König Artus in Kunst und Literatur des Mittelalters und des Victorian Age

Vom römischen Feldherrn zum mystisch-heldenhaften König bis zur christlichen Legende


Seminararbeit, 2008

35 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Mythologisierung der historischen Artusfigur

III. Artusliteratur im Mittelalter
III. 1) Das Mabinogion
III. 2) Robert de Boron: Merlin (Ende des 12. Jahrhunderts)
III. 3) Malory: Morte D`Arthur (1485)

IV. Artusdarstellungen im Mittelalter
IV. 1) Der Vulgate Zyklus
IV. 2) Die “Nine Worthies”
IV. 3) Die Kathedralen von Modena und Otranto

V. Artusdarstellungen im Victorian Age
V. 1) Die Präraffaeliten
V. 2) Beardsley
V. 3) Die Dyce-Fresken

VI. Fazit

Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Denken wir heute an König Artus, so haben wir zahlreiche Filme und Bilder vor Augen, in denen Artus den prototypischen christlichen Herrscher voller Gerechtigkeit, Gnade und Großzügigkeit verkörpert. Das Schwert im Stein und die Tafelrunde, Monumente seines christlichen Handelns, sind weit geläufige Motive, die auch immer wieder in Artus-unabhängigen Kontexten auftauchen. Die mittelalterliche Literatur bietet unzählige Möglichkeiten in die Heldentaten der Artusritter einzublicken, die in ihrem (zumindest größtenteils) tugendhaften und unerschrockenen Handeln eine wichtige Vorbildfunktion erfüllen.

Die Figur des Artus entstammt allerdings eigentlich der keltisch-walisischen Mythologie. Zum ersten Mal findet sie Erwähnung in den Erzählungen des „Mabinogion“, einer Sammlung von walisischen Prosa-Erzählungen aus dem Mittelalter. König Artus ist also ursprünglich in einer heidnischen Kultur anzusiedeln.

In den letzen Jahren wurden jedoch wiederum Stimmen laut, die behaupteten, dass der sagenhafte König Artus auf die historische Figur des römischen Feldherrn Lucius Artorius Castus zurückgehe, seine Wurzeln also im Soldatentum lagen.

Anhand von Beispielen aus der Literatur und Kunst des Mittelalters und des „Victorian Age“, in dem es zum „Arthurian Revival“ kam, möchte ich zeigen, auf welche Weise diese drei verschiedenen Ursprungskontexte Einfluss auf die Rezeption der Sagengestalt genommen haben und wie sie sich gegenseitig bedingen, um die Artusgestalt in all ihren Facetten darstellen zu können.

II. Mythologisierung der historischen Artusfigur

Für Britische Legenden ist es nicht ungewöhnlich, dass sie zwar auf den Taten einer historischen Persönlichkeit beruhen, im Laufe der Zeit aber auch andere folkloristische Personen in den Sagenkreis eingewoben werden und dadurch eine neue Form der Legende kreiert wird[1].

Die Legende von König Artus geht vermutlich auf mehrere historische Personen zurück. Allerdings dürfte die Hauptvorlage für die Entstehung des Artusmythos der römische Feldherr Lucius Artorius Castus gewesen sein. Er zeichnete sich dadurch aus, dass er den Kampf gegen das Volk der Sarmaten für Rom entschied. Die Römer kämpften im ersten und zweiten Jahrhundert gegen die Sarmaten, und konnten dabei zwar einige Erfolge verzeichnen, allerdings gelang es ihnen nie, das Barbarenvolk ganz zu besiegen. Der Grund dafür war, dass die Sarmaten eine ausgezeichnete Kriegskunst zu Pferde entwickelt hatten und dadurch für die römischen Infanteristen nahezu unerreichbar waren: Mit den berittenen Einheiten konnten die beiden Stämme sog. Plünderungszüge ins Reich unternehmen, da sie dadurch weit beweglicher waren als die römischen Legionäre[2] . Erst Castus, der die Kriegskunst der Sarmaten ausführlich studiert hatte, gelang es, sie entgültig zu unterwerfen und als seine eigenen Soldaten einzusetzen. Castus wurde zum Anführer einer Hilfseinheit des römischen Heers, die gänzlich aus sarmatischen Kriegern bestand und nach Britannien entsandt wurde, um dort dem Einfall der Pikten und Schotten in das römische Reich entgegenzuwirken.

