Objektive Performancemessung "transformationaler" Führung

Eine kritische Betrachtung


Seminararbeit, 2008

56 Seiten, Note: 1,00


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung/Abstract/Keywords

Anhangsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1.Einleitung

2.Transformationale Führung
2.1.Begriff, Teilkomponenten und Bedeutung
2.2.Abgrenzung gegenüber anderen Führungskonzeptionen
2.3.Einordnung innerhalb der Führungsforschung

3.Performancemessung
3.1.Systematisierung und Erfolgskriterien
3.2.Genereller Prozessablauf

4.Studien zur objektiven Performancemessung transformationaler Führung
4.1.Einordnung und Vorselektion relevanter Studien
4.2.Inhaltliche und konzeptionelle Darstellung ausgewählter Studien
4.2.1.Howell/Avolio (1993)
4.2.2.Geyer/Steyrer (1998)
4.2.3.Hoogh et al. (2004)
4.3.Zusammenfassung der Ergebnisse

5.Kritische Beurteilung der objektiven Performancemessung transformationaler Führung

6.Abschließende Bemerkungen und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Zusammenfassung

Die vorliegende Seminararbeit befasst sich mit der objektiven Performancebzw. Erfolgsmessung einer „transformationalen“ Führungsausgestaltung. Während in der wissenschaftlichen Literatur bisweilen überwiegend subjektive Performancemaße zur leistungsorientierten Bewertung der „transformationalen“ Führung zum Einsatz kamen, gewinnen objektive Erfolgsgrößen, die weitgehend frei von subjektiven Wahrnehmungen und Urteilen sind, zunehmend an Bedeutung. Insofern wurde in der vorliegenden Seminararbeit die Performancemessung der „transformationalen“ Führung und die jeweiligen Wirkungen dieses Führungsstils anhand von drei ausgewählten Studien [Howell/Avolio (1993), Geyer/Steyrer (1998), Hoogh et al. (2004)] dargestellt und kritisch beurteilt. Es zeigte sich hierbei, dass die „transformationale“ Führungsausgestaltung neben den subjektiven auch die objektiven Performancegrößen positiv beeinflusste. Der positive Einfluss konnte dabei einerseits unabhängig von der jeweiligen Unternehmensbranche festgestellt werden, andererseits zeigte der „transformationale“ Führungsstil insbesondere bei Existenz von spezifischen kontextualen bzw. situativen Faktoren einen hohen Wirkungsgrad.

Abstract

This paper deals with the objective performance measurement of "transformational" leadership structure. While in the scientific literature predominantly subjective performance measurements for performance evaluation of "transformational" leadership came to use, objective success factors, which are largely free of subjective perceptions and judgments, are becoming increasingly important in the last time. Insofar, the paper presented how to measure the performance of "transformational" leadership and critical discussed the respective effects of this management style based on three selected studies [Howell/Avolio (1993), Geyer/Steyrer (1998), Hooghe et al. (2004)]. The paper pointed out, that "transformational" leadership structure positively influenced subjective and also objective performance factors. First, the positive influence could be located regardless of the industry, where the companies were found. Second, that in particular this leadership style demonstrated in the existence of specific situational or contextual factors a high degree of efficiency.

Keywords

Full-Range of Leadership, Laissez-Faire-Führung, Management-by-Exception, Performancemessung, Transaktionale Führung, Transformationale Führung

Anhangsverzeichnis

Anhang 1: Performanceindikatoren der transformationalen Führung (Auswahl)

Anhang 2: Genereller Prozess der Performancemessung transformationaler Führung

Anhang 3: Entwicklung des „Multifactor Leadership Questionnaire (MLQ)“

Anhang 4: Studiencluster der Performancemessung transformationaler Führung 38

Anhang 5: Forschungshypothesen der drei ausgewählten Untersuchungsstudien

Anhang 6: Ergebnismatrix der drei dargestellten Untersuchungsstudien

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

In den letzten Jahren hat sich das Umfeld von Unternehmen durch die verstärkte Globalisierung und dem damit einhergehenden wachsenden Wettbewerbsdruck fundamental verändert. Die fortschreitende Internationalisierung der Märkte, die Individualisierung der Konsumenten, die erhöhte Dynamisierung und Vernetzung von Geschäftsprozessen und -strukturen sowie die beschleunigte Zunahme der technischen und ökonomischen Komplexität stellen dabei nur einige wenige Konsequenzen dieser Entwicklung dar, denen Unternehmen auch gegenwärtig noch gegenüberstehen.1 Insofern wird für Unternehmen im Kontext dieser Entwicklungstendenzen die elementare Notwendigkeit unweigerlich deutlich, sich einerseits stetig an die sich verändernden wirtschaftlichen Ausgangsbedingungen anzupassen, andererseits die eigenen innerhalb der unternehmerischen Sphäre agierenden Mitarbeiter mit geeigneten Mitteln und Instrumenten zu besonderen Leistungen und einer effizienten sowie effektiven Arbeitsweise zu animieren. Diesen wettbewerbsbedingten Herausforderungen treten Unternehmen bis heute innerhalb ihrer strukturellen Ebene mit Restrukturierungen, Fusionen und einer kontinuierlichen Optimierung sämtlicher Geschäftsprozesse entgegen, während sie auf der personellen Ebene mit Arbeitsplatzabbau, vermehrten Qualifizierungsprogrammen, die die fachlichen, sozialen und persönlichen Kompetenzen der Mitarbeiter weiterentwickeln sollen, und der deutlichen Forderung nach einer höheren Mobilität, Flexibilität und Veränderungsbereitschaft seitens sämtlicher unternehmensinterner Akteure reagieren. Innerhalb dieses Spannungsfeldes zwischen dem globalen Wettbewerbsdruck und der Erwartung einer effektiven und effizienten Arbeitsbereitschaft schwindet jedoch aus der Sicht der Beschäftigten in hohem Maße die Arbeitsplatzsicherheit, die Sinnstiftung der ausgeübten Tätigkeiten und die tiefere Identifikation mit dem eigenen Unternehmen, die sich zunehmend in einer geringeren Bindung ans Unternehmen, einem sinkenden Commitment und einer sinkenden Verlässlichkeit sowie einer hohen Absentismusrate manifestierten.2

