Eine Betrachtung der Merseburger Zaubersprüche mit Vergleich des Zweiten Merseburger Zauberspruchs mit dem Trierer Pferdesegen


Seminararbeit, 2008

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung: Mittelalter als Kult

2. Historischer Kontext

3. Glaube und Magie

4. Magische Wirkprinzipien

5. Die Merseburger Zaubersprüche
5.1. Textgrundlage und Übersetzung
5.2. Aufbau und Form
5.3. Inhalt und offene Fragen
5.3.1. Der Erste Merseburger Zauberspruch: Ein Lösezauber
5.3.2. Der Zweite Merseburger Zauberspruch: Ein Heilzauber

6. Der Trierer Pferdesegen
6.1. Textgrundlage und Übersetzung
6.2. Aufbau und Form
6.3. Der Trierer Pferdesegen: Ein Heilzauber

7. Vergleich des Merseburger Zauberspruches mit dem Trierer Pferdesegen
7.1. Verwandtschaftstheorien
7.2. Gemeinsamkeiten
7.3. Unterschiede
7.4. Fazit des Vergleichs

8. Resümee

Anlage: Literaturnachweise

1. Einleitung: Mittelalter als Kult

Die folgende Seminararbeit befasst sich mit den „Merseburger Zaubersprüchen“ im Allgemeinen und im Speziellen mit einem Vergleich des Zweiten Merseburger Zauberspruches mit dem „Trierer Pferdesegen“.

Das Mittelalter ist in den letzen Jahren immer mehr zum Kult geworden. Nicht nur die Kaltenberger Ritterspiele, auch mannigfaltige Mittelaltermärkte und Restaurants ziehen viele Menschen an, die sich ein Bild zu verschaffen wollen, wie es damals gewesen sein könnte oder sich einfach nur in einer ausgefallenen Atmosphäre amüsieren wollen. Die Musikindustrie hat bereits vor einigen Jahren das Thema Mittelalter für sich entdeckt. Es gibt umfangreiche Angebote an CDs mit originaler und variierter Musik aus dieser Zeit. Zwar wurde zu den Merseburger Zaubersprüchen keine Melodie überliefert, dennoch fühlten sich Musiker inspiriert, die Zaubersprüche zu vertonen. Die Gruppe „In Extremo“, 1995 gegründet, spielte ursprünglich reine mittelalterliche Musik auf diversen Mittelalterjahrmärkten. Sie experimentieren mit einer Mischung von Dudelsack und Rocksound. Auf dem Album „Verehrt und angespien“ aus dem Jahre 1999 erschien der Erste Merseburger Zauberspruch. Zwei Jahre später veröffentlichten „In Extremo“ das Album „Sünder ohne Zügel“, auf dem der Zweite Merseburger Zauberspruch vertont ist.

„Helium Vola & Omnis Mundi Crea“ liefert 2001 eine völlig andere Version des Ersten Merseburger Zauberspruchs unter dem Namen „Lösespruch“. Die Melodie ist hier wesentlich verhaltener und sanfter, fast melancholisch.

Die Merseburger Zaubersprüche wecken also nicht nur wissenschaftliches Interesse, sondern auch Fantasie und mystische Assoziationen.

Deshalb möchte ich mich mit diesen wohl bekanntesten, aus dem Mittelalter überlieferten Zaubersprüchen, auseinandersetzen und den Zweiten Merseburger Zauberspruch mit dem Trierer Pferdesegen vergleichen.

2. Historischer Kontext

Mit dem Zerfall des Römischen Reiches und der einsetzenden Völkerwanderung geht in der Geschichtsschreibung die Antike zum Mittelalter über. Machtträger waren Adel und Kirche, wobei der König durch die Salbung auch kirchlich legitimiert war. Im Frühmittelalter lag eine strenge Trennung in die Stände Adel, Klerus und Bauern vor. Dabei war die Kirche Kulturträger und Meinungsbilder des Volkes, denn Bildung und Wissen konnte nur durch sie weitergegeben werden. Außerhalb des Klerus konnten nur die wenigsten lesen und schreiben, deshalb wurde Volksgut, wie Märchen, Zaubersprüche oder ähnliches, wenn überhaupt, nur mündlich überliefert. Das mittelalterliche Weltbild war kompromisslos auf die damalige Auslegung der Bibel ausgelegt. Gott ist der Erschaffer der Welt, der Natur und des Menschen. Er lenkt alles. Die Vertreibung aus dem Paradies wird als Beginn der Weltgeschichte angesehen. Die europäischen Königs- und Kaiserreiche sind Vorläufer des Gottesreichs auf Erden, das nach dem Jüngsten Gericht kommen wird. Der einzelne Mensch ist Bestandteil dieser Ordnung, ein Teil des Ganzen, kein Individuum im heutigen Sinne.

3. Glaube und Magie

Das Christentum hat die Magie seit der Spätantike bekämpft, obwohl die Grenze zwischen Glaube und Magie nicht immer einfach zu ziehen war. Segen und Zaubersprüche wurden oft gemeinsam angewendet, das heißt, der heidnische Brauch wurde durch christliche Segnungen ergänzt und umgekehrt. Die Tendenz heidnische Bräuche ins Christentum zu integrieren, sieht man auch heute noch deutlich an der Art und Weise, wie und wann Ostern oder Weihnachten gefeiert werden. So war es auch mit magischen Routinen. Der altdeutsche Zauber und der christliche Segen wurden gemeinsam gegen die Sorgen und Probleme des Alltags eingesetzt. Zum Beispiel für die Versiegelung des Hauses vor bösen Geistern, den Schutz auf gefährlicher Reise, den Schutz der Hunde vor Dieben oder Wölfen, die Bannung schwärmender Bienen, Heilung von Nutztiere, besonders der Pferde sowie die Heilung des Menschen. Fast alles diente hauptsächlich dem eigenen Wohl und war nicht ausgelegt, um anderen zu schaden. Es gibt zwar auch vereinzelt Schadenssprüche, allerdings in der Minderzahl.

4. Magische Wirkprinzipien

Eine Idee war das Prinzip der Emanation, lat. Ausfluss. Der Gedanke war, das Böse, sei es eine Krankheit oder Parasitenbefall, ausfließen zu lassen und dann fortzuschicken oder zu zerstören, oft in Verbindung mit Kontaktmagie. Es wurde zum Beispiel eine Pfeilspitze aufgelegt, eine Formel gesprochen und anschließend der Pfeil in den Wald geschossen, angewandt, im hier exemplarisch genannten, Zauberspruch „Contra Vermes“, frei übersetzt: „Vom Knochenmark ins Gebein, vom Gebein in das Fleisch, vom Fleisch in die Haut, von der Haut in den Pfeil.“[1]

Ob der Pfeil geschossen wird, oder nicht, geht aus dem Spruch nicht hervor. Es ist aber zu vermuten, denn es war wohl üblich und bietet sich an. Weitere grundlegende Prinzipien der magischen Praktiken sind nach M. Schulz: die Sympathie, die Signaturenlehre und die Analogie. Die Theorie der Sympathie geht davon aus, dass alle belebten und unbelebten Dinge des Kosmos untereinander in Verbindung stehen und man anhand der äußeren Gestalt eines Gegenstandes oder eines Lebewesens, einen Hinweis auf seine entsprechenden Wirkungen erhalten kann. Es wurde zwischen sympathischen, also ähnlichen und antipathischen, also unähnlichen Stoffen unterschieden. Daraus entwickelte sich die Signaturenlehre. Das innere Sein und Wesen der Dinge wird in ihrer Gestalt sichtbar. Man zog die Schlussfolge, dass Krankheiten mit Naturstoffen geheilt werden können, die eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Krankheitsbild aufweisen. So wurde versucht Herzkrankheiten mit der herzförmigen Melisse oder Hautausschlag mit der Sternkoralle, die ein ähnliches Muster hat, zu heilen.[2]

Das letzte, zu nennende Grundprinzip, das bei magischen Operationen angewendet werden kann, ist schließlich die Analogie. Eine bestimmte magische Handlung ruft eine, dem Handlungsablauf entsprechende, Wirkung hervor. Analogiezauber beruht darauf, dass eine magische Handlung und das angestrebte Ergebnis in bestimmten Punkten gleich und dadurch aufeinander übertragbar sind. So wie etwas damals war und gewirkt hat, so soll es auch heute sein. Es geht dem eigentlichen magischen Akt eine Vorgeschichte voraus, die geschildert wird, bevor die Beschwörungsformel gesprochen wird.[3]

Letzteres Prinzip liegt den Merseburger Zaubersprüchen und dem Trierer Pferdesegen zu Grunde, auf die im Folgenden noch eingegangen werden soll.

Generell ist Magie die Wirkung von Kraft, die in Menschen oder in Objekten stecken kann. Wer Magie anwendet, versucht bewusst und gesteuert, jene Kraft zu nutzen, um einen bestimmtes Ergebnis zu erreichen.

5. Die Merseburger Zaubersprüche

Im Jahre 1841 entdeckte der Historiker Dr. Waitz in der Bibliothek des Merseburger Domkapitels in einer theologischen Sammelhandschrift aus der Mitte des 10. Jahrhunderts zwei alte germanische Zauberformeln unbekannter Herkunft. Er legte sie Jakob Grimm zur Begutachtung vor. Dieser würdigte den Fund der Zaubersprüche 1842 vor der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin, machte sie damit unter Wissenschaftlern als die "Merseburger Zaubersprüche" bekannt und veröffentlichte sie in „Über zwei entdeckte Gedichte aus der Zeit des deutschen Heidenthums“. Sie sind bis heute die einzigen erhaltenen, heidnischen Schriftstücke in althochdeutscher Sprache. Aufbewahrt werden sie der Bibliothek des Domkapitels der Vereinigten Domstifte zu Merseburg und Naumburg und des Kollegialstifts Zeitz in Merseburg.[4]

[...]


[1] Wien ÖNB, Cod 751, Bl. 188, 9.Jh., altsächsisch.

[2] Schulz, Monika: Magie oder die Wiederherstellung der Ordnung, Frankfurt, 2000, S. 227 ff

[3] Müller, Martin: Über die Stilform der althochdeutschen Zaubersprüche bis 1300. Gotha, 1901, S. 35.

[4] http://www.babespace.de/merseburg.html

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Eine Betrachtung der Merseburger Zaubersprüche mit Vergleich des Zweiten Merseburger Zauberspruchs mit dem Trierer Pferdesegen
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Mediävistik)
Veranstaltung
Zaubersprüche im Mittelalter
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V112517
ISBN (eBook)
9783640108480
ISBN (Buch)
9783640123742
Dateigröße
430 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eine, Betrachtung, Merseburger, Zaubersprüche, Vergleich, Zweiten, Merseburger, Zauberspruchs, Trierer, Pferdesegen, Zaubersprüche, Mittelalter
Arbeit zitieren
Ines Priegnitz (Autor:in), 2008, Eine Betrachtung der Merseburger Zaubersprüche mit Vergleich des Zweiten Merseburger Zauberspruchs mit dem Trierer Pferdesegen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112517

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