Bezeichnend ist, dass die Standarte der Sarmaten einen bronzenen Drachenkopf abgebildet haben soll[3], der als Vorlage für König Artus` bekanntes Wappen gedient haben könnte. Zudem berichtet der Historiker Ammianus Marcellinus davon, dass die Alanen, ein Teilstamm der Sarmaten, die später auch in Britannien angesiedelt wurden, ein Schwert anbeteten, dass in den Boden gerammt war ([...] their only idea of religion being to plunge a naked sword into the ground with barbaric ceremonies, and then they worship that with great respect […][4] ).

Allerdings war Lucius Artorius Castus bekanntlich weder Christ noch König. Hält man sich nun aber an die frühen englischen Chroniken, so findet sich auch dort kein König Artus, sondern nur der Heerführer Artus. Das „Mabinogion“ wiederum, das wahrscheinlich auf viel frühere, keltische Quellen zurückgeht, stellt ihn als König dar. Vermutlich kam es in den Zeiten, als Britannien Teil des römischen Reiches war, zu einer Verschmelzung der Legende um den berühmten römischen Heerführer und der keltischen Sage von König Artus, der seinen Namen wiederum dem ersteren verdanken könnte. Für diese Annahme spricht, dass sich, während Bretonia eine römische Provinz war, Keltentum und römisches Christentum mischten, sodass eine neue Kultur entstand: Neben der römischen Kirche wuchs [...] im fernen keltischen Nordwesten ein freieres Christentum heran, das seine Aufgabe nicht im Aufbau einer großen dogmatischen Glaubenslehre sah, sondern in der alltäglichen Lebensführung strenger Seelen- und Geistesbildung und ebenso strengem moralischen Leben[5] . So wie die Kulturen zu etwas Neuem verschmolzen, könnten auch ihre Traditionen und Sagen zu etwas Neuem zusammengewachsen sein. Auf diese Weise könnte der Heerführer Artus nicht nur die „Königswürde“ erlangt, sondern seinen Charakter auch um zahlreiche christliche Werte erweitert haben. Die keltischen Christen könnten ihre Wert- und Idealvorstellungen auf den alten Kriegshelden übertragen und so Artus zum Christ gemacht haben. Das würde erklären, warum er in den einzelnen frühen Quellen in völlig verschiedenen Kontexten gesehen wird, die in der späteren Artusfigur vereint sind. Es zeigt aber auch, dass es problematisch ist, die Artusfigur auf eine bestimmte historische Persönlichkeit zurückzuführen. Lucius Artorius Castus hat höchstens eine Anregung zur Entstehung des Artusmythos gegeben; aber auch diese These bleibt umstritten. Die Möglichkeit, dass Artus nie existiert haben könnte, ändert allerdings nichts an seiner kulturellen Bedeutung:

Die romanartigen Berichte vom Artushof, von der Artustafelrunde und all den großen Abenteuern, die die Artusritter im Dienste der Menschheit und im Kampf gegen das Böse in jeder Form bestanden haben, [...] hat eine größere Bedeutung für den Geist der Menschen als die Profangeschichte jener Zeiten , die diese Gestalten ignoriert.[...]. Die Berichte versetzen uns in das Geistgebiet, wo sie volle Wirklichkeit haben und zugleich stark bildend und kulturfördernd in das Leben der Menschen eingreifen[6] .