Gerade diese Problemfelder und die veränderten Ausgangsbedingungen erhöhen seitens der Unternehmen den Bedarf, qualifizierte und verantwortungsbewusste Führungskräfte zu beschäftigen, die zum einen die strukturellen Veränderungen durch organisationsentwickelnde Maßnahmen begleiten und zum anderen einerseits durch Personalentwicklungsprogramme die Kompetenzen im Unternehmen kontinuierlich ausbauen, andererseits durch ihren Führungsstil die Mitarbeiter zu herausragenden Leistungen motivieren können. Obwohl jener Wandel der Führungsanforderungen3 von einem „Manager“, der sachlich distanziert und analytisch vorgeht, hin zu einem „Leader“, welcher aktiv führt, als Gestalter fungiert und darüber hinaus die Mitarbeiter zu maximalen Leistungen in-spiriert, bereits vor 30 Jahren in den Grundzügen beschrieben und diese neuartigen Anforderungen an eine Führungskraft im Konzept der „transformationalen (TRF-) Führung“ theoretisch aufgegriffen worden sind4, setzte die Neuausgestaltung der Führungskraft in der Praxis erst Jahre später ein und ist bis heute noch nicht vollständig abgeschlossen. Insbesondere die vielfältigen Forschungsaktivitäten zur TRF-Führung im angloamerikanischen Raum legen die positiven Erfolgswirkungen dieses Ansatzes auf die Leistungen der einzelnen Unternehmensmitglieder sowie der übergeordneten Organisationstätigkeit nahe und tragen zu einer länderübergreifenden Expansion dieses konzeptionellen Führungsverhaltens bei.5 Problematisch ist hierbei jedoch, dass sich die Ergebnisbzw. Performancemessung bisweilen vermehrt auf subjektive Indikatoren bspw. Arbeitszufriedenheit und Vertrauen in die Führungskraft, Organizational Citizenship Behavior, Commitment, Selbstwirksamkeit und Empowerment beschränkt und weniger den Fokus auf objektive Performancekriterien wie z.B. den Gewinn, die Rentabilität und die Produktivität eines Unternehmens oder einzelner organisatorischer Teileinheiten einnimmt.6 Diese Einschränkung führt jedoch dazu, dass die Erfolgsbewertung der TRF-Führung anhand von subjektiven Wahrnehmungsmaßen vorgenommen werden muss und dadurch nur Teileaspekte der Performancewirkungen dieses Führungskonstrukts und keinesfalls vollständige sowie objektive Zusammenhänge hinsichtlich finanzieller Größen betrachtet werden. Um irreführende Schlussfolgerungen und mögliche Fehlschlüsse aus der Betrachtung der TRF-Führung und ihrer Erfolgswirkungen zu verhindern, bildet die Orientierung auf objektive Erfolgsmaße den Ausgangspunkt der nachfolgenden kritischen Ausarbeitung, in der anhand von wissenschaftlichen Studien untersucht werden soll, inwieweit die objektive Performance der TRF- Führung bisher in der wissenschaftlichen Literatur gemessen wurde und welche Ergebnisse hierbei konstatiert werden konnten. Darauf aufbauend sollen schließlich die Problemfelder bei der objektiven Performancemessung näher beleuchtet und hieraus Schlussfolgerungen für zukünftige Untersuchungen abgeleitet werden.

Um dieses Ziel adäquat zu erreichen, werden im ersten Abschnitt dieser Ausarbeitung der Begriff, die Teilkomponenten und die Bedeutung der TRF-Führung bestimmt und von anderen Führungskonzeptionen abgegrenzt sowie eine Einordnung dieses Führungskonstrukts innerhalb der Führungsforschung vorgenommen. Darauf aufbauend werden in einem zweiten Schritt die Systematisierung, mögliche Erfolgskriterien und der generelle Prozessablauf einer Performancemessung in den Grundzügen skizziert. Nachfolgend werden relevante Studien zur objektiven Performancemessung der TRF-Führung ausgewählt und ihre konzeptionelle Vorgehensweise sowie ihre generierten Forschungsergebnisse dargestellt. Anschließend findet eine kritische Beurteilung und Betrachtung der Ergebnisse und der Problemfelder einer objektiven Performancemessung statt. Abschließende Bemerkungen zur behandelten Thematik runden die vorliegende Ausarbeitung ab.

2. Transformationale Führung

2.1. Begriff, Teilkomponenten und Bedeutung

Die Begriffsbestimmung der „transformationalen bzw. transformativen Führung“7 ist aufgrund der divergierenden Vorstellungen des Begriffs „Führung“ und der Vielfalt an in der wissenschaftlichen Literatur vorhandenen Definitionen, die abhängig vom jeweiligen Blickwinkel unterschiedlicher Disziplinen vorgenommen worden sind, besonders diffizil und verlangt diesbezüglich eine schrittweise Annäherung an dieses Begriffspaar.8

Betrachtet man zunächst den Begriff der „Führung“ etwas näher, kann generell konstatiert werden, dass „Führung“ einen komplexen sozialen Prozess darstellt, durch den die Einstellungen, die Interaktionen und das Verhalten von Einzelpersonen sowie Gruppen innerhalb eines Unternehmens oder einer Organisation zum Zwecke einer gemeinsamen Zielerreichung beeinflusst werden sollen.9 Der Kerngedanke der „Führung“ umfasst insofern die zielbezogene Einflussnahme durch den „Führer“ auf den „Geführten“, wobei einerseits eine strukturelle Führung durch Anreizsysteme, Vorschriften und Rechtssysteme, andererseits eine personelle Führung durch einzelne Führungspersonen vorgenommen werden kann.10 Insbesondere die personelle Führung durch ein Individuum steht im Kontext der TRF-Führung im Vordergrund und manifestiert sich im jeweiligen Führungsverständnis und dem hieraus resultierenden Führungsstil11, welcher einer Führungsperson zugeschrieben wird.12 Bezieht man in diesem Zusammenhang die „Transformation“ mit ein, welche allgemein eine Umformung bzw. Umgestaltung einer Ausgangsform oder -struktur beinhaltet, kann unter einer TRF- Führung eine Führungskonzeption subsumiert werden, in der der „Führer“ durch seine aktive Einflussnahme die Werte und Einstellungen seiner „Untergebenen“ auf eine höhere Ebene übertragen und dadurch deren Bedürfnisse und Präferenzen im Sinne einer höheren Motivation und besonderer Leistungen zielorientiert verändern kann.13 Folglich handelt es sich bei der TRF-Führung nicht um ein Konzept zur Verfeinerung des vergangenen „Zuckerbrot-und-Peitsche-Prinzips“, welches Leistungssteigerungen simplifiziert durch Druck und Belohnung erreichen wollte, sondern um eine Führungsausgestaltung, die darüber hinaus den einzelnen Akteur und seine Bedürfnisse sowie Prinzipien in den Vordergrund stellt und verstärkend auf seine Leistungen einwirkt.14 Die Transformation löst ein „Führer“ dabei durch die Artikulation anspruchsvoller Ziele und Erwartungen, den Aufbau einer emotionalen Bindung zu den „Geführten“ sowie durch die Stärkung des Selbstvertrauens seiner „Untergebenen“ aus, die hierdurch ihre individuellen Interessen angesichts höherwertiger Bedürfnisse und Motive zugunsten übergreifender Ziele sowie mehr Leistungsbereitschaft zurückstellen und im Sinne der Unternehmung handeln.15 Insofern formt eine TRF-Führung die Qualität der Führer-Geführten-Beziehung fundamental um und geht weit über die Befriedigung einzelner ökonomischer und sozialer Austauchbedürfnisse hinaus, da diese Führungsform nicht nur rational und zielgerichtet ausgestaltet, sondern vielmehr primär auf die Erhöhung des Selbstwertgefühls und der Selbstwirksamkeit der „Geführten“ ausgerichtet ist.16 Insbesondere in Zeiten vermehrter organisationaler Umstrukturierungen und wahrgenommener Unsicherheiten aus der Sicht der Mitarbeiter wirkt eine umgesetzte TRF-Führung gestalterisch auf diese Entwicklungen ein, indem durch diese konkrete Visionen entwickelt und eine tiefere Sinnstiftung, Sicherheit sowie ein höheres Motivationsniveau seitens der einzelnen Unternehmensakteure erreicht werden.17

Im Zentrum der Ausgestaltung einer derartigen Führungskonzeption lassen sich vier wesentliche Charakteristika bzw. Komponenten identifizieren, die in Kombination den Kern einer TRF-Führung ausmachen. Hierzu können die Teilkomponenten „Idealized Influence (II)“, „Inspirational Motivation (IM)“, Intellectual Stimulation (IS)“ und „Individualized Consideration (IC)” gezählt werden, die die einzelnen Facetten der TRF-Führung in den Grundzügen beschreiben.18 Der englischsprachige Begriff „Idealized Influence“, welcher synonym mit dem Terminus „Charismatic Leadership“19 verwendet wird, kann als idealisierter Einfluss übersetzt werden und impliziert, dass die Führungsperson im Rahmen einer TRF-Führung durch persönliches Vorbild und Authentizität Einfluss auf die Einstellungen und Werte der Mitarbeiter ausüben kann.20 Durch das Entgegenbringen einer hohen Bewunderung, Respekt und Vertrauen der Mitarbeiter gegenüber ihrer Führungsperson, die durch den sogenannten attribuierten idealisierten Einfluss des „Führers“ hervorgerufen werden, und das richtungsweisende Vorleben der hohen Erwartungen an die Mitarbeiter sowie das Handeln nach wertorientierten Prinzipien durch die Führungskraft selbst, dem sogenannten verhaltensbezogenen idealisierten Einfluss, nimmt der „Führer“ eine glaubwürdige und geachtete Vorbildund Identifikationsfunktion wahr, die aus einer starken emotionalen Bindung der Mitarbeiter an die Führungskraft resultiert.21 Neben der „Idealized Influence“ stellt die „Inspirational Motivation“ einen weiteren bedeutenden Baustein der TRF-Führung dar. Innerhalb dieser formuliert und kommuniziert die Führungsperson eine attraktive sowie begeisternde Vision und drückt gleichzeitig das Vertrauen in die Fähigkeiten und Motivation der „Geführten“ aus, dass diese die Vision umsetzen und dabei an etwas Besonderem mitwirken können. Hierdurch erreicht die Führungsperson eine inspirierende Wirkung, da die einzelnen Tätigkeiten der Akteure in einen neuen Sinnzusammenhang gestellt und diese zu besonderen Leistungen animiert werden.22 Die dritte Komponente „Intellectual Stimulation“ beschreibt darüber hinaus die Fähigkeit des „Führers“, die eigenen Mitarbeiter zu einem kreativen, innovativen und unkonventionellen Denken zu beleben. In diesem Zusammenhang sollen alte Sichtweisen in Frage gestellt und Probleme als Herausforderungen betrachtet werden, wobei die Führungsperson mögliche Fehler in Grenzen toleriert und eine stimulierende und steuernde Rolle einnimmt, wodurch der Umgang mit Problemen und die Selbständigkeit der Mitarbeiter gefördert werden sollen.23 Zusätzlich zu den drei Komponenten übernimmt der „Führer“ im Kontext der „Individualized Consideration” die Rolle eines Coachs bzw. Mentors, der die individuelle Persönlichkeit eines jeden Mitarbeiters wertschätzt und diese bei der persönlichen Entfaltung und Weiterentwicklung fördert. Abhängig von den konkreten Bedürfnissen der „Geführten“ kann die Führungskraft entweder konstruktiv Kritik üben, Leistungen besonders anerkennen oder einzelne Mitarbeiter in wichtige Entscheidungen mit einbeziehen. Insofern bekommt der „Geführte“ das

Gefühl, dass dieser nicht kontrolliert, sondern als wichtiger Erfolgsfaktor des Unternehmens erachtet wird.24 Gerade die Synthese aus diesen vier Komponenten bildet die Gesamtheit der TRF- Führung aus und macht dabei gleichzeitig die Notwendigkeit der Existenz dieser Kompetenzen seitens der jeweiligen Führungsperson deutlich.25

