Manuel Vázquez Montalbán - Los mares del sur - Gesellschaftskritik im nach-franquistischen Kriminalroman


Seminararbeit, 2005

13 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Aufgabenstellung der Hausarbeit

2. La realidad política: Politische und gesellschaftliche Veränderungen in Spanien in der Zeit von 1975 – 1979

3. El escritor: Der politische Hintergrund von Manuel Vázquez Montalbán (1939 – 2003)

4. La historia: Der Handlungsstrang von „Los Mares del Sur“

5. El desencanto: Das Motiv des „desencanto“ in Los Mares del Sur

6. La policía: Das Bild der Polizei in Los Mares del sur

7. Otros Aspectos: Weitere gesellschaftskritische Elemente in Los mares del Sur

8. Conclusión: Vázquez Montalbán Umstaltung der novela negra zu einem Mittel für Gesellschaftskritik

Literaturverzeichnis
Primärliteratur
Sekundärliteratur
Internetquellen

1. Aufgabenstellung der Hausarbeit

Die vorliegende Hausarbeit enthält eine Untersuchung des Kriminalromans Los mares del Sur von Manuel Vázquez Montalbán. Dabei soll der Roman vor allem vor dem Hintergrund der politischen und gesellschaftlichen Ereignisse der damaligen Zeit beleuchtet werden und es wird gezeigt werden, wie Vázquez Montalbán diese Thematik verarbeitet. Zu Beginn dieser Hausarbeit sollen zuerst kurz die politischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge und der damit verbundene desencanto skizziert werden. Daraufhin folgt eine Darstellung des politischen Hintergrunds des Autors um diesen möglicherweise besser verstehen zu können. Die anschließende knappe Zusammenfassung des Handlungsstrangs wird dann zur eigentlichen Untersuchung überleiten, in der gezeigt werden soll, wie Vázquez Montalbán das zentrale Motiv der transición, nämlich den desencanto, aufgreift, die Vergangenheit Spaniens an dem Beispiel der Polizei verarbeitet und an welchen Stellen des Romans er weitere, versteckte Kritik an der spanischen Gesellschaft übt.

2. La realidad política: Politische und gesellschaftliche Veränderungen in Spanien in der Zeit von 1975 – 1979

Schon in den sechziger und siebziger Jahren kam es in Spanien zu einem enormen Wandel der sozialökonomischen Strukturen. Die Wirtschaftspolitik war nicht mehr geprägt von Katholizismus, Konservativismus und Autarkiebestrebungen, sondern Spanien öffnete sich allmählich gegenüber europäischen Einflüssen und ökonomischem Liberalismus. Staatliches Unternehmertum wurde nun gefördert und die spanische Oberschicht (‚Opus Die’) in wirtschaftspolitische Positionen eingesetzt, aber auch Außenhandel und die touristischen Invasionen trugen in dieser Zeit zum „spanischen Wirtschaftswunder“ bei. Allerdings brachten sowohl der intensivere Kontakt mit anderen westeuropäischen Staaten, als auch die jährlich anschwellenden touristischen „Völkerwanderungen“ gesellschaftliche und politische Ideen dieser Länder nach Spanien, das nach dem Bürgerkrieg bis in die Mitte der fünfziger Jahre vom übrigen Europa geistig wie wirtschaftlich nahezu isoliert gewesen war.

Sogar in den Säulen des franquistischen Staats, der Kirche[1] und der Armee, fanden sich Ansätze eines neuen, demokratischen Denkens. Dies führte zunehmend zu Spannungen innerhalb der Bevölkerung, besonders zwischen der jungen – nach dem Bürgerkrieg geborenen – Generation, die auf politische Öffnung des Regimes drängte, und der Bürgerkriegsgeneration, die noch immer als Garant für die alte Ordnung fungierte. Weiteres Konfliktpotential barg die durch die Industrialisierung angewachsene und selbstsicherer gewordene Arbeiterschicht, die anfing, sich in zahlreichen illegalen Oppositionsgruppen zu entfalten. Diese schwelenden Konfliktherde waren kennzeichnend für die letzten Jahre des Franquismo und sorgten auch nach Francos Tod am 20. November 1975 für nicht unerheblichen Konfliktstoff. Franco hatte die Grundgesetze des Staates eigentlich zur Fortsetzung des Regimes angelegt, aber sein beabsichtigter Nachfolger König Juan Carlos I ernannte am 3. Juli 1976 den liberalen Kandidaten Adolfo Suárez zum Ministerpräsidenten. In der Folgezeit entwickelte sich eine öffentliche Diskussion, ob das bestehende System fortgesetzt werden sollte (‚ continuismo’) oder ob eine Demokratisierung und Anpassung an europäische Vorbilder stattfinden sollte (‚ evolucionismo’). Diese Frage wurde dann mit Hilfe einer Volksbefragung am 15. Dezember 1976, in der sich 94, 2 % für die Demokratisierungsvorhaben der Regierung aussprachen, eindeutig beantwortet. Ein weiterer Streitpunkt war die Art der Umgestaltung. Es gab Befürworter einer langsamen Errichtung der Demokratie durch Kompromisse (‚ consenso ’), aber auch Politiker, die einen eindeutigen Bruch mit dem alten Regime wollten (‚ ruptura ’). Aus Angst vor einem Umsturz von Links- oder Rechtsextremen und einem möglicherweise erneutem Bürgerkrieg, entschied sich Suárez für die langsame Umgestaltung und gegen den vollständigen Bruch. Unbedingt notwendige Veränderungen, wie Polizei- und Armeereform, Legalisierung der Parteien und Föderalisierung Spaniens durch Autonomieregelungen, wurden anschließend dennoch rasch in Angriff genommen und am 15. Juni 1977 erreichte Suárez mit den Parlamentswahlen sein erstes entscheidendes Etappenziel. Ein weiterer Erfolg war dann die am 27. Dezember 1978 verkündete Verfassung, die gegenüber Francos Verfassung tief greifende Veränderungen aufwies. Spanien wurde nun als „sozialer und demokratischer Rechtsstaat in der Staatsform einer parlamentarischen Monarchie definiert, in dem alle Grundrechte und Freiheiten garantiert und Kirche und Staat getrennt sind“[2]

