Jean de Mandevilles "Les voyages d'outre mer": Quellen und literarische Leistung


Seminararbeit, 2004

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zur Person Mandevilles

3. Quellen
3.1 Wilhelm von Boldensele
3.2 Oderich von Pordenone
3.3 Weitere Quellen

4. Literarische Leistung

5. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Jean de Mandeville, falls es je eine Person dieses Namens gegeben haben sollte, wurde vermutlich im 14. Jahrhundert in England geboren - er selbst gibt als seinen Geburtsort St. Albans an - und wirkte in Lüttich als Naturforscher, Philosoph, Astrologe und Arzt; je nachdem, welcher realen Person man ihn zuordnet (s. Kap.2). Seine Voyages d‘outre mer oder zu deutsch Reisen wurden 1356 wahrscheinlich ebenfalls in Lüttich verfasst und verbreiteten sich rasch in Westeuropa: So gibt es fast 300 Handschriften, viele Drucke und Übersetzungen ins Lateinische und in viele Volkssprachen. Sie wurden bereits im selben Jahrhundert von Michel Velser und Otto von Diemeringen ins Frühneuhochdeutsche übersetzt. Bei den Reisenhandelt es sich um einen fiktiven Reisebericht, eine Zusammenstellung aus anderen fiktiven und realen Reiseberichten, die jedoch so geschickt zusammengesetzt wurden, dass der Betrug nicht gleich auffiel. Mandeville schrieb aus etwa 20 anderen Werken, teilweise wörtlich ab, hauptsächlich jedoch stützte er sich auf zwei Reiseberichte, und zwar auf die Palästinareise Wilhelms von Boldensele und die Asienfahrt Oderichs von Pordenone. Er erwähnt seine Quellen jedoch nicht, sondern stellt sich selbst als den Reisenden dar, der in Form eines Ich-Erzählers von seinen Abenteuern erzählt.

Die ReisenMandevilles lassen sich in zwei Teile gliedern, die sich an den beiden Hauptquellen orientieren:
1) „Jerusalem“: Der Reisende pilgert ins Heilige Land und beschreibt Wunder und
andersgläubige Völker; Jerusalem ist nur der Ausgangspunkt zum zweiten Teil der Reise

2) „Ostasienreise“: Die Reise geht über das Schwarze Meer, den Vorderen Orient,
Hinterindien bis zum Reich des Großkahns

Er bezieht die Teile aufeinander, indem sie beide auf einen Höhepunkt hin laufen: Im ersten Teil ist dies Jerusalem, im zweiten das Teufelstal und das irdische Paradies; an den Kapitelenden fügt er zur Steigerung die Alphabete der jeweiligen Völker ein, die immer exotischer werden.

Im Mittelalter galten die Reisen als realer Reisebericht und glaubwürdig. Es kamen zwar schon früh Zweifel an einzelnen Passagen auf, die Quellen aber wurden erst gegen Ende des
19. Jahrhunderts unter anderem durch Albert Bovenschen (1888) und George F. Warner (1889) aufgedeckt, die unabhängig voneinander zu fast identischen Ergebnissen kamen. Diese Quellen sollen nun näher betrachtet sowie die literarische Leistung des Autors erläutert werden.

2 Zur Person Mandevilles

Im Prolog seines Buches schreibt der Autor des Reisebuches: „Ich, Johannes von Monte Villa, Ritter, geboren in einer Stadt, die St. Alban heißt, fuhr aus über das Meer, als man nach Christi Geburt tausenddreihundertundzwanzig Jahre zählte [...]“[1]

Er ist auch französisch als Jean de Mandeville oder englisch als John Mandeville bekannt. Doch gab es diesen Ritter wirklich? Das weiß man bis heute nicht genau, es gibt nur Vermutungen, dass es sich um ein Pseudonym oder einen fiktiven Ich-Erzähler handeln könnte. Einige Wissenschaftler, z.B. Hamelius, vermuten unter dem Pseudonym den Notar und Geschichtsschreiber Jean d‘Outremeuse, andere wiederum den Arzt und Philosophen Jean de Bourgogne «dit à la Barbe». Seymour behauptete, der Autor sei ein Anonymus, der Jean de Mandeville erfand und „mit einigen biographischen Details ausstattete“.[2] Es gibt auch Theorien, dass sich der Name „Mandeville“ aus der französischen Satire Le Roman de Mandevieableitet;[3] man weiß zwar, dass es in der Grafschaft Essex eine Familie Mandeville gab, ob jedoch ein Ritter namens John von ihr abstammt, kann nicht eindeutig nachgewiesen werden.

Dass der Autor sein Werk in französischer Sprache verfasst hat, ist auch für einen Engländer nicht ungewöhnlich, denn zu der Zeit war das anglo-normannische Französisch die Sprache der Gebildeten bei Hofe, und, wie er selbst schreibt: „nicht jedermann Deutsch redet, noch jedermann Latein versteht.“[4]

Und dass er nicht Latein wählt, die übliche Sprache der Wissenschaft, deutet darauf hin, dass er eine breite Bevölkerungsmasse ansprechen wollte, was ihm auch gelungen ist.

Ob es nun einen Ritter namens Jean de Mandeville gab oder nicht, sei dahingestellt, doch es stellt sich die Frage nach der Reise, die er unternommen haben will und bis ins kleinste Detail beschreibt. Der größte Asienreisende des Mittelalters, Marco Polo, war sogar bis nach Japan gereist und nicht nur wie Mandeville bis nach China; auch Mandevilles Vorbild Oderich von Pordenone besuchte den Fernen Osten. Auch Pilgerreisen ins Heilige Land waren, vor allem bei Geistlichen, durchaus üblich, daher

liegt es nahe, dass er sich am Itinerariusdes Wilhelm von Boldensele orientiert. Der Autor könnte aber theoretisch selbst zumindest nach Jerusalem gereist sein.

[...]


[1] Sollbach 1989:55

[2] Ridder 1991:15

[3] vgl. Greenblatt 1998:56

[4] Sollbach 1989:56

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Jean de Mandevilles "Les voyages d'outre mer": Quellen und literarische Leistung
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Romanisches Seminar / Germanistisches Institut)
Veranstaltung
Die Begegnung mit dem Orient in der romanischen und deutschen Literatur des Mittelalters
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V117100
ISBN (eBook)
9783640194834
ISBN (Buch)
9783640194988
Dateigröße
406 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Jean, Mandevilles, Quellen, Leistung, Begegnung, Orient, Literatur, Mittelalter
Arbeit zitieren
B.A. Anna Theodorou (Autor:in), 2004, Jean de Mandevilles "Les voyages d'outre mer": Quellen und literarische Leistung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117100

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