Obwohl das Konzept der TRF-Führung bereits seit 30 Jahren in der Wissenschaft kontrovers diskutiert wird, kommt diesem Ansatz in der Praxis erst ab den 1990er Jahren eine wachsende Bedeutung zu. Der Grund für diese divergierende Entwicklung liegt dabei weniger in der verlangsamten Wissensdiffusion von Unternehmen, sondern ist vielmehr auf das veränderte kontextuale und personelle Umfeld vieler Organisationen und der immanenten Notwendigkeit nach neuen Führungsoptionen zurückzuführen. Insbesondere die zunehmende Globalisierung und das damit einhergehende stetige Wachstum des Wettbewerbsdrucks begründen die weitreichenden organisatorischen Umstrukturierungen sowie einen massiven Arbeitsplatzabbau von Unternehmen und führen zu einem Führungsverhalten, welches distanziert und analytisch vorgeht und sich dabei lediglich auf die Prozesssteuerung, Ressourcenplanung und Erfolgskontrolle beschränkt. Die Konsequenzen dieser einseitigen Ausrichtung der Führung zeigen sich unweigerlich in einer abnehmenden Identifikation, Motivation und Leistungsbereitschaft seitens der Mitarbeiter und verstärken gleichzeitig den Druck auf die Führungspersonen, noch stärker aktiv auf die Belegschaft Einfluss zu nehmen. Erst das Konzept der TRF-Führung greift in diesem Kontext die neuen Anforderungen an Führungskräfte am deutlichsten auf und zeigt hierbei Lösungswege auf, wie man durch eine Transformation diesem Dilemma entkommen kann.26 Gerade in Situationen wirtschaftlicher und sozialer Umbrüche ist die Bedeutung des Ansatzes der TRF-Führung als ein fundiertes Konzept für erfolgreiches Führungsverhalten evident, um durch eine glaubwürdige, verantwortungsbewusste, visionäre und inspirierende Führung die eigenen Mitarbeiter zu besonderen Leistungen über die generellen Erwartungen des Unternehmens hinaus zu motivieren.27 Zusätzlich zu diesen attribuierten Effekten der TRF-Führung beweisen vielfältige Studien vor allem aus dem angloamerikanischen Raum, dass gerade in einem Umfeld krisenhafter Veränderungen dieser Führungsstil nicht nur auf mitarbeiterbezogene Erfolgskriterien wie z.B. Motivation, Commitment und Arbeitszufriedenheit eine positive Wirkung ausübt28, sondern darüber hinaus in unterschiedlichen organisationalen Settings29, auf unterschiedlichen Führungsebenen30 und unabhängig vom Einfluss von Kontextfaktoren universell erfolgreich eingesetzt werden kann.31 Folglich zeigt das Konzept der TRF-Führung eine erfolgsversprechende Strategie auf, um in Krisenzeiten oder bei einem starken organisationalen Wandel die einhergehende Unsicherheit, Unstrukturiertheit und diffusen Handlungsrichtlinien effektiv sowie effizient zu führen und begründet die aktuell hohe Bedeutung dieses Führungsansatzes.32

Nachdem der Begriff, die Teilkomponenten und die Bedeutung der TRF-Führung dargestellt worden sind, muss dieser Ansatz nachfolgend gegenüber anderen Führungskonzeptionen abgegrenzt werden, um inhaltliche Überschneidungen zu vermeiden.

2.2. Abgrenzung gegenüber anderen Führungskonzeptionen

Im Rahmen der disponiblen Führungskonzeptionen innerhalb der wissenschaftlichen Literatur müssen neben der TRF-Führung einerseits die „Laissez-Faire-Führung (LF)“ und die „transaktionale (TRA-) Führung“ als wesentliche Führungsansätze, andererseits die „charismatische Führung“ und „pseudotransformationale Führung“ als Teilelemente und weniger als eigenständige Führungskonstrukte des TRF-Führungsmodells voneinander abgegrenzt werden.

Unter einer „Laissez-Faire-Führung“ kann im engeren Sinne weniger ein Führungsansatz als vielmehr das Nichtvorhandensein von Führung, respektive das Vermeiden von Führungsverhalten subsumiert werden.33 Nach dieser Konzeption verhält sich die Führungskraft in der Form, dass sie passiv agiert und dementsprechend in die einzelnen Arbeitsabläufe sowie -aufgaben bewusst nicht eingreift. Im Gegensatz zur TRF-Führung ist vor allem das Nichtnachkommen der Verantwortlichkeiten, das Aufschieben von Entscheidungen sowie die Abstinenz von Belohnungsund Feedbackstrukturen das wesentliche Charakteristikum der „Laissez-Faire-Führung“. Insbesondere die fehlende „Transformation“ von den Bedürfnissen und Prinzipien der „Geführten“ sowie die deutliche Passivität bei Motivationsund Unterstützungshandlungen grenzen diese Konzeption von der TRF- Führung evident ab.34

Das Konzept der TRA-Führung, welches aus der Perspektive des sozialen Austauschs entwickelt worden ist, legt dagegen eine mehr oder weniger aktive Rolle des „Führers“ zugrunde. Die Transaktion bei diesem Ansatz, die eine Art „Tauschgeschäft“ zwischen „Führer“ und „Geführten“ impliziert, verdeutlicht dabei, welche Anstrengungen und Leistungen der „Führer“ von den „Geführten“ erwarten und wie ihrerseits die entsprechende Gegenleistung bei Erfüllung dieser Anforderungen aussehen kann.35 Demzufolge sind die Richtlinien für den gegenseitigen Austausch präzise zwischen den Transaktionspartnern vereinbart. Die „Untergebenen“ können bei diesem Ansatz insofern dem „Führer“ bspw. Loyalität, Unterstützung und besondere Leistungen entgegenbringen, während dieser die Handlungen bei positiven Leistungen mit einer oftmals monetären Vergütung belohnen bzw. bei einer Nichterfüllung der geforderten Leistungen konsequent bestrafen kann. Gerade diese spezifische „Wenn-Dann-Beziehung“ einer Bestrafung bzw. Vorenthaltung von Anerkennung oder einer möglichen Belohnung zeichnet das Kernstück der TRA-Führung gengenüber anderen Konzeptionen aus und manifestiert sich in der Dimension „Contingent Reward (CR)“36, die als bedingte Belohnung übersetzt und neben dem aktiven und passiven „Management by Exception (MbE)“37 als eine der bedeutendsten Teilkomponenten dieses Ansatzes anzusehen ist. Gerade das hierbei vorliegende Prinzip der Rationalität der Transaktionspartner, die den Aufwand sowie die möglichen Erträge und Kosten stets in ihre Handlungen einkalkulieren, und die besondere Beziehungsqualität zwischen „Führer“ und „Geführten“, welche ursächlich für eine Belohnung bzw. Bestrafung ist, führen zu einem sich selbst verstärkenden gegenseitigen Verbesserungsprozess der Leistungen sowie Belohnungen und deuten die Effektivität dieses Ansatzes als Führungskonstrukt auf.38 Weitere konstitutive Merkmale dieser Konzeption sind darüber hinaus die beiden weiteren Teilkomponenten, das sogenannte aktive und passive MbE. Der TRA-Führer konzentriert sich beim aktiven MbE primär auf einen reibungslosen Ablauf der Arbeitsprozesse und die Einhaltung der zuvor festgelegten Ziele und Arbeitsinhalte.39 Er nimmt dabei die Rolle eines „Überwachers“ bzw. „Kontrolleurs“ ein und greift lediglich im Bedarfsfall aktiv in die Arbeitshandlungen ein. In Abgrenzung hierzu bleibt die Führungskraft beim passiven MbE weitgehend im Hintergrund und schreitet nur bei schwerwiegenden Fehlern und Misserfolgen ein.40 Insofern handelt es sich bei dieser zweiten Ausprägung des MbE um ein reaktives Führungsverhalten.41 Im Gegensatz zur TRF-Führung erzeugt die TRA-Führung auf Seiten der „Geführten“ kaum das Gefühl von Begeisterung oder Bewunderung, sondern spiegelt eine emotionslose und rationale Übereinkunft ausgehandelter Richtlinien wider. Eine Orientierung an den individuellen Bedürfnissen der „Geführten“ kann dementsprechend in einem derartigen Kontext nicht entstehen, da gerade in der TRF-Führung die Transformation der Bedürfnisse immanent und ursächlich für die höhere Sinnstiftung, Sicherheit und Leistungsbereitschaft der „Geführten“ ist. Auf der anderen Seite grenzt sich die Konzeption der TRA-Führung von der „Laissez-Faire-Führung“ durch das in Teilen aktive Führungsverhalten und den Kerngedanken der Transaktion zwischen „Führer“ und „Geführten“ ab. Einzig das passive MbE deutet darauf hin, dass das TRA-Führungsmodell an dieser Stelle Tangierungspunkte mit der „Laissez-Faire-Führung“ aufweist, mit dieser aber keinesfalls gleichgesetzt werden darf. Folglich spiegelt die Konzeption der TRA-Führung einen Ansatz wider, der zwischen der TRF-Führung als aktives, sinnstiftendes, visionäres und damit inspirierendes Führungskonstrukt und der „Nichtführung“ im Sinne der „Laissez-Faire-Führung“ angesiedelt werden kann.

Im Zusammenhang mit der TRF-Führung werden des Weiteren die „charismatische Führung“ und die „pseudotransformationale“ Führung, die keine eigenständigen Führungskonzeptionen, sondern im weitesten Sinne lediglich zwei Teilelemente des TRF-Führungsmodells bilden, mit unterschiedlicher Akzentuierung diskutiert und fälschlicherweise synonym mit der TRF-Führung verwendet, so dass eine konsistente Abgrenzung dieser beiden Formen unweigerlich notwendig wird.42 Eine „charismatische Führung“ zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Führung auf die Person des

„Führenden“ beschränkt ist. Die „Geführten“ bewundern und identifizieren sich zwar persönlich mit dem „Führer“ und lassen sich hierdurch zu höheren Leistungen und Anstrengungen inspirieren43, dennoch bleiben sie abhängig von der Führungsperson und verfolgen kritiklos die Vorgaben seitens des „Führers“.44 Obwohl durch eine „charismatische Führung“ in Anlehnung an die TRF-Führung ebenfalls Bestehendes verändert und durch eine Vision den einzelnen Tätigkeiten mehr Sinnhaftigkeit verliehen werden soll45, spiegeln diese Zielsetzungen nur die sekundäre Absicht eines charismatischen „Führers“ wider. Vielmehr beabsichtigt die Anwendung der „charismatischen Führung“ die Erhöhung der Motivation und Leistungsfähigkeit der „Geführten“ durch die persönliche Identifikation mit der Führungsperson, während die TRF-Führung diese Effekte durch die Internalisierung von Werten, Visionen und Zielen der Führungskraft und der dahinterstehenden Organisation beabsichtigt.46 Zusätzlich kann als weiteres Unterscheidungskriterium die Beobachtungshäufigkeit dieser beiden Führungsformen konstatiert werden, da die TRF-Führung einen in unterschiedlichen Situationen universellen Charakter aufweist, derweil die Erscheinung der „charismatischen Führung“ von bestimmten Konditionen und spezifischen Kontexten abhängig ist.47 Trotz einer inhaltlichen Kongruenz dieser beiden Formen, die vor allem im Konzept der TRF-Führung mit der Teilkomponente „Idealized Influence“ weitgehend übereinstimmt, zeigen diese Konstrukte eine partielle Unabhängigkeit ihrer Ausrichtung.

Eng verbunden mit den Abgrenzungskriterien der „charismatischen Führung“ wird des Weiteren die „pseudotransformationale Führung“ von der in dieser Ausarbeitung im Vordergrund stehenden TRF-Führung unterschieden. Die Divergenz lässt sich vor allem auf die jeweilige personalisierte oder sozialisierte Form der Führung zurückführen, in der die TRF-Führung auftritt.48 Eine personalisierte Form entspricht hierbei in den Grundzügen der „pseudotransformationalen Führung“, die durch Manipulationen, Drohungen und Ignoranz des „Führers“ gegenüber seinen „Geführten“ gekennzeichnet ist und primär durch die Führungskraft mit dem Ziel verfolgt wird, einerseits das Eigeninteresse zu steigern, andererseits die Instrumentalisierung der „Geführten“ zur Verfolgung individueller Absichten zu forcieren.49 Im Gegensatz hierzu basiert die sozialisierte Form der Führung, die auch als „wahre“ TRF-Führung50 bezeichnet und in dieser Ausarbeitung zugrunde gelegt wird, auf einem altruistischen Verhalten des „Führers“, der primär seine legitimierte Macht und zu-geschriebene Glaubwürdigkeit seitens seiner „Untergebenen“ zur Erreichung kollektiver Ziele und Förderung seiner „Geführten“ einsetzt.51

