Zu: Geng Jianyi "Der zweite Zustand"

Die chinesische Malerei nach der Kulturrevolution


Hausarbeit, 2004

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Die chinesische Malerei nach der Kulturrevolution
2.1. Deng Xiaopings Kulturpolitik
2.2. Die Gruppe „Sterne“
2.3. „Narbenkunst“ und die Sichuan Schule
2.4. Gruppe „Teich“

3. Das Bild „Der zweite Zustand“
3.1. Bildbeschreibung
3.2. Bildkomposition
3.3. Malerische Mittel
3.4. Bildinterpretation
3.5. Bildvariation

4. Zusammenfassung

5. Literaturverzeichnis

6. Webverzeichnis

1. Einleitung

Nach dem Sturz der Quing-Dynastie entstand 1911 aus dem Kaiserreich China die Republik China. In den darauf folgenden Jahren wurde China von Bürgerkriegen und zwei Weltkriegen heimgesucht und ins Chaos und Elend gerissen. Während dieser düsteren frührepublikanischen Phase bildeten sich vor allem zwei Parteien heraus: die nationale Partei Kuomintang (KMT) unter General Tschiang Kai-schek und die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) unter der Führung Mao Tse-tungs.[1] Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges zerbrach das 1937 mühsam geschlossene antijapanische Zweckbündnis zwischen der Kommunistischen Partei und der regierenden Kuomintang, die ihrerseits schon vor der japanischen Invasion versuchte, die kommunistische Bewegung zu zerschlagen. Die KPCh wiederum baute ihre Machtposition während des chinesisch-japanischen Krieges in den ländlichen Gebieten des Nordens und Nordostens aus, von wo aus sie nach Kriegsende, unterstützt durch die Landbevölkerung, den Kampf gegen die Regierungstruppen aufnahm.

Vermittlungsversuche der USA, beide Parteien zur Zusammenarbeit zu bewegen, scheiterten aufgrund des gegenseitigen Misstrauens, das aus der jahrzehntelangen Feindschaft resultierte. Die Aufteilung des Landes in eigene Einflussbereiche, das Fehlen eines tragfähigen politischen Kompromisses und die unversöhnliche Haltung der Kuomintang, die bereits im September 1945 kommunistisch besetzte Städte angriff, verhinderten jegliche Einigung über die Vorbereitung von Wahlen und die Verschmelzung beider Armeen. Nach dem Sieg der KPCh zogen sich die Kuomintang-Truppen vom Festland auf die Insel Taiwan (Formosa) zurück. Es entstanden zwei chinesische Staaten: Die kommunistische VR China (gegründet am 1. Oktober 1949) und, unter dem militärischen Schutz der USA, die Republik China (Gründung 1. März 1950), die von der regierenden Kuomintang als Rechtsnachfolger der seit 1911 bestehenden Republik deklamiert wurde.[2]

Mao Tse-tungs Politik war bis zu seinem Tod am 8. September 1976[3] geprägt vom Aufbau des Kommunismus und dem Willen, die Volksrepublik China zu einer wirtschaftlichen Großmacht zu gestalten. Im Zuge dieser Politik wurde 1958 „Der Große Sprung nach vorn“[4] zur offiziellen Parole der VR China. Nach dem Scheitern dieser Reform, forderte Mao 1965 die Jugendlichen auf, durch revolutionäre Akte die Bildung einer neuen Klasse von Bürokraten und Technokraten zu verhindern. Die Folge war die „Große Proletarische Kulturrevolution“ (1966-1976)[5]. In Kampagnen, Massenaufmärschen, Plakaten und Wandzeitungen wurden die „Verfehlungen“ der Parteifunktionäre, Künstler und Intellektuellen aufgelistet. Jugendliche Maoisten durchzogen als sog. „Rote Garde“ plündernd durch Städte und Dörfer, vertrieben, beschimpften und töteten zahlreiche Menschen. Die Gewalt dieser marodierenden Truppe richtete sich auch gegen alte Gewohnheiten und die bisherige Kultur, zerstörte unzählige alte Schriften und wertvolle Kunstgegenstände.

Nach dem Ende der Kulturrevolution erfuhr China durch Deng Xiaopings Reformen eine Periode der Liberalisierung, die sich sowohl auf die Wirtschaft, als auch auf die Kunst des Landes auswirkte. Mitte der 80er Jahre, im Zuge der Öffnung zum Westen, wurden die Stilrichtungen Dadaismus, Expressionismus und Surrealismus von der jungen Künstlergeneration ausprobiert und nachgeholt. Verschiedene Künstlergruppierungen entstanden, zum Beispiel die Gruppen „Ohne Namen“, „Sterne“ und „Neuer Raum 85“.[6] Im Verlauf der intensiven Auseinandersetzung mit westlicher Kunst entstand in der VR China eine konfliktträchtige, kontroverse Debatte, da die chinesischen Künste traditionell eine wichtige Komponente der chinesischen Kultur und politischen Identität darstellten. Das traditionelle Ideal war immer die philosophische Weltsicht und die politische Ordnung, die immer als untrennbares Ganzes verstanden wurden.

Aufgrund der Fülle von neuen Künstlergruppen und Stilrichtungen, die sich nach Dengs neuer Kulturpolitik gründeten und entwickelten, soll die vorliegende Arbeit als ein Einblick in die neue chinesische Gegenwartsmalerei verstanden werden. Hierzu werden einige ausgewählte Gruppen und Stile vorgestellt. Des Weiteren soll untersucht werden, ob der chinesischen zeitgenössischen Malerei durch die Liberalisierung des gesellschaftlichen Systems der Weg für eine sich frei entfaltende Moderne bereitet wurde. Das Bild „Der zweite Zustand“ (1987, Öl auf Leinwand, 145 x 200 cm) von Geng Jianyi dient exemplarisch zur Lösung der Aufgabenstellung.

2. Die chinesische Malerei nach der Kulturrevolution

2.1. Deng Xiaopings Kulturpolitik

Anders als Maos Kulturpolitik, die gekennzeichnet war von ideologischem Dogmatismus, kultureller Isolation und der Verdammung des kulturellen chinesischen Erbes, das als feudal und elitär galt, rehabilitierte Deng das traditionelle Ideal um die Schaffung eines neuen Selbstbewusstsein zu fördern. Die neue Kulturpolitik basierte auf der Idee, dass China für den Aufschwung in Wissenschaft und Technik Gebrauch von westlichem Wissen machen sollte, während in der Kultur das traditionelle Erbe als integrierende Kraft zur Schaffung eines neuen chinesischen Menschen gesehen wurde. Die neue Freiheit wurde von den traditionellen Künstlern zur Wiederbelebung der jahrtausendealten Kulturgeschichte genutzt. Parallel zur „alten Schule“ verstanden viele junge Künstler die liberale Politik als Legitimation ihres wachsenden Interesses an westlicher Kunst und Kultur. Dieser von Dengs Regierung nicht vorgesehene Effekt, führte außerdem zur kritischen Reflexion sowohl der jüngsten Vergangenheit als auch des Wertes des chinesischen kulturellen Erbes im Vergleich mit dem Westen. Die Kunstschaffenden formulierten eine Kritik an der Kulturrevolution, die die Probleme des Individuums und der Gesellschaft ansprach. Sie lehnten es ab, Dengs Modernisierungen enthusiastisch zu feiern, stattdessen entfernten sie sich immer weiter von der offiziellen Konzeption der Kunst als verbindendes nationales Element der Gesellschaft. In der Folge organisierten sich Ende der 70er Jahre zum ersten Mal Künstler in freien Gruppen. Für die Behörden stellte diese Entwicklung eine Bedrohung der kulturellen und politischen Ordnung dar, weil sie darin eine aufkommende „Verwestlichung“ sahen. Ab 1979 begann die Spaltung der chinesischen Kunstwelt. Die staatlich anerkannten Künstler standen in der Tradition der chinesischen Malerei, wie sie unter dem Einfluss des russischen sozialistischen Realismus entstanden war. Demgegenüber formten sich inoffizielle Kunstkreise, die sich auf verschiedene experimentelle, zum Teil aus der modernen westlichen Kunst abgeleitete Kunstformen konzentrierten.

2.2. Die Gruppe „Sterne“

Drei Jahre nach der Kulturrevolution gründeten Wang Keping, Qu Leilei, Ma Deshang und andere Künstler 1979 die Gruppe „Sterne“. Das Gruppenrepertoire umfasste zu jener Zeit expressionistische, kubistische und fotorealistische Arbeiten. Im November 1979 stellten die Mitglieder der „Sterne“ 150 Arbeiten von 20 Künstlern im Beihai Park in Peking aus. Die Behörden schlossen nach zehn Tagen die Ausstellung und bestraften die Teilnehmer mit einem Ausstellungsverbot auf unbestimmte Zeit. Obwohl die Presse die Ausstellung unbeachtet ließ, wurde die Gruppe „Sterne“ zum Symbol für die Forderung nach künstlerischer Freiheit.

Die politische Ablehnung der Kunst verschärfte sich in den Jahren 1979 bis 1981 und äußerte sich in heftigen Kampagnen „gegen geistige Verschmutzung“ und „gegen bourgeoisen Liberalismus“. Die Kampagnen vergrößerten die Kluft zwischen den Vertretern traditioneller chinesischer Malerei und anderen Künstlern enorm. Die Kulturpolitik verunsicherte die Behörden wie auch die Künstler. Beide Seiten wussten nicht, wie die Kunstpolitik zu interpretieren sei, da in einigen Städten abstrakte Kunst gezeigt werden durfte und in anderen nicht. In der Folge blieb die moderne Kunst nur einem kleinen Kreis von Eingeweihten zugänglich.[7]

[...]


[1] http://www.fundus.org/pdf.asp?ID=3904

[2] http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/publish/Ipw/Akuf/kriege/007_china.htm

[3] http://www.chinafokus.de/nmun/2_iii_c.php

[4] Vor allem gekennzeichnet durch eine Agrarreform und die Fokussierung auf den Aufbau der Schwerindustrie mit der Folge einer massiven Landflucht und einer der größten Hungersnöte in der Geschichte der Menschheit.

[5] China Avantgarde, Hrsg.: Haus der Kulturen der Welt, Berlin, Edition Braus Heidelberg, Ausstellungskatalog 30. Januar - 2. Mai 1993, S. 18.

[6] Ébd., S.20. 23. 28.

[7] China Avantgarde, Hrsg.: Haus der Kulturen der Welt, Berlin, Edition Braus, Heidelberg, Ausstellungskatalog 30. Mai - 2. September 1993, S. 20.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Zu: Geng Jianyi "Der zweite Zustand"
Untertitel
Die chinesische Malerei nach der Kulturrevolution
Hochschule
Freie Universität Berlin
Veranstaltung
PS Kunst in der VR China
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V110511
ISBN (eBook)
9783640086795
ISBN (Buch)
9783640126149
Dateigröße
510 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
8 Einträge im Literaturverzeichnis, davon 5 Internetquellen.
Schlagworte
Geng, Jianyi, Zustand, Kunst, China
Arbeit zitieren
Sven Bluhm (Autor:in), 2004, Zu: Geng Jianyi "Der zweite Zustand", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110511

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