"Ey, hat dich der teufel herein getragen?" Untersuchungen zum Antijudaismus in Hans Folz "Ein spil von dem herzogen von Burgund"


Hausarbeit, 2005

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Gattung Fastnachtspiel

3. Die Situation der Juden im Nürnberg um 1500

4. Textanalyse
4.1. Die „topischen Verbrechen“ und ihre Strafen
4.2. Die Judensau
4.3. Diffamierung in der Aufführungspraxis

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Nicht erst die Geschichte der letzten einhundert Jahre war geprägt von Hochs und Tiefs für die religiöse Gemeinschaft der Juden. Die letzten fünfzig Jahre des 20. Jahrhunderts zeigten beispielsweise unzählige Auseinandersetzungen der Israelis mit verschiedenen Völkern, so z.B. den Ägyptern. Auch der andauernde Konflikt mit den Palästinensern sowie die in letzter Zeit vermehrt vorkommenden Agitationen seitens des Irans gegen die Israelis zeugen von einer sehr bewegten Geschichte der Juden. Das wohl tragischste und hoffentlich am längsten erinnerte Moment jüdischer Geschichte stellt hingegen der Holocaust des 2. Weltkrieges dar, aufgrund dessen weit mehr als fünf Millionen Juden ihr Leben verloren.

Es ist aber wichtig zu erkennen, dass die antijüdischen und antisemitischen Einstellungen der Nationalsozialisten keine „Erfindung“ eben dieser Ideologieträger sind: Vorurteile und Ressentiments gegen die jüdische Religion und gegen die jüdische Gemeinschaft im Allgemeinen haben leider eine jahrhundertealte Tradition, die sich vom frühen Mittelalter bis, wie gesagt, in die neueste Geschichte hineinzieht. Und so wie sich das späte Mittelalter und die frühe Neuzeit generell durch eine Fülle von gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Veränderungen auszeichnen, so verändern sich auch die Darstellungen von und Einstellungen zu Juden: Diese Epochen bilden einen Übergang vom religiös begründeten Antijudaismus zum rassisch fundierten Antisemitismus. Selbstverständlich schlägt sich diese neue Mentalität auch in der deutschsprachigen Literatur als Ausdruck deutscher Kultur nieder, ganz besonders in dem vielfältigen und umfangreichen Oeuvre des Nürnberger Meistersängers und Fastnachtspieldichters Hans Folz. In dieser Arbeit werde ich mich daher mit einem sehr interessanten Fastnachtspiel Folz’ beschäftigen – Der Juden Messias oder auch Ein spil von dem herzogen von Burgund genannt –, das um das Jahr 1500, also in einer Zeit politischer und gesellschaftlicher Krisen, in Nürnberg entstanden ist, und untersuchen, inwiefern und wie die Juden negativ dargestellt werden, und ob und worauf Folz bei seiner Darstellung zurückgreift.

Zuerst werde ich jedoch kurz auf die Gattung des Fastnachtspiels – speziell auf die Nürnberger Tradition – selbst eingehen und schauen, welche Möglichkeiten dieses Genre für die Verbreitung eines speziellen Judenbildes bot und bietet. Im Anschluss daran werde ich überblicksartig die Geschichte der Juden im Mittelalter umreißen und auch auf die Stellung der Juden im Nürnberg um 1500 eingehen, um verdeutlichen zu können, in welchem zeitgeschichtlichen Kontext das Spiel entstanden ist. Daran anschließen wird sich eine genaue Analyse des Textes, bei der gezeigt werden wird, mit Hilfe welcher Mittel die Juden diffamiert werden.

Was das Fastnachtspiel selbst anbetrifft, so folgen nun einige kurze Anmerkungen editionsphilologischer Art: Der Text, den ich verwende, stützt sich auf die Ausgabe aus dem Werk Frühe Nürnberger Fastnachtspiele.[1] Hier wird das Stück Der Juden Messias genannt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Autoren selbst ihren Spielen nur selten eigene Titel gaben, die Titel, die wir haben, somit von der Forschung gegebene Konstrukte sind. Ich werde im Folgenden allerdings den Titel Ein spil von dem herzogen von Burgund verwenden, einen Titel also, den der Großteil der Forschung verwendet, um sich auf dieses Spiel zu beziehen, weil es ansonsten zu Verwechslungen kommen könnte, da es neben dem hier als Der Juden Messias bezeichneten Fastnachtspiel auch noch eine Reimpaardichtung von Hans Folz gibt, die den gleichen Namen trägt. Das Spiel ist in der Zeit zwischen 1486 und 1493 entstanden. Dies lässt sich damit erklären, dass schon in Zeile 9 Kaiser Maximilian I. als römischer König bezeichnet wird – ein Titel, den er erst im Jahre 1486 erhielt. Der terminus ante quem lässt sich mit der frühesten Handschrift erklären, die das Stück beinhaltete, und die als Schlussdatum das Jahr 1493 trägt.

2. Die Gattung Fastnachtspiel

Das Fastnachtspiel ist der dominierende „Typ des weltlichen Spiels im ausgehenden Mittelalter, der wesentlich bestimmt ist durch die Bindung an die Situation Fastnacht im städtischen Kontext“ (s. Ragotzky : 568), und stellt demzufolge die umfangreichste Gattung des 15. und 16. Jahrhunderts. Diese Spiele wurden in Reimen abgefasst und hauptsächlich von Handwerkern, zum Teil aber auch von Söhnen der Patrizier, in der Fastnacht, also kurz vor Beginn der Fastenzeit, in einer Zeit städtischer Fest- und karnevalesker Lachkultur, üblicherweise in Wirtshäusern, aber manchmal auch auf öffentlichen Plätzen aufgeführt. Ausgeprägte Spieltraditionen gab es in Lübeck, in Tirol, im alemannischen wie im böhmischen Raum und in Nürnberg, wobei gerade Nürnberg die umfangreichste und thematisch wie poetologisch ausdifferenzierteste Spieltradition stellt. Diese ist es auch, die hier von Bedeutung ist.

Anders als in anderen Spieltraditionen gab es in Nürnberg von Anfang an sowohl Reihen- als auch Handlungsspiele. Erstere sind gekennzeichnet durch eine Reihung von Auftritten einzelner Personen, die jeweils nur einen Redebeitrag haben, sich aber gegenseitig überbieten wollen, wohingegen letztere der modernen Konzeption eines Dramas ähneln – mit miteinander interagierenden Figuren und zum Teil sogar sehr komplexen Handlungsstrukturen. Thematisch lässt sich eine breite Vielfalt beobachten: Von Texten mit dem Thema Fastnacht selbst, über Texte, die sich in ihrer Minnethematik stärker an dem Mittelalter orientieren, bis hin zu Texten mit moralisch-didaktischen Zügen lässt sich in dieser Gattung sehr viel finden.

[...]


[1] Przybilski, Martin: „Hans Folz: Der Juden Messias“. In: Ridder, Klaus / Steinhoff, Hans

Hugo (Hrsg.): Frühe Nürnberger Fastnachtspiele. Paderborn u. a. S. 85-108

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
"Ey, hat dich der teufel herein getragen?" Untersuchungen zum Antijudaismus in Hans Folz "Ein spil von dem herzogen von Burgund"
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Germanistisches Institut)
Veranstaltung
Theater im Mittelalter - geistliches und weltliches Spiel
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V115345
ISBN (eBook)
9783640166473
ISBN (Buch)
9783640166565
Dateigröße
431 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Untersuchungen, Antijudaismus, Hans, Folz, Burgund, Theater, Mittelalter, Spiel
Arbeit zitieren
Mate Madunic (Autor:in), 2005, "Ey, hat dich der teufel herein getragen?" Untersuchungen zum Antijudaismus in Hans Folz "Ein spil von dem herzogen von Burgund", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115345

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