Obwohl die begriffliche und inhaltliche Abgrenzung der Führungskonzeptionen sowie der Teilelemente der TRF-Führung nahe legen, dass ein „Führer“ jeweils nur eine Führungskonzeption verfolgen kann52, täuscht dieser Umstand darüber hinweg, dass Führungskräfte über ein breites Spektrum an Führungsansätzen verfügen und diese auch situativ einsetzen können. Dadurch sind sie in der Lage, neben der „Laissez-Faire-Führung“ bei Bedarf auch nach dem TRA- oder TRF-Führungsmodell zu agieren, um ihre Führungseffektivität im Sinne einer höheren Motivation und einer größeren Leistungsbereitschaft seitens der Mitarbeiter zu erreichen.53 In diesem Zusammenhang wird in der wissenschaftlichen Literatur hinsichtlich einer effektiven Führung schlussfolgernd festgestellt, dass ein optimales Führungsportfolio aus einer starken Ausprägung der TRF-Führung, einer ausgewogenen Ausprägung der TRA-Führung, die ein hohes Maß an CR, einen geringen Umfang an aktiven MbE und ein Minimum an passiven MbE enthält, sowie aus der vollständigen Abstinenz einer „Laissez-Faire-Führung“ bestehen sollte.54 In Bezug auf die Messung der objektiven Performance der TRF-Führung ist in diesem Kontext besonders die „Augmentationshypothese“ von hoher Bedeutung.55 Nach dieser kann eine positive Erfolgswirkung der TRF-Führung über die allgemeinen Erwartungen hinaus erst durch die additiven Effekte zwischen diesem Ansatz und den anderen Führungskonzeptionen zustande kommen.56 Folglich müssen im weiteren Verlauf dieser Ausarbeitung bei der Erfolgsbewertung der TRF-Führung jeweils das Zusammenspiel der verschiedenen Führungskonstrukte und insbesondere das Verhältnis des TRF- und TRA-Führungsmodells zueinander betrachtet werden.

Nachdem die TRF-Führung von anderen Führungskonzeptionen abgegrenzt worden ist, muss im Folgenden erläutert werden, inwiefern sich dieser Führungsansatz innerhalb der Führungsforschung einordnen lässt.

2.3. Einordnung innerhalb der Führungsforschung

Betrachtet man die Entwicklung der TRF-Führungskonzeption retrospektiv auf die dahinter zugrunde gelegten Forschungsströmungen und deren konstitutiven Merkmale hin, können fünf unterschiedliche Forschungsansätze der Führung identifiziert werden: „Trait Approach“, „Behaviour Approach“, „Power-Influence Approach“, „Situational Approach“ und „Integrative Approach“.57

Einer der ersten Forschungsansätze der Führung, der sogenannte „Trait Approach“, lässt sich bis ins Jahr 1930 zurückverfolgen. „Traitansätze“ oder im engeren Sinne personalisierte Führungstheorien stehen für die Annahme, dass Führung nicht erlernbar, sondern vielmehr angeboren ist und sich der „geborene Führer“ grundlegend durch bestimmte Charakteristika sowie außergewöhnliche Fähigund Fertigkeiten von der Allgemeinheit abhebt. Folglich betonen „Traitansätze“ die Attribute der Führungsperson wie z.B. Werte, Motive oder die Persönlichkeit und versuchen primär die Eigenschaften zu identifizieren, die den Erfolg eines „Führers“ garantieren, ohne dabei auf die kausalen Zusammenhänge zwischen der Führung und Performance eines Unternehmens näher einzugehen.58 Zwischen den Jahren 1950 und 1960 verschob sich der Fokus der Führungsforschung aufgrund des geringen Erklärungspotenzials des „Trait Approach“ dagegen in Richtung des „Behaviour Approach“. Innerhalb dieses verhaltensorientierten Forschungsansatzes wird besonders hervorgehoben, dass die einzelnen Tätigkeiten und Verhaltensweisen einer Führungsperson während ihrer Arbeitszeit mehr oder weniger effektiv seien. Dementsprechend versuchen die verhaltensorientierten

Ansätze die Wirkung eines bspw. mitarbeiteroder aufgabenorientierten Führungsverhaltens auf die Effektivität der Führung zu identifizieren.59 Im Gegensatz hierzu wird nach dem „Power-Influence Approach“ eine führerzentrierte Betrachtungsebene eingenommen, um aus dieser die Führer- Geführten-Beziehung zu analysieren und die hieraus resultierenden Wirkungen auf den Führungserfolg zu überprüfen. Insbesondere die verfügbare Machtintensität und der spezifische Einsatz des Einflusses seitens des „Führers“ gegenüber seinen „Geführten“ stehen im Interesse dieses Forschungsansatzes.60 Ausgehend von diesen drei Forschungsansätzen setzte sich bis Anfang der 1980er Jahre der „Situational Approach“ als situativer bzw. kontingenztheoretischer Ansatz durch, der die situativen Variablen der Führung bspw. die Eigenschaften der „Geführten“ und die internen sowie externen Umstände des organisationalen Settings betonte. Der Schwerpunkt dieses Ansatzes lag dabei einerseits auf der Untersuchung der Führung im organisationalen Kontext und dessen Wirkungszusammenhängen, andererseits auf der Analyse möglicher moderierender Effekte.61 Im Anschluss an den „Situational Approach“ rückte Mitte der 1980er Jahre der „Integrative Approach“ in den Vordergrund. Das Auftreten dieses Ansatzes, der bis heute an seiner Bedeutung nichts eingebüßt hat, stellte einen „Paradigmenwechsel“ innerhalb der Führungsforschung dar, da in diesem sämtliche vorangegangenen Forschungsansätze in ein integriertes Führungsmodell überführt und jene zudem simultan berücksichtigt werden.62

Aufgrund des primären Untersuchungsgegenstandes, wie eine Führungsausgestaltung in einem dynamischen Umfeld organisationaler Veränderungen Leistungen über die generellen Erwartungen hinaus generieren kann, der vollständigen Erfassung der Führungspersönlichkeit und der Berücksichtigung der kontextuellen sowie psychologischen Faktoren der Führung, kann die TRF-Führung zu den integrativen Forschungsansätzen der Führung subsumiert werden. Insofern reiht sich die vorliegende Untersuchung zur objektiven Performance der TRF-Führung in einen integrierten Forschungszusammenhang ein und impliziert darüber hinaus, dass jedwede Aspekte der betrachteten Führungskonzeption bei der nachfolgenden Analyse und Bewertung stets berücksichtigt werden müssen.

