Kognitive Dissonanz bei viralen Werbespots


Diplomarbeit, 2007

120 Seiten, Note: Befriedigend


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG
1.1 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG
1.2 AUFBAU UND METHODIK

2 DAS SYSTEM DER PSYCHISCHEN VARIAB LEN
2.1 AKTIVIERENDE PROZESSE
2.1.1 Emotion
2.1.2 Motivation
2.1.3 Einstellung
2.2 KOGNITIVE PROZESSE
2.2.1 Gedächtnis
2.2.1.1 Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung
2.2.1.2 Informationsspeicherung und Informationsabruf
2.2.2 Wahrnehmung
2.2.3 Entscheidung
2.2.4 Lernen

3 THEORETISCHE GRUNDLAGEN DER KOGNITIVEN DISSONANZ
3.1 KOGNITIONEN
3.2 PSYCHISCHE KONSISTENZ
3.3 GRUNDKONZEPTION DER THEORIE DER KOGNITIVEN DISSONANZ
3.3.1 Intrapersonelle Konflikte
3.3.2 Entscheidungen
3.3.3 Dissonanzreduktion
3.3.4 Dissonanzstärke und Involvement
3.3.5 Volition
3.4 KRITISCHE BEWERTUNG DER DISSONANZTHEORIE
3.4.1 Wissenschaftliche Kommentare zur Dissonanztheorie
3.4.2 Kritik an der Dissonanztheorie

4 KOGNITIVE DISSONANZ AUS SICHT DER KONSUMENTENVERHALTENSFORSCHUNG
4.1 ANWENDUNG DER DISSONANZTHEORIE IM MARKETING
4.2 WIRKUNG VON KOGNITIVER DISSONANZ IM MARKETING
4.3 REAKTIVE MAßNAHMEN ZUR DISSONANZREDUKTION
4.4 PROAKTIVE MAßNAHMEN ZUR DISSONANZREDUKTION
4.5 FAZIT

5 VIRAL MARKETING
5.1 EINFÜHRUNG IN DIE VIRALE WERBUNG
5.2 DIE KERNBESTANDTEILE DES VIRAL MARKETINGS
5.3 BEISPIELE FÜR VIRALE WERBUNG AUS DER PRAXIS

6 CONCLUSIO

7 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG DER WIRKUNG VON KOGNITIVER DISSONANZ BEI VIRALER WERBUNG
7.1 HYPOTHESENKATALOG
7.2 DATENERHEBUNG
7.2.1 Die Methode der Befragung
7.2.2 Stichprobenziehung
7.3 ERGEBNISSE DER QUANTITATIVEN BEFRAGUNG
7.3.1 Demographische Daten
7.3.2 Fragen zum Produkt
7.3.3 Fragen zum Spot
7.3.4 Fragen zu Online Videosharing-Plattformen
7.4 HYPOTHESENPRÜFUNG
7.5 INTERPRETATION UND BEANTWORTUNG DER ZENTRALEN FRAGESTELLUNG

8 ZUSAMMENFASSUNG

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

LITERATURVERZEICHNIS

1 Einleitung

Diese Diplomarbeit befasst sich damit, inwiefern kognitive Dissonanz eine Rolle bei viraler Werbung im Internet spielt. In den folgenden Kapiteln werden die Problemstellung und die Zielsetzung der Arbeit genauer beschrieben. Zusätzlich erfolgt ein Überblick über die Methodik, anhand welcher eine empirische Untersuchung durchgeführt wurde, und eine Darstellung des Aufbaus der weiteren Arbeit.

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Viral Marketing ist eine Werbemethode, die besonders in den letzten Jahren immer mehr in Mode gekommen ist und die sich der geschickten Strategie bedient, Kunden zu veranlassen, die intendierte Werbebotschaft aus eigenem Antrieb an andere Konsumenten weiterzuleiten. Dies passiert oftmals mit Videos, die plötzlich im Internet auftauchen und Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Einmal losgetreten verbreiten sich solches Videos oft wie ein „Virus“[1] und, wenn die Spannung dann am größten ist, kommt plötzlich die Auflösung, dass es sich um einen Marketingaktion gehandelt hat.[2]

Doch welche Elemente muss ein viraler Werbespot beinhalten, damit er von einem Konsumenten weitergeleitet wird und dadurch eine Viral Marketing Kampagne Erfolg hat? Die Antwort vom Viral Marketing Spezialisten Sascha Langer ist, dass etwas geboten werden muss, worüber es sich zu reden lohnt. Es ist nicht das Hauptziel, ein Produkt zu „verkaufen“, sondern die Menschen müssen in erster Linie durch etwas Aufmerksamkeitserregendes aktiviert werden und zu natürlichen Handlungsweisen – wie der Weiterleitung eines Werbespots im Internet – motiviert werden. Dabei ist wichtig, dass ein solcher Spot Unterhaltung und Spaß bringt, dabei etwas Neues bietet und vor allem nicht wie ein gewöhnlicher Fernseherbespot aussieht.[3]

Da die Unterhaltung bei viralen Werbespots im Vordergrund steht, rückt das beworbene Produkt oder die Marke oftmals in den Hintergrund bzw. wird nicht offensichtlich beworben. Der Seher eines viralen Werbespots bildet sich dadurch eine Meinung zum Spot, welche jedoch nicht unbedingt mit der Einstellung zum darin beworbenen Produkt übereinstimmt. So kommt es, dass einem Konsumenten ein Werbespot sehr gut gefällt, er zwar kein Interesse an dem beworbenen Produkt hat, aber dennoch den Spot an Freunde weiterleitet. Die Diskrepanz, die dabei auftritt - zwischen Einstellung zum Produkt und Einstellung zum Werbespot - kann als Form von kognitiver Dissonanz bezeichnet werden. Die Theorie der kognitiven Dissonanz wurde von Leon Festinger (1978) aufgestellt und zählt zu den sozialpsychologischen Theorien, die auch in der Konsumentenverhaltensforschung Einfluss nehmen. Leon Festinger (1978) bezeichnet kognitive Dissonanz als unangenehmen Spannungszustand, der auftritt, wenn Diskrepanzen zwischen Einstellung und Handeln auftreten. Als Beispiel verwendet Leon Festinger das Beispiel vom Raucher, der obwohl er weiß, dass Rauchen sehr ungesund ist, nicht zum Rauchen aufhört.[4]

Im Marketing spielt die Dissonanztheorie vor allem nach Kaufentscheidungen eine Rolle. Wird eine in den Kauf gesetzte Erwartung nicht erfüllt, können Dissonanzen entstehen und somit auch Kundenunzufriedenheit. Weiters können negative Informationen aus dem Umfeld des Konsumenten - durch Freunde, Familie, negative Rezensionen - zur Dissonanzauslösung beitragen. Wenn Unternehmen versuchen, Dissonanzen durch Nachkaufwerbung zu reduzieren, kann die Zufriedenheit jedoch wieder gesteigert werden.[5]

Deshalb wird das absichtliche Schaffen von kognitiver Dissonanz eher negativ gesehen. So plädieren Kroeber-Riel/Weinberg (2003), dass ein absichtliches Auslösen von kognitiver Dissonanz durch das Marketing kaum zweckmäßig ist, da nachteilige Begleiterscheinungen in Form von Beunruhigung und Unzufriedenheit beim Produktkauf die Folge sein können.[6]

Ein Zusammenhang von kognitiver Dissonanz und viralem Marketing ist bisher nicht erforscht, scheint aber durch die bereits beschriebene Diskrepanz zwischen Einstellung und Handeln vorhanden zu sein. Ziel von viralen Werbespots ist nicht, durch offensichtliche Produktwerbung aufzufallen. Vielmehr müssen diese witzig und gut gemacht sein, um vom Konsumenten weitergeleitet zu werden, wodurch das Produkt im Spot zur Nebensächlichkeit wird.[7]

Um zu beweisen, dass kognitive Dissonanz bei viralen Werbespots eine Rolle spielt, wurde eigens für diese Arbeit, ein Werbespot für die Hunde- und Katzenfutter Marke Pet-Fit gedreht und im Internet publiziert. Danach wurde eine Internetumfrage zum Werbespot durchgeführt, der das Hauptziel hatte, herauszufinden, ob bei den Befragten eine unterschiedliche Einstellung zu Produkt und Spot vorhanden ist.

Aus den oben erwähnten Themen ergibt sich die zentrale Fragestellung der Diplomarbeit wie folgt:

Welche Bedeutung hat die Theorie der kognitiven Dissonanz im Marketing allgemein und in der viralen Werbung im Speziellen?

Weitere Fragen, die im Zuge der Diplomarbeit beantwortet werden sollen, lauten wie folgt:

- Warum kann kognitive Dissonanz eintreten?
- Was passiert, wenn kognitive Dissonanz ausgelöst wird? Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Wie kann kognitive Dissonanz reduziert werden?
- Wie wirkt kognitive Dissonanz auf Konsumentenentscheidungen ein? Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Welche Effekte kann kognitive Dissonanz im Marketing haben?
- Was muss bei Viral Marketing Kampagnen beachtet werden? Was sind die Werkzeuge von Viral Marketing?
- Besteht bei viralen Werbespots ein diskrepantes Verhältnis zwischen der Einstellung zum Produkt und der Einstellung zum Videospot?
- Welche Rolle spielt kognitive Dissonanz bei Internetspots, dargestellt am Pet-Fit Spot?

Diese Fragen werden sowohl aus theoretischer Sicht wie aus praktischer Sicht beleuchtet.

1.2 Aufbau und Methodik

Die Diplomarbeit ist in einen Theorie- und Empirieteil gegliedert. Der Theorieteil beginnt mit einer Einführung in das System der psychischen Variablen, um die psychischen Konstrukte näher zu erläutern, die beim Auftreten von kognitiver Dissonanz einwirken. Hier wird vor allem auf die aktivierenden und kognitiven Prozesse eingegangen.

Danach wird der Focus vollständig auf die Dissonanztheorie gelegt, indem zunächst für die Theorie der kognitiven Dissonanz relevante Begriffe definiert werden. Ferner werden die Ansichtsweisen Leon Festingers, des Gründers der Theorie der kognitiven Dissonanz, beschrieben und es wird erläutert, wie andere Sozialwissenschaftler die Dissonanztheorie beurteilen. Im Anschluss wird darüber diskutiert, wie die Wirkung von kognitiver Dissonanz im Marketing ist und wie die Dissonanztheorie im Marketing angewendet werden kann. Danach folgt ein allgemeines Kapitel zu Viral Marketing, um den, für diese Arbeit relevanten, theoretischen Hintergrund darzustellen. Zum Abschluss des Theorieteils werden in einem Conclusio die Erkenntnisse aus der Theorie festgehalten.

Im siebten Kapitel beginnt der Empirieteil. Hier werden zunächst auf Basis der Theorie Hypothesen gebildet. Danach erfolgt die Beschreibung der Befragungsarten allgemein, wobei speziell auf die in dieser Arbeit gewählten Onlinebefragung eingegangen wird. Danach werden die Ergebnisse der Befragung in deskriptiver Form dargestellt und interpretiert. Nachdem die aufgestellten Hypothesen anhand der empirischen Ergebnisse überprüft wurden, wird zum Abschluss der Diplomarbeit eine Zusammenfassung über die gesamte Arbeit wiedergegeben.

2 Das System der psychischen Variablen

Der Sozialpsychologe Leon Festinger[8] (1978) gilt als der Erfinder der Theorie der kognitiven Dissonanz, einer Theorie, die beim Erklären von Diskrepanzen zwischen Kognitionen (Einstellungen), Emotionen und Motiven hilfreich ist.[9] Laut Festingers (1978) Theorie gehen Kognitionen zunächst Emotionen voraus, welche wiederum Motive und Einstellungen beeinflussen.[10]

Deswegen behandelt dieses Kapitel die relevanten psychologischen Konstrukte innerhalb des Systems der psychischen Variablen, um in späterer Folge erklären zu können, warum ein Mensch kognitive Dissonanzen erleben kann.

Kroeber-Riel/Weinberg (2003) beschreiben das System der inneren Vorgänge der Menschen (Konsumenten) als System der psychischen Variablen. Sie unterteilen die inneren Vorgänge grundsätzlich in:[11]

- a k t i vierende Prozesse , welche mit inneren Erregungen und Spannungen verbunden sind und

- kognitive Prozesse , welche als Vorgänge bezeichnet werden, durch die das menschliche Individuum Informationen aufnimmt, verarbeitet und speichert.

Bedeutend ist weiters, dass die kognitiven und aktivierenden Prozesse von Innen- und von Außenreizen hervorgerufen werden können. Diese Reize können parallel auf einen einwirken und je mehr kognitive und aktivierende Vorgänge zusammenspielen, desto komplexer werden diese inneren Vorgänge.[12]

Folgende Abb. 1 stellt dar, dass zunächst Innen- und Außenreize in wechselseitiger Beziehung auf die aktivierenden- und kognitiven Prozesse einwirken. Wenn die aktivierenden und kognitiven Prozesse zusammenspielen, dann handelt es sich um komplexe ansonsten um einfache Prozesse. Weiters ist dargestellt, dass sich menschliches Verhalten aus den kognitiven- und aktivierenden Prozessen herausbildet.[13]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Psychisches Gesamtsystem (Quelle: Kroeber-Riel/ Weinberg, 2003, S. 50.)

Bei den von Kroeber-Riel/Weinberg (2003) unterteilten interpersonellen Vorgängen (komplexe Prozesse), die sich grundsätzlich in aktivierende und kognitive Prozesse gliedern, gelten die aktivierenden Prozesse als menschliche Antriebskräfte, die das Verhalten des Menschen erklären bzw. durch ihre Energie überhaupt dafür sorgen, dass Verhalten entsteht. Dazu zählen die Konstrukte Einstellung , Emotion und Motivation .[14]

Weiters wird in diesem Kapitel auf die kognitiven Prozesse eingegangen, die in enger Verflechtung zu den aktivierenden Prozessen stehen. Kognitive Prozesse charakterisieren sich als gedankliche („rationale“) Prozesse, die einem Individuum helfen, Kenntnis von seiner Umwelt und sich selbst zu erlangen. Sie haben vor allem die Aufgabe, das Verhalten gedanklich zu kontrollieren und bewusst zu steuern. Dazu zählen Gedächtnis, Wahrnehmung, Entscheidung und Lernen .[15]

Es wurde bereits erwähnt, dass die Aktivierungskonstrukte Einstellung, Emotion und Motivation durch die Verflechtung mit kognitiven Einflüssen an Komplexität zunehmen. Kroeber-Riel/Weinberg (2003) geben folgende Definition dazu ab:[16]

- Emotion = Zentralnervöses Erregungsmuster + kognitive Interpretation
- Motivation = Emotion + kognitive Zielorientierung
- Einstellung = Motivation + kognitive Gegenstandsbeurteilung

In den folgenden Unterkapiteln werden die aktivierenden und kognitiven Prozesse genauer beschrieben.

2.1 Aktivierende Prozesse

Aktivierung allgemein wird definiert als Grunddimension aller Antriebsprozesse. Die Aktivierung trägt zur Energieversorgung des Organismus bei und versetzt den menschlichen Körper in einen Zustand der Leistungsbereitschaft.[17]

In diesem Kapitel werden die komplexen aktivierenden Prozesse näher definiert. Hierbei handelt es sich um die drei Konstrukte Einstellung , Emotion und Motivation , die dazu dienen, das Zustandekommen menschlicher Handlungen zu erklären. Die folgenden Kapitel sollen auch dazu dienen, die oben genannten Konstrukte voneinander abzugrenzen, da diese Konstrukte nicht als einheitlich verstanden werden können. So wird Hunger manchmal als Trieb, manchmal als Emotion oder auch als Motivation bezeichnet. Die aktivierenden Prozesse stehen weiters in enger Verflechtung mit kognitiven Prozessen, die als gedankliche Prozesse definiert werden. Demnach gilt folgendes:[18]

1. Komplexe psychische Prozesse werden als aktivierend bezeichnet, wenn die Aktivierungskomponenten dominieren.

2. Komplexe psychische Prozesse werden als kognitiv bezeichnet, wenn die kognitiven Komponenten dominieren.

In weiterer Folge werden die aktivierenden Konstrukte Emotion , Motivation und Einstellung gesondert betrachtet. Danach wird näher auf die kognitiven Prozesse eingegangen.

2.1.1 Emotion

Emotion ist eine innere Erregung, die als angenehm oder unangenehm, mehr oder weniger bewusst wahrgenommen wird. Emotionen sind Gefühle, welche sich als Angst, Glück, Eifersucht oder Sympathie äußern können. Ein verwandter Begriff ist der Affekt , welcher als besondere Form von emotionalem Erlebnis gilt und zur Erklärung von impulsivem Handeln verwendet wird. Eine weitere verwandte und besondere Form der Emotion ist die Stimmung , welche als lang anhaltende, diffuse Emotion, die als Dauertönung des Erlebens, als Hintergrunderlebnis, umschrieben wird. Menschliche Emotionen sind im Allgemeinen sehr komplex und werden auch von Kulturen gesteuert, z.B. in Form von angemessenem Verhalten, welches in einer Gesellschaft eines Landes vorhanden ist.[19]

Laut Izard (1999) gibt es folgende, durch eine menschliche neutrale Grundlage gekennzeichnete Arten von Emotionen:[20]

- Interesse
- Freude/Vergnügen
- Überraschung/Schreck Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Kummer/Schmerz
- Zorn/Wut
- Ekel/Abscheu Geringschätzung/Verachtung Furcht/Entsetzten
- Scham
- Schuldgefühl/Reue

Die beschriebenen Emotionen sind alle auf ihre eigene Weise subjektiv wahrnehmbar und dadurch differenzierbar. Weiters werden diese Emotionen auch durch die Bezeichnung bewusster Erlebniszustände definiert (z.B. Gefühl der Trauer).[21]

Die Emotionen nach Izard[22] (1999) können auch in allen möglichen Kombinationen auftreten. In der Emotionsforschung hat es sich jedoch bewährt, Dimensionen zu finden, zu denen Emotionen mit gleichen Merkmalen, die Kroeber-Riel/Weinberg (2003) wie folgt, zuordnen:[23]

- Erregung (Grad der Aktivierung)
- Richtung (unangenehm, angenehm)
- Qualität (Erlebnisinhalt der Emotion)
- Bewusstsein

Die Dimension Erregung gibt an, welcher Umfang an Aktivierung der Emotion zugrunde liegt. Die Richtung gibt an, ob eine Emotion als unangenehm oder angenehm empfunden wird (z.B. Freude geht in eine angenehme Richtung). Die Dimension Qualität gibt den Inhalt einer Emotion vor. Sämtliche Emotionen können auch darauf zurückgeführt werden ob sie bewusst oder unbewusst erlebt werden.[24]

Trotz der oben dargestellten Unterscheidungen sind Emotionen ähnlich zu den in folgendem Kapitel noch zu beschreibenden Motiven. Fast in jedem Motiv stecken auch Emotionen (z.B. im Motiv Sexualität stecken höchstwahrscheinlich die Emotionen Freude und Glücksgefühl). Der Unterschied liegt darin, dass während Motive eher von innen ausgelöst werden, Emotionen eher durch externe Ereignisse entstehen. Atkinson et al. (2002) sind zwar der Meinung, dass die Emotionen in dieser Weise von den Motiven unterschieden werden sollen. Jedoch weisen sie darauf hin, dass umgekehrt Emotionen auch von innen heraus ausgelöst werden können – und Motive sich durch externe Einflüsse bilden können.[25]

2.1.2 Motivation

Ein Motiv ist ein zielgerichteter, gefühlsmäßig und kognitiv gesteuerter Antrieb, bei dem folgende drei Aspekte von Wichtigkeit sind:[26]

- Die Gefühlskomponente eines Motivs ist Grundlage für das Zustandekommen eines Aktivierungsprozesses. Die Wissenskomponente (kognitive Komponente) ist Grundlage für eine zielgerichtete Art der Handlung.

- Motive passieren in der Regel unterbewusst, können aber durch Nachdenken oder Abfragen bewusst gemacht werden.

Motivation wird oft mit Emotion gleichgesetzt, dies geschieht, weil es sich bei beiden Konstrukten um Antriebskräfte handelt, die das Individuum über Erregungsvorgänge dazu bringen, aktiv zu werden. Der Hauptunterschied liegt darin, dass zu den Emotionen, die durch äußere Einflüsse entstehen (z.B. die Wahrnehmung eines brüllenden Löwen bewirkt Angst), noch Triebe hinzukommen, welche durch innere Einflüsse entstehen (wie ein Hungertrieb durch Abweichungen von biologischen Sollwerten).[27]

Mit anderen Worten beschreibt Motivation das „Warum“ beim Verhalten, welches schwer messbar ist, weil es weit über 100 Motive gibt. Beim Definieren von Motivation gilt, dass gleiche Motive zu unterschiedlichem Verhalten führen können und dass ein bestimmtes Verhalten bei verschiedenen Menschen unterschiedlichen Motiven entspringen kann. Folgende Abbildung 2 zeigt, dass Motivation aktivierende und kognitive Elemente enthält:[28]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Bestandteile von Motivation (Modifiziert übernommen aus: Schub von Bossiazky, 1992, S. 28.)

Aus Abb. 2 ist ersichtlich, dass das Vorhandensein von Emotionen und Trieben nicht genügt, um Verhalten auf bestimmte Ziele auszurichten, dazu sind auch verhaltenssteuernde, zielgerichtete kognitive Prozesse[29] notwendig.[30]

Heckhausen/Heckhausen (2006) sprechen im Zusammenhang mit Motivation von einem Kontrollbestreben, dass sich im Laufe eines Menschenlebens durch die menschliche, kognitive Fähigkeit des Lernens ständig erweitert und sich gegen Ende des Lebens reduziert.[31]

Motive werden oft hierarchisch gegliedert und dargestellt, wobei eine der bekanntesten Gliederungen die Bedürfnispyramide von Maslow ist, welche nachfolgend abgebildet ist:[32]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Maslow'sche Bedürfnispyramide (In Anlehnung an: Maslow, 1999, S. 358ff.)

