"Teenager außer Kontrolle"

Erziehungslager als sinnvolles reformpädagogisches Konzept?


Seminararbeit, 2008

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1 Einleitung

2 „Teenager außer Kontrolle – Letzter Ausweg wilder Westen“

3 Das „Boxcamp“

4 Einordnung der Konzeptionen in reformpädagogische Ideen
4.1 Die Charaktererziehung Foersters
4.2 Die Erlebnispädagogik
4.3 Die Landerziehungsheime Lietz’

5 Erziehungslager als reformpädagogisches Konzept? Eine kritische Reflexion

6 Fazit

7 Literaturangaben

1 Einleitung

„Kriminelle Jugendliche immer brutaler“ (Focus); „Alptraum Jugend - Wo gibt es Hilfe für kriminelle Jugendliche?“ (MDR); „Der finale Tritt des Teufelsmädchens“ (spiegel online); „Kriminelle Jugendliche - Ratlose Politiker“ (n-tv)

Die Zeitungen und Online-Magazine sind voll von Artikeln, die Überschriften wie diese tragen. Obwohl Jugendkriminalität durchaus kein neues Problem der modernen Gesellschaft ist, ist es zum momentanen Zeitpunkt eines der am brisantesten diskutierten Themen. Vor allem nach dem brutalen Überfall zweier Jugendlicher auf einen Rentner in der Münchener U-Bahnstation wird heftig darüber diskutiert, wie mit kriminellen Jugendlichen umgegangen werden soll.

Roland Koch ist sich seines Zeichens sicher, dass das Problem der überhöhten und immer brutaler werdenden Jugendkriminalität nur durch eine Verschärfung des Jugendstrafrechts behoben werden könne. Koch fordert einen „Warnschussarrest“, der bei Bewährungssatrfen zusätzlich verhängt werden solle. Nach ihm könnten kriminelle Karrieren nur schnell genug unterbrochen werden, wenn die Jugnedlichen neben einer Bewährungsstrafe zusätzlich spüren, was es heißt, sich in einem freiheitseinschränkenden Arrest zu befinden.[1] Dabei ginge es nicht um militärischen Drill oder menschenverachtende Methoden, wie es aus dem amerikanischen Modell der „Bootcamps“ bekannt ist. In den „Bootcamps“ wird der Wille der Insassen systematisch und entwürdigend gebrochen. Es soll, so Wolfgang Bosbach von der CDU, darum gehen, den Kriminellen eine Einrichtung anzubieten, in denen sich die Straftäter unter geschulter pädagogischer Aufsicht an einen geregelten Tagesablauf und an bestimmte einzuhaltende Regeln gewöhnen sollen.[2] Ziel der Unionsfraktion ist es, Jugendliche schnellst möglich aus ihren kriminellen Milieus herauszuholen und ihnen die strikte Beachtung von Normen und Werten in Erziehungslagern beizubringen. Da die SPD aber anders als die CDU Erziehungslager als Verstoß gegen die Menschenrechte definiert, ist der Streit zwischen den Parteien um das Reizthema „Erziehungslager“ noch nicht beendet.[3]

Was aber ist nun die richtige Entscheidung in der Diskussion um Erziehungslager? Können sie so aufgebaut und konzeptioniert sein, dass sie ihr Ziel, das Herausführen der Jugendlichen aus ihren kriminellen Milieus, ohne menschenunwürdige Aspekte erfüllen können?

Um sich an eine Antwort dieser Fragen annähern zu können, müssen verschiedene Modelle von Erziehungscamps benannt und hinsichtlich ihrer inneren Struktur betrachtet werden. In dem Rahmen dieses Aufsatzes werden zwei Formen eines Erziehungslagers vorgestellt werden: Das Wildnis-Therapie-Programm der Organisation Catherine Freer und das „Boxcamp“ von Lothar Kannenberg. In beiden Konzepten stehen bestimmte leitende Elemente im Mittelpunkt. In dem Konzept Cetherine Freers ist die Natur das Herzstück des Programms, während sich in dem Erziehungslager Lothar Kannenbergs alles um den Sport dreht.

