Pragmatische Aspekte in Weblogs - Eine Analyse zur Anwendung und Funktion von Humor


Bachelorarbeit, 2008

43 Seiten, Note: 1, 5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung: Signifikanz von Weblogs

1. Was ist ein Weblog?

2. Technische und organisatorische Aspekte
2.1.1 Struktur und Aufbau eines Weblogs
2.1.2 Inhalte von Weblogs
2.1.3 Besonderheiten gegenüber herkömmlichen Webseiten
2.1.4 Einrichten und Betreiben eines Weblogs
2. Linguistische und kommunikationssoziologische Aspekte
2.2.1 Textsorte Weblog
2.2.2 Verortung von Weblogs im Modell von Koch / Oesterreicher
2.2.3 Funktion von Weblogs

3 Was ist Humor
3.1 Allgemeine Definition
3.2 Dimensionen der Scherzkommunikation
3.3 Humorformate

4 Humor in Weblogs
4.1 Abgrenzung zu gesprochener Sprache (?)
4.2 Methodische Hinweise
4.3 Vorstellung der einzelnen Weblogs und ihrer Betreiber
4.3.1 „The Exit“ (http://blog.the-exit.net)
4.3.2 „Prägnanz“ (http://praegnanz.de/weblog)
4.3.3 „Der Shopblogger“ (http://www.shopblogger.de/blog)
4.3.4 „Die Spreepiratin“ (http://spreepiratin.twoday.net)
4.3.5 „Taxiblog“ (http://www.taxi-blog.de/wordpress)

5 Schlussbemerkungen

6 Verzeichnis der verwendeten Literatur

7 Anhang

A) Die Entwicklung der Anzahl von Weblogs weltweit (März 2003 – Januar 2006)

B) Mündlichkeit - Schriftlichkeit / Nähe – Distanz (Trapezmodell von Koch / Oesterreicher 1985)

1. Einleitung: Signifikanz von Weblogs

Moderatorin Anne Will hat eines[1]. Ebenso die FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin[2] - und vielleicht auch die 14-jährige Schülerin von nebenan. Die Rede ist von Weblogs, einem Format, das sich innerhalb weniger Jahre im Rahmen der „Neuen Medien“ etabliert hat. Mit dieser Entwicklung ging zum Einen ein großes Medieninteresse einher - Tageszeitungen wie etwa „Die Zeit“[3] haben entweder eine feste Rubrik, in der Weblogs bewertet und empfohlen werden, oder lassen ihre Redakteure per Weblog mit Lesern in Kontakt treten. Zum Anderen gibt es seit Jahren ein starkes allgemeines Interesse an Weblogs, das einen Anstieg der Anzahl von Weblogs zur Folge hatte.

Die rasante Verbreitung und wachsende Beliebtheit dieses Mediums[4] legt eine Auseinandersetzung mit und Untersuchung von Weblogs unter linguistischen Aspekten nahe. Zwar ist dies in verschiedenen Forschungsarbeiten bereits geschehen (z.B. Schlobinski / Siever 2005), jedoch meist unter allgemeinen sprachwissenschaftlichen Gesichtspunkten.

In dieser Arbeit sollen besonders pragmatische Aspekte berücksichtigt werden, genauer gesagt: Die Verwendung von Humor in Weblogs. Dabei spielen folgende Fragen eine Rolle: Was macht Humor an sich aus? Wie kann Humor in dem Internet-Medium Weblog, in dem sich die Kommunikationsteilnehmer häufig gar nicht kennen, überhaupt entstehen? Wie ist Humor im Netz erkennbar? Und zu guter Letzt: Welche Funktion erfüllt Humor in Weblogs?

Laut Androutsopoulos ist Spaß5 im Netz „eines dieser Phänomene, über die man viel spricht, aber noch sehr wenig weiß.“ (2006, 1). Dieses Wissen zumindest um einen kleinen Teil zu erweitern, ist das Anliegen dieser Arbeit.