Zunächst wird das Individuum durch die physiologischen Bedürfnisse, an unterster Stelle der Pyramide, zur Handlung motiviert. Zu diesen Bedürfnissen gehören, wie in Abb. 3 ersichtlich, die Grundbedürfnisse des Menschen, wie Wohnung oder Nahrung. Nur wenn diese befriedigt sind, kommen die höheren Bedürfnisse durch Motivation zum Tragen. Gleiches gilt für die Erreichung der nächsten Stufen, wobei Menschen, die auf der obersten Stufe stehen und bei denen der Wunsch nach Selbstverwirklichung alles andere überragt, oft weiter unten stehende Bedürfnisse vernachlässigen.[33]

2.1.3 Einstellung

Eine Einstellung ist eine besondere Art von Ansicht, welche die bewertenden Eigenschaften eines Objekts beschreibt. Sie ist die gespeicherte – gute oder schlechte – Bewertung eines Objektes (Beispielsweise: Vanilleeis, Beförderung im Job und meine Lebensgefährtin sind gut; Spinnen, Budgetprobleme und nervende Kollegen sind schlecht).[34]

Rosenstiel/Neumann definieren Einstellung als aus der Erfahrung stammende Bereitschaft in relativ konsistenter Weise auf einen Gegenstand wertend zu reagieren.[35]

Kroeber-Riel/Weinberg (2003) unterteilen in folgende, auf den Menschen bezogene Einstellungsmöglichkeiten:[36]

- Spezifische vs. unspezifische Einstellungen
- Durch Erfahrung gelernte vs. durch Kommunikation erlernte Einstellungen
- Schnell vs. langsam verfügbare Einstellungen (z.B. wenn noch keine Einstellung gebildet wurde)
- Stabile vs. instabile Einstellungen (Eine mehr oder weniger starke Einstellung gegenüber etwas)

Für Weinberg/Diehl/Terlutter (2003) sind diese Einstellungsmöglichkeiten z.B. der Erwerb eines neuen Kleidungsstücks, das als geeignet empfunden wird, den Wunsch nach Freude zu befriedigen. Oder der Freundeskreis, der als geeignet gesehen wird, die Suche nach Geborgenheit zu befriedigen.[37]

Trommsdorff (2004) definiert Einstellung als ablehnendes oder annehmendes Verhalten eines Individuums gegenüber einem bestimmten Gegenstand oder einer Idee. Weiters proklamiert er, dass hinter jeder Einstellung ein „Gerüst“ aus Motiven und Wissen – in der Marketingforschung auch als Image bezeichnet – steht.[38]

Die Gleichgewichtstheorie der kognitiven Dissonanz richtet sich auf Einstellungen, die miteinander verbunden sind, also in einer „relevanten Beziehung“ zueinander stehen. Ist diese Beziehung widerspruchsfrei und ausbalanciert, ist das Einstellungssystem im Gleichgewicht. Durch die Aufnahme von externen Informationen oder durch interne gedankliche Vorgänge kann es aber zu Konflikten zwischen den Einstellungen eines kognitiven Systems kommen. Bei diesen Widersprüchen handelt es sich nicht um solche logischer Art, sondern um solche im psychologischen Sinn.[39]

Eine Einstellung besteht aus den drei Komponenten Kognition , Emotion und Motivation . Die kognitive Komponente ist z.B. die Meinung gegenüber einer bestimmten Person oder eines Gegenstandes. Als emotionale Komponente werden Gefühle bezeichnet, die von einem Einstellungsobjekt (Person, Gruppe, Gegenstand) ausgelöst werden können. Die Verhaltenskomponente (konative Komponente) beinhaltet Verhaltensabsichten und Handlungen, die auf den Einstellungsgegenstand abzielen, z.B. die positive Absicht Geld für eine Sache zu spenden.[40]

Im folgenden Kapitel wird näher auf die kognitiven Prozesse eingegangen, die wie bereits eingehend erwähnt, zusammen mit aktivierenden Variablen das menschliche Verhalten beeinflussen.

2.2 Kognitive Prozesse

Kognitive Prozesse beziehen sich auf alle Prozesse des Erwerbs, der Organisation, der Speicherung und der Anwendung von Wissen, wobei die eigentlichen kognitiven Prozesse im:[41]

- gedanklichen Vorwegnehmen von Folgen, Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten im Einschätzen von Erfolgsaussichten,
- im Beurteilen der eigenen Fähigkeit in Relation zur gestellten Aufgabe,
- im Vergleichen von Ergebnissen mit den gesetzten Zielen,
- in der Bewertung von eigenen Fähigkeiten und Leistungen und
- im Abwägen von Wahrscheinlichkeiten bestehen.

Trommsdorff (2004) definiert Kognitionen als subjektives Wissen, das bei Bedarf als gespeicherte interne Informationen zur Verfügung steht, die durch Abrufen (Erinnern) verfügbar wird.[42]

Im Vergleich zu den aktivierende Prozessen - Emotion, Motivation und Einstellung - die das Individuum antreiben, sind die kognitiven Prozesse solche, mit denen das Individuum Kenntnis von seiner Umwelt und von sich selbst erlangt. Sie dienen dazu, das Verhalten gedanklich zu kontrollieren und willentlich zu steuern. Kroeber- Riel/Weinberg teilen die kognitiven Prozesse wie folgt ein:[43]

- Gedächtnis
- Wahrnehmung
- Entscheidung
- Lernen

In den folgenden Unterkapiteln werden die kognitiven Vorgänge Gedächtnis, Wahrnehmung, Beurteilung, Entscheidung und Lernen behandelt.

2.2.1 Gedächtnis

Die Abläufe im Gedächtnis sind insofern auch für die Theorie der kognitiven Dissonanz von Wichtigkeit, weil die Theorie besagt, dass ein kognitiver Konflikt nach Handlungen und anschließendem Informationsbeschaffungs- und -verarbeitungsmaßnahmen – in Form von Rechtfertigung der gewählten Alternative – auftritt.[44]

Trommsdorff (2004) teilt das Gedächtnis in zwei Kategorien ein. Zum einen nennt er das prozedurale Gedächtnis , welches Handlungsabläufe, wie z.B. Kauen, Tasten, Schmecken, Riechen, enthält. Zum anderen unterscheidet er das deklarative Gedächtnis (Person deklariert sprachliche Inhalte durch dieses Gedächtnis), welches in semantisches und episodisches Gedächtnis eingeteilt wird. Im semantischen Gedächtnis ist Wissen über die Dinge und ihre sprachliche Bedeutung gespeichert,

z.B. Faktenwissen, Interpretationsregeln und analytische Problemlösungsmuster. Das episodische Gedächtnis umfasst erlebte Abläufe, jedoch sind hier nicht wie im semantischen Gedächtnis verbale Informationen gespeichert, sondern ausschließlich solche in Bildform.[45]

Die folgenden Unterkapitel sollen nun Aufschluss darüber geben, wie das Gedächtnis funktioniert. Es werden nachfolgend sowohl die Prozesse Informationsaufnahme , Informationsverarbeitung als auch Informationsspeicherung und Informationsabruf beschrieben.

2.2.1.1 Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung

Der Wahrnehmungsprozess beginnt mit der Informationsaufnahme. Diese ist beim Menschen notwendig, weil er als biologisch offenes System Informationen und Energien aus der Umwelt benötigt. Die Verbindung zwischen Umwelt und inneren Organen des Menschen schaffen in erster Linie die Sinnesorgane, welche Sprache, Sicht, Geruch, Geschmack und das Tasten ermöglichen.[46]

Die gedankliche Verarbeitung von Reizen erfolgt beim Menschen durch drei Speicher. Diese Speicher sind Gedächtniskomponenten, die nicht nur Informationen speichern, sondern auch verarbeiten. Folgende Abb. 5 zeigt das Modell der Informationsverarbeitung mit den drei Speicherformen:[47]

- Sensorischer Informationsspeicher (SIS)
- Kurzzeitspeicher (KZS)
- Langzeitspeicher (LZS)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Dreispeichermode llder Informations verarbeitung (Quelle: Kroeber- Riel/Weinberg, 2003, S. 226.)

Zunächst nimmt der SIS – auch Ultrakurzzeitspeicher oder ikonisches Gedächtnis genannt – Außenreize auf. Die aufgenommenen Reize werden im SIS in bioelektrische Impulse umgewandelt. Der SIS verfügt über eine große Speicherkapazität, kann jedoch die passiv festgehaltenen Sinneseindrücke nur sehr kurz speichern. Kognitive Verarbeitungsvorgänge finden bei der Aufnahme im SIS nicht bzw. nur in sehr elementarer Form statt.[48]

Der KZS kann auf eine umfangreiche Menge an Sinneseindrücken aus dem SIS zurückgreifen, wobei nur ein begrenzter Teil zur weiteren Verarbeitung selektiert wird. In den KZS übernommene Informationen werden dort entschlüsselt bzw. interpretiert und in kognitive Informationen umgewandelt. Der KZS übernimmt dabei zunächst die Funktion der kurzzeitigen Speicherung, um die Information für die nächste Aufgabe des KZS bereitzuhalten, der Verarbeitung. Diese doppelte Tätigkeit macht den KZS zur zentralen Einheit der Informationsverarbeitung. Hier finden die kognitiven Prozesse statt, die dem Menschen bewusst werden und die seine Aufmerksamkeit verlangen.[49]

Die Verarbeitung von Informationen funktioniert dann so, in dem bereits vorhandene Wissensstrukturen organisiert und integriert werden. Diese Wissensstrukturen werden als semantische Netzwerke bezeichnet, werden aber auch Schemata, Stereotypen oder Prototypen genannt.[50]

Die kognitiven Informationen werden im KZS nur für kurze Zeit gespeichert, erst durch das Memorieren - mehrere Wiederholungen - werden die Informationen in den LZS übertragen. Der LZS ist der Ort, wo die zunächst zu kognitiven Einheiten geformten Informationen langfristig gespeichert werden. Die im LZS gespeicherten Informationen bleiben ein Leben lang gespeichert.[51]

Atkinson et al. (2002) berichten im Gegensatz dazu, dass das nicht der Fall ist, und Informationen mit Fortdauer des Lebens vergessen werden.[52]

Dennoch wird vieles vom Menschen vergessen, weil zwischen KZS und LZS eine mangelnde Zugriffsmöglichkeit - die vor allem auf Überlagerungseffekte zurückzuführen ist - besteht. Weiters hat der KZS im Gegensatz zum SIS eine sehr begrenzte Kapazität, was besonders bei der Verarbeitung von kognitiven Informationen zu einem geringeren Output führt.[53]

Nachdem der Informationsaufnahmeprozess und die Informationsverarbeitung des Gedächtnisses umfangreich geschildert wurden, beschäftigt sich das folgende Kapitel mit der Art und Weise wie Informationen gespeichert werden und wie das menschliche Hirn die gespeicherten Informationen abrufen kann.

2.2.1.2 Informationsspeicherung und Informationsabruf

Das Zentrum der Informationsspeicherung ist, wie bereits im Kapitel

„Informationsaufnahme“ erwähnt, das Kurzzeitgedächtnis (siehe Abb. 5). Dort werden die - durch die menschlichen Sinnesorgane (Nase, Mund, Ohren, Augen) zunächst aufgenommenen Reize und im sensorischen Speicher in Informationen umgewandelten - äußeren Informationen, aber auch interne Informationen benötigt. Bei den internen Informationen handelt es sich um Wissen, welches aus dem Langzeitgedächtnis durch willentliche Bewusstmachung einer nicht bewussten Erinnerung abgerufen wird.[54]

Das Kurzzeitgedächtnis, welches Kroeber-Riel/Weinberg als zentralen Prozessor bezeichnen[55], nimmt aus dem Langzeitgedächtnis solche Informationen auf, die am leichtesten zugänglich sind. Diese Zugänglichkeit ist wiederum davon abhängig, ob die langzeitlich gespeicherten Informationen in der Vergangenheit mehrmals aktiviert wurden.[56]

Atkinson et al. (2002) bezeichnen das Kurzzeitgedächtnis als Arbeitsgedächtnis, welches als Arbeitsplattform für geistige Berechnungen benutzt wird. Weiters bezeichnen sie das KZS als Zwischenstation auf dem Weg in das Langzeitgedächtnis. Damit die Informationen schlussendlich im LZS abgespeichert werden, ist eine oftmalige Wiederholung der Informationen im KZS nötig, dadurch werden die Informationen schlussendlich im LZS abgespeichert.[57]

Wiswede (2005) proklamiert, dass das menschliche Denken und die Informationsverarbeitung so erfolgen, dass sie bestimmten Bedürfnissen - wie der Erhaltung und Verbesserung des Selbstwertgefühles - dienen. Die Informationsverarbeitung beim Mensch erfolgt nahezu ident zu der des Computers. Teilprozesse dieser Informationsverarbeitung sind:[58]

- die Enkodierung der Information,
- die Abspeicherung in unterschiedlichen Gedächtnisspeichern und
- die Abrufung aus dem Gedächtnis.

Wiswede (2005) vergleicht daher das Agieren des Menschen mit einem störanfälligen Computer. Bei der Wahrnehmung unterscheidet er weiters zwischen:[59]

- „top-down“: Bei dieser konzeptgesteuerten Wahrnehmung wird die Wahrnehmung von vorhandenen Konzepten, Hypothesen oder Kategorien gesteuert (z.B. Vorwissen, Vorurteile, Stereotypen).

- „bottom-up“: Bei dieser aufwendigeren, datengesteuerten Informationsverarbeitung werden Informationen neu gruppiert und integriert, vor allem dann, wenn keine „passenden“ Konzepte oder Kategorien verfügbar sind.

Dabei gilt, dass sich das Langzeitgedächtnis solche Informationen besser merkt, bei denen die Umwandlung in Bilder leicht fällt.[60] Eine spezifischere Erklärung des Prozesses der Informationsspeicherung und Informationsaktivierung, wird im nachfolgenden Kapitel gegeben.

Es wurde in diesen Unterkapiteln auf die kognitive Komponente „Gedächtnis“ umfangreich eingegangen. Nun wird eine weitere kognitive Komponente, nämlich die menschliche „Wahrnehmung“ behandelt.

2.2.2 Wahrnehmung

Die menschliche Wahrnehmung ist ein Prozess, bei der Reize der Außenwelt in Sinnesempfindungen übersetzt werden, wobei nicht alle physikalisch messbaren Reize der Außenwelt für Menschen subjektiv wahrnehmbar sind. Wenn Reize unterhalb der Empfindungsschwelle liegen, dann sind sie zu schwach, um wahrgenommen zu werden. Ebenfalls sind Unterschiede zwischen verschiedenen Reizstärken für den Menschen schwer zu differenzieren. Bei zunehmender Reizstärke wird die Sensibilität für die Unterschiede immer geringer.[61]

Dieses Phänomen, nur einen Bruchteil der Außenreize erfassen zu können, heißt selektive Wahrnehmung. Laut Wiswede (2005) spielen bei der Wahrnehmung folgende Faktoren eine Rolle:[62]

- Kognitive Faktoren - Ein Beispiel dafür ist die intensiv auf einen Reiz gerichtete Aufmerksamkeit. Dadurch werden Reizen, denen weniger Aufmerksamkeit entgegengebracht wird, die Aufmerksamkeit entzogen.
- Motivationale Faktoren [63] - Informationen über ein bestimmtes, von einem menschlichen Individuum zur Selbstverwirklichung benötigtem Bedürfnis werden eher wahrgenommen, als Bedürfnisse, die eher von einem anderen Individuum benötigt werden.
- Soziale Faktoren - Das sind solche Einflüsse, die von anderen Personen (z.B. Freunden) hervorgehoben und geschätzt werden und dadurch die eigene Wahrnehmung beeinflussen.

Laut Felser (2001) richtet sich die menschliche Wahrnehmung nach folgenden Gesetzen und Faktoren:[64]

- Der menschliche Sehsinn hat die Neigung, in zweidimensionalen Vorlagen räumliche Tiefe wahrzunehmen. Dies ergibt sich aus einer teilweisen Überlappung von Informationen, wie Objekten, Schatten und Texturdichte.
- Die Wahrnehmung unterliegt den Gestaltgesetzen . Unter diese fällt z.B. die Neigung, unvollständige Figuren vollständig wahrzunehmen. Weitere Gestaltgesetze sind die Gliederung nach Figur und Grund, das Gesetz der Nähe, der Ähnlichkeit und der Kontinuität. Außerdem prägen Erfahrung und Erwartung die menschliche Wahrnehmung.
- Vor allem farbige, neuartige- und intensive Reize, Dinge, die sich bewegen und Reize, die ohne besondere Anstrengung aufgenommen werden können, gelten als Reize, die besonders geeignet sind, wahrgenommen zu werden.
- Weiters ist der Grad der Aufmerksamkeit, der einer Sache entgegengebracht wird, ausschlaggebend für die Wahrnehmung.