Die Thematik der Erziehungslager soll anschließend in die pädagogische Linie dreier Ansätze eingegliedert werden, die von Aspekten geprägt sind, die sich auch die Konzepte der Erziehungslager zu Eigen machen. Näher betrachtet werden soll im Rahmen dieser Arbeit die Idee der Charaktererziehung von Foerster, die Erlebnispädagogik Hanhs und die Konzeption der Landerziehungsheime von Lietz.

Abschließend werden die Modelle des Erziehungslagers kritische reflektiert, um im Fazit eine erste vorsichtige Beantwortung der zu Beginn gestellten Fragen nach der Sinnhaftigkeit von Erziehungslagern geben zu können.

2 „Teenager außer Kontrolle – Letzter Ausweg wilder Westen“

Ein erstes Beispiel eines Erziehungslagers soll hier das Wildnis-Therapie-Programm der Organisation Catherine Freer betrachtet werden. Bis Ende April zeigte RTL mittwochs abends das Erlebnis und den Kampf der 8 Jugendlichen mit sich selbst, den Erziehern und der Natur im wilden Westen.

Das Wildnis-Therapie-Programm existiert seit 20 Jahren und verbindet seither den Programmmittelpunkt der Natur mit der Erziehung krimineller Jugendlicher. „Die Therapie verbindet individuelle Therapie und Gruppen-Therapie mit therapeutischem Verhaltensmanagement in der natürlichen Umgebung der Wildnis. Die Jugendlichen gewinnen weit entfernt von den Ablenkungen und Gewohnheiten ihres Alltags eine neue Perspektive und entdecken die Werte neu, die wichtig sind, um ein erfolgreiches Leben zu führen.“[4]

Das Wildnistherapieprogramm soll Jugendlichen helfen, die essentiellen Werte wiederzuentdecken, die sie zu einer erfolgreichen Gestaltung ihres Lebens benötigen. Diese Werte sind laut dem Programm von Catherine Freer Familie, Verantwortung, Ehrlichkeit, Vertrauen und Respekt.[5] Die Jugendlichen nehmen an

„Wander- und Abenteuerexpedition [teil], die die Vorzüge vom Leben im Freien, körperlicher Anstrengung und ausgedehnter Psychotherapie miteinander verbindet.“[6]

Die Expedition durch die Wildnis dauert insgesamt acht Wochen und gliedert sich in zwei Phasenabschnitte: In der ersten Phasen sollen sich die Jugendlichen, nachdem sie alles gepackt haben und sich ihren drei Betreuern angeschlossen haben, viel mit sich selbst beschäftigen. „Die Jugendlichen wandern ohne miteinander zu sprechen und haben somit viel Zeit, über ihre Probleme, ihr Leben und die Ratschläge nachzudenken, welche sie von den Therapeuten erhalten.“[7] Am Ende der ersten Phasen hat die Mehrheit der teilnehmenden Jugendlichen, so die Konzeptbeschreibung, eine Einsicht in ihr bisheriges Verhalten erlangen können, sie haben sich ihr kriminelles Verhalten vor Augen geführt und fangen langsam an, Verantwortung zu übernehmen. In der zweiten Phase des Programms steht die ganze Gruppe im Mittelpunkt. Die Jugendlichen müssen lernen, sich kooperativ in eine Gruppe einzugliedern, respektvoll und hilfsbereit miteinander umzugehen und müssen neuen Fähigkeiten erlernen, die zum gründen einer Gemeinschaft notwendig sind. „Sie übernehmen Führungsrollen, müssen Entscheidungen treffen und auf bestimmte Ziele hinarbeiten, wobei bestimmte Erwartungen an sie gestellt werden. Wenn sie ihr Ziel erreichen, erwarten sie weitere Privilegien und Verantwortung.“[8] Die Jugendlichen werden in der zweiten Phase des Programms wöchentlich vor neue Aufgaben gestellt, wie beispielsweise Wildwasserfahren, Klettern oder das Arbeiten mit Pferden. Desweiteren arbeiten sie in dieser Zeit ausgiebig mit den Therapeuten an einem Zielplan für ihr weiteres Leben. Ein entscheidender Teil des Trainingscamps ist der Einbezug der Eltern. Durch die Schilderung ihrer Version der familiären Probleme (meist in Form von Briefen) erhalten die Jugendlichen einen authentischen Einblick in die Gefühle ihrer Familien.[9]