2. Was ist ein Weblog?

2.1 Technische und organisatorische Aspekte

Um beurteilen zu können, wie Interaktionsteilnehmer in Weblogs miteinander kommunizieren, ist es zunächst wichtig, einen Überblick über die Besonderheiten dieses Medienformates zu geben, was im Folgenden geschehen soll.

2.1.1 Struktur und Aufbau eines Weblogs

Die Bezeichnung „Weblog“ setzt sich aus den englischen Begriffen „web“ für „Netz“ (also das Internet) und „log(book)“ für „Tagebuch“ zusammen. Ein Weblog ist demnach ein (persönliches) Online-Tagebuch, in dem Textpassagen, Bilder, Multimedia-Dateien und Links veröffentlicht werden können. Die Ordnung der Einträge ist chronologisch, d.h. der aktuellste Eintrag steht immer ganz oben und wird gefolgt von älteren Einträgen in umgekehrter zeitlicher Reihenfolge.

Des weiteren enthalten die meisten Weblogs ein Archiv, in dem Beiträge nach Wochen, Monaten oder sogar Jahren geordnet abgelegt sind. Gängig ist auch, in den Einträgen enthaltenen Texten per Link oder Kommentar auf andere Webseiten zu verweisen.

2.1.2 Inhalte von Weblogs

Bezüglich der Inhalte und Zielrichtungen von Weblogs lassen sich drei grundsätzliche Kategorien unterscheiden:

1. Filterblogs

In diesen sammelt der Betreiber Informationen aus dem Internet, filtert diese, d.h. er entscheidet, welche er für interessant hält und stellt sie seinen Lesern per Verlinkung zur Verfügung (Bsp.: www.fonolog.com).

2. Knowledge-Blogs

Dies sind Wissensplattformen, die sich als Medium der Expertenkommunikation verstehen (Bsp.: www.margaret-marks.com/Transblawg)

3. Persönliche Tagebücher („Personal Journals“)

Blogs von Einzelpersonen; Inhalte sind meist persönliche Alltagserlebnisse (Bsp.: www.shopblogger.de/blog).

Denkbar und vorhanden sind natürlich auch Mischformen solcher Blogs. Darüber hinaus finden sich speziellere Formen wie etwa

- Edublogs, die sich mit Lehren, Lernen und Bildung beschäftigen,
- Corporate Blogs, also offizielle Firmenblogs,
- Wahlblogs mit Beiträgen zu Landtags- oder Bundestagswahlen,
- Warblogs als Form der Kriegsberichterstattung, sowie
- Watchblogs, die Publikationen von On- und Offline-Medien kritisch begleiten.

2.1.3 Besonderheiten gegenüber herkömmlichen Webseiten

Ein signifikantes Merkmal von Weblogs ist die Möglichkeit, Kommentar zu den einzelnen Einträgen abzugeben, da sie ein hohes Maß an Interaktivität erzeugt. Zwar gibt es auch auf herkömmlichen, persönlichen Webseiten diese Möglichkeit durch Gästebücher oder Kontaktformulare, jedoch ist die Interaktion hier meist nur auf zwei Kommunikationsteilnehmer (Betreiber und Besucher der Webseite) beschränkt und damit sehr viel eingeschränkter. In Weblogs hingegen findet Kommunikation meist zwischen mehreren Usern sowie dem Betreiber des Blogs statt, so dass in vielen Fällen eine Online-Gemeinschaft entsteht. Deutlich wird dies auch durch die Existenz der Rubrik „Blogroll“, in der vom jeweiligen Betreiber favorisierte Weblogs bzw. Blogs von Freunden aufgeführt werden. Durch die Verlinkung der einzelnen Weblogs entsteht die sogenannte „Blogosphäre“:

„Neben den Parametern 'Individualität' und 'Archivierung' ist der Faktor 'Vernetzung' von zentraler, konstitutiver Bedeutung. Über die Verlinkung eines Blogs mit anderen, über den Linkaustausch in Form eines Web-Ringes und mithilfe spezieller Blog-Features wie Trackback oder Pingback entsteht ein komplexes Netzwerk, das als Blogosphäre bekannt ist.“ (Schlobinski / Siever 2005, 10)

Des weiteren bieten die meisten Weblogs einen sogenannten RSS-Feed, d.h. ein Programm, das es ermöglicht, Inhalte von Webseiten in maschinenlesbarer Form bereitzustellen. Wer einen RSS-Feed abonniert, wird per Mail benachrichtigt, wenn es neue Inhalte auf der Webseite gibt. Ein weiterer Bestandteil von Weblogs sind sogenannte Trackbacks, Systeme, mit denen ein Hinweis auf einen Beitrag zum gleichen Thema in einem anderen Weblog hinterlassen werden kann.

2.1.4 Einrichten und Betreiben eines Weblogs

Das Medienformat „Weblog“ ist vor allem deshalb so erfolgreich, weil es zahlreiche Systeme gibt, die die Erstellung von Weblogs schnell und unkompliziert ermöglichen. Besondere technische Kenntnisse sind hier nicht erforderlich und Betreiber-Seiten wie www.blogg.de oder www.blogger.com stellen derartige Systeme sogar kostenfrei zur Verfügung. Voraussetzung für das Einrichten eines Weblogs ist lediglich eine Email-Adresse, ein Browser sowie ein Internetzugang. Die Datenmengen des Weblog werden auf den Servern des jeweiligen Betreibers abgelegt.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, ein Weblog mithilfe von Systemen wie „Wordpress“ oder „Textpattern“ einzurichten und zu betreiben. Allerdings erfordern diese neben den oben genannten Voraussetzungen eigenen Speicherplatz bei einem Web-Host sowie detaillierte technische Kenntnisse.

2.2 Linguistische und kommunikationssoziologische Aspekte

Neben der Nennung der technischen Aspekte ist es für das Anliegen dieser Arbeit ebenfalls wichtig, Weblogs linguistisch und kommunikationssoziologisch einzuordnen:

2.2.1 Textsorte Weblog

Ist ein „Weblog“ eine Textsorte oder bezeichnet der Begriff eher eine Technik, mit der man Texte erstellen kann? Die Verfasserin dieser Arbeit geht von folgender Einschätzung aus: „Ein Weblog oder Blog ist medial in erster Linie ein Textmedium und technisch eine Webseite [...].“ (Schlobinski / Siever 2005, 9). Mit anderen Worten: Ein Blog ist eine Kombination aus Technik (Internetseite) und Text (Medium).

Bezüglich der Sprache innerhalb von Weblogs gibt es einige Besonderheiten, die auch für andere Textsorten aus den sogenannten „Neuen Medien“ (also auch Emails und Chats) gelten:

- häufige Abweichung von der Standard-Orthografie,
- sowohl konsequente Groß- als auch Kleinschreibung,
- häufige Tippfehler,
- Anwendung von gesprochener Umgangssprache und Dialekten,
- Verwendung sogenannter Smilies, um Emotionen auszudrücken,
- neue Wortschöpfungen,
- Einbinden fremdsprachlicher Ausdrücke,
- Verwendung von Inflektiven (*heul*),
- Lautnahe Graphie (*froi*).

Das Spiel mit Sprache ist laut Schmidt (vgl. 2006, 77) ein wichtiges Merkmal der Weblogkommunikation. Ähnlich äußert sich Reichmayr, wenn sie formuliert, dass „das Fehlen von Stimme und Körpersprache“ durch „sprachliche Kreativität ausgeglichen“ wird (2005, 8). Runkehl et. al. kommen bzgl. der Internetsprache zu dem Schluss, „dass sprachliche Elemente und Versatzstücke aus diversen Diskurswelten zu einem spezifischen Stilmix zusammengebastelt werden“ (1998, 115).