Nach den Ausführungen zur menschlichen Wahrnehmung wird hier noch festgehalten, dass jeder einzelne Mensch in einer subjektiv wahrgenommenen Welt lebt. Dadurch fällt es manchem schwer zu beurteilen, wie die wahrgenommene Welt eines anderen Menschen aussieht. Kroeber-Riel/Weinberg (2003) vertreten deshalb die Ansicht, dass Wahrnehmung nicht nur eine passive Aufnahme von äußeren Reizeindrücken ist, sondern es sich dabei um einen aktiven Vorgang handelt, bei dem der Einzelne seine subjektive Umwelt selbst konstruiert. Dies führt dazu, dass der Mensch gezwungen ist - in einem System der Informationsbewältigung - aus einer unübersehbarem Menge an äußeren Reizen, diejenigen durch selektive Wahrnehmung auszuwählen, die subjektiv wichtig für ein menschliches Individuum sind.[65]

Am Ende dieses Kapitels kann zusammenfassend festgehalten werden, dass der Mensch durch kognitive, motivationale (aktivierender Einfluss) und soziale Faktoren in seiner Wahrnehmung beeinflussbar ist. Außerdem trägt ein Überangebot von Reizen dazu bei, dass Informationen selektiv wahrgenommen werden.

2.2.3 Entscheidung

Entscheidungen als Teilklasse des kognitiven Verhaltens setzen zumindest zwei Handlungsalternativen voraus. Ein weiteres Merkmal von Entscheidungen ist, dass durch die Wahl einer Alternative auf die Vorteile einer weiteren Alternative verzichtet werden muss, wobei dadurch oftmals ein intrapersoneller Konflikt entsteht.[66]

Rosenstiel/Neumann (2002) bezeichnen die bewusste Entscheidung zwischen zwei Alternativen als „echte“ Entscheidung, sie weisen aber auch auf die Möglichkeit der unbewussten – emotionalen oder affektiven[67] – Entscheidung hin.

[...]


[1] Daher auch die Bezeichnung “Viral Marketing”, auf das im Kapitel 5 näher eingegangen wird.

[2] Vgl. Wright, 2006, S. 60.

[3] Vgl. Langer, 2005, S. 36.

[4] Vgl. Festinger, 1978, S. 7f.

[5] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 178f.

[6] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 187.

[7] Vgl. Oetting, 2007, http://www.connectedmarketing.de/cm/, Stand vom 1.4.2007.

[8] Vgl. Festinger, 1978.

[9] Im Kapitel 3 „Theoretische Grundlagen der Theorie der kognitiven Dissonanz“ erfolgt eine umfassendere Abhandlung des Theorems von Festinger.

[10] Vgl. Bierbrauer, 2005, S. 98.

[11] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 49.

[12] Vgl. Trommsdorff, 2004, S. 88.

[13] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 51.

[14] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 49.

[15] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 225.

[16] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 56ff.

[17] Vgl. Weinberg/Diehl/Terlutter, 2003, S. 219.

[18] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 49.

[19] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 100ff.

[20] Vgl. Izard, 1999, S. 66.

[21] Vgl. Schulze/Freund/Roberts, 2006, S. 16.

[22] Vgl. Izard, 1999.

[23] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 105.

[24] Vgl. Weinberg/Diehl/Terlutter, 2003, S. 34.

[25] Vgl. Atkinson et al., 2004, S. 283.

[26] Vgl. Trommsdorff, 2003, S. 118.

[27] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 141.

[28] Vgl. Schub von Bossiazky, 1992, S. 28.

[29] Siehe 2.3 „Kognitive Prozesse“.

[30] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 141ff.

[31] Vgl. Heckhausen/Heckhausen, 2006, S. 394.

[32] Vgl. Maslow, 1999, S. 358ff.

[33] Vgl. Schub von Bossiazky, 1992, S. 29.

[34] Vgl. Aronson, 1994, S. 148.

[35] Vgl. Rosenstiel/Neumann, 2002, S. 202.

[36] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 177ff.

[37] Vgl. Weinberg/Diehl/Terlutter, 2003, S. 23.

[38] Vgl. Trommsdorff, 2004, S. 37.

[39] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 183.

[40] Vgl. Stroebe/Jonas/Hewstone, 2001, S. 268.

[41] Vgl. Mayer, 2005, S. 27.

[42] Vgl. Trommsdorff, 2004, S. 88.

[43] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 225.

[44] Vgl. Raab/Unger, 2005, S. 42.

[45] Vgl. Trommsdorff, 2004, S. 90.

[46] Vgl. Behrens, 1991, S. 133.

[47] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 226.

[48] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 225.

[49] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 225f.

[50] Vgl. Wiswede, 2005, S. 258.

[51] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 227ff.

[52] Vgl. Atkinson et al., 2002, S. 276.

[53] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 225ff.

[54] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 244.

[55] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 244.

[56] Vgl. Wiswede, 2005, S. 259.

[57] Vgl. Atknson et al, 2002, S. 270.

[58] Vgl. Wiswede, 2005, S. 257.

[59] Vgl. Wiswede, 2005, S. 257f.

[60] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 231.

[61] Vgl. Felser, 2001, S. 113.

[62] Vgl. Wiswede, 2005, S. 500.

[63] Siehe Kapitel 2.1.2 Motivation.

[64] Vgl. Felser, 2001, S. 113.

[65] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 269.

[66] Vgl. Wiswede, 2005, S. 135.

[67] Siehe Kapitel 2.1.1 Emotion.

Ende der Leseprobe aus 120 Seiten

Details

Titel
Kognitive Dissonanz bei viralen Werbespots
Hochschule
Fachhochschule Wiener Neustadt  (Marketing)
Note
Befriedigend
Autor
Jahr
2007
Seiten
120
Katalognummer
V112271
ISBN (eBook)
9783640128631
ISBN (Buch)
9783640130146
Dateigröße
4186 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kognitive, Dissonanz, Werbespots, Viral Sport, Viral Video, Werbung, Viral Marketing, Marketing Virus
Arbeit zitieren
Nicholas Eckl (Autor:in), 2007, Kognitive Dissonanz bei viralen Werbespots, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112271

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