Zwischen Bahnhof Alexanderplatz und Ostufer der Spree

Der Fernsehturm und das Marx-Engels-Forum vom Ursprung bis zur Fertigstellung


Hausarbeit, 2005

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Das „Zentrale Haus“

3. Der Zweite Versuch
3.1. Die Kosel - Variante
3.2. Filigrane Dominanz statt massiger Monumentalität

4. Das Marx-Engels-Forum
4.1. 368 Meter vertikaler Manifestation
4.2. Architektur des Fernsehturms
4.3. Zwischen Bahnhof Alexanderplatz und Spandauer Straße
4.4. Das Marx-Engels-Denkmalensemble
4.5. Eine Liaison, die keine ist
4.6. Die Zukunft des Marx-Engels-Forums

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

7. Webverzeichnis

1. Einleitung

Mit der Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 in Berlin-Karlshorst, wurden die Kampfhandlungen des Zweiten Weltkrieges in Europa beendet. Deutschland und Berlin wurden auf der Grundlage der Konferenz von Jalta (4.-11. Februar 1945)[1] in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Die schweren Zerstörungen die von angloamerikanischen Bomberverbänden und vor allem durch die Schlacht um Berlin hinterlassen wurden, bildeten den Ausgangspunkt aller stadtplanerischen Ansätze der Nachkriegszeit. Die Überlegungen der Architekten reichten von radikaler Erneuerung bis hin zu pragmatischen Wiederaufbauvorstellungen des noch ungeteilten Stadtgebiets. Zwischen 1945 und 1948 wurden von verschiedenen Planungsgruppen die bekanntesten Wiederaufbaupläne für Groß-Berlin entwickelt. Unter der Leitung von Hans Scharoun, der im Mai 1945 zum Leiter der Abteilung Bau- und Wohnungswesen des Berliner Magistrats berufen worden war, erarbeitete ein „Planungskollektiv“ den „Kollektivplan“, welcher im Sommer 1946 vorgestellt wurde.[2] Im Kern dieser Überlegung stand die Umwandlung des alten Berlins in eine Bandstadt. Die vorhandene Stadtstruktur sollte aufgelöst und in eine „Stadtlandschaft“ verwandelt werden. Die Vorstellung sah streng voneinander getrennte Wohn- und Arbeitsbänder vor, die dem Flusslauf der Spree folgen sollten. Über ein rechtwinklig angelegtes Schnellstraßennetz sollten die einzelnen, über das Stadtgebiet verteilten Zellen miteinander verbunden werden. Im Mittelpunkt der Stadt sollte das alte Zentrum, jedoch ohne Monumentalarchitektur, wieder aufgebaut werden.

Eine weitere Gruppe begann im Mai 1945 in Berlin-Zehlendorf mit ihrer Arbeit, jedoch wurde sie ab August dem Magistrat und folglich Hans Scharoun unterstellt. Der so genannte Zehlendorfer Plan, dessen Hauptverfasser Walter Moest, Willy Görgen und Joachim Hildebrand waren[3], ist keine Ergänzung zum „Kollektivplan“, sondern ein unabhängiges Projekt, welches sich vordergründig am Berliner Verkehr orientierte. Die auffälligste Neuerung des Verkehrsplans sah zwei kreuzungsfreie Stadtdurchquerungen für den überörtlichen Verkehr vor, die der vorhandenen, veralteten Stadtstruktur hinzugefügt werden sollten.

Nach den ersten freien Kommunalwahlen in Berlin am 5. Dezember 1946, aus denen die SPD als Sieger hervor ging, musste Scharoun seinen Posten an Karl Bonatz abgeben. Bonatz’ Bestrebungen, eine Synthese aus Kollektiv- und Zehlendorfer Plan zu erarbeiten, führten zum „Plan 48“ bzw. „Bonatz-Plan“[4].

Mit der voranschreitenden Teilung der Stadt, wurde Berlin immer mehr zum Schauplatz eines ideologisch geprägten Kampfes zweier vom Grund auf unterschiedlicher Systeme, deren Sprache sich auch in der Architektur wiederspiegeln sollte. In Berlin, der Hauptstadt der am 7. Oktober 1949 gegründeten DDR, fanden die ursprünglich für Groß-Berlin entwickelten Wiederaufbaupläne, von einigen Ideen des „Kollektivplans“ und des „Generalbebauungsplan für Berlin“ von 1949 abgesehen, keine Zukunft.

Fortan wurden die architektonischen Erfahrungen der UdSSR zur treibenden Kraft der städtebaulichen Entwicklung in der DDR. Die neue architektonische Richtung wendete sich ab von einer aufgelockerten, dezentralen Stadt in der Tradition der Gartenstadtbewegung und Großstadtkritik, hin zum politisch motivierten Monumentalbau. Das Fundament der neuen, ideologisch und politisch besetzten Architektur bildeten die „Sechzehn Grundsätze des Städtebaus“. Gemeinsam mit dem „Aufbaugesetz“[5] vom 6. September 1950 bildeten sie die Grundlage für einen radikalen Stadtumbau, der ohne Rücksicht auf existierende Grundstücksstrukturen vollzogen werden konnte.[6]

Im weiteren Verlauf der Arbeit steht nicht die Neugestaltung „Ost-Berlins“ als Ganzes im Vordergrund, sondern das Marx-Engels-Forum als ein Teil des alten Stadtzentrums Ost. Hierbei soll es sich um einen Bauabschnitt handeln, der im Norden von der Karl-Liebknecht-Straße, im Süden von der Rathausstraße, im Osten vom Bahnhof Alexanderplatz und im Westen vom Ostufer der Spree begrenzt sowie in Nord-Südrichtung von der Spandauer Straße durchbrochen wird. Innerhalb des Geländes befinden sich verschiedene Baukörper. Im ersten Teilabschnitt, zwischen Bahnhof Alexanderplatz und Spandauer Straße, befinden sich der Berliner Fernsehturm, die Marienkirche und der Neptunbrunnen. Im kleineren Teilstück, zwischen Spandauer Straße und Ostufer der Spree, steht das Marx-Engels-Denkmalensemble. Inwieweit dieser Bauabschnitt wirklich als Marx-Engels-Forum bezeichnet werden darf, soll auch Gegenstand der vorliegenden Arbeit sein. Darüber hinaus geht es im Folgenden nicht um die detaillierte Beschreibung der vier Parkanlagenelemente, von denen jedes für sich kultur- und kunsthistorisch wertvoll ist und Anlass für weitere wissenschaftliche Arbeiten sein könnte, sondern um den Entstehungsprozess des Fernsehturms und der Marx-Engels-Denkmalsanlage.

Anhand der Skizzierung einiger Überlegungen und Entwürfe für den Aufbau des zentralen Bereichs im Zentrum der Hauptstadt der DDR soll der langwierige Werdegang vom Ursprung bis zur Fertigstellung erkennbar werden. Die explizite Auseinandersetzung mit der politischen Situation der 50er und 60er Jahre tritt zurück und wird hierbei nur peripher erwähnt.

2. Das „Zentrale Haus“

Das Zentrum bildet den bestimmenden Kern der Stadt. Das Zentrum der Stadt ist der politische Mittelpunkt für das Leben seiner Bevölkerung. Im Zentrum der Stadt liegen die wichtigsten politischen, administrativen und kulturellen Stätten. Auf den Plätzen im Stadtzentrum finden die politischen Demonstrationen, die Aufmärsche und die Volksfeiern an Festtagen statt. Das Zentrum der Stadt wird mit den wichtigsten politischen und monumentalsten Gebäuden bebaut, beherrscht die architektonische Komposition des Stadtplanes und bestimmt die architektonische Silhouette der Stadt.[7]

Nach der Formulierung der „Sechzehn Grundsätze“ war der Weg geebnet für ein repräsentatives Stadtzentrum im politischen wie auch kulturellem Sinne. Mit der Sprengung des durchaus reparablen Stadtschlosses 1950/51 war der Raum für den zentralen Aufmarschplatz, den Marx-Engels-Platz, geschaffen worden, in dessen unmittelbarer Nähe das „Zentrale Haus“ vorgesehen war. Die neue sozialistische Höhendominante sollte als Hochhausturm das Zentrum der DDR bilden. Seit 1950 beschäftigten sich Planer mit dem Standort und der Struktur des Hochhauses. Eine der frühesten Ideen stammt von Richard Paulick. Er wollte den Zentralen Platz bei Erhaltung des Stadtschlosses im Bereich des Neuen Markts schaffen und mit klar strukturierten Verwaltungsbauten einfassen. Nach dem Abriss des Stadtschlosses verlagerte Paulick sein Zentrales Gebäude weiter zum Neuen Markt. Eine dritte Variante von Paulick aus dem Jahr 1950 sah ein massiges, mit Eckrisaliten versehenes Hochhaus samt laternenartiger Bekrönung vor, das sich zentral aus einem abgestuften, weit in den Raum greifenden Baukörper entwickelte und klar auf den Marx-Engels-Platz ausgerichtet war. Neben Paulick stellten 1951 die Planungsgruppe Berlin unter der Leitung von Edmund Collein und 1953 Walter Franek ihre Ideen zum Hochhausbau vor. Stilistisch unterschieden sich die Entwürfe nicht wesentlich von einander. Allerdings sah Franek für sein Zentrales Haus als Standort den Marx-Engels-Platz vor und nicht das Ostufer der Spree, wie es Paulick und Collein vor hatten.[8]

Die sich öfter verändernde Deutschlandpolitik der UdSSR und die veränderte DDR-Baupolitik, die sich ab 1955 mehr und mehr dem industriellen (Wohnungs-)Bau zuwandte, waren wohl die Ursachen dafür, dass keiner der Pläne für das Zentrale Haus umgesetzt wurde.[9]

In den folgenden Jahren war die Zentrumsbebauung aus dem Blickfeld geraten. Erst 1958 zum V. Parteitag der SED (10.-16. Juli 1958), geriet die Zentrumsplanung wieder ins öffentliche Interesse der DDR-Staatsführung.[10]

[...]


[1] Der Große Ploetz, Daten-Enzyklopädie der Weltgeschichte, 32. Aufl., WBG, Darmstadt 1998, S. 790.

[2] P. Müller, Symbol mit Aussicht – Der Berliner Fernsehturm, Verlag Bauwesen, Berlin 2000, S. 43.

[3] ebd.

[4] ebd.

[5] Das Aufbaugesetz schuf die Voraussetzung zur Aufbaugebietsklärung, d.h. die privaten Rechte an Grund und Boden sowie an Gebäuden zu beschränken bzw. befristet oder dauernd mit Entschädigung zu entziehen, vgl. http://www.uni-leipzig.de/~kuge/neu/diskus/2schneider.html#anm.

[6] P. Müller, Symbol mit Aussicht – Der Berliner Fernsehturm, Verlag Bauwesen, Berlin 2000, S. 47.

[7] Vgl. http://www.bpb.de/themen/RCVPOD,0,0,Die_16_Grundsaetze_des_Staedtebaus.html.

[8] P. Müller, Symbol mit Aussicht – Der Berliner Fernsehturm, Verlag Bauwesen, Berlin 2000, S. 49f.

[9] ebd., S. 51.

[10] ebd.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Zwischen Bahnhof Alexanderplatz und Ostufer der Spree
Untertitel
Der Fernsehturm und das Marx-Engels-Forum vom Ursprung bis zur Fertigstellung
Hochschule
Freie Universität Berlin
Veranstaltung
Ü Architektur der 50er / 60er Jahre im geteilten Berlin
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
23
Katalognummer
V110507
ISBN (eBook)
9783640086757
ISBN (Buch)
9783640127337
Dateigröße
545 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zwischen, Bahnhof, Alexanderplatz, Ostufer, Spree, Architektur, Jahre, Berlin
Arbeit zitieren
Sven Bluhm (Autor:in), 2005, Zwischen Bahnhof Alexanderplatz und Ostufer der Spree, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110507

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