2.2.2 Verortung von Weblogs im Modell von Koch / Oesterreicher

Speziell das Interaktivitätspotenzial von Weblogs legt laut Schlobinski und Siever (2005, 82) eine Verortung zwischen herkömmlichen Webseiten und „asynchronen Formen der computervermittelten Kommunikation wie Email, Diskussionsforen, Gästebüchern einerseits und Formen der quasi-synchronen Kommunikation (Chat) andererseits“ nahe. Dieses Potenzial, also die Möglichkeit der User, miteinander in Kontakt zu treten bzw. Kommentare zu Einträgen abzugeben, ist es auch, das die Verortung von Weblogs im Trapezmodell von Koch / Oesterreicher interessant macht. Darüber hinaus ist es gerade bzgl. des Untersuchungsgegenstandes dieser Arbeit wichtig zu entscheiden, wo sich das Format „Weblog“ auf der Nähe-Distanz-Achse befindet, da Humor häufig ein hohes Maß an Interaktion mit sich bringt. Zur Verortung von Weblogs in besagtem Modell seien hier deshalb folgende Anmerkungen gemacht:

Bei Weblogs handelt es sich um ein Textmedium6, weshalb sie auf der graphischen Ebene des Modells eingeordnet werden. Die entsprechende Ergänzung zum Modell7 soll darüber hinaus deutlich machen, dass diese Textgattung nach Ansicht der Verfasserin zwischen „Tagebucheintrag“ und „Privatbrief“ anzusiedeln ist. Diese Einordnung liegt nahe, da Weblogs häufig tatsächlich als Tagebücher bezeichnet werden und die Kommunikation zwischen Betreibern und Kommentatoren eines Weblogs des Stils und der Adressatenspezifik wegen häufig der Kommunikation in Privatbriefen ähnelt.

Die Kommunikationsbedingungen von Weblogs lassen auf Sprache der Nähe schließen, denn es sind Dialog, Vertrautheit der Partner, freie Themenentwicklung, Spontaneität, „involvement“, Situationsverschränkung, Expressivität und Affektivität gegeben.

Die beiden Hauptmerkmale der Versprachlichungsstrategien von Nähe-Kommunikation sprechen ebenfalls für diese Einordnung: Die immer wieder ergänzten Kommentare zu den einzelnen Weblog-Einträgen erfüllen den Parameter „Prozeßhaftigkeit“. Ähnlich verhält es sich mit dem Merkmal „Vorläufigkeit“: Dadurch, dass immer wieder neue Kommentare gemacht werden können, hat die Kommunikationssituation einen vorläufigen Charakter, d.h., die Kommunikationssituation kann nie als komplett abgeschlossen bezeichnet werden.8

2.2.3 Funktion von Weblogs

An dieser Stelle soll zunächst eine eher allgemeine, kommunikationssoziologische Aussage über Weblogs gemacht werden. Über die medientheoretischen Hoffnungen, die sich mit der Entwicklung und Verwendung von Weblogs verbinden, schreibt Schmidt:

„Weblogs sollen Gegenöffentlichkeiten unterstützen, bislang marginalisierte Stimmen in die Öffentlichkeit bringen und den kooperativen Austausch zwischen Menschen mit geteilten Interessen oder Lebenswelten fördern.“ (2006, 9)

Ergänzend zu dieser Sichtweise „von außen“ soll hier vor allem die Motivation der Blogger selbst im Mittelpunkt stehen, d.h., die Frage danach, welche Funktion für sie im Vordergrund steht. Auf die Inhalte und Zielsetzungen von Weblogs wurde bereits hingewiesen (siehe Punkt 2.1.2). Welche Motive haben Blogger außerdem? Welche kommunikativen Ziele verfolgen sie? Diese beiden Fragen sollen im Folgenden beantwortet werden.

Im Rahmen der Umfrage „Wie ich blogge?!“ (Schmidt / Wilbers 2005, 12) gaben Blogger folgende Motive für das Führen eines Weblogs an:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusammenfassend lässt sich also (bzgl. der Ergebnisse der vorliegenden Umfrage) sagen, dass Unterhaltung, Dokumentation, Wissensaustausch und Kontakt mit Anderen sowie Selbstdarstellung für Blogger wichtig sind. Letzterer Aspekt wurde auch von

Herring beobachtet. Über die Motivation von Bloggern in einer von ihr durchgeführten Studie über Weblogs äußert sie:

„[...] on the whole, the blogs in this sample share a common purpose: to express the author's subjective, often intimate perspective on matters of interest to him or her. In the case of most blogs, the matters of interest concern the authors and their daily lives.“ (2004, 6)9

Besonders letzterer Punkt erscheint gerade im Hinblick auf das Thema dieser Arbeit interessant. Zu den Grundprinzipien des sozialen Handelns gehört nach Ansicht des Soziologen Erving Goffman (1976, 1977) das sogenannte „impression management“. Um den situativen Anforderungen und Erwartungen gerecht zu werden, stellen Interaktionsteilnehmer gewisse Aspekte des eigenen Selbst stärker heraus als andere (vgl. Schmidt 2006, 70). Obwohl in der Online-Interaktion bestimmte Sinnesreize entfallen (hier treten andere Hinweise wie z.B. Emoticons an ihre Stelle), gelten diese Grundprinzipien auch hier. Die Betreiber von persönlichen Weblogs nehmen Schmidt zufolge „eine Positivselektion von Eigenschaften vor, die sie im Internet darstellen wollen und verfolgen dabei – analog zum „impression management“ in Offline-Interaktionen – die Strategie, als kompetent und sympathisch wahrgenommen zu werden“ (2006, 71). Bezugnehmend auf Goffmans Theorie formuliert Reichmayr Folgendes über die Selbstdarstellung in Weblogs:

„Die „weiche“ und flexible Form des Weblogs erlaubt dramatische Darstellungen aller Art, die Bühnenbilder können verändert, das Publikum kann überrascht werden, die Akteure präsentieren sich in verschiedenen Rollen, dramatische Elemente kommen in Inhalt und Form der Einträge zum Ausdruck.“ (Reichmayr 2005, 12)

Des weiteren spielt Identitätsmanagement für Blogger eine große Rolle. Bedenkt man, dass Individualität in der heutigen Gesellschaft eine zentrale Rolle spielt, ist es nicht verwunderlich, dass die Herausbildung einer individuellen Identität einen hohen Stellenwert hat. Klassischen Theorien nach (vgl. etwa Cooley 1964) bilden Menschen ihre Identität in einem Zusammenspiel zwischen der Auseinandersetzung mit dem eigenen Denken und Handeln und den Reaktionen des sozialen Umfeldes. Das Medium Internet bietet hierzu besondere Möglichkeiten, da „seine verschiedenen Dienste es erlauben, in jeweils spezifischer Art und Weise zusammen mit anderen Personen Identitäten zu konstruieren“ (Schmidt 2006, 73). In Weblogs geschieht dies insofern, als hier sowohl Konversation mit sich selbst (Stichwort: Online-Tagebuch) als auch mit Anderen stattfindet.

3. Was ist Humor ?

In der Alltagssprache hat der Begriff „Humor“ seinen festen Platz. Äußerungen wie z.B. „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“ oder „Das musst Du mit Humor nehmen“ machen dies deutlich.

Und doch ist Humor nicht leicht zu definieren oder einzugrenzen. Gerade aus linguistischer Sicht betrachtet beinhaltet Humor zahlreiche Kommunikationsaktivitäten und damit viele Untersuchungsfelder. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es in den gängigen Lexika zur Sprachwissenschaft (Glück (2000), Bußmann (2002)) keine Einträge zu „Humor“ oder „Scherzkommunikation“ gibt. Umso sinnvoller erscheint es daher, sich dem Thema zunächst von einer allgemeinen Sichtweise her zu nähern.

3.1 Allgemeine Definition

Dem Eintrag im Brockhaus-Universallexikon zufolge ist Humor

„[...] heitere Gelassenheit gegenüber den Unzulänglichkeiten von Welt und Menschen und den Schwierigkeiten des Alltags; die für die ästhetische Grundgestalt des Komischen aufgeschlossene Form der Wahrnehmung und Kommunikation.“ (Brockhaus 1997)

Für eine linguistische Untersuchung ist vor allem der zweite Teil des Lexikoneintrags relevant. Doch auch dieser beantwortet die Frage nach einer Definition nicht ausreichend, legt er doch nur fest, welcher Disposition ein Mensch sein muss, um für Humorvolles empfänglich zu sein.

Man könnte auch formulieren, dass Humor alles ist, was Menschen zum Lachen bringt. Dies ist sicher ein guter Anhaltspunkt, jedoch unterscheiden sich Menschen sehr darin, was sie zum Lachen veranlasst – und was nicht. Zudem ist dieser Parameter auf die Kommunikation in Weblogs kaum anwendbar, da derartige Gefühlsreaktionen nur eingeschränkt darstellbar sind. Dies und die Frage danach, wie man im Internet Humorkommunikation identifizieren kann, wird unter Punkt 4.1 noch detaillierter zur Sprache kommen.

Das Dilemma, mit dem man bei der Definition von Humor konfrontiert ist, bringt Kotthoff auf den Punkt, indem sie formuliert, dass „[...] Humor sich gegen ein berechenbares, konstruierbares und planbares Modell sperrt [...]“ (1998, 3). In ihrer Studie „Spaß verstehen: Zur Pragmatik von konversationellem Humor“ ging es ihr folglich weniger darum, Scherzmodalitäten zu definieren und im Material aufzuspüren, sondern um eine „dauernde Kreuzung von Theorie und Empirie“ (1998, 3). Ähnlich äußert sich Androutsopoulos, der darauf hinweist, dass interaktionsanalytische Ansätze Spaß als eine Interaktionsmodalität konzipieren, „die in situ konstituiert und durch spezifische Phänomene kenntlich gemacht wird“ (2006, 5).

Diese Hinweise sollen auch für die vorliegende Arbeit maßgeblich sein, wenn auch verschiedene, bereits vorliegende Humorkategorien (sowohl von Kotthoff (1998 / 2002) als auch von Androutsopoulos (2006)) berücksichtigt werden.

3.2 Dimensionen der Scherzkommunikation

Die entscheidende Frage bei der Analyse von Humor10 ist, was genau Menschen tun, wenn sie sich humorvoll äußern. Hilfreich dabei sind die Dimensionen der Scherzkommunikation, wie sie Kotthoff (2002, 5) aufgelistet hat. Dabei unterteilt sie die Humorkommunikation in verschiedene Einzelaspekte. Im Folgenden werden diese aufgelistet; es fehlen jedoch Aspekte wie „Struktur der Rederechtsverteilung“ u.ä., da diese für die Online-Kommunikation nicht relevant sind.

Dimensionen der Scherzkommunikation:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Des weiteren hat Kotthoff (1998, 347; 2002, 6) eine ganze Reihe von Humorformaten im Analysekorpus ihrer Studie beobachtet. Dabei sei allerdings darauf hingewiesen, dass hier mündliche Kommunikation im herkömmlichen Sinne untersucht wurde, d.h. vor allem Alltagskommunikation unter Freunden, Arbeitskollegen, etc. Über eventuelle für die Online-Kommunikation spezifische Humorformate ist bisher wenig bekannt; die wenigen diesbezüglich vorhandenen Überlegungen werden in Punkt 4.1 behandelt.

Humorformate nach Kotthoff:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Formate erscheint an dieser Stelle wenig sinnvoll, da sie stark mit Beispielen aus dem Textkorpus von Kotthoff verbunden sind und der Rahmen dieser Arbeit so außerdem gesprengt würde. Zudem kommen nicht alle Formate in den analysierten Weblogs vor. Konkrete Beispiele und weitere Ausführungen folgen im Rahmen der Webloganalyse (ab Punkt 4.3).

3.3 Funktion von Humor

Menschen wenden Komik an, um ganz unterschiedliche Zwecke zu erfüllen. Unterhalt- sam - eben „witzig“ oder „komisch“ - zu sein, ist sicher das naheliegendste Ziel von Scherzkommunikation. Darüber hinaus lassen sich aber noch weitere Funktionen von Humor beobachten:

- In der Scherzkommunikation wird häufig auf gemeinsames Wissen angespielt. Dies erhöht das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe bzw. kann zur Abgrenzung einer bestimmten Gruppe gegenüber Anderen dienen. Dabei spielen auch Normen und Werte der Gruppe eine Rolle.
- Humor kann den daran beteiligten Interaktionspartnern dabei helfen, sich „implizit einer geteilten Moral“ zu versichern (Kotthoff 2002, 5), indem z.B. bestimmte Menschen außerhalb dieser Gruppe parodiert oder karikiert werden.
- Wenn Menschen miteinander scherzen, treten sie miteinander in Kontakt. Man kann Humor also durchaus eine gewisse phatische Funktion zuschreiben. Denkt man an bereits länger bestehende Beziehungen, kann Humor diese auch sichern oder neu beleben.
- Wer sich der Komik bedient, zeigt oft ein hohes Maß an Kreativität. So ist es möglich, subjektive Eigenheiten zu kommunizieren. Kotthoff (1998, 362) bezeichnet das Komische überdies als „eine Form der Kunst im Alltag“.

[...]


[1] http://annewill.blog.ndr.de

[2] http://blog.focus.de/kochmehrin

[3] http://www.zeit.de/blogs/index

[4] Siehe Diagramm in Anhang A)

5 Damit ist ein Oberbegriff für „Phänomene des Nicht-Ernsten in allen Formen von Kommunikation“ (Androutsopoulos 2006, 1) gemeint.

6 Sieht man von der eher in Ausnahmefällen genutzten Möglichkeit ab, auch Sound- und Video-Clips in ein Weblog einzubauen.

7 Siehe Anhang B)

8 Es sei denn, der Betreiber des Weblogs schließt den Kommentar-Thread und beendet damit die Kommunikationssituation, was aber eher eine Ausnahme sein dürfte.

9 „Im Großen und Ganzen haben die Blogs in dieser Auswahl einen gemeinsamen Zweck: die subjektive, oft vertrauliche Einstellung des Autors zu den Themen auszudrücken, die für sie oder ihn von Interesse sind. Im Fall der meisten Blogs sind dies Themen, die die Autoren und ihr Alltagsleben betreffen.“ (Übersetzung IM)

10 Die Begriffe „Humor“, „Komik“ und „Scherzkommunikation“ werden in dieser Arbeit mangels eindeutiger und einheitlicher Terminologie synonym verwendet.

Ende der Leseprobe aus 43 Seiten

Details

Titel
Pragmatische Aspekte in Weblogs - Eine Analyse zur Anwendung und Funktion von Humor
Hochschule
Philipps-Universität Marburg
Note
1, 5
Autor
Jahr
2008
Seiten
43
Katalognummer
V112993
ISBN (eBook)
9783640122196
ISBN (Buch)
9783640124213
Dateigröße
854 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pragmatische, Aspekte, Weblogs, Eine, Analyse, Anwendung, Funktion, Humor, Pragmatik, Linguistik
Arbeit zitieren
Ilona Mahel (Autor:in), 2008, Pragmatische Aspekte in Weblogs - Eine Analyse zur Anwendung und Funktion von Humor, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112993

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