Qualitätsmanagement im öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Schlüssel zum Erfolg?


Seminararbeit, 2004

22 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


INHALT

Einleitung

1. Journalistische Qualität in Wissenschaft und Praxis
1.1 Begrifflichkeiten
1.2 Gegenstand der Qualitätsforschung
1.3 Rechtlicher Rahmen
1.4 Forschungstradition
1.5 Qualität in der Praxis
1.5.1. Die Medienforschung des ORF
1.5.2. Sendungserfolgskontrolle beim Schweizer Fernsehen DRS

2. Programmcontrolling beim Westdeutschen rundfunk
2.1 Problemstellung und Zielsetzung
2.1.1. Ausgangssituation
2.1.2. Zielstellung
2.2 Konzeption und Methode
2.2.1. Akzeptanz
2.2.2. Kosten
2.2.3. Qualität
2.2.4. Das Zielvereinbarungsgespräch
2.2.5. Qualitätskriterien: sendungsspezifisch
2.2.6. Qualitätskriterien: übergeordnet
2.2.7. Messung
2.2.8. Kontrolle und Konsequenzen
2.3 Ergebnisse

3. ERfolg durch qualität? – Einordnung, diskussion und fazit

Literatur

Anhang

Einleitung

„Die Qualitätsdebatte ist eine der am vehementesten und kontroversesten geführten Diskussionen in Wissenschaft und Praxis der Medien überhaupt.“[1]

Dieses Zitat von Miriam Meckel deutet bereits an, wie schwierig es ist, die wissenschaftliche und praktische Auseinandersetzung mit journalistischer Qualität auf einer allgemein anerkannten Grundlage zu führen. Nach jahrelanger Debatte ist noch immer kein Konsens darüber erzielt worden, wie etwas so Subjektives wie Qualität zu definieren, zu operationalisieren und in der Praxis umzusetzen sei. Vor dem Hintergrund dieser Problematik werden im ersten Teil der vorliegenden Arbeit die Grundlagen der Qualitätsforschung und darüber hinaus Qualitätskonzepte aus der Praxis betrachtet.

Mit zunehmender Kommerzialisierung der Medien ist die Qualitätsdebatte immer mehr zur Quotendiskussion geworden. Doch schließen sich Qualität und Quote tatsächlich aus? Kann und muss öffentlich-rechtlicher Rundfunk seine Programmqualität verbessern und damit seine Quoten steigern, und wie ist das Problem der Operationalisierung dabei zu lösen? Diesen Fragen soll im zweiten Teil der Arbeit anhand des Beitrags „Erfolg durch Qualität. Programmcontrolling beim WDR Fernsehen“ von Miriam Tebert[2] nachgegangen werden. Es handelt es sich dabei um einen Ergebnisbericht über Maßnahmen eines öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders, des Westdeutschen Rundfunks, zur Qualitätssicherung und -steigerung. Diese Maßnahmen wurden im Rahmen eines Con­trollingkonzepts umgesetzt mit dem Ziel, den Marktanteil des WDR-Fernsehens zu erhöhen.

Der WDR ging bei der Konzeption seines Controllings davon aus, dass eine konsequente, kontinuierliche und rezipientenorientierte Verbesserung der Programmqualität eine erhöhte Publikumsakzeptanz und damit eine Steigerung der Einschaltquoten zur Folge haben würde. Ob und in welchem Maße diese Annahme sich bestätigt hat, wird zu zeigen sein.

Die Diskussion des WDR-Programmcontrollings hinsichtlich der Fragestellung, welche Impulse das Konzept für die weitere Auseinandersetzung mit journalistischer Qualität liefern kann, ist Gegenstand des dritten und letzten Teils der Arbeit.

1. Journalistische Qualität in Wissenschaft und Praxis

1.1 Begrifflichkeiten

Die Bedeutung des Wortes Qualität im allgemeinen Wortsinn kann vielfältig sein. Der Begriff ist im Sinne von „Beschaffenheit, Art“, „Güte, Sorte“, „Eigenschaft, Fähigkeit“ oder sogar „Färbung eines Vokals“ verwendbar.[3] Schon dieser breit gefächerte Bedeutungskanon auf sprachlicher Ebene lässt die Schwierigkeiten erahnen, die sich bei dem Versuch auftun, dem journalistischen Qualitätsbegriff eine allgemeingültige Definition in Wissenschaft und Medienpraxis zu verleihen.