Laut der Cheftherapeutin bei „Teenager außer Kontrolle“ Annegret Noble ist das Entscheidende an dem Konzept, dass die Jugendlichen fern ab aller Ablenkungen ihres alltäglichen Lebens sind. Sie können sich auf sich selbst, auf ihre Gefühle und Gedanken konzentrieren und haben ausreichend Gelegenheit ihre Vergangenheit zu reflektieren und ihre Zukunft zu planen. „Das Ziel der Therapie ist es“, so Annegret Noble, „den Jugendlichen zu helfen, zu erkennen, dass ihr Verhalten Konsequenzen hat und dass sie diese Konsequenzen kontrollieren können.“[10] Darüber hinaus sollen die Teenager laut Annegret Noble Fähigkeiten erlangen, um ihre eigenen individuellen Ziele erreichen zu können. Sie sollen lernen, selbstbewusst mit ihren Gefühlen und Emotionen „richtig“ umzugehen, mit ihren Familien über ihre Probleme zu reden und sie sollen lernen, dass Probleme auch ohne Drogen, Alkohol und Gewalt regelbar sind.

Zusammengefasst soll das Programm kriminellen Jugendlichen eine lebensverändernde Erfahrung bieten, die ihnen dabei helfen soll, ein solides Fundament zu erschaffen, worauf sie eine aussichtsvolle Zukunft aufbauen können.[11]

[...]


[1] Zucchi, U.: Ruf nach „Warnschussarrest, Erziehungslager und Abschiebung. Januar 2008. http://www.zeit.de/online/2008/01/jugendstrafrecht-koch-zypries

[2] http://www.philosophie.uni-karlsruhe.de/files/uploads/382_Maring_EPG1_Materialien_0701_2008.pdf S.1.

[3] Zucchi, U.: Ruf nach „Warnschussarrest, Erziehungslager und Abschiebung. Januar 2008. http://www.zeit.de/online/2008/01/jugendstrafrecht-koch-zypries

[4] http://www.rtl.de/tv/tv_933447.php? (Konzept)

[5] http://www.cfreer.com/german-homepage/

[6] Ebd.

[7] http://www.rtl.de/tv/tv_933447.php? (Konzept)

[8] Ebd.

[9] Ebd.

[10] http://www.rtl.de/tv/tv_932657.php?media=galerie2&set_id=8263 (A. Noble im Interview)

[11] http://www.cfreer.com/german-homepage/

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
"Teenager außer Kontrolle"
Untertitel
Erziehungslager als sinnvolles reformpädagogisches Konzept?
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Institut für Pädagogik)
Veranstaltung
"Alte" und "neue" Reformpädagogik
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
16
Katalognummer
V112514
ISBN (eBook)
9783640108473
ISBN (Buch)
9783640110025
Dateigröße
424 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
17 Einträge im Literaturverzeichnis, davon 13 Internetquellen.
Schlagworte
Teenager, Kontrolle, Alte, Reformpädagogik
Arbeit zitieren
Inga Hemmerling (Autor:in), 2008, "Teenager außer Kontrolle", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112514

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Titel: "Teenager außer Kontrolle"



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