,
6.2.2 Verdichter und Pipelinetransport
6.2.3 Weiterverarbeitung an Land
6.2.4 Kosten und Effizienz
6.2.5 Transportkostendegression am Beispiel von fünf WEA-Parks und Pipelineanbindung
6.3 Aufbau bei Sehiffstransport
6.3.1 Wasserstofftransport in Transportbehältern
6.3.2 Verdichter und Verflüssiger
6.3.3 Speicher des flüssigen Wasserstoffes
6.3.4 Transport per Schiff
6.3.5 Kosten und Effizienz
6.3.6 Transportkostendegression am Beispiel von fünf WEA-Parks und Schiffstransport

7 Kosten des Wasserstoffes, Effizienzanalyse

8 Finanzplanung von WEA-Parks mit Wasserstoffproduktion

9 Möglichkeiten staatlicher Förderung

10 Zusammenfassung

11 Ausblick

12 Anhang

1 Einleitung

Der Fortschritt geschieht heute so schnell, daß, während jemand eine Sache für gänzlich undurchführbar erklärt, er von einem an­deren unterbrochen wird, der sie schon realisiert hat.[1]

Die wirtschaftliche Nutzung der Windenergie ist in Deutschland Realität geworden. Die ständig wachsende Zahl von Windenergieanlagen (WEA) an Land zeigt sowohl den Nutzen als auch erste Probleme auf, die mit der neuen Technologie einhergehen.

Wichtigster Kritikpunkt an WEA ist die eingeschränkte Netzstabilität, Die Energieerzeugung aus Windkraft und deren Einspeisung in das bundesdeut­sche Versorgungsnetz erfolgen derzeit in Abhängigkeit von zeitlich verän­derlichen Windverhältnissen, Konventionelle Kraftwerke müssen seitens der Energierzeuger vorgehalten werden, um Windernteausfälle abdeeken zu kön­nen und so die Netzstabilität zu gewährleisten. Die Forderung verschie­dener Energieversorger, große Windparks wie Kraftwerke im Verbundnetz zu behandeln, zeigen, welchen Stellenwert Windenergie in der zukünftigen Energieversorgung haben wird. Laut Bundesministerium für Umwelt, Na­turschutz und Reaktorsieherheit (BMU) wird bis zum Jahre 2030 eine in­stallierte Leistung von 25,000 MW im Offshore-Bereieh erreicht sein[2], und somit etwa 85 Mrd, kWh Strom erzeugt.

Grundsätzlich zählen Windenergieanlagen zu den Energiequellen, welche die Entwicklung der Energieversorgung in Deutschland und weltweit nachhalti­ger gestalten sollen.

Der Begriff der Nachhaltigkeit ist im Rahmen der Gesetzgebung über Er­neuerbare Energien (EEG) von zentraler Bedeutung, Er beschreibt die Rah­menbedingungen, unter denen eine umweltsehonende Energieversorgung der Bevölkerung erfolgen sollte, um vor allem langfristige Schäden für folgende Generationen zu vermeiden.

Eine nachhaltige Energieversorgung ist, so das EEG, gekennzeichnet durch

- umweltfreundliche Stofffreisetzung
- Vermeidung von Gefahren und Risiken für Umwelt und Menschen
- Beachtung der Regenerationsfähigkeit der Umwelt

Dieser Anspruch steht in einem großen Missverhältnis zur derzeitigen Ener­gieversorgung, Sie basiert auf einer fast ausschließlichen Nutzung fossiler Brennstoffe, Abb.l. Die jährlich erscheinende Studie der Firma „BP“ über

Struktur des Primärenergieverbrauches in Deutschland 2003 - Stand Jan.2004 (BMU)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Gesamt 3,984,852 TWh (BMU)

den weltweiten Energieverbrauch beschreibt die statistische Reichweite des Rohstoffes Öl, Dabei werden nur die Ölvorkommen berücksichtigt, welche sieh unter gegebenen ökonomischen und technischen Möglichkeiten erschlie­ßen lassen. Die Reichweite liegt bei ea, 40 Jahren[3], wobei die steigende Produktion in den Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern unbe­rücksichtigt bleibt. Die Internationale Energieagentur in Paris zeigt in ihrer Studie „Weltenergie-Ausblick 2002“[4] die ständig steigende Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen auf. Danach muss allein die Europäische Union 2030 doppelt soviel Energie importieren wie im Jahre 2000, Diese Entwicklung verkürzt die erreehnete Reichweite zusätzlich. Die fortschreitende Verknap­pung fossiler Brennstoffe wird begleitet von einem dauerhaften Anstieg des Ölpreises, Der Preisanstieg wird so die Studie mit Erreichen der maximalen Fördermenge beginnen. Dieser Zeitpunkt wird weltweit voraussichtlich zwi­schen 2010 und 2020 erreicht werden,[5]

Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang das Beispiel der derzeitigen Verknappung der Kokskohle[6] in Deutschland, Die bisherigen Lie­feranten aus China konnten aufgrund des gestiegenen Koksbedarfes im ei­genen Lande nicht mehr ausreichend billigen Koks auf dem Weltmarkt an­bieten, Die Folge war ein sprunghafter Ansteig des Kokspreises, Diese Lie- fersehwierigkeiten hatten Auswirkungen auf die Stahl- und Autoindustrie, Letztere reagierte kurzfristig sogar mit einer Drosselung ihrer Produktion, Angesichts der weiter ansteigenden Produktion in China ist auch mittel- und langfristig ein Absinken des Kokspreises nicht wahrscheinlich. In Deutsch­land wird nun nach einem tragbaren Ersatz gesucht für den billigen Brenn­stoff aus China,Die skizzierte Situation wird mit Erreichen des Fördermaximums auch für Erdöl relevant. Wegen der industriellen Entwicklung, vor allem in aufsteigen­den Industrienationen wie Indien und China steigt der Bedarf kontinuierlich weit über die Förderzahlen hinaus an. Dies wird zu einer kontinuierlichen Preissteigerung am Weltmarkt führen.

Deshalb erscheint die Nutzung der Windenergie als Teil einer nachhaltigen Energieversorgung mit Wasserstoff als Energieträger schon heute sinnvoll. Der Übergang hin zu einer Wirtschaft, welche nicht mehr auf der vorran­gigen Nutzung fossiler Brennstoffe basiert, bedarf des Einsatzes erprobter Technik und Erfahrung im Umgang mit den neuen Energiequellen und - trägem. Darüber hinaus ist der Aufbau eines Distributionsnetzes für den neuen Energieträger Wasserstoff sehr zeitaufwändig. Der Übergang hin zum „Wasserstoffzeitalter“ wird Jahrzehnte dauern. Geschieht er so schnell wie der Übergang vom Kohle- zum Erdölzeitalter, dauert der Übergang ungefähr 50 Jahre[7]., Neben den Überlegungen bezüglich neuer Energieerzeugungsmetho­den ist eine drastische Verringerung des Energieverbrauches erforderlich[8].. Die Nutzung der Windenergie auf dem Festland erreichte in Deutschland im Jahre 2003 einen Sättigungsgrad s, Abb, 3, Binnelandprojekte haben unter anderem mit zunehmenden Akzeptanz- und Genehmigungsproblemen zu rechnen[9]., desweiteren sind windgünstige Standorte knapp. Vielverspre­chend erscheint der Aufbau von WEA fernab der Küste, Der Aufbau von WEA auf dem Wasser stellt die Hersteller und Betreiber der Anlagen sowie die Netzbetreiber und die Energieversorgungsunternehmen (EVU) vor große Herausforderungen, Die technisch aufwendige Installation der Anlagen im Wasser sowie der Transport der erzeugten Energie an Land führen zu der Frage, ob der Einsatz der WEA im Offshore[10].-Bereieh technisch sinnvoll und wirtschaftlich tragbar ist.

Die folgenden Arbeit soll für einen gegebenen Windpark mit einer installier­ten Leistung von 400 MW verschiedene Konzepte darstellen, wie die erzeug­te Energie so effizient wie möglich zum Verbraucher transportiert werden kann. Dabei wird an die Arbeit von Köhler angeknüpft[11].. Der Windpark soll sieh innerhalb der „Ausschließlichen Wirtschaftszone Deutschlands“ (AWZ) befinden. Die maximale Entfernung zur Küste beträgt somit 310 km. Diese Arbeit zeigt auf, dass eine direkte Einspeisung der erzeugten Leistung großer WEA-Parks in das bundesdeutsche Stromversorgungsnetz in absehbarer Zeit nicht realisiert werden kann. Zunächst wird auf die Gründe für den Verzicht einer direkten Einspeisung in der Arbeit eingegangen. Die erzeugte Leistung soll dazu verwendet werden, Wasserstoff im WEA-Park auf einer Plattform zu produzieren, um so eine Speicherung von Windenergie zu erreichen. Da­mit wäre die Abkoppelung von Energieerzeugung und -verbrauch erreicht. Im Anschluss daran wird die Energieversorgung der Zukunft skizziert. Auf einen der wichtigsten Begriffe dieser Energieversorgung, der des „Virtuellen Kraftwerkes“, wird in dieser Arbeit näher eingegangen.

Die besonderen Anforderungen an zukünftige Energiespeichersysteme sind Gegenstand der anschließenden Diskussion des geeigneten Speichermediums für die dargestellte Wasserstoffproduktion, Die Speicherung des Wasserstoffes auf der Plattform soll modular erfolgen. Das Prinzip des modularen Aufbaus der Plattform wird dabei dargestellt werden.

Bei der Darstellung des modularen Aufbaus der Plattform wird unterschie­den zwischen den beiden Möglichkeiten des Transportes der Windenergie in Form gespeicherter Energie, als Wasserstoff, Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede werden dargestellt. Der Vergleich wird dann im folgenden er­weitert auf die Frage der Finanzierung großer Offshore-Windparks, Ziel dieser Arbeit ist es, Wasserstoff in direkte Konkurenz zu Erdgas und Erdöl zu stellen mit dem großen Vorteil der Umweltfreundlichkeit bei der Erzeugung und beim Verbrauch, Dabei soll durch den direkten technischen und wirtschaftlichen Vergleich beurteilt werden können, unter welchen Be­dingungen eine der beiden Varianten umsetzbar ist, Nach der erfolgreichen Erschließung von Windenergiestandorten an Land, steht die Windenergiebranche vor einer neuen Herausforderung, Die Nutzung von Windenergie soll nun auch auf dem Wasser erfolgen. Dabei stehen die Vorteile der Offshore-Nutzung noch immer gravierenden technischen und gesellschaftlichen Schwierigkeiten und Vorbehalten gegenüber. Wie in Abb, 2 S, 9 ersichtlich, herrschen die größten Windgeschwindigkeiten in Küstennahe und auf dem Meer, So beträgt die durchschnittliche Windgeschwindigkeit in 50 m Höhe über 8,0 m/s [12].In der Legende der Abb, 2 entspricht Spalte:

1, geschütztem Gelände
2, einer geöffneten Ebene
3, einer Küste
4, an der hohen See
5, den Verhältnissen an Hügeln und an Kanten

, Der Wind weht im Offshore-Bereieh zeitlich konstanter als an Land und es treten keine Verwirbelungen auf, wie sie an Land üblich sind und durch ther­modynamische Strömungseffekte an Wäldern, Siedlungen oder ähnlichem ausgelöst werden. Die Standortwahl für WEA-Parks wird in der Arbeit von Köhler[13] diskutiert. Eine Folgerung von Köhler war die Volllaststundenzahl von 3,800 Stunden, Es wird von Köhler darauf hingewisen, daß real von einer höheren Zahl Volllaststunden auszugehen ist. Der Verzieht auf eine erhöhte Zahl soll die Prognosesieherheit erhöhen,Laut eines Faehbeitrages der Firma ABB[14] liegen dem Bundesamt für See­schifffahrt und Hydrographie (BSH) derzeit über 30 Anträge zur Errichtung von Offshore-Windparks vor. Die geplante Nennleistung nach Abschluss der letzten Ausbauphasen liegt bei 30,000 MW, s.a, Abb, 3,

Das westeuropäische Verbundnetz „Union for the Coordination of Transmis­sion of Electricity “ (UCTE) hat aufgrund der Erfordernisse der Netzstabi­lität die Einspeisung von Erzeugerleistung pro Knotenpunkt auf 3,000 MW limitiert,

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: WEA-Zubau

Derzeit existieren an der Nord- und Ostsee lediglieli fünf Einspeisepunkte, s, Abb, 4 S, 12, Diese sind in der Regel bereits durch die Einspeisung von konventionellen Kraftwerken ausgelastet. Daher kann die Einspeisung in das bundesdeutsehe Stromversorgungsnetz nur durch den Ausbau der bestehen­den Einspeisekapazitäten, bzw, den Neubau weiterer Kapazitäten, gewähr­leistet werden. Neben diesen Maßnahmen ist der Ausbau des Hochspan­nungsnetzes in Xord-Siid-Riehtung erforderlich, aufgrund der notwendigen Durch- bzw, Weiterleitung des im Norden erzeugten Stromes,

Die Ausbauphasen der geplanten Windparks würden im Zeitraum 2010 bis 2020 mehr Energie liefern, als es die derzeit verfügbare Infrastruktur des bundesdeutschen Stromversorgungsnetzes ermöglicht10. Die Weiterlei-[15]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Netzaufbau, Einspeiseknoten in Deutschland

tung der bereits erzeugten Energiemengen erfordert folglich den Ausbau des mittel- und süddeutschen Stromversorgungsnetzes, Die Erweiterung des Stromversorgungsnetzes an Land sowie die Ausdehnung des Netzes zu den Standorten auf See erfordern umfangreiche Investitionen seitens der Xetzbetreiber, Hinzu kommt Forschungsbedarf im Bereich der Drehstromtechnik.

Die Xetzanbindung mittels Drehstromkabel hat den Nachteil, dass für die Übertragung Blindleistungskompensationsanlagen[16] erforderlich werden, Diese müssten in regelmäßigen Abständen entlang der Trassenführung im Offshore-Bereieh errichtet werden, Ihr Abstand verkürzt sieh mit Erhöhung der Ubertragungsspannung, Zur Vermeidung von Blindleistungskompensationsanlagen wird die Über­tragungsspannung auf 150 kV begrenzt. Die maximale Übertragungs­entfernung ist auf 100 km begrenzt. Ein weiterer Nachteil ist, dass bei Kabeln ab einer Länge von 30 km die Verluste im Betrieb stark zunehmen. Der Ef­fekt wird durch den relativ hohen Kapazitätsbelag von Kabeln im Vergleich zu Freileitungen gleicher Leistung ausgelöst. Dies bewirkt bereits im Leer­lauf einen merklichen kapazitiven Strom, den Ladestrom, Er verringert sieh bei steigender Auslastung des Kabels und wird als Selbstauslastung eines Kabels bezeichnet,[17]

Eine deutliche Reduzierung der auftretenden Blindleistung erscheint bei Ein­satz einer „Gasisolierten Übertragungsleitung“ (GIL) möglich. Sie wird in dieser Form von der Firma Siemens angeboten. Die GIL-Technik geht auf die seit 30 Jahren genutzte SF6-Rohrleiterteehnik zurück. Sie besteht aus einem Aluminium-Leiterrohr und einem Aluminium-Mantelrohr, Das Isoliermedi­um ist ein Stiekstoff-SF6-Gemiseh im Verhältnis 80 % zu 20 %. Entfernungen von 100 km und mehr erfordern hierbei keine Blindleistungskompensations­anlagen, Die übertragbare Leistung kann von 500 bis 3,000 MW reichen[18]. Der Einsatz im Offshore-Bereieh ist theoretisch möglich. Die Verwendung von SF6 erscheint jedoch aus Sicht des Umweltschutzes als bedenklich, da es die Freisetzung von Fluorverbindungen wahrscheinlich macht, diese sind als Treibhausgase oder sogenannte „Ozonkiller“ bekannt. Die Erhöhung der Effizienz der Energieübertragung würde aber an anderer Stelle zu einer Re­duzierung der Emission von Treibhausgasen führen, da die erzeugte Ener­gie effizienter transportiert wird und so dem Verbraucher im Vergleich mehr Energie zur Verfügung steht. Die SF6-Konstruktionen im Bereich der Schalt­anlagen im Mittel- und Hoehspannungsbereieh zur Liehtbogenlösehung und Isolierung zielen auf einen möglichst gasverlustarmen Einsatz, Nachteil ist die aufwändige Verlegung von Rohrleitungen im Offshore-Bereieh, Eine Alternative zur Wechsel- und Drehstromübertragung stellt die Hoeh- spannungsgleiehstromübertragung dar.

Diese Form der Energieübertragung weist eine Reihe netzteehniseher Vorteile auf. Der stationäre Spannungsabfall wird allein durch die ohmsehen Wider­stände bestimmt. Die Übertragungsverluste sind geringer, da Blindleistungs­und Wirbelstromverluste entfallen[19]. Der entscheidende Vorteil im Hinblick auf die Netzanbindung eines großen Windparks ist die Entkoppelung vom Netzverbund durch den Gleiehstromkreis, Nachteil dieser Übetragungsart ist die aufwändige Installation von Gleich- und Wechselrichtern an Land und im Offshore-Bereieh, Darüber hinaus trägt der WEA-Park im Falle ei­ner Störung im Stromversorgungsnetz nicht zur Netzstabilität bei, denn bei direkter Anbindung an das bundesdeutsche Stromversorgungsnetz besteht derzeit noch keine Verpflichtung seitens der WEA-Betreiber, zur Primärre­gelung[20] beizutragen, Hauptaufgabe der Primärregelung ist es im Falle einer Netzstörung die Netzfrequenz zu halten.

Die Studie „Dynamische Wechselwirkung zwischen Windparks und elektri­schem Verbundnetz“[21] kommt in der Untersuchung des dynamischen Netz­verhaltens von WEA zu zwei Schlussfolgerungen:

- Der bereits vorhandenen stochastischen Verbraucherlastschwankung wird eine deutliche Erzeugerlastsehwankung überlagert. Dies führe zu einer Zunahme der Leistungssehwankungen im Sekunden- und Minu­tenbereich, zu einer Verschlechterung der Elektroenergiequalität, Dies mache den verstärkten Einsatz von Regelenergie erforderlich.

Folglich müsse Kraftwerksleistung vorgehalten werden. Dies verursacht er­höhte Kosten bei der Stromversorgung,

- Der Einsatz von WEA anstelle konventioneller Kraftwerksleistung führt zwangsläufig zu der Frage, wie WEA zur Kegelleistung im Kurz- zeitbereieh beitragen müßten. Dies hätte eine grundsätzliche Änderung der Betriebsführung von WEA zur Folge, gegebenenfalls auch den Ein­satz spezieller WEA-Tvpen mit modifizierten Regelkonzepten[22], Unter modifizierten Regelkonzepten könnte die Verwendung von Piteh- geregelten WEA verstanden werden, welche Asynchronmaschinen (ASM) antreiben. Die ASM sind als doppelt gespeiste ASM zu verstehen,[23] Damit erscheint es möglich, einen Frequenzstützung durch WEA-Parks im Sinne einer Primärregelung zu gewähleisten.

Von Regelkonzepten dieser Art sind die WEA-Parks derzeit nicht betroffen. In einer Studie mit dem Titel „Auswirkungen dezentraler Energieerzeugung auf den Betrieb der Übertragungsnetze “ gehen derzeitige Störungsszenarien im Übertragungsnetz davon aus, dass Windkraftanlagen beim Absinken der Netzfrequenz auf Werte unter 49 Hz vom Netz abgetrennt werden. Somit tragen sie nicht zur Primärregelung bei. Im Falle einer Störung und eines Absinkens der Netzfrequenz wird durch das zusätzliche Abtrennen der WEA- Parks die Störung vergrößert, Großstörungen werden wahrscheinlicher, Die Schlussfolgerung lautet daher, WEA-Parks sind in Zukunft wie Groß­kraftwerke zu behandeln,

Nachteil beider Übertragungsvarianten ist des Weiteren die fehlende Speieherbarkeit der erzeugten Energie, Der in Zukunft notwendige Einsatz von Windenergie zur Deckung der stochastisch schwankenden Verbraucher­last und zur Bereitstellung von Primärregelleistung senkt den Wirkungsgrad der Erzeugung von Energie durch Windkraft,Insgesamt erfüllen beide Übertragungsvarianten nicht den Anspruch die­ser Arbeit, die erzeugte Energie so kostengünstig und effizient wie möglich zu transportieren. Darüber hinaus ist der notwendige Ausbau der Strom- versorgungs- und -verteilungsnetze ungesichert in finanzieller und teehni-scher Hinsicht,

Die Erzeugung von Wasserstoff und dessen Distribution an Land würden umweltfreundlich erzeugte Energie dezentral zur Verfügung stellen. Ein Aus­bau des Stromversorgungsnetzes entfällt daher.

In der Arbeit wird aus diesen Gründen nicht näher auf die mögliche Netz­anbindung eingegangen.

4 Dezentrale Energieversorgung

Die dezentrale Erzeugung von Strom durch viele kleinere Stromerzeuger und dessen Einspeisung in das Energieversorgungsnetz ist ein Forschungsschwer­punkt einiger Energieversorgungsunternehmen in Deutschland,

Ein Verbund verschiedenster Energieerzeugungseinheiten, wie z.B. Wind-, Photovoltaik-, Brennstoffzellen-, Biomasse- und Blockheizkraftwerke, wird als „Virtuelles Kraftwerk“ (VK) bezeichnet, siehe Abb, 5 S.17,

Eine Vernetzung dieser unterschiedlichen Einheiten zu einem System ist nur unter Anwendung moderner Kommunikationstechnologie möglich,[24] Die jet­zigen „passiven“ Netze, die der Energieübertragung von zentralen Kraftwer­ken an die Verbraucher dienen, werden sich in „aktive“ Netze mit Verbrau­chern und Erzeugern, Stromspeichersystemen, Netzumschaltern usw, ver­wandeln, welche alle durch ein zweites Netz zur „Kommunikation“ verbun­den sein werden[25].

Das Kommunikationsnetz ermöglicht es, dass die Verfügbarkeit von Strom und die Stromnachfrage jederzeit und an jeder Stelle des Netzes geprüft werden kann. Gleichzeitig sind so zu jeder Zeit die Kosten der Energie be­stimmbar, Wasserstoff kann ähnlich wie Erdgas transportiert werden. Der Transport an Land ist daher grundsätzich auch in einem Pipelinesystem möglich.

Aufgrund der höheren Kompressibilität des Gases bzw, der im Vergleich zu Erdgas geringeren volumetrischen Speicherdichte sind zusätzliche Verdichter

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

erforderlich.

Die Wasserstoffwirtschaft wird durch eine dezentrale Energieversorgung ge­kennzeichnet sein. Dabei wird Wasserstoff nicht die einzige Quelle für Elektri- ziät und Wärme darstellen, sondern sieh in verschiedene regenerative Ener­giequellen wie Photovoltaik, Biomasse und weiterer Quellen einreihen. Deren jeweiligen Vorteile in der Erzeugung und Nutzung von Strom und Wär­me werden zu einer sehr differenzierten Erzeugerstruktur führen. Die Er­zeugerstruktur richtet sieh dabei, neben geografischen Gegebenheiten auch nach der regional geförderten und gesellschaftlich unterstützen Energieerzeu­gungsform, Absehbar ist dabei z.B, dass Biomasse in ländlichen Regionen einen höheren Stellenwert haben wird als in städtischen Regionen,

Bei der Nutzung des Wasserstoffes wird die gespeicherte Energie erst an dem Ort und zu dem Zeitpunkt in Strom und Wärme umgewandelt, an dem sie benötigt wird. Diese absehbare Konkurenz und dieses Nebeneinander verschiedener regenerativer Energiequellen ruft die Frage nach der bestmög­lichen Verwendung von Wasserstoff hervor.

In der Übergangsphase würde vermutlich die Nutzung des Wasserstoffes für den LKW- und PKW-Verkehr großes Potential bieten. Es ließe sieh darüber ein Markt für regenerativen Wasserstoff erzeugen, Ansehließen ließe sieh ei­ne nachhaltige Entwicklung in der Umstellung des Flugverkehrs auf eine Wasserstoffbasis, Neben dem PKW-Verkehr hat der Flugverkehr die größte Waehstumsrate,

In einem nächsten Schritt könnte auch die private Strom- und Wärmever­sorgung mit Wasserstofftechnologie erfolgen.

Der Deutsche Bundestag hat 1987 eine Enquête-Kommission „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre “ gegründet[26] Die Stadt München hat dann 1994 eine Untersuchung durehgeführt, inwieweit die Versorgung mit Erd­gas durch Beimischung von Wasserstoff umweltfreundlicher und effizienter erfolgen könnte. Anhand der Empfehlungen zur Emissionsreduktion wurde in München ein repräsentativer Teil des Erdgasversorgungsnetzes der Stadt­ werke München im Rahmen eines Projektes untersucht, Fazit des Projektes ist es, dass die Wasserstoffbeimischungsrate von 5-10 % zu einer Reduzierung der CO2-Emissionen in Höhe von 1,6 % bis 2,5 % führen würde.[27] Emp­fohlen wurde eine langsame Erhöhung der Beimisehungsrate über etwa 15 Jahre hinweg, bei gleichzeitiger Umrüstung bestehender Anlagen, Neuanla­gen hingegen sollten, so die Empfehlung, auch für reinen Wasserstoffbetrieb geeignet sein. Ausdrücklich hingewiesen wird auch in diesem Zusammenhang auf die langfristige Anpassungszeit und es wird empfohlen, möglichst früh­zeitig mit der Anpassung zu beginnen.