Heribert Schatz und Winfried Schulz verstehen Qualität in Anlehnung an Rosengren als „eine Eigenschaft […], die bestimmten Normen entspricht. Diese sind aus einem Wertsystem abgeleitet.“[4] Dazu können aus ihrer Sicht verschiedene Wertsysteme, z. B. politische, professionsethische, allgemeinästhetische oder Publikumswerte herangezogen werden, so dass Qualitätsurteile grundsätzlich vor dem Hintergrund der Perspektive der jeweils urteilenden gesellschaft­lichen Gruppe zu betrachten sind.

Eine Zweiteilung nimmt Gianluca Wallisch vor: „Objektive“ Qualität ist aus seiner Sicht „die materielle Beschaffenheit einer Sache, die empirisch unproblematisch feststellbar ist“. Im Gegensatz dazu muss „’subjektive’ Qualität […] interpretativ und philosophisch begründet werden […].“[5]

1.2 Gegenstand der Qualitätsforschung

Die Entwicklung der Debatte um journalistische Qualität ist eng verknüpft mit der Herausbildung der Informationsgesellschaft in den westlichen Kulturen. Die zunehmende Privatisierung der Medien und Mediensysteme, sozialökonomische und politische Entwicklungen und enormer technischer Fortschritt bei der elektronischen Informationsverarbeitung und -verbreitung haben Veränderungen der medieninternen Strukturen und journalistischen Arbeitsweisen nach sich gezogen. Zugleich wird die Beschäftigung mit journalistischer Qualität immer wichtiger, weil Politik und Wirtschaft immer stärker von den Massenmedien abhängig sind – der Einfluss der Massenmedien ist in den letzten Jahren gewachsen und nimmt weiter zu.

Als Folge dessen stehen die Massenmedien zunehmend im öffentlichen Kreuzfeuer, und der Ruf nach einheitlichen Kriterien, mit denen sich die Qualität von Medienangeboten messen und somit schließlich beurteilen lässt, wird immer lauter. So formuliert Hagen die Aufgaben der Qualitätsforschung denn auch wie folgt:

„Das wesentliche Merkmal der Medienqualitätsforschung ist es, die Brücke zwischen normativer Theorie und empirischer Messung von Medienqualität zu schlagen und Qualitätskriterien explizit zu begründen.“[6]

Die Qualitätsforschung vereint verschiedene Ansätze, so Elemente der Nachrichtenwerttheorie, der Accuracy- und der Biasforschung. Sie beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Kommunikatorseite, sondern befasst sich auch mit der Rolle des Publikums als Mess-, Kontroll- und Kritikinstanz für publizistische Qualität. Unterschiede bestehen zwischen der Qualitätsdebatte in Deutschland, die primär auf abstrakte Werte wie Ästhetik, Ethik und Moral aufbaut, und im Ausland, insbesondere dem angelsächsischen, wo greifbarere Aspekte wie Leistung, Sorgfalt, soziale Verantwortlichkeit und Publikumsinteresse Diskussionsgrundlage sind.[7]

1.3 Rechtlicher Rahmen

Wenn auch die verschiedenen Ansätze innerhalb der Qualitätsdebatte auseinander gehen, ist doch im Rechtssystem die Grundlage jeder Diskussion um journalistische Qualität festgelegt.[8] Den Ausgangspunkt bildet der Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes (Meinungs- und Pressefreiheit).[9] Eine vor äußerer Einflussnahme geschützte Berichterstattung soll gewährleisten, dass Presse, Rundfunk und Film ihre öffentliche Aufgabe ungehindert wahrnehmen können und so der einzelne Bürger zur Information, Willensbildung und letztlich Teilhabe am politischen Prozess im demokratischen System befähigt wird. Im Baden-Württemberg-Urteil sind die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks festgehalten. Er hat demzufolge Beiträge zur Meinungs- und politischen Willensbildung, Unterhaltung und Hintergrundinformation zu bieten sowie die kulturelle Verantwortung wahrzunehmen und so die „unerlässliche Grundversorgung“ zu gewährleisten.[10] Allerdings sind mit dem FRAG-Urteil auch für den privaten Rundfunk gesetzliche Mindestanforderungen hinsichtlich inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung festgelegt worden.

1.4 Forschungstradition

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit journalistischer Qualität ist im Prinzip so alt wie die Massenmedien selbst. Schon zu Beginn des Zeitalters der Massenpresse erfolgten erste Untersuchungen von Zeitungsinhalten auf Einseitigkeit und Unausgewogenheit. 1981 haben Ulrich Saxer und Heinz Kull das Schema einer Konstellation von Normen in vier Dimensionen und Normierungsinstanzen zur Sicherung journalistischer Qualität entwickelt (vgl. Anhang 3).[11].

Eine deutliche Intensivierung erfuhr die kommunikationswissenschaftliche Qualitätsforschung mit der Einführung des dualen Systems Mitte der 80er Jahre und nochmals in den 90er Jahren, als ethische Fragen im (Fernseh-)Journalismus verstärkt in das öffentliche Bewusstsein rückten.

Den ersten umfassenden Überblick über Theorie und Empirie der Qualitätsforschung leistete 1992 Denis McQuail mit „Media Performance. Mass Communication and the Public Interest“. Journalistische Qualität ist aus seiner Sicht unmittelbar abzuleiten aus den westlichen Grundwerten Freiheit, Gleichheit und Ordnung[12]. Die Qualitätsforschung sieht er als Synthese aus der Tradition der empirischen Medienkritik und der sozialen Verantwortlichkeit:

„Media performance analysis […] can then be defined as the independent assessment of media provision according to alternative ‘public interest’ criteria, by way of objective and systematic methods of research ...”[13]

Die Beurteilung von Qualität erfolgt aus seiner Sicht auf vier sozialen Ebenen: der Ebene des Staates, der Gesellschaft, des Publikums und der Kommunikatoren („Professionals“).[14]

Einen Beitrag zur Qualitätsdebatte hat auch die NHK, eine japanische Rundfunkgesellschaft, mit ihren „Studies of Broadcasting“ (1991-1994) über Fernsehprogrammqualität geleistet.

Im deutschsprachigen Raum näherte sich Stephan Russ-Mohl 1992 in „Media Perspektiven“ Dimensionen journalistischer Qualität und kam zu dem Schluss, dass es „ einen Qualitätsmaßstab nicht [gibt]“ und Qualität von den unterschiedlichsten Faktoren abhängt (vgl. Anhang 1).[15] Diesem Beitrag entstammt auch das „klassische“ Zitat Russ-Mohls, das in der Wissenschaft zum Leidwesen des Urhebers auch dann noch kursierte, als dieser seine Auffassung längst revidiert hatte. Während nämlich Russ-Mohl 1992 das Definieren von Qualität mit dem Versuch metaphorisiert hatte, einen „Pudding an die Wand zu nageln“[16], ist er nunmehr zu der Auffassung gelangt, dass sich „[…] journalistische Qualitätskriterien im Gegensatz zu Wackelpeter eben doch ‚festpinnen’ lassen. Man braucht dazu nur eine Menge Hirnschmalz als ‚Klebstoff’“.[17]

Ebenfalls 1992 haben Heribert Schatz und Winfried Schulz in enger Anlehnung an die gesetzlichen Grundlagen die Qualitätskriterien Vielfalt, Relevanz und Professionalität aufgestellt und die Erweiterung des rechtlichen Rahmens um die Aspekte Akzeptanz und Rechtmäßigkeit gefordert.[18] An diesen Kriterien hat sich die nachfolgende Forschung immer wieder orientiert. Systematisierungsversuche von Qualitätskriterien finden sich u. a. auch bei Meckel[19], Saxer[20], Schröter[21] und Wyss[22].

[...]


[1] Meckel 1999, S. 29

[2] Miriam Tebert ist verantwortlich für Programmplanung und -controlling beim WDR.

[3] Fremdwörterbuch, S. 325

[4] Schatz/ Schulz 1992, S. 690

[5] Wallisch 1995, S. 77

[6] Hagen 1994, S. 35

[7] vgl. Schulz 1996, S. 46

[8] Vgl. Schatz/ Schulz 1992, S. 691 f.

[9] vgl. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Bundeszentrale für politische Bildung 1991, S. 13

[10] BVerfGE 74, 297, 324

[11] vgl. Saxer/ Kull 1981, S. 11 ff.

[12] vgl. McQuail 1992, S. 65 ff.

[13] McQuail 1992, S. 17

[14] McQuail 1992, S. 10 f.

[15] Russ-Mohl 1992, S. 85

[16] Russ-Mohl 1992, S. 83

[17] Russ-Mohl 2000, S. 369

[18] vgl. Schatz/ Schulz 1992, S. 692 f.

[19] vgl. Meckel 1999

[20] vgl. Saxer 2000, S. 197-200

[21] vgl. Schröter 1992

[22] vgl. Wyss 2002

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Qualitätsmanagement im öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Untertitel
Schlüssel zum Erfolg?
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft)
Veranstaltung
Medienwirkungsforschung
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
22
Katalognummer
V112116
ISBN (eBook)
9783640107780
ISBN (Buch)
9783640109609
Dateigröße
648 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Qualitätsmanagement, Rundfunk, Medienwirkungsforschung
Arbeit zitieren
Doreen Herok (Autor:in), 2004, Qualitätsmanagement im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112116

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