Henrik Ibsens: "Nora" (Ein Puppenheim). Konzeption und Wandel der weiblichen Hauptfigur


Hausarbeit, 2007

25 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Kultur- und literaturhistorische Einordnung

3. Noras Wandlung
3.1 Nora zu Beginn des Stückes
3.2 Noras Leben und die Angst vor der Wahrheit
3.3. Die Bedeutung der Tarantella
3.4 Noras Abrechnung und ihr vollzogener Wandel

4. Die einstige Bedeutung als Schlüsselwerk der Frauenemanzipation

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

1879 wurde das Schauspiel „Nora – Ein Puppenheim“ uraufgeführt und endete prompt mit einem Skandal. Die weibliche Hauptfigur hat es tatsächlich gewagt, ihren Mann und ihre Kinder zu verlassen. Scheint dies heut zu Tage durchaus im Bereich des Möglichen zu liegen, so war ein solches Vorgehen zur damaligen Zeit schier undenkbar.

Mag dieses Schauspiel zu Anfang unglaublich klingen, so muss es dennoch einen Ursprung besitzen. Was veranlasst Nora Helmer überhaupt dazu ihrem Mann und sogar ihren Kindern den Rücken zu kehren, um ein eigenes Leben führen zu wollen? Diese und andere Fragen sind es, die es zu beantworten gilt.

Die Hausarbeit beschäftigt sich daher in großem Maße mit der Figur Nora Helmer. Das Hauptanliegen ist es, die Beweggründe für ihre Entscheidung herauszufinden. Dabei ist es von zentraler Bedeutung, dass man sich dieser Figur Stück für Stück, das heißt Akt für Akt nähert, um sich ihren Charakter erschließen zu können, der in gerade einmal drei Tagen jenen gewaltigen Entwicklungsprozess durchläuft.

Hat man sich von Nora Helmer ein Bild verschafft, wird man bereits eine Analyse darüber anstellen können, weshalb sie am Ende des Schauspiels derart drastische Maßnahmen unternommen hat.

Um schließlich auch das Umfeld der Figur richtig einschätzen zu können, ist es wichtig, das Umfeld des Autoren und die Zeit, in der er gelebt hat, zu beleuchten. Daher bildet eine kultur- und literaturhistorische Einordnung die Einleitung dieser Hausarbeit.

Darüber hinaus wird ein kritischer Blick in die Literatur zu werfen sein, die sich vielfach mit der Figur der Nora auseinander gesetzt hat. Neben dem Primärtext von Henrik Ibsen sei in diesem Zusammenhang besonders das Werk von Hans H. Hiebel: „Henrik Ibsen psycho-analytische Dramen“ zu erwähnen. Um Noras Handeln tiefgründig analysieren zu können, ist es bedeutsam den Zustand ihrer Psyche deuten zu können. Dabei wird Hans Hiebels Buch eine entscheidende Rolle spielen, da viele Aussagen und Handlungen, die Nora tätigt, in diesem Werk genauestens untersucht worden sind. Als Beispiel sei die Bedeutung von Noras Vergangenheit zu erwähnen, die einige Rückschlüsse auf ihr gegenwärtiges Verhalten zulässt.

Um das Drama entsprechend theoretisch fundieren zu können, wird wiederum das Buch von Manfred Phister: „Das Drama“ herangezogen.

Einen sehr guten Gesamtüberblick bezüglich dieser Thematik bietet das Buch von Dieter Bänsch: „Nora oder ein Puppenheim“. So findet man in diesem Werk sowohl einige Informationen über den Autor Henrik Ibsen, als auch über das Jahrhundert, in dem das Schauspiel „Nora – Ein Puppenheim“ geschrieben worden ist. Aber auch Gedanken und Analysen zu den einzelnen Figuren des Stückes sind in diesem Buch vorzufinden, wie es in den übrigen verwendeten Literaturtiteln ebenso der Fall ist. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang demnach die Bücher „Ibsens Drama in seiner Zeit“ von Käte Hamburger, „Henrik Ibsen. In Selbsterzeugnissen und Bilddokumenten“ von Gerd Enno Rieger, „Nora verlässt ihr Puppenheim“ von Waltraud Wende und schließlich der Aufsatz von Aldo Keel in „Risse im Puppenheim: Nora, in: Interpretationen, Ibsens Dramen“.

Des Weiteren wird die Bedeutung der Frauenemanzipation zu thematisieren sein. Es gilt zu diskutieren, ob es Henrik Ibsen bewusst darauf angelegt hat, seinen Teil zum Thema Frauenemanzipation beizutragen. Daraus ergibt sich am Ende der Hausarbeit die Frage, wie aktuell dieses Schauspiel zu jener Zeit überhaupt gewesen und welche Bedeutung „Nora – Ein Puppenheim“ noch in der heutigen Zeit einnimmt.

2. Kultur- und literaturhistorische Einordnung

Norwegen besaß im 19. Jahrhundert eine Reihe renommierter Literaten und das bei gerade einmal zwei Millionen Einwohnern. Gründe dafür lassen sich schnell finden. Lange Zeit war Norwegen der schwächere Teil einer Zwangsunion mit Dänemark gewesen. Doch in den Jahren nach 1814 und der folgenden Zwangsunion mit Schweden konnte sich Dänemark allmählich von den Nachbarländern emanzipieren. Die Folge war, dass sich die norwegische Literatur in den folgenden Jahren vermehrt Themen wie „romantischen Freiheitsideen“[1] oder dem „politisch-moralischen Erbe der Aufklärung“[2] zuwendete. In jener Literatur wurde verstärkt das Leben unter der Fremdherrschaft Dänemarks thematisiert, in der die Gesellschaft im Gegensatz zu anderen Ländern der damaligen Zeit dennoch ein Leben in Freiheit führen konnte. Der Industriekapitalismus und soziale Frage haben Dänemark verhältnismäßig spät erreicht, so dass der Zusammenstoß mit den erhaltenen vorkapitalistischen Lebensformen und der altbürgerlichen Moralität vielfach höher war, als in anderen europäischen Ländern.[3] Natürlich beeinflusste auch das die Literatur in Norwegen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts befasste sie sich daher vielfach mit der Aufdeckung „sozialer und sozialethischer Probleme“[4].

Auch Henrik Ibsen gehörte zu jenen Schriftstellern, die sich dieser Thematiken annahmen.

Nach „Stützen der Gesellschaft“ (1877), wandte er sich mit „Nora“ (1879) zum zweiten Mal dem realistischen Drama zu, in dem er die Probleme und Widersprüche der sich in Norwegen entfaltenden bürgerlichen Gesellschaft aufzeigte, die sich allmählich von der vorindustriