Für Kaiser Max nach Mexiko - Das Österreichische Freiwilligenkorps in Mexiko 1864/67


Wissenschaftliche Studie, 2007

61 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Hintergründe und Vorgeschichte

Maximilians mexikanisches Abenteuer

Der Medienrummel

Die Anwerbung und Aufstellung des Korps

Gliederung und Ausrüstung

Fahneneid und Disziplin

Überfahrt und Eintreffen in der neuen Welt

Der Kampf um die Sierra del Norte beginnt.

Die Offensive

Der schwarze Erlass

Der Anfang vom Ende

Von Matamoros bis Carbonera

Die Auflösung des Korps

Die Nationalarmee

Schlussbetrachtung und Nachlese

Bibliografie

Anmerkungen und Verweise

Als der österreichische Erzherzog Ferdinand Max, am 10 April 1864 dem Ruf des mexikanischen Volkes folgend, - zumindest machte es ihm die ausgesandte Delegation so glauben, - nach Mexiko ging, um da als Kaiser Maximilian I. zu regieren, folgte ihm auch eine Schar von mehreren tausend Österreichern, um als Freiwillige in seine Dienste zu treten. Dass eine so große Zahl von Menschen ihm folgen konnte, geschah unter allerhöchster Genehmigung Kaiser Franz Josefs, durch die Bereitstellung eines Freiwilligenkorps.

Das war aber auch schon das einzige Zugeständnis, das Kaiser Franz Josef seinem Bruder Maximilian zu machen bereit war, nachdem er ihn mehr oder weniger genötigt hatte, auf sämtliche Rechte als Erzherzog und Thronerbe zu verzichten.

Auch in der Öffentlichkeit galt Maximilians Engagement als "Mexikanisches Abenteuer", - ein Terminus, den der österreichische Gesandte in Washington erstmals gebrauchte, um Kaiser Franz Josef vor diesem "Abenteuer, das man nicht ernst nehmen könne" zu warnen.

Sosehr der tragische Ausgang dieses Abenteuers und das Schicksal Maximilians die Anteilnahme aller Bevölkerungsschichten der österreichischen Monarchie mobilisiert und weltweite Empörung ausgelöst hatte, sind seine Gefolgsleute mehr oder weniger in Vergessenheit geraten, nachdem ihr Schicksal als gestrandete Existenzen und Glücksritter medial entsprechend aufgearbeitet war.

In den folgenden Ausführungen soll daher in objektiver Darstellung und zeitgemäßer Betrachtungsweise versucht werden, diese kurze, aber dafür umso dramatischere Episode österreichischer Geschichte in Erinnerung zu bringen und vielleicht auch ins rechte Licht zu setzen.

Hintergründe und Vorgeschichte

Nachdem Mexiko 1822 seine Unabhängigkeit vom spanischen Mutterland erlangt hatte, ließ sich Agostino Iturbide, der den Unabhängigkeitskampf geführt hatte, als Augustin I. zum Kaiser von M. ausrufen. Er entschloss sich dazu, weil sich im europäischen Hochadel niemand fand, der diese zweifelhafte Würde annehmen wollte. Damit sollten auch alle Zweifler am Bestand dieses neuen Kaiserreiches recht behalten, denn Iturbides Herrschaft, begleitet von Finanznot und innenpolitischen Zwistigkeiten, endete bald durch den Putsch seines bisher engsten Mitstreiters, Generals Santa Anna. Iturbide wurde abgesetzt und des Landes verwiesen, Mexiko zur Republik nach US-amerikanischem Vorbild erklärt. Iturbide selbst endete wie sein späterer Nachfolger Maximilian vor einem Exekutionskommando, als er 1826 versuchte, nach Mexiko zurückzukehren.

Erster Präsidenten der Republik wurde General Guadalupe Vittoria, die tatsächliche Macht im Lande aber teilten sich die verschiedenen Kriegsherren, von denen sich schließlich Santa Anna 1835 durchsetzen konnte und das Land in eine zentralistisch geführte Diktatur führte.