3. Performancemessung

3.1. Systematisierung und Erfolgskriterien

Unter der Performancemessung, die im englischen Sprachraum vielfach als „Performance Measurement“, „Outcome Assessment“ oder „Performance Accounting“ inkongruent bezeichnet und in den Aufgabensowie wissenschaftlichen Forschungsteilbereich des Controllings subsumiert werden kann, wird im Unternehmenskontext generell die qualitative und quantitative Messung und Bewertung von spezifischen Leistungen anhand von im Voraus definierten Erfolgsgrößen verstanden.63

Bezieht man diesen definitorischen Befund in den Zusammenhang der TRF-Führung mit ein, so handelt es sich bei der Performancemessung folglich um einen ganzheitlichen Analyseund Bewertungsprozess, mit dem die Leistung bzw. der Erfolg eines TRF-Führers innerhalb eines intraorganisationalen Settings bestimmt werden soll. Obwohl der Führungserfolg in der wissenschaftlichen Literatur abhängig vom Forschungsansatz unterschiedlich definiert wird, können unter diesem die erreichten positiven Effekte und Wirkungen auf ökonomische sowie nichtökonomische Größen (im engeren Sinne die Performance), die direkt oder indirekt aus dem Führungsverhalten und dem jeweiligen -stil einer Führungsperson resultieren, konstatiert werden. Insofern wird bei der Performancemessung der Führung die Hypothese zugrunde gelegt, dass die aktive Einflussnahme einer Führungskraft positive Auswirkungen auf verschiedene Dimensionen innerhalb eines Unternehmens haben kann.64 Dieser Link zwischen der Führung und der Performance basiert dabei auf dem

Befund, dass die „Laissez-Faire-Führung“ und das passive MbE, als eine der Teildimensionen der TRA-Führung, im Hinblick auf die Performance ineffektive Führungselemente darstellen, während einerseits dem CR und einem in engen Grenzen65 eingesetzten aktiven MbE als weitere Teilelemente der TRA-Führung, andererseits sämtlichen Teildimensionen der TRF-Führung positive Auswirkungen auf die Performance zugerechnet werden.66 Aufgrund der unmittelbar augenscheinlichen Mannigfaltigkeit der positiven Wirkungen, die die Führung auf die Performance bspw. einer Person oder des gesamten Unternehmens ausüben kann, bildet der Führungserfolg im Rahmen der Performancemessung ein mehrdimensionales Konstrukt ab, welches gemessen und bewertet werden soll.67 Dieser funktionale Kernbereich der Performancemessung impliziert dabei gleichzeitig, dass bei dieser nicht nur die erreichten positiven und möglichen negativen Effekte der Führung erfasst, sondern darüber hinaus die Kausalität zwischen der Führung und den erreichten Wirkungen anhand von Ursache-Wirkungs-Analysen hin untersucht werden müssen, um die tatsächlichen Erfolgsbestandteile einem spezifischen Führungsverhalten unmittelbar zurechnen zu können.

Da sich der Führungserfolg im Kontext der Performancemessung in den seltensten Fällen direkt beobachten lässt und eine valide Messung aufgrund der Komplexität dieses Konstrukts in jedweder Hinsicht besonders problematisch ist, wird innerhalb der Führungsforschung auf eine Vielzahl von Indikatoren bzw. Kriterien68 zurückgegriffen, anhand derer der Führungserfolg bestimmt und gemessen werden soll.69 In der wissenschaftlichen Literatur werden mögliche Erfolgsindikatoren dabei in Effektivitätsund Effizienzmaße der Führung unterteilt. Bei Effektivitätsmaßen handelt es sich primär um Kriterien, die eine wirksame Aufgabenerfüllung oder Zielerreichung erfassen70, während Effizienzmaße die Kosten-Nutzen-Relation und damit die wirtschaftliche Zielerreichung messen.71 Aufgrund der oftmals synonymen Verwendung dieser übergeordneten Messgrößen und der damit einhergehenden diffizilen Vergleichbarkeit der Ergebnisse wird gegenwärtig vermehrt dazu übergegangen, Erfolgsindikatoren der Führung anhand eines Spektrums von einerseits personellen Kriterien, die auf ein Individuum bezogen sind, und andererseits ökonomischen Größen, die sich aus der Bilanz und anderen Geschäftsberichten ableiten lassen, zu operationalisieren.72 Der Führungserfolg manifestiert sich hiernach in den personellen Indikatoren wie z.B. Arbeitszufriedenheit, Commitment, Anzahl der Kündigungen, Innovationsbereitschaft oder Problemlösungskompetenz der Mitarbeiter und in den ökonomischen Variablen bspw. Gewinn, Umsatz, Mitarbeiterfluktuation oder Produktivität, wobei letztere aggregierte Größen der personellen Indikatoren darstellen.73 Des Weiteren zeigt diese Kriterienabgrenzung, dass ökonomische Indikatoren gleichzeitig weitgehend objektive Erfolgsmaße bilden, da sich diese frei von subjektiven Einschätzungen aus dem unternehmensinternen Datenmaterial und externen Statistiken ableiten lassen. Folglich stellen sie Maßstäbe dar, die auf metrisch skalierten und unabhängigen Daten aufbauen und bei einer Gegenüberstellung mit den formalisierten Zielen eines Unternehmens die Performance der Führung in finanziellen Größen quantifiziert wiedergeben können.

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1 Vgl. Dörr (2008), S. 1.

2 Vgl. Felfe/Goihl (2002), S. 87 ff.

3 Vgl. die Unterteilung von Führungstypen in Manager/Leader und ihre Abgrenzung bei Zaleznik (1977), S. 67 ff.

4 Vgl. hierzu bspw. House (1977), S. 189 ff. und Bass (1990a), S. 184 ff.

5 Vgl. Rowe et al. (2005), S. 197 ff.

6 Vgl. Jing/Avery (2008), S. 67.

7 An dieser Stelle sei bereits anzumerken, dass die Terminologie der transformationalen Führung unmittelbar auf J. M. Burns zurückzuführen ist. Vgl. hierzu Burns (1978), S. 139 und S. 255.

8 Vgl. Neuberger (2002), S. 8.

9 Vgl. Staehle (1999), S. 328 f.

10 Vgl. Brodbeck/Maier/Frey (2002), S. 329 f.

11 Das Führungsverständnis stellt im engeren Sinne das Denken eines Akteurs über die Führung dar und äußert sich in unterschiedlichen Führungsstilen, die die Art und Weise des konkreten Verhaltens von Führungspersonen gegenüber Untergebenen beschreiben.