Grundsätzliche Bedingung hierfür wäre es, Wasserstoff gegenüber den fossi­len Brennstoffen konkurenzfähig zu machen. Ein Preis von 40 ct/m3 erscheint im Vergleich zu Erdgas tragbar[28] [29]... Die in Abschnitt 1 prognostizierte all­gemeine Verteuerung der fossilen Brennstoffe in den nächsten Jahrzehnten würde die Konkurenzfähigkeit in absehbarer Zeit erreichbar machen. Von Vorteil wäre es, den regenerativ erzeugten Wasserstoff nicht zu besteuern oder anderweitig „künstlich“ zu verteuern. Die Wasserstoffnutzung wird sieh nicht auf ein einfaches „Verbrennen“ in umgestellten Erdgasanlagen konzen­trieren, Vorrangig und effizient ist die Nutzung in Brennstoffzellen,

Die Distribution des Wasserstoffes würde sieh in einer ersten Phase der Was­serstoffnutzung auf die Belieferung des Tankstellennetzes beschränken. Es könnten insbesondere die Erfahrungen aus dem Umgang mit der Erdgasbe­tankung genutzt werden. In Deutschland sind derzeit 487 Autogastankstellen in Betrieb[30], Dabei erweist sieh der LKW-Transport von Wasserstoff nur in flüssiger Form als wirtschaftlich, da hier die Energiediehte am größten ist im Vergleich zu gasförmigen Wasserstoff, Erst der Übergang zur Nutzung von Wasserstoff als Energieträger bei größerer Intensiät der Nutzung wür­de den Aufbau eines Pipelinesystems erforderlich machen, dann wäre auch der gasförmige Transport möglich. Die Entwicklung eines derartigen Systems steht in Abhängigkeit von staatlicher Förderung und der generellen Entwick­lung des neuen Wirtschaftszweiges, In der Übergangszeit ist Wasserstoff bei kleinen Mengen in gasförmiger, bei großen Mengen wie LKW-Ladungen in flüssiger Form zu transportieren,

5 Speichermedien

5.1 Arten von Speichermedien

Die Speicherung von Energie erlaubt es, einmal erzeugte Energie nicht sofort verbrauchen zu müssen. Die Energieerzeugung kann zu energetisch günsti­gen Zeiten erfolgen, welche jedoch nicht zwingend mit den Erfordernissen des Energieverbrauches übereinstimmen müssen[31], Die zeitliche und örtliche Trennung von Erzeugung und Verbrauch von Energie erfordert den Einsatz eines Energiespeiehers, Wasserstoff erscheint geeignet, da er in unbegrenzter Menge herstellbar ist und sieh umweltsehonend erzeugen und verbrauchen lässt, z.B, in Brennstoffzellen,

Wasserstoffspeicher müssen technischen, sieherheits- und infrastrukturspezi- fisehen und vor allem wirtschaftlichen Anforderungen gerecht werden. Die Erfordernisse der Speicherung und des Transportes sind u.a,:

- hohe volumetrische Speicherdichte
- hohe gravimetrisehe Speicherdichte
- hohe Eigensieherheit
- hohe Sicherheit gegen äußere mechanische Einwirkungen
- keine betrieblichen Einschränkungen, wie begrenzte Haltezeit, Wärme­tauseh bei Entnahme
- keine Einschränkung der Lebensdauer

[...]


[1] Albert Einstein (1879-1955), dt.-amerik. Physiker (Relativitätstheorie), 1921 Nobelpr.

[2] vgl. Strategie der Bundesregierung (30]

[3] vgl. Studie der Firma BP im Jahr 2003 S.8 [18]

[4] vgl. www.worldenergyoutlook.org, geladen 06.04.04 [42]

[5] vgl. Rifkin, J.: Die Wasserstoffrevolution. S.35 [26]

[6] vgl. Reuter,W.: Kostbar wie Goldstaub. DER SPIEGEL Nr.13 2004 S.92 [25]

[7] vgl.ebenso Rifkin, J.: Die Wasserstoffrevolution. S.75 ff. [26]

[8] vgl. www.brennstoffzelle.de, geladen 05.03.04 [34]

[9] vgl. Paul, N.: Markt vo der Trendwende? .Sonne, Wind & Wärme. Nr.10 2003 S.70 ff. [20]

[10] Der Begriff Offshore beschreibt in dieser Arbeit einen Standort im Meer, fernab der Küstenregion mit einem Abstand > 30 km. Der Begriff steht im Gegensatz zu dem Begriff Onshore. Die Arbeit begrenzt diesen Bereich auf den der AWZ-Deutschland.

[11] vgl. Köhler, S.: Große Offshore-Windkraftanlagenparks in der Nordsee 2003 [14]

[12] vgl. Övermöhle, K.: Fascination Offshore report 2002 S.54 [19]

[13] Köhler, S.: Große Offshore Windkraftanlagenparks in der Nordsee S.12 ff. [14]

[14] vgl. Övermöhle, K.: Fascination Offshore report 2002 S. 118 [19]

[15] vgl. Övermöhle, K.: Fascination Offshore report 2002 S.118 f 19]

[16] Eine Blindleistungsschwingung ergibt keine elektrische Arbeit. Aus ihr resultiert aller­dings ein Stromfluss über das elektrische Netz. Dies verursacht eine Verlustleistung auf den Leitungen. Blindleistung ist die elektrische Leistung, welche zum Aufbau von magnetischen (z.B. in Motoren) und elektrischen Feldern (z.B. in Kondensatoren) be­nötigt wird. Blindleistungskompensation soll diese zusätzliche Belastung der Leitung durch nicht nutzbaren Stromfluss unterbinden. Die Blindleistung und die Wirkleistung ergeben die Scheinleistung. Diese muss durch den Energieversorger zur Verfügung ge­stellt werden. S. 211 ff. [10]

[17] vgl. Heuk, Dettmann, Reuter: Elektrische Energieversorgung. S. 205 [10]

[18] vgl. Siemens AG: Power Transmission and Distribution - Technical Data GIL [23]

[19] vgl. Heuk, Dettmann, Reuter: Elektrische Energieversorgung S.50 [10]

[20] vgl. Ehrlich, L; Koch,F.: Dynamische Wechselwirkung zwischen Windparks und elek­trischem Verbundnetz, ew- Das Magazin für die Energiewirtschaft S.64 [5]

[21] vgl. Ehrlich, L; Koch,F.: Dynamische Wechselwirkung zwischen Windparks und elek­trischem Verbundnetz, ew- Das Magazin für die Energiewirtschaft S.60 ff. [5]

[22] vgl. Ehrlich, L; Koch,F.: Dynamische Wechselwirkung zwischen Windparks und elek­trischem Verbundnetz, ew- Das Magazin für die Energiewirtschaft S.64 [5]

[23] vgl. Ehrlich, L; Koch,F.: Dynamische Wechselwirkung zwischen Windparks und elek­trischem Verbundnetz, ew- Das Magazin für die Energiewirtschaft S.64 [5]

[24] vgl. Siemens AG: Pictures of the future - Die Zeitung für Forschung und Innovation [221

[25] vgl. Zegers: Langfristige FTE-Strategie zur nachhaltigen Energieversorgung [43]

[26] vgl. Enquete-Kommission des 12. Bundestages zum Stoffstrommanagement. www.nachhaltigkeit.aachener-stiftung.de. geladen 05.04.04 [39]

[27] vgl. www.hyweb.de/Wissen/w-i-energiew5.html. geladen 20.03.04 [38]

[28] vgl. www.rhenag.de. geladen 07.04.04

[29] Die Informationen der Seite www.rhenag.de (geladen 14.04.04) zeigen einen monatli­chen Bezugspreis für Kleinverbraucher von 5,2 ct/kWh + einer Grundgebühr von 5,75 EURO. Dies entspricht einem Preis von 44 ct/kWh netto bei einem Heizwert von 8,61kWh/m3.

[30] vgl. www.dvfg.de geladen 15.04.04 [35]

[31] Einleuchtend ist z.B. dass Solaranlagen nur bei Sonnenlicht, also am Tag, Strom erzeu­gen können. Der Strombedarf bei Nacht ließe sich so nicht abdecken

Ende der Leseprobe aus 85 Seiten

Details

Titel
Wasserstofftechnologie in großen Offshore-Windkraftanlagenparks
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
85
Katalognummer
V117931
ISBN (eBook)
9783640214013
ISBN (Buch)
9783640214129
Dateigröße
3669 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wasserstofftechnologie, Offshore-Windkraftanlgenparks
Arbeit zitieren
Diplom-Wirtschaftsingenieur Thomas Valerius (Autor:in), 2004, Wasserstofftechnologie in großen Offshore-Windkraftanlagenparks, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117931

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