Feng Jicai - "Der Beichtbericht" aus "Hundert Einzelschicksale aus jenen zehn Jahren"


Hausarbeit, 2006

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Einleitung

II Biographischer und Historischer Hintergrund
1. Feng Jicai – Biographischer Hintergrund
2. Historischer Hintergrund – Vorphase und Beginn der „Kulturrevolution“
a) Die „Hundert-Blumen-Bewegung“
b) „Der große Sprung nach vorn“
c) Beginn der „Kulturrevolution“

III Inhalt

IV Charaktere
1. Protagonistin
a) Analyse des individuellen Charakters
b) Opfer oder Täter?
2. Vater
a) Analyse des individuellen Charakters
b) Opfer oder Täter?
3. Klassenlehrer
a) Analyse des individuellen Charakters
b) Opfer oder Täter?

V Interpretation

VI Schluss

Bibliographische Angaben

I Einleitung

Die chinesische „Kulturrevolution“ war eine politisch-ideologische Kampagne zwischen 1966 und 1976, die von Mao Zedong 毛泽东 (fortan: Mao) eingeleitet wurde. Insbesondere die kulturrevolutionär geprägte Vorphase, die mit der „Hundert-Blumen-Bewegung“ begann, zeichnete den Weg vor, der in die „Kulturrevolution“ führte.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Interviewbericht „Der Beichtbericht“ (chanhuilu-忏悔录) des chinesischen Autors Feng Jicai 冯骥才, der das Interview zu Beginn der „Kulturrevolution“ führte. Der „Beichtbericht“ entstammt seinem Werk „Hundert Einzelschicksale aus jenen zehn Jahren“ (Yi bai ge ren de shi nian- 一百个人的十年 ; fortan: Hundert Einzelschicksale), das repräsentativ für die damalige Reportageliteratur ist und deren erster Teil 1991 veröffentlicht wurde.[1] „Die Reportageliteratur konnte als notwendiger Ersatz für eine freie Presse die sozialpolitische Situation aus Sicht der recherchierenden Journalisten und Schriftsteller aufzeigen.“[2] Das von Feng Jicai aus 25 Interviews bestehende Werk enthält persönliche Zeugnisse über bestimmte Erfahrungen zur Zeit der „Kulturrevolution“. Auf diese Weise soll die Geschichte der „Kulturrevolution“ in Gegenwart und Zukunft im Gedächtnis der Menschen bleiben.

Um einen Gesamteindruck des hier zu analysierenden Gesprächsprotokolls zu erreichen, soll zunächst sowohl der biographische Hintergrund von Feng Jicai, als auch der geschichtliche Hintergrund der „Kulturrevolution“ kurz aufgezeigt werden. Wichtig für die vorliegende Arbeit ist ein Einblick in die Vorphase der „Kulturrevolution“ bis zu ihrem Beginn im Jahre 1966, da hauptsächlich in diesen Zeitraum die Kindheitsprägende Erfahrung der Protagonistin des „Beichtberichtes“ fällt. Dabei bildet die „Hundert Blumen Bewegung“ den geschichtlichen Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit und schließt mit dem offiziellen Beginn der „Kulturrevolution“. Wie folgende Ausführungen zum „Beichtbericht“ in den Charakteranalysen und einer Interpretation aufzeigen werden, geht es Feng Jicai in dem „Beichtbericht“ um das Aufzeigen eines Einzelschicksals eines gewöhnlichen[3] Menschen, wobei dieses immer im Gesamtbild des Werks der Hundert Einzelschicksale gesehen wird. Die Arbeit wird sich mit der konkreten Vergangenheitsbewältigung im seelischen Bereich beschäftigen und in diesem Zusammenhang das von Feng Jicai in dem „Beichtbericht“ intendierte Verhältnis zwischen Gegenwart und Vergangenheit erklären. Abschließend wird die Frage aufgeworfen, warum sich Geschichte auf derart schicksalhafte Weise entwickeln kann.

II Biographischer und Historischer Hintergrund

1. Feng Jicai – Biographischer Hintergrund

Feng Jicai wurde am 9.2.1942 in Tianjin 天津 im Norden Chinas geboren. Er ist derjenige unter den jüngeren Autoren Chinas, der in seinem Werk die Aufarbeitung der „Kulturrevolution“ in besonderer Weise thematisiert. Deshalb gilt er als Vertreter der so genannten Kulturrevolutionsgeneration. Er begann zunächst ab 1960 in einem Verlag für traditionelle Malerei als Maler, Kalligraph und Karikaturist zu arbeiten und wurde 1974 als Lehrer für chinesische Malerei tätig. Schließlich startete er seine Arbeit als freischaffender Schriftsteller im Jahre 1978. Seine Erzählungen, die sich mit dem Zeitraum der letzten hundert Jahre und den Ereignissen des Sozialismus befassen, zeichnen sich durch ein weites Feld der Thematik und der Charaktere aus. Das Erstlingswerk Feng Jicais „Die Boxer“ (1977, Yihequan- 义和拳) und historische Romane wie „Die magische Laterne“ (1981, Shendeng Qianzhuan- 神灯前传) und „Der wundersame Zopf“ (1984, Shensian- 神鞭) oder die Erzählung „Ach !“ (1980, A!- 啊) sind nur einige wenige Beispiele des chinesischen Autors. In den Jahren 1985/86 hatte Feng Jicai es sich zur Aufgabe gemacht, anhand von authentischen Aufzeichnungen von hundert gewöhnlichen Menschen während der „Kulturrevolution“ die Wahrheit über die damalige Zeit an den Tag zu bringen. Die Gesprächsprotokolle Hundert Einzelschicksale sind ein Ergebnis dieses Projektes gewesen. In den vergangenen Jahren hat er sich für den Schutz volkstümlichen Kultur eingesetzt und wird deshalb „Wächter der volkstümlichen Kultur“ bezeichnet.[5][4]

2. Historischer Hintergrund – Vorphase und Beginn der „Kulturrevolution“

Vorliegend soll die „Hundert-Blumen-Bewegung“ den Ausgangspunkt des hier zu erläuterten historischen Hintergrundes der „Kulturrevolution“ bilden. Die folgenden Zeitabschnitte sind nur kurz angeschnitten, um einen Überblick über wichtige Entwicklungen der Vorphase der Kulturrevolution bis zu ihrem Beginn, zu geben.[6]

a) Die „Hundert-Blumen-Bewegung“

Die „Hundert-Blumen-Bewegung“ war ein entscheidendes Ereignis, dass 1956/57 als kulturrevolutionär geprägte Periode bezeichnet werden kann. Die Bezeichnung „Hundert Blumen“ steht für das Aufblühen kritischer Meinungen, die Mao in seiner Rede vom Februar 1957 entsprechend seiner Widerspruchstheorie über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volke (guanyu zhengqu chuli renmin neibu maodun wenti- 关于正确处理人民内部矛盾的问题), insbesondere an eine große Gruppe Intellektueller, richtete. Mao unterschied zwischen den Widersprüchen im Volk und den Widersprüchen zwischen Volk und Feind. Letzteres sei nur mit Gewalt zu lösen. Ziel sollte eine vollkommene sozialistische Umgestaltung des Eigentums an kommunistischen Produktionsmitteln sein, ohne dass weiterhin Klassen und Widersprüche im Volk existierten. Über eine fünfwöchige Periode von Mai bis Juni äußerten sich die Intellektuellen Chinas in Diskussionsforen mit großem Enthusiasmus. Die öffentliche Kritik umfasste die Kontrolle der Kommunistischen Partei Chinas über die intellektuelle Bevölkerung, die Härte, mit der seitens bisheriger Kampagnen gegen Konterrevolutionäre vorgegangen wurde, die Nachahmung sowjetischer Modelle, den niedrigen Lebensstandard in China, das Verbot ausländischer Literatur und Wirtschaftskorruption innerhalb des Parteikaders. Die Kritik weitete sich zu einer städteübergreifenden Widerstandsbewegung aus, die das politische System in China in seinen Grundfesten zu bedrohen begann. Mao wandte seine Widerspruchstheorie entsprechend der drohenden Verhältnisse an und verurteilte die Kritiker zu Feinden des Volkes. Das führte dazu, dass diese Bewegung mit Gewalt niedergeschlagen wurde. Als die liberal gesinnten Intellektuellen ihre Grenzen der nach Mao tolerierbaren Kritikäußerung so weit überschritten, indem sie das Monopol des Marxismus – Leninismus und der kommunistischen Partei gänzlich in Frage stellten, begann die chinesische Führung eine Anti-Rechtskampagne. Gegen Ende Juli des Jahres 1957 vielen dieser über 300,000 Intellektuelle zum Opfer.

[...]


[1] Feng Jicai, Yi bai ge ren de shi nian [Hundert Einzelschicksale aus jenen zehn Jahren] (Nanjing: Jiangsu wenxue, 1991). Übers. Monika Gänßbauer, Trauma der Vergangenheit. Die Rezeption der Kulturrevolution und der Schriftsteller Feng Jicai (Dortmund: projekt verlag, 1996).

[2] Helmut Martin. „Die Volksrepublik China. Maoistische Orthodoxie und Chinas Intellektuelle,“Dokumentation. China Akademie, Hrsg. Rheinisch-Westfälische Auslandsgesellschaft e.V. (Dortmund: Rheinisch-Westfälische Auslandsgesellschaft e.V., 1991) 123.

[3] Dietrich Tschanz, „Zehn Jahre im Leben von Hundert gewöhnlichen Menschen. Zu Feng Jicais Projekt der literarischen Dokumentation der Kulturrevolution,“ Asiatische Studien /Études Asiatiques. 1 (1996): 115.

[4] Die biographischen Angaben nehmen Bezug auf

Volker Klöpsch und Eva Müller, Hrsg., Lexikon der chinesischen Literatur (München: Beck Verlag, 2004) 90-92.

[5] Radio China International (cri), Feng Jicai. Wächter der volkstümlichen Kultur (Mai 2006) 14.08.2006 <http://de.chinabroadcast.cn/401/2006/05/25/1@49229.htm>.

[6] Die historischen Angaben nehmen Bezug auf

Jonathan D. Spence, The Search For Modern China (New York; London: W.W. Norton & Company, 1999) 540-589.

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Details

Titel
Feng Jicai - "Der Beichtbericht" aus "Hundert Einzelschicksale aus jenen zehn Jahren"
Hochschule
Universität zu Köln  (Institut für moderne China-Studien)
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
13
Katalognummer
V92641
ISBN (eBook)
9783638062268
ISBN (Buch)
9783638950947
Dateigröße
463 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Feng, Jicai, Beichtbericht, Hundert, Einzelschicksale, Jahren
Arbeit zitieren
Maria Melanie Heinicke (Autor:in), 2006, Feng Jicai - "Der Beichtbericht" aus "Hundert Einzelschicksale aus jenen zehn Jahren", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92641

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