Dennoch müssen die ersten vier Jahre der ‚Transición’ auch kritisch betrachtet und hinterfragt werden. Zwar stellte Spanien einen beispielhaften und im Großen und Ganzen auch gewaltfreien Übergang von einer militärischen Diktatur zu einer gefestigten Demokratie dar, aber es blieb auch eine Reihe von schwerwiegenden Problemen. Für viele Spanier brachte die ‚Transición’ weder die erhoffte finanzielle Besserstellung noch politische Befriedigung. Das Spektrum an politischen Gruppen war zu dieser Zeit extrem breit. Allein die politische Rechte[3] verfügte schon über fünf verschiedene Gruppierungen, die Linke[4] sogar über acht verschiedene. Angesichts dieser Anzahl wird klar, dass kaum alle Bedürfnisse befriedigt werden konnten. Den rechten Gruppierungen gingen die Veränderungen oftmals viel zu weit, den Linken gingen sie dagegen meist nicht weit genug. Auch das Verhältnis zwischen den ehemaligen Eckpfeilern des franquistischen Staates, dem Militär, der Kirche und Polizei und dem neuen Staat blieb zunächst kritisch. Das oftmals fehlende demokratische Bewusstsein sowie die Identitätskrise dieser Gruppierungen war ein schweres Problem, wobei gesagt werden muss, dass es in auch fast allen anderen Schichten Demokratiedefizite und den Drang nach Identitätssuche gab. Hinzu kamen in den späten Siebzigern auch noch weitere Krisensymptome wie hohe Arbeitslosigkeit, stärkerer Drogenkonsum und ein enormer Anstieg der Kriminalitätsrate. Ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung hatte das Gefühl, eine Chance verpasst zu haben und dass die Lebensumstände unter dem Francoregime besser gewesen waren. Dieses Gefühl der Enttäuschung und Frustration wurde „desencanto“ genannt.

[...]


[1] Die katholische Kirche erkennt Katalanisch und Baskisch als Amtssprachen der Kirche an. Die spanischen Bischöfe fordern – vor allem nach dem „Zweiten Vatikanischen Konzil“ (1962-1965) – soziale Gerechtigkeit.

Vgl. Ruhl, Klaus-Jörg , Spanien Ploetz: Spanische und Portugiesische Geschichte zum Nachschlagen, Freiburg / Würzburg 1991, S. 145

[2] Vgl. Ruhl, Klaus-Jörg , Spanien Ploetz: Spanische und Portugiesische Geschichte zum Nachschlagen, Freiburg / Würzburg 1991, S. 149

[3] Rechtsradikale, Extreme Rechte ,Francisten , Falangisten und Konservative Rechte. Vgl. Antoni, Michael, Spanien auf dem Weg zur parlamentarischen Demokratie: Parteien, Wahlen, Verfassungen und politische Entwicklungen 1975 bis 1980, Frankfurt a. M. 1981, S. 21-33

[4] Sozialisten, Kommunisten, Eurokommunisten, Marxisten-Leninisten, Maoisten, Trotzkisten, Anarchisten, Extreme autonomistische Gruppe der Linken. Vgl. Antoni, Michael, Spanien auf dem Weg zur parlamentarischen Demokratie: Parteien, Wahlen, Verfassungen und politische Entwicklungen 1975 bis 1980, Frankfurt a. M. 1981, S. 71-107

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Manuel Vázquez Montalbán - Los mares del sur - Gesellschaftskritik im nach-franquistischen Kriminalroman
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Romanisches Seminar)
Veranstaltung
Der spanischsprachige Kriminalroman / El género policiaco
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
13
Katalognummer
V93684
ISBN (eBook)
9783640100491
ISBN (Buch)
9783640113484
Dateigröße
426 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Srache: Spanisch und Deutsch
Schlagworte
Manuel, Vázquez, Montalbán, Gesellschaftskritik, Kriminalroman
Arbeit zitieren
Daniel Conley (Autor:in), 2005, Manuel Vázquez Montalbán - Los mares del sur - Gesellschaftskritik im nach-franquistischen Kriminalroman, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93684

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Manuel Vázquez Montalbán - Los mares del sur - Gesellschaftskritik im nach-franquistischen Kriminalroman



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden