Kommunikationsprobleme in der Literatur

Am Beispiel von „Der arme Spielmann“ von Franz Grillparzer


Seminararbeit, 2006

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Autor und sein Werk
2.1. Franz Grillparzer
2.2. Das Werk und seine Entstehung
2.3 Parallelen zwischen Autor und Hauptfigur
2.4 Das Werk und seine Zeit

3. Kommunikationsprobleme
3.1. Die Musik – Medium zur Kommunikation mit der Gesellschaft?
3.2. Jakob – Unfähig zur Kommunikation?

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Zusammenleben der Menschen nimmt die Kommunikation eine sehr wichtige Rolle ein. Mit Hilfe von Mimik und Gestik, Worten und Berührungen teilen wir uns unseren Mitmenschen mit, geben wir unsere Gefühle, unsere Sorgen, unsere Freude oder unsere Liebe preis. Nicht selten gibt es dabei Missverständnisse, Kommunikationsprobleme, die in der Regel gelöst werden können und müssen. Manchmal ist Streit dazu notwendig, eine Diskussion unausweichlich oder entstehen deshalb gar Handgreiflichkeiten.

Um in der heutigen Zeit zu überleben und nicht allzu oft den Ärger der Mitmenschen auf sich zu ziehen, sind Regeln zu beachten. Wer diese Regeln beherrscht, hat es leichter, sich in der Welt zurechtzufinden. Was aber macht ein kommunikationsunfähiger Mensch? In der Tierwelt wird ein kommunikationsunfähiges Gruppenmitglied ausgestoßen, es muss als Einzelgänger sein Dasein fristen. Ein von der Herde verstoßenes Tier hat es sehr viel schwerer, im Leben klarzukommen und wird sich nur selten wieder einer anderen Tiergruppe anschließen können.

Franz Grillparzers Erzählung Der arme Spielmann führt uns das Beispiel eines von der Gesellschaft ausgestoßenen Einzelgängers vor. Seine Unfähigkeit zu kommunizieren, Mimiken und Gestiken seiner Mitmenschen zu deuten, machen es ihm unmöglich, ein normales Leben zu führen. Die folgende Arbeit soll die Kommunikationsprobleme in Der arme Spielmann darlegen. Weiterhin sollen Vergleiche der Hauptfigur Jakob mit seinem Schöpfer Franz Grillparzer gezogen werden, die eine zeitliche Einordnung der Entstehung der Erzählung mit sich bringt. Als Sekundärliteratur dienten mir vor allem Heinz Politzers Franz Grillparzer oder das abgründige Biedermeier und Benno von Wieses Die deutsche Novelle von Goethe bis Kafka.

2. Der Autor und sein Werk

2.1. Franz Grillparzer

Franz Grillparzer wurde am 15. Januar 1791 in Wien geboren. Er war der älteste von vier Söhnen eines Hof- und Gerichtsadvokaten. In seiner Jugend musste der österreichische Dichter einige schwere Schicksalsschläge hinnehmen. Als Franz 18 Jahre alt war, verstarb sein beruflich erfolgloser Vater Wenzel Grillparzer. 1817 ertränkte sich sein jüngster Bruder, zwei Jahre später beging seine labile Mutter in einem Anfall von Wahnsinn Selbstmord. Der zweite Bruder gab sich die Schuld an dem Tod der Mutter und seines jüngeren Bruders, beim dritten Bruder traten eindeutige Anzeichen von Geistesstörung auf.

Franz Grillparzer selbst war beruflich ebenfalls nicht besonders erfolgreich. Wie sein Vater war er Beamter des niederen Dienstes und trat 1856 als Hofrat verbittert und beruflich frustriert ab. Angeblich soll Grillparzer unfähig zu dauerhaften menschlichen Beziehungen gewesen sein, was sich in mehreren unglücklichen und sonderbaren Liebesbeziehungen widerspiegelte.

Halt gab ihm nur seine künstlerische Ader. Grillparzer war begabt im Umgang mit der Sprache. Er gilt noch heute als der bedeutendste österreichische Dramatiker des 19. Jahrhunderts. In seinen Dramen verarbeitete er Formelemente des österreichischen und spanisch-katholischen Barocktheaters, des Wiener Volksschauspiels und der Dramen der Weimarer Klassik. Grillparzer lebte zwischen den Epochen, wie auch ein Zitat des Dichters belegt: "Ich komme aus andern Zeiten und hoffe in andre zu gehn"[1]. Seine Helden sind weniger Tatmenschen, sondern schwanken zwischen Gewissen und Handeln, zwischen Zwang zum Handeln und Unfähigkeit zum Handeln. Sie behaupten sich im Verzicht, was sich auch in Der arme Spielmann zeigt. Diese Novelle ist deshalb auch als ein verschlüsseltes Selbstporträt Grillparzers zu betrachten, worauf im späteren Teil dieser Arbeit noch näher eingegangen werden soll.

Bedeutend war Grillparzer auch als Tagebuch-Autor. Zwischen 1804 und 1871 entstanden eine Fülle von Notizen, Beobachtungen und Urteilen. Neben Der arme Spielmann von 1848 hat Franz Grillparzer noch einige andere bedeutende Werke verfasst. Darunter die Trauerspiele Sappho (1817) und Die Ahnfrau (1816), die Tragödie Blanka von Kastilien (1809) und das dramatische Gedicht Das goldene Vließ (1821). Neben den aufgeführten Dramen hat Grillparzer noch etwa 200 Dramen geschaffen, die nur als fragmentarische Entwürfe vorhanden sind. Außerdem hat er sich in der Lyrik versucht und eine Oper verfasst (Melusina).

Anerkennung für seine Arbeit bekam Grillparzer sehr spät. 1859 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universitäten Wien und Leipzig. Zwei Jahre später wurde er zum Mitglied des österreichischen Herrenhauses auf Lebenszeit ernannt (Reichsrat) und 1864 machte man Grillparzer zum Ehrenbürger Wiens. Er starb am 21. Januar 1872 mit 81 Jahren in seiner Heimatstadt Wien.

2.2. Das Werk und seine Entstehung

Franz Grillparzers Erzählung Der arme Spielmann „gehört zu einem bestimmten Typus der Novelle, nämlich zur Rahmennovelle. Innerhalb des Rahmens führt sich der Autor selbst […] als teilnehmende Person ein“[2]. Dieser Ich-Erzähler berichtet in der Rahmenhandlung von seinem Zusammentreffen auf dem Wiener Prater mit einem Musiker, dem Spielmann Jakob. Der Ich-Erzähler ist beruflich an Jakob interessiert und sucht ihn in dessen Zuhause auf. Nach einer kurzen Phase des Kennenlernens erzählt Jakob seine Lebensgeschichte, die die Binnenhandlung darstellt.

„Vom Rahmen hebt sich die ‚Geschichte’ des armen Spielmanns ab, die von ihm selbst erzählt wird.“[3] Jakob ist der mittlere von drei Söhnen eines einflussreichen Hofrates. Während seine Brüder erfolgreich und klug sind, ist er der Versager der Familie. Nach der nicht bestandenen Abiturprüfung redet sein Vater kein Wort mehr mit ihm. Schließlich arbeitet er in einer Kanzlei als Abschreiber. Ein Lied, das eine Kuchenverkäuferin in der Kanzlei singt, bringt ihm seine durch die Vorhaltungen und den Druck des Vaters verloren gegangene Liebe zur Violine und zur Musik wieder zurück. Das Lied geht ihm nicht mehr aus dem Kopf und er sucht die Kuchenverkäuferin zu Hause auf. Sie, Barbara, verspricht ihm, das Lied in Noten abschreiben zu lassen. Barbaras Vater reagiert übertrieben freundlich, als er erfährt, dass Jakob der Sohn des reichen Hofrates ist. Der Abstieg Jakobs geht weiter nachdem ein Bediensteter seines Vaters ihn mit Barbara zusammen gesehen hat. Sein Vater wirft ihn aus dem Haus. Jakobs jüngster Bruder stirbt nach dem Versuch mit einem Pferd die Donau zu durchschwimmen, der ältere Bruder muss nach einer Untersuchung wegen Verleumdung außer Landes gehen und Jakobs Vater erleidet einen Schlaganfall und verstirbt. Jakob erbt und sieht sich sogleich einer Reihe von Bittstellern gegenüber. Auch Barbaras Vater würde gerne eine Verbindung Jakobs mit seiner Tochter sehen, gegen die sich Barbara aber stets wehrt. Es stellt sich heraus, dass Jakob mit einer Geschäftsidee übers Ohr gehauen wurde und plötzlich schlagartig arm ist. Als Barbaras Vater von seiner Mittellosigkeit erfährt, verstößt er ihn, sie selbst heiratet widerwillig einen reichen Fleischer. „Jakobs bürgerliche Untüchtigkeit hat ihn immer weiter von der Welt seines Vaters weggeführt und schließlich in einer Dachkammer am Stadtrand ein Zuhause finden lassen […]“[4].Jakob wurde zu dem Spielmann, der das Interesse des Ich-Erzählers auf dem Wiener Prater auf sich gezogen hatte.

[...]


[1] Im Internet: http://www.lehrer.uni-karlsruhe.de/~za874/homepage/Grillparzer.htm (05.12.2005, 22:45)

[2] Benno von Wiese: Die deutsche Novelle von Goethe bis Kafka, Interpretationen, Düsseldorf, 1959, S. 137.

[3] Ebd., S. 140.

[4] Alfred Barthofer: Kennen Sie den „Armen Spielmann“ von Grillparzer? In: Hilde Haider-Pregler: Stichwort Grillparzer, Wien / Köln / Weimar, 1994, S. 130.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Kommunikationsprobleme in der Literatur
Untertitel
Am Beispiel von „Der arme Spielmann“ von Franz Grillparzer
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)  (Institut für Literaturwissenschaft)
Veranstaltung
Oberseminar: Kommunikationsprobleme in der Literatur
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
17
Katalognummer
V114187
ISBN (eBook)
9783640157549
Dateigröße
450 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der Protagonist in Grillparzers "Der arme Spielmann" hat diverse Probleme, sich seinen Mitmenschen mitzuteilen. Weil er nicht verstanden wird, erleidet er ein schlimmes Schicksal. Diese Arbeit setzt mit den Problemen des armen Spielmanns auseinander und stellt die gewonnenen Erkenntnisse in einen größeren Zusammenhang.
Schlagworte
Oberseminar, Kommunikationsprobleme, Literatur, Grillparzer, Der arme Spielmann, Biedermeier
Arbeit zitieren
Markus Gentner (Autor:in), 2006, Kommunikationsprobleme in der Literatur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114187

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Titel: Kommunikationsprobleme in der Literatur



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