12 Vgl. Neuberger (2002), S. 52.

13 Vgl. Felfe (2006), S. 164.

14 Vgl. Bass (1986), S. 9.

15 Vgl. Felfe (2005), S. 32 sowie Bass (1999), S. 12.

16 Vgl. Shamir/House/Arthur (1993), S. 577 ff.

17 Vgl. Felfe (2005), S. 31 f.

18 Vgl. Bass/Avolio (1990), S. 3 sowie Bass (1998), S. 5.

19 Aufgrund der teils schwierigen Inhaltsbestimmung des Begriffs „Charisma“ wird in der nachfolgenden Ausarbeitung weitgehend auf diese Bezeichnung verzichtet.

20 Vgl. Avolio/Bass (2002), S. 2.

21 Vgl. Bass (1998), S. 5 ff.

22 Vgl. Bass/Avolio (1993), S. 52.

23 Vgl. Felfe (2005), S. 34.

24 Vgl. Felfe (2006), S. 164.

25 Einschränkend hierzu sei anzumerken, dass im wissenschaftlichen Schrifttum die Komponente IC nicht durchgängig als zwingende Dimension einer TRF-Führung angesehen wird. Vgl. die Ausführungen bei Steyrer (1999), S. 143 ff.

26 Vgl. Benis/Nanus (1990), S. 28 f.

27 Vgl. Bass (1999), S. 12.

28 Vgl. hierzu bspw. House (1977), Conger/Kanungo (1987), Bass (1985), Berlew (1974), Katz/Kahn (1978), Sashkin (1988), Kets de Vries (1988), House/Shamir (1993), Steyrer (1995) u.a.

29 Vgl. Judge/Piccolo (2004), S. 755 ff.

30 Vgl. hierzu stellvertretend Fuller et al. (1996), S. 271 ff. und Lowe/Kroeck/Sivasubramaniam (1996), S. 385 ff.

31 Vgl. Brodbeck/Frese/Javidan (2002), S. 16 ff.

32 Vgl. Waldman et al. (2001), S. 140 f.

33 Vgl. Bass/Avolio (1993), S. 53.

34 Vgl. Felfe (2005), S. 36.

35 Vgl. Ebenda, S. 36

36 Vgl. Avolio/Bass (2002), S. 3.

37 Vgl. Bass/Avolio (1993), S. 61.

38 Vgl. Hollander (1993), S. 32.

39 Vgl. Bass (1985), S. 9.

40 Vgl. Bass (1986), S. 146.

41 Vgl. Bass/Avolio (1993), S. 61.

42 Vgl. Yukl (2006), S. 270 ff.

43 Vgl. Bass (1990b), S. 21.

44 Vgl. Kark/Shamir/Chen (2003), S. 246 ff.

45 Vgl. Neuberger (2002), S. 143.

46 Vgl. House/Shamir (1993), S. 82 und Goodwin/Wofford/Whittington (2001), S. 772.

47 Vgl. Shamir/Howell (1999), S. 257 ff.

48 Vgl. Howell/Shamir (2005), S. 96 ff.

49 Vgl. Avolio/Bass (2002), S. 8.

50 Vgl. Ebenda, S. 8.

51 Vgl. Berndt (2004), S. 19.

52 Einer der ersten Vertreter dieser Auffassung war Burns (1978), der die transaktionale Führung und die transformationale“ Führung an zwei entgegengesetzten Polen eines Führungskontinuums positioniert hat.

53 Vgl. Bass/Avolio (1998), S. 137.

54 Dieser Umstand ging in die wissenschaftliche Literatur unter der Bezeichnung „Full Range of Leadership“ mit ein und wurde von B. M. Bass eingeführt. Vgl. hierzu Bass (1998), S. 7.

55 Vgl. Densten (2002), S. 40 ff. und Kroeger/Tartler (2002), S. 125 ff.

56 Vgl. Avolio/Bass (1988), S. 29 ff.

57 Vgl. Yukl (2006), S. 12 ff.

58 Vgl. Bryman (1992), S. 1.

59 Vgl. Ebenda, S. 13.

60 Vgl. Dörr (2008), S. 10.

61 Vgl. Yukl (2006), S. 14.

62 Vgl. Hunt (1999), S. 129 ff.

63 Vgl. Sveiby (2004), S. 4.

64 Vgl. hierzu bspw. Lim/Ployhart (2004), Hofman/Jones (2005), Keller (2006).

65 Vgl. zu den Grenzen des aktiven „Management by Exception“ die Ausführungen bei Podsakoff et al. (1984), S. 21 ff.

66 Dieses Beziehungsmuster wurde bereits von B. M. Bass und B. J. Avolio 1994 im „Full Range of Leadership“ konstatiert und durch unzählige nachfolgende Studien und Meta-Analysen empirisch nachgewiesen. Vgl. hierzu bspw. Judge/Piccolo (2004), S. 755 ff.; Keller (2006), S. 202 ff. und Hofmann/Jones (2005), S. 509 ff.

67 Vgl. Jing/Averie (2008), S. 67 ff.

68 In dieser Ausarbeitung werden die Bezeichnungen Indikatoren, Kriterien und Variablen synonym verwendet.

69 Vgl. Rosenstiel (1999), S. 6 und Weibler (2001), S. 89.

70 Vgl. Witte (1995), S. 263.

71 Vgl. Hentze/Kammel/Lindert (1997), S. 44.

72 Vgl. hierzu die ersten Anfänge einer derartigen Systematisierung bei Witt (1995), S. 265 ff.

73 Für ein besseres Verständnis der konsistenten Einordnung der Indikatoren wird auf die tabellarische Zusammenfassung im Anhang 1 dieser Ausarbeitung verwiesen.

Ende der Leseprobe aus 56 Seiten

Details

Titel
Objektive Performancemessung "transformationaler" Führung
Untertitel
Eine kritische Betrachtung
Hochschule
Zeppelin University Friedrichshafen
Veranstaltung
Führung
Note
1,00
Autor
Jahr
2008
Seiten
56
Katalognummer
V116820
ISBN (eBook)
9783640192731
ISBN (Buch)
9783640192885
Dateigröße
1352 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Objektive, Performancemessung, Führung, Transformational, Transaktional, Laissez-Faire
Arbeit zitieren
Thomas Martin Fojcik (Autor:in), 2008, Objektive Performancemessung "transformationaler" Führung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116820

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