Doch es waren nicht nur die innenpolitischen Differenzen, die das Land nicht zur Ruhe kommen ließen. Vor allem waren es die Vereinigten Staaten, die das Nachbarland als ihr Interessengebiet ansahen, sowie Frankreich, das seine macht- und wirtschaftspolitischen Einflüsse in Lateinamerika auszudehnen bestrebt war.

Ihre Ansprüche zu realisieren, hatten die Franzosen bald einen geeigneten Anlass auf Grund angeblicher Gewalttätigkeiten gegen französische Bürger gefunden, um 1838 Mexiko den Krieg zu erklären. Im Oktober 1838 erschien ein französisches Geschwader unter Admiral Baudin, und zwang nach längerer Beschießung die im Fort San Juan d'Ulloa eingeschlossenen mexikanischen Truppen zur Kapitulation. Nach britischer Vermittelung, konnte im März 1839 ein Friedensvertrag geschlossen werden, in dem Frankreich eine Entschädigung von 600,000 Pesos zugesprochen bekam.

1846 waren es dann die Vereinigten Staaten von Amerika, ihre Gebietsansprüche am Rio Grande und auf Kalifornien anzumelden. Den offiziellen Anlass lieferte Texas, das seit seiner Lossagung von Mexiko 1836 zwar als unabhängige Republik von Mexiko geduldet, gegen den Willen Mexikos 1845 als Bundesstaat in den Verband der Vereinigten Staaten eingetreten war. Um einen Angriff der Mexikaner abzufangen, drangen US-Truppen unter General Taylor über den Rio Grande vor und siegten bei Monterrey, während eine Amerikanische Invasionsarmee 1847 bei Vera Cruz landete.

Nachdem es in Kalifornien zur Rebellion angloamerikanischer Siedler gegen den mexikanischen Staat gekommen war, wurden die Kampfhandlungen auf Kalifornien ausgedehnt und Los Angeles besetzt. Als im September 1847 die US- Truppen schließlich Mexiko-Stadt besetzten konnten, musste sich Mexiko geschlagen geben. Im Vertrag von Guadalupe Hidalgo, der am 2. Februar 1848 geschlossen wurde, verlor Mexiko alle jenseits des Rio Grande del Norte gelegenen Gebiete, die heutigen US-Bundesstaaten Nevada, Utah, New Mexiko, Colorado, Wyoming und Teile von Arizona sowie Kalifornien. Als Trostpflaster, wurde eine Zahlung von 15 Mill. Dollar, etwa das Doppelte jenes Betrages, den sie wenige Jahre später für den Erweb von Alaska an Russland zahlen werden, vereinbart. Wie vorteilhaft dieser Zwangsverkauf für die Amerikaner ausfiel, lässt sich daran ermessen, dass das gesamte Areal von 1,5 Millionen Km² zum Preis von einem Dollar pro Km² verhökert wurde.

Die darauf folgenden Jahre waren einerseits von der Regierung des Präsidenten Santa Anna, der das Land in einer zentralistischen Diktatur zu reformieren versuchte, und andererseits von einem Dauerkonflikt zwischen Konservativen und Liberalen Parteien geprägt, bei dem es vorrangig um das Verhältnis zwischen Kirche und Staat ging.

Die ersten Versuche einer Säkularisierung des Kirchenbesitzes führten 1857 zu einem 5 Jahre währenden Bürgerkrieg, in dem es Benito Juarez gelang, die Oberhand zu behalten. Von einem allgemeinen Frieden im Lande konnte jedoch keine Rede sein, zumal sich die Konservativen und ihre Anführer Marquez, Vicario, Cobos, Mejia, in den Provinzen halten konnten

Juarez erste politische Entscheidung war die obsolete Verfassungsreform von 1857, die letztlich Auslöser des Bürgerkrieges war, wieder in Kraft zusetzen und die Säkularisierung des Kirchenbesitzes in die Praxis umzusetzen, sowie den Staatshaushalt zu sanieren.

Während der Einzug der Kirchengüter im Ausland wenig Aufsehen erregte, - der Erzbischof von Mexiko und die Mehrzahl der Bischöfe wurden wegen ihrer Parteinahme am Bürgerkrieg des Landes verwiesen, - waren die außenpolitischen Konflikte mit der Sanierung der Staatskassen vorprogrammiert, nachdem die Regierung beschlossen hatte die Rückzahlung der Auslandsschulden auf zwei Jahre auszusetzen.

Frankreich, England und Spanien als Hauptgläubiger beschlossen daher am 31. Okt. 1861 in der Konvention von London eine gemeinsame Intervention "um ihre daselbst lebenden Untertanen zu schützen und die Republik Mexiko zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen zu zwingen".

Damit begann im Dezember 1861 der Interventionskrieg, aus dem sich England und Spanien bald wieder zurückziehen, Frankreich jedoch einen langjährigen und am Ende wenig ruhmreichen Kleinkrieg führen soll. Die treibende Kraft war Napoleon III.[i] selbst, der seinen Traum, die Mittelamerikanischen Staaten Mexiko, Guatemala und Bolivien in eine von Frankreich protegierte Monarchie zusammenzuführen, verwirklichen wollte

Nach anfänglichen Rückschlägen, - die Niederlage bei Puebla wird heute noch als mexikanischer Nationalfeiertag begangen, - konnten die Franzosen unter Forey und Bazaine schließlich die Kontrolle über das Gebiet zwischen Mexiko City und der Atlantikküste erringen und Präsident Juarez samt den Resten seiner republikanischen Truppen in den Norden des Landes zu verdrängen.

In der Hautstadt hatte sich unter den Schutz der Franzosen eine "Junta superior del gobierno" mit General Almonte an der Spitze und die Einberufung einer aus 215 Personen bestehenden Notabelnversammlung veranlasst. Diese beschloss am 8. Juli 1863 die Einführung einer absoluten, erblichen Monarchie und proklamierte den von der Regierung vorgeschlagenen Erzherzog Ferdinand Max von Österreich zum Kaiser. Die Idee zu dieser Personalentscheidung ist Napoleon selbst und vielmehr noch seiner Gattin Eugenie zuzuschreiben werden, da die ehrenwerten Notabeln von den Vorgängen im Hause Habsburg kaum Kenntnis haben konnten. Vielmehr war es Napoleons richtige Einschätzung der Vertrauensseligkeit und des politischen Ehrgeizes des Habsburgers, der mit dem Angebot der Kaiserwürde über den Verlust der Regentschaft über das Königreich Lombardo-Venezien getröstet werden sollte.

Maximilians mexikanisches Abenteuer

In der Österreich hielt sich Begeisterung über dieses Ansinnen allerdings in bescheidenen Grenzen, vor allem was die offiziellen politischen Kreise und das Kaiserhaus betraf,.

Auf alle Fälle aber war es das unverhohlene Misstrauen, das Kaiser Franz Josef Napoleon nicht nur wegen der noch offenen Rechnung für die Niederlage von Solferino von 1859 hegte, sondern auch Napoleons Interventionspolitik in Mexiko.

Die von seinem Außenminister Graf Rechberg eingeholten Erkundigungen über die tatsächlichen Zustände in Mexiko, sowie die in London und Washington getätigten Konsultationen, waren jedoch kaum geeignet, des Kaisers Bedenken zu zerstreuen. Obwohl die Vereinigten Staaten durch den seit April 1861 währenden Sezessionskrieg vorrangig mit sich selbst beschäftigt waren, konnte kein Zweifel daran bestehen, dass wer immer aus dem Konflikt als Sieger hervorgehen sollte, sich damit abfinden würde, eine von Österreich oder Frankreich protegierte Monarchie in seiner Nachbarschaft zu wissen.

Für den Kaiser gab es daher keine Alternative als Österreich aus der Angelegenheit weitgehend herauszuhalten und die Staatsraison über alle familiären Aspekte zu stellen, was sich vor allem auf die Rechte der Erbfolge, - der Thronfolger und Kronprinz Rudolf war ja zu diesem Zeitpunkt noch ein Kleinkind, - auswirken musste. Entsprechend reserviert verhielt sich auch der Erzherzog selbst, indem er der Delegation der Notabelnversammlung Mexikos, die am 3. Oktober 1863 offiziell mit ihrem Angebot vorsprach, zu verstehen gab, dass er die Annahme der Kaiserwürde von der Zustimmung des Volkes von Mexiko abhängig mache.

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Um diese Bedingung zu erfüllen wurde eine Unterschriftenaktion inszeniert, wobei man sich das Ergebnis bei einer Bevölkerung von 80 % Analphabeten vorstellen kann. Den anderen Part der Überzeugungstour übernahm Napoleon selbst, der ihm einerseits jegliche Unterstützung zusagte, andererseits aber verschwieg, dass die seit der französischen Intervention angefallenen Kosten dem mexikanischen Staat angelastet würden. Ebenso blieb die obskure Staatsverschuldung, derer wegen der Interventionskrieg angefangen hatte als offene Forderung Frankreich bestehen.

Diese Verpflichtung wurde bereits von der mexikanischen Interimsregierung eingegangen, ehe noch Maximilian seine Herrschaft angetreten hatte.

Über die Tatsache, dass die zum Aufbau des Kaiserreichs gedachte Staatsanleihe bereits verpfändet war und daher die gesamte Finanzgebarung über ein Pariser Finanzkonsortium abgewickelt wurde, wurde Maximilian anlässlich seines Parisbesuches komplett im Unklaren gelassen. Im Gegenteil Napoleon wusste ihm zu versichern: Mein Fürst, Sie werden Mexiko gänzlich pazifiziert vorfinden, die Anleihe wird lediglich für die Eisenbahnen und materielle Unternehmungen dienen."[ii]

Dass eine der Hauptursachen für das Scheitern seines Kaiserreiches die latente Finanznot des Staates war, ist jedenfalls seiner Leichtgläubigkeit zu verdanken, wofür er allerdings die Verantwortung selbst zu tragen hatte.

Der begeisterte Empfang des Kaiserpaares mag zwar ebenfalls eine gelungene Inszenierung gewesen sein, unbestritten aber ist, dass die breite Masse der Bevölkerung die Beendigung des latenten Bürgerkrieges herbeisehnte.

Als Maximilian trotz aller Bedenken Kaiser Franz Josefs, am 10. April 1864 das Angebot der Kaiserwürde annahm und seinen Eid auf den Staat Mexiko, wie es seiner Vorstellung nach legitim war, abgeleistet hatte, blieb ihm an Unterstützung seitens seines Bruders lediglich die Zusage zur Anwerbung eines Freiwilligenkorps. Dieser Hilfestellung schloss sich auch Maximilians Schwiegervater, der König Leopold von Belgien an, nicht zuletzt deshalb, weil er um die Sicherheit seiner Tochter Charlotte besorgt war.

Im Vergleich zu diesen Hilfestellungen konnten die Zusagen Napoleons, die er zu gleicher Zeit in der Konvention von Miramare an Maximilian machte, als wirklich handfeste Beistandsverpflichtung in Form von 25 000 Mann angesehen werden.

Der Medienrummel

Nachdem Maximilians Ambitionen für Mexiko in der Öffentlichkeit gedrungen waren, kam es zu einem Medienrummel, der für die damaligen Verhältnisse, - es gab ja nur Printmedien wie Zeitungen und Flugblätter, - wegen der außergewöhnlichen Beliebtheit, die der Erzherzog in der Öffentlichkeit genoss Tage eine ungewöhnliche Breitenwirkung hatte.

Vor allem geben sich die Medien, erdenkliche Mühe, das fremde Ambiente Mexikos einer Öffentlichkeit nahe zu bringen deren allgemeiner Bildungshorizont auf die bescheidenen geographischen Schulkenntnisse beschränkt war, was im Wesentlichen auch für die Berichterstatter galt.

Zum Teil aber treffend wurden auch jene Wirtschafts- und Finanzkreise aufs Korn genommen, die in Mexiko die Erschließung eines neuen Marktes sahen, der alle Möglichkeiten dubioser Spekulationen auf rasches Geld und Profit erwarten ließ.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mexikanische Handelsleute in Wien Was Wien nach Mexiko gebracht hätte

Andere Blätter, wie die die amtliche "Wiener Abendpost" versuchten der Öffentlichkeit ein objektives Bild zu vermitteln und den Zerrbildern, wie sie durch die zahlreichen, mehr oder weniger witzigen Karikaturen dargestellt wurden, entgegenzuwirken. Vor allem aber gab man sich seitens der seriösen Presse Mühe, der negativen Stimmung entgegenzuwirken. So schrieb die "Abendpost", dass die Pazifikation Mexikos stetig weitere Fortschritte mache und die Truppen der Republikanischen Gegenregierung von Benito Juarez vor dem Zusammenbruch stünden.

Tatsächlich hatten die etwa 30.000 Mann starke französische Invasionsarmee von Marschall Bazaine, die Provinzen um Mexiko-City bis zur Küstenregion mit der Hafenstadt Vera Cruz unter Kontrolle bringen können, während Benito Juarez, dessen Amtszeit abgelaufen und eine Wiederwahl aus begreiflichen Gründen nicht möglich war, um sein militärisches und politisches Überleben bangen musste.

Tatsächlich handelte es sich kaum um ein fünftel des Staatsgebietes das als militärisch und Politisch kontrolliertes Gebiet bezeichnet werden konnte, und da waren es wieder nur die größeren Städte, die als sicher gelten konnten. Zwar hatten eine Reihe von Provinzpotentaten und Militärs ihr "Pronunciamento"[iii]für das Kaiserreich abgegeben, das genau so schnell aber wieder zurückgezogen werden konnte, wenn es brenzlich wurde.

Die Anwerbung und Aufstellung des Korps

Unmittelbar nachdem Maximilian sich zur Annahme der Kaiserwürde entschlossen und mit seinem Eid auf das Kaiserreich Mexiko besiegelt hatte, gab Kaiser Franz Josef in einem Handschreiben die Genehmigung, mit der Anwerbung der Freiwilligen zu beginnen. Dieses Handschreiben nahm den Inhalt eines bilateralen Abkommens, der "Convention zwischen Österreich und Mexiko vom 19. Oktober 1864 über der die Anwerbung eines Freiwilligenkorps für den mexikanischen Militärdienst", vorweg. Dieses Übereinkommen sollte der Waffenhilfe auch internationale Geltung verschaffen. Zum Zeitpunkt der öffentlichen Verlautbarung waren Kaiser Maximilian und seine Gattin Charlotte allerdings bereits in Mexiko, so dass die Werbeaktion und die Aufstellungsmaßnahmen unter ziemlichen Zeitdruck ablaufen mussten.

Gemäß den Bestimmungen des Handschreibens war die Aufstellung einer Brigade, die im Einzelnen 3 selbständige Jägerbataillone zu 6 Kompanien, 1 Regiment Husaren und 1 Regiment Ulanen zu jeweils 5 Eskadronen vorgesehen. Die artilleristische Unterstützung sollten 3 Batterien, 3-pfündige auf Tragtiere verlastbare Gebirgsgeschütze übernehmen, mit 2 Pionierkompanien sollte den schlechten Verkehrsverhältnissen im Einsatzgebiet Rechnung getragen werden. Auch an die selbständige Herstellung der Munition war durch die Mitnahme einer kompletten Ausstattung technischer Artillerie gedacht.

Als Indiz für den allgemeinen Optimismus, mit dem das ganze Unternehmen in Angriff genommen wurde, kann die ca. 60 Mann starke Militärkapelle gewertet werden.

Während die Werbestellen in allen Bezirken der Monarchie eingerichtet waren, wurde als zentraler Sammelort die Stadt Laibach, - das heutige Ljubljana in Slowenien, - bestimmt, nachdem das ursprünglich geplante Triest nicht genügend Unterkunftsmöglichkeiten bieten konnte. Es dürfte jedoch eher daran gelegen haben, dass die Triestiner keinen Besonderen Wert darauf legten, mit den typischen Begleiterscheinungen eines Heerlagers dieser Größe konfrontiert zu werden.

Melden konnte sich praktisch jeder Staatsbürger, sofern er nicht mehr militärdienstpflichtig war, sowie alle aktiven Angehörigen der k.k. Armee[iv], die um ihre Aufnahme schriftlich ansuchen mussten.

Diese Gruppe, vor allem die Offiziere, konnte sich die meisten Vorteile ausrechnen, da ihnen neben den ausgezeichneten Besoldungs- und Beförderungsmöglichkeiten, der Wiedereintritt in die Armee nach Ablauf ihrer 6 jährigen Verpflichtungszeit sicher war. Dass die Auslandsdienstzeit nicht angerechnet wurde, nahm man in Kauf, - ein weiteres Indiz für den Optimismus der Bewerber.

Den Standesübersichten im Österreichischen Kriegsarchiv kann entnommen werden, dass von den 7211 aufgenommenen Personen, - die Zahl der abgewiesenen Bewerber ist unbekannt, - 232 Personen aus gesundheitlichen oder familiären Gründen und 86 "wegen Inkorribilität" wieder entlassen wurden. Weitere 52 Personen waren noch vor der Einschiffung desertiert und 29 während der Aufstellungszeit verstorben. Abgewiesen, - und zwar auf Wunsch Franz Josefs persönlich, - wurden auch jene Offiziere, die ihren Dienst in der k.k. Armee quittiert hatten, weil sie mit den Standespflichten in Konflikt geraten waren.

Vor allem profitierten viele Hauptleute, denen die so genannte Majorsecke, - eine in der k.k. Armee gefürchtete Hürde in der Beförderung, - aus irgendeinem Grund Schwierigkeiten bereitete. Sie wurden ausnahmslos als Majore in das Korps aufgenommen, wie Alfons von Kodolitsch, der in wenigen Monaten sein Bataillon in das erste siegreiche Gefecht führen wird. Grundsätzlich wurden alle aus dem Aktivstand der k.k. Armee stammenden Offiziere mit dem nächst höheren Dienstgrad übernommenen.

Aber auch für die Freiwilligen aus dem Zivilstand waren die Besoldungsangebote verlockend genug, sich sozial und finanziell zu verbessern. Die Aufnahmebedingungen hatten aber auch eine Klausel, die den österreichischen Staat von der Verpflichtung entband, für die im Ausland erlittenen gesundheitlichen Schäden aufzukommen, ein Pferdefuß den viele entweder übersehen oder ignoriert hatten. Warum bei der Abfassung dieser Texte auf eine Rückversicherungsklausel verzichtet wurde, scheint ebenfalls auf den allgemeinen Optimismus aller Beteiligten zurückzuführen zu sein.

Dafür aber waren den Freiwilligen alle staatsbürgerlichen Rechte gesichert, wenn sie nach Ablauf der Verpflichtungsdauer zurückkehren, bzw. nicht vom Angebot des Landerwerbs in Mexiko gebrauch machen wollten. Diese Möglichkeit, sich eine neue Existenz aufzubauen, dürfte vorwiegend die vielen, aus den böhmischen und ungarischen Notstandsgebieten kommenden Arbeitslosen, wie auch jene 472 polnischen Asylanten, die wegen ihrer Beteiligung am großen Aufstand gegen die russische Herrschaft, ihre Heimat verloren hatten, motiviert haben.