III. Artusliteratur im Mittelalter

III. 1) Das Mabinogion

Das “Mabinogion” ist eine Sammlung von elf walisischen Mythen, die die Britin Charlotte Guest im Jahr 1838 erstmals übersetzt und herausgebracht hat. Sie gehen auf zwei walisische Manuskripte aus dem Mittelalter zurück, das “White Book of Rhydderch“ (ca. 1325) und das „Red Book of Hergest“ (ca. 1400), wobei allerdings nur das letztere vollständig erhalten ist. In den Erzählungen von “How Culhwch Won Olwen“ und “The dream of Rhonabwy”, die um ca. 1100 niedergeschrieben wurden, taucht die Figur des Artus zum ersten Mal in einer literarischen Quelle auf.

Wie in den mittelalterlichen Artusromanen ist König Artus auch hier nur eine Randfigur. Die Helden der Erzählungen kommen an seinen Hof, um ihm um Hilfe zu bitten, und Artus gewährt ihnen seine Unterstützung mit den folgenden Worten:

»Chieftain « , said Arthur, » even though you do not stay, you shall have the request that head and tongue name, as far as the wind dries, as far as the rain wets, as far as the sun rises, as far as the sea stretches, as far as the earth extends, excepting only my ship, my mantle, my sword Caledvwlch, my spear Rhongomynyad, my shield Wynebgwrthucher, my knife Carnwennan and my wife Gwenhwyvar «[7].

Bei der ersten Erwähnung Artus` werden sogleich seine wichtigsten Attribute ohne weitere Erklärungen genannt. Das deutet darauf hin, dass Artus bereits in der frühen walisischen Mythologie eine durchaus bekannte Figur gewesen sein muss, da die Leser in der Lage gewesen sein mussten, die Attribute problemlos zuzuordnen.

Artus wird in dem “Mabinogion” nicht explizit beschrieben; allerdings kann man aus seinen Taten heraus und von den Attributen her erkennen, welches Bild die Waliser von ihm hatten. Er zeichnet sich im “Mabinogion” durch Großzügigkeit (» Chieftain « , said Arthur, » name what you want and you shall have it gladly « .[8] ) und durch sein Bestreben, den Frieden zu erhalten, aus, da er immer erst verhandelt, bevor es zum Kampf kommt. Es ist auch selten er selbst, der zum Schwert greift; ständig ist von seinen Männern die Rede, die er in den Kampf schickt und die sogar Excalibur gebrauchen: Llenlleawg the Irishman seized Caledvwlch, swung it round in a circle and killed Diwrnach the Irishman and his entire retinue[9].

In “The dream of Rhonabwy” wird Excalibur genau beschrieben:

Then they heard Cadwr Earl of Cornwall being summoned, and saw him rise with Arthur´s sword in his hand, with a design of two serpents on the golden hilt; when the sword was unsheathed what was seen from the mouth of the serpents was like two flames of fire, so dreadful that it was not easy for anyone to look[10] .

Auch wenn es wieder nicht durch Artus Hand zum Einsatz kommt, so repräsentiert es doch seine Macht und seine Persönlichkeit. Die Schlange steht in der keltischen Mythologie sowohl für Fruchtbarkeit als auch für Weisheit. Sie ist wichtiger Teil der keltischen Schöpfungsgeschichte und verkörpert die Erde[11]. Demnach steht die Artusfigur im „Mabinogion“ weniger für Rittertum und Tapferkeit, sondern vielmehr für Weisheit und Magie:

It can be seen clearly that, while Arthur is portrayed as a great king whose reputation is far-flung, his activities are far from those of the feudal overlord of romance. Rather he is like the hero in a wonder tale, aided by magic and accompanied by men with supernatural gifts, and his chief opponent has affinities with the divine animals of Celtic mythological tradition[12] .

Bemerkenswert ist, dass die Schlange bei den Kelten positiv konnotiert wurde, während sie im Christentum den Teufel symbolisiert. Scheint das Schlangensymbol in Verbindung mit Artus und Excalibur in dem „Mabinogion“ von besonderer Bedeutung, so ist wird es in anderen Artuserzählungen des Mittelalters nicht erwähnt.