Wie schon erwähnt, war die unvergleichlich höhere Löhnung für die Mannschaftsdienstgrade grade und die Aussicht auf eine glänzende Karriere für die Offiziere das Hauptmotiv für den Eintritt in das Freiwilligenkorps. Das Geld spielte jedenfalls immer eine Rolle, was vor allem für zahlreiche Sprösslinge aus Adelsfamilien und besseren Bürgerfamilien galt, die hoffnungslos verschuldet, den Peinlichkeiten einer Pfändung oder Klage der Gläubiger zu entkommen, wie etwa der junge Graf Carl Khevenhüller oder sein nicht weniger bekannter Kamerad Alfons von Kodolich.

Gliederung und Ausrüstung

Für die Gliederung, Ausrüstung und Bewaffnung waren die Führungsgrundlagen der Heeresreform von 1851 maßgebend, wobei dem modernen, selbständigen Jägerbataillon der Vorzug vor der klassischen Regimentsgliederung gegeben wurde. Ebenso war das den Jägern eigene Exerzier- und Ausbildungsreglement für den Feuerkampf in der "zerstreuten Ordnung" die zweckmäßigere Taktik, für den Kleinkrieg, mit dem zu rechnen war. Die sich daraus ergebende Forderung nach Beweglichkeit war auch richtungweisend bei der Bildung der Kavallerie- und Artillerieeinheiten. Eine Schwachstelle, wie sich später herausstellen sollte war die unzureichende Feuerkraft bei den Ulanen und Husaren, da nur 16 Mann je Eskadron mit Karabinern ausgerüstet waren.

Die Uniformierung entsprach im Schnitt weitgehend dem Vorbild des 1860 neu aus Freiwilligen gebildeten Ulanenregimentes Nr. 13, Graf Trani: blaue Feldbluse, weite, rote Hosen mit rohledernen Gamaschen, bzw. Schaftstiefel der Offiziere.

[...]


[i] Napoléon III. (Charles-Louis-Napoleon Bonaparte) (* 20. April 1808 in Paris; † 9. Januar 1873 in Chislehurst bei London) war 1849 bis 1852 französischer Präsident und 1852 bis 1870 Kaiser der Franzosen. Wurde im deutsch-französischen Krieg in Sedan gefangen genommen und zur Abdankung gezwungen.

[ii] Brigitte Hamann: Mit Kaiser Max in Mexiko, aus dem Tagebuch des Fürsten Carl Khevenhüller (S. 29)

[iii] (Span. Pronunciamiento), ist die damals geläufige Bezeichnung, mit der Politiker und Militärs ihre Parteinahme auszudrücken pflegten

[iv] Zum Zeitpunkt der Aufstellung des Korps galt noch die Bezeichnung k aiserlich k önigliche Armee. Erst nach Vollzug des Österreichisch-Ungarischen Ausgleichs 1867 wurde die k aiserlich u nd k önigliche Armee zu einer der wenigen, beide Reichhälften verbindenden Institutionen

Ende der Leseprobe aus 61 Seiten

Details

Titel
Für Kaiser Max nach Mexiko - Das Österreichische Freiwilligenkorps in Mexiko 1864/67
Autor
Jahr
2007
Seiten
61
Katalognummer
V111571
ISBN (eBook)
9783640096213
ISBN (Buch)
9783640141920
Dateigröße
9511 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kaiser, Mexiko, Freiwilligenkorps, Mexiko
Arbeit zitieren
Walter Klinger (Autor:in), 2007, Für Kaiser Max nach Mexiko - Das Österreichische Freiwilligenkorps in Mexiko 1864/67, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111571

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