III. 2) Robert de Boron: Merlin (Ende des 12. Jahrhunderts)

Robert widmet König Artus in seiner Dichtung über die Lebensgeschichte Merlins ein ganzes Kapitel, in dem er von dessen Königswahl und Krönung erzählt. Der „Merlin“ aber beinhaltet nicht nur diese Episode aus Artus` Leben, sondern berichtet auch von weiteren Ereignissen aus seinem Leben, von seiner Geburt an bis ins hohe Alter, berücksichtigt allerdings nicht sein Ende.

Robert lastet seiner Artusfigur keinerlei Fehler oder Mängel an. Sie verkörpert ein absolutes Idealbild, gemessen an christlichen Moralvorstellungen (Auch hinter seinem Rücken sagten sie, er sei von sehr hohem Wesen, denn sie sähen an ihm keine Begehrlichkeit und keine schlechte Eigenschaft[13] ). Diese guten Eigenschaften wurden Artus schon in die Wiege gelegt, denn ihn nährte eine Frau von hohem Stand, während sein Bruder Keu seinetwegen von einer Amme genährt wurde, die ihre schlechten Eigenschaften auf diesen übertrug[14]. Damit greift Robert eine im Mittelalter sehr beliebte Vorstellung auf und schließt einen möglichen Wandel seines Helden zum Bösen hin praktisch von Vorneherein aus.

Diese Tradition des guten Helden ohne Einschränkungen wird im Fortgang der Handlung beibehalten, denn Artus macht sich keiner Sünde schuldig. Auch die Gralssuche, die in vielen Quellen Artus` Unterlegenheit gegenüber seinen Rittern bloßstellt, beeinträchtigt in keiner Weise das freudige Leben am Artushof: So lebten sie in hohen Freuden, die Tafelrunde und der Hof des Königs waren berühmt und allenthalben in der ganzen Welt hoch geehrt[15] .

Artus zeichnet sich allerdings nicht nur durch seinen Edelmut und seine christliche Lebenseinstellung aus, sondern sticht bereits in jungen Jahren durch seine Weisheit hervor: Ihr habt dieses Kind als weise und in vielen Dingen erfahren anerkannt [...][16]. Demnach hat der Artus Roberts nicht wenig mit dem keltischen König Artus gemein; sie werden nicht nur beide als weise bezeichnet, sondern stimmen auch in ihren gut durchdachten und vorbildlichen Handlungen weitgehend überein. Allerdings ist die Weisheit bei Robert nicht an Magie geknüpft. Die Magie ist bei Robert ein Werkzeug des Teufels, das Merlin beherrscht, weil er dessen Sohn ist. Merlin stellt allerdings eine Ausnahmefigur dar; alle anderen magischen Figuren im „Merlin“ sind boshafter Natur. Artus` Weisheit äußert sich hingegen durch seinen Gerechtigkeitssinn und seine christliche Demut. Um diese Eigenschaften zum Ausdruck zu bringen, arbeitet Robert mit Bildern. Artus` Demut wird beispielsweise durch seine Tränen und seinen Kniefall vor den Edelleuten verbildlicht: Artus aber weinte von innigstem Gefühl und kniete vor ihnen nieder[17] . Die Tränen zeugen zugleich von seiner Reinheit und Unschuld. Die Gerechtigkeit wird durch das Schwert aus dem Stein veranschaulicht: Herr, geht und holt das Schwert und die Gerechtigkeit, mit der Ihr die Heilige Kirche verteidigen und die Christenheit schirmen sollt[18] .

Artus wird im „Merlin“ nicht als kriegerischer Held dargestellt, sondern hält gemäß den christlichen Gesetzten möglichst lange Frieden in seinem Land: So war Artus zum König gekrönt und hielt das Land und das Reich von Logrien lange Zeit in Frieden[19]. Erst sehr spät und in sehr kurzer Form erzählt die Geschichte von seinen ritterlichen Ruhmestaten, was zeigt, dass diese im Verhältnis zu der Christlichkeit Artus` nicht von besonderer Wichtigkeit sind:

Artus hatte einen großen Feldzug nach Gallien unternommen, am Mont Michel einen Riesen erlegt und eine gewaltige Schlacht gegen die Römer gewonnen. Auch hatte er das Katzenungeheuer von Lausanne erlegt und viele andere wunderbare Abenteuer bestanden[20].

Robert setzt bei der Inszenierung seiner Artusfigur eindeutig den Akzent auf die christliche Idealvorstellung eines Königs. Der ritterliche Kontext rückt völlig in den Hintergrund und der keltische Mythos wird in den christlichen Kontext von der Auseinandersetzung zwischen Gott und Teufel übertragen, der in keinem direktem Zusammenhang mit König Artus selbst steht. In seiner christlichen Interpretation des Mythos steht Robert kaum ein anderer Autor nach:

Robert has partially explained the significance of the objects - the sword represents justice; the stone doubtlessly symbolizes Christ - thereby establishing Arthur as a defender of the faith and as king by divine right. This special relationship to God is not so strongly emphasized by later writers and the symbolism of sword and stone is similarly de-emphasised[21].

III. 3) Malory: Morte D`Arthur (1485)

Der “Morte D`Arthur” von Malory ist der einzige mittelalterliche Text, der sich vorwiegend mit der Artusfigur selbst beschäftigt.

Malory verbindet geschickt den keltischen Mythos mit der christlichen Legende und kreiert eine Artusfigur, die sich durch einen unglaublichen Facettenreichtum auszeichnet. Artus erhält seine Königswürde durch Gott, indem er das Schwert aus dem Stein zieht[22]. Schon in jungen Jahren stellt er seine Bescheidenheit (Now, said Sir Ector to Arthur, I understand you must be king of this land. Wherefore I, said Arthur, and for what cause?[23] ), seine Großzügigkeit ([…] wherefore the king made great joy, and sent the kings and knights great presents[24] ) und seine Gnädigkeit (O Sir Accolon, said King Arthur, mercy shalt thou have, because I feel by thy words at this time thou knewest not my person; but I understand well by thy words that thou hast agreed to the death of my person, and therefore thou art a traitor; but I wite thee the less, for my sister Morgan le Fay by her false crafts made thee to agree […][25] ) unter Beweis. Zudem etabliert er sich als ausgezeichneter Ritter (the flower of all knights and kings[26] ). Er ist eindeutig der heroische Erobererkönig, ein aktiver, nimmermüder Streiter, der sein Weltreich aufbaut und vor keinem Kampf zurückschreckt[27] . Artus wird als mutiger und heldenhafter Kämpfer dargestellt, wobei er teilweise bereits tollkühn wirkt und sich, wie beispielsweise durch den Kampf mit Pellinore[28], mutwillig in Gefahr bringt. Es ist Merlin, der den jungen König bremst und ihm Vernunft einflößt. Die Weisheit, die im „Mabinogion“ und im „Merlin“ noch der Artusfigur selbst zuteil wurde, scheint hier in der Figur des Merlin verkörpert. Artus selbst wirkt eher aufbrausend und naiv, was vermutlich auch der Grund ist, dass er einen Fehler begehen kann, der so schwerwiegend ist wie der Ehebruch und die Inzucht.

Allerdings wandelt sich Artus` Charakter im Fortgang der Handlung; der Fokus richtet sich wie bei den Artusromanen auf die Ritter der Tafelrunde und Artus Aktivität lässt

nach. Es kommt nicht mehr häufig vor, daß Arthur selbst an einem Turnier teilnimmt. Geschieht es aber aus irgendwelchen Gründen, so unterliegt er im Zweikampf[29] . Allerdings steht diese Passivität nicht im Zusammenhang mit der Gralssuche. Malory hat nur wenig Sinn für das Geheimnis des Grals und dessen symbolische Funktion. Ihm geht es um Arthur und die weltliche Ritterschaft, nicht aber um das durch den Gral symbolisierte himmlische Rittertum[30] . Der Gral wird bei Malory in die säkulare Welt hineintransportiert, verspricht dem auserwählten Ritter aber kein ewiges Leben innerhalb der Gralsgesellschaft an einem geheimen Ort. Auf diese Weise kann auch der sündige Artus von der Kraft des Grals profitieren:

Then there entered into the hall the Holy Grail covered with white samite […]. And there was all the hall fulfilled with good odours, and every knight had such meats and drinks as he best loved it in this world. [...]. And then the king yielded thankings to God, of His good grace that he had sent them[31] .

Die Tatsache, dass andere Männer den König schließlich in ihrer Ritterlichkeit übertreffen, liegt daran, dass die königliche Pflichten Artus` mehr und mehr in den Vordergrund rücken. Artus gilt noch immer als Ideal, allerdings nun eher was das Königtum anbetrifft und weniger das Rittertum. Das könnte auch der Grund dafür sein, dass Artus aus dem Zentrum des Geschehens rückt, denn das ritterliche Leben ist abenteuerlicher und spannender für den Leser.

Malory bettet neben dem Schwert im Stein auch das Motiv Excaliburs in die Handlung ein, das Artus erhält, nachdem er das Erstere im Kampf gegen Pellinore verloren hat. Excalibur wird Artus von der Herrin vom See überreicht, die in keinem Zusammenhang mit der christlichen Welt steht. Dadurch wird auch Merlins rein christliche Motivation, der als Prophet in die Handlung eingeführt wurde, fragwürdig. Die Geschichte rückt in einen mystischen Kontext und wendet sich weitgehend von der christlichen Interpretation ab. Artus ist durch das Schwert eine magische Kraft gegeben – der keltische Sagenkönig scheint zum Vorschein zu kommen.

Zudem wird Artus im weiteren Verlauf der Handlung als gerechter und weiser König präsentiert, entwickelt also Eigenschaften, die uns von dem walisischen König Artus her bekannt sind. Seine Weisheit wird allerdings nicht symbolisch dargestellt, sondern ergibt sich aus seinen Handlungen und Reaktionen. Sein Umgang mit der Liebesaffäre zwischen Lancelot und Guinivere zeigt, dass der einst naive und aufbrausende junge König ruhiger und wesentlich vernünftiger geworden ist. Trotzdem er von dem Verhältnis weiß, lässt er es sich nicht anmerken. Er erduldet lieber die Schmach, anstatt die beiden geliebten Menschen in Gefahr zu bringen[32]. Sobald es aber doch zu gerechtfertigten Anschuldigungen gegen die beiden kommt, lässt er das Gesetz walten; er gibt seinem Verstand den Vorzug vor seinen Gefühlen, indem er vorbildlich nach den Gesetzen handelt, die er selbst aufgestellt hat:

[...]


[1] vgl. Linda A. Malcor: Lucius Artorius Castus. Part 2: The Battles in Britain. In: The Heroic Age,
Issue 2 (Autumn/Winter 1999). http://www.mun.ca/mst/heroicage/issues/2/ha2lac.htm (29.12.2007)

[2] Ursula-Barbara Dittrich: Die Beziehungen Roms zu den Sarmaten und Quaden im vierten Jahrhun-
dert n. Chr. (nach der Darstellung des Ammianus Marcellinus). Hg. v. Hatto Schmitt, Johannes
Straub u.a. Bonn: Habelt, 1984. (= Habelts Dissertationsdru>

[3] vgl. Linda A. Malcor: Lucius Artorius Castus. Part 2: The Battles in Britain. In: The Heroic Age,
Issue 2 (Autumn/Winter 1999). http://www.mun.ca/mst/heroicage/issues/2/ha2lac.htm (29.12.2007)

[4] Amminanus Marcellinus: Roman History. English Translation of the “Res Gestae”. London: Bohn,
1862. Book 31. pp. 575-623. www.tertullian.org/fathers/ammianus_31_book31.htm (31.12.2007)

[5] Robert de Boron: Merlin. Der Künder des Grals. Aus dem altfranzösischen Übersetzt von Konrad
Sandkühler. Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben, 1975. S. 180f.

[6] ebd. S. 178.

[7] Jeffrey Gantz (Übersetzer): The Mabinogion. London: Penguin Books, 1976. S. 140.

[8] ebd.

[9] ebd. S. 170.

[10] ebd. S. 184.

[11] Lancelot Lengyel: Das geheime Wissen der Kelten. Enträtselt aus druidisch-keltischer Mystik und
Symbolik. 3. Auflage. Freiburg: Hermann Bauer Verlag, 1985. S. 214f.

[12] Norris J. Lacy (Hg.): The Arthurian Encyclopedia. New York: Garland, 1986. S. 127.

[13] Robert de Boron: Merlin. Der Künder des Grals. Aus dem altfranzösischen Übersetzt von Konrad
Sandkühler. Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben, 1975. S. 146.

[14] vgl. ebd. S. 142.

[15] ebd. S. 163.

[16] ebd. S. 144.

[17] ebd. S. 147.

[18] ebd.

[19] ebd. S. 148.

[20] ebd. S. 158.

[21] Norris J. Lacy (Hg.): The Arthurian Encyclopedia. New York: Garland, 1986. S. 536.

[22] vgl. Alfred W. Pollard: The Romance of King Arthur and his knights of the Round Table. Abridged
from Malory´s Morte D´Arthur. London: Macmillan Publishers Ltd, 1979. S. 7-11.

[23] ebd. S. 10.

[24] ebd. S. 13.

[25] ebd. S. 41f.

[26] ebd. S. 27.

[27] Karl Heinz Göller: König Arthur in der englischen Literatur des späten Mittelalters. Hg. v. Wolfgang
Kayser, Hans Neumann u.a. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1963. (=Palaestra. Untersuchun-
gen aus der deutschen und englischen Philologie und Literaturgeschichte.) S. 150.

[28] vgl. Alfred W. Pollard: The Romance of King Arthur and his knights of the Round Table. Abridged
from Malory´s Morte D´Arthur. London: Macmillan Publishers Ltd, 1979. S. 19-24.

[29] Karl Heinz Göller: König Arthur in der englischen Literatur des späten Mittelalters. Hg. v. Wolfgang
Kayser, Hans Neumann u.a. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1963. (=Palaestra. Untersuchun-
gen aus der deutschen und englischen Philologie und Literaturgeschichte.) S. 152.

[30] ebd. S. 155.

[31] Alfred W. Pollard: The Romance of King Arthur and his knights of the Round Table. Abridged
from Malory´s Morte D´Arthur. London: Macmillan Publishers Ltd, 1979. S. 319.

[32] vgl. Karl Heinz Göller: König Arthur in der englischen Literatur des späten Mittelalters. Hg. v.
Wolfgang Kayser, Hans Neumann u.a. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1963. (=Palaestra.
Untersuchungen aus der deutschen und englischen Philologie und Literaturgeschichte.) S. 162.

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
König Artus in Kunst und Literatur des Mittelalters und des Victorian Age
Untertitel
Vom römischen Feldherrn zum mystisch-heldenhaften König bis zur christlichen Legende
Hochschule
Universität Siegen
Veranstaltung
Geschriebene Bilder: Ikonografie und Skriptografie in der mittelalterlichen Literatur
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
35
Katalognummer
V113055
ISBN (eBook)
9783640132201
ISBN (Buch)
9783640134779
Dateigröße
6135 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
König, Artus, Kunst, Literatur, Mittelalters, Victorian, Geschriebene, Bilder, Ikonografie, Skriptografie, Literatur
Arbeit zitieren
Katrin Ehlen (Autor:in), 2008, König Artus in Kunst und Literatur des Mittelalters und des Victorian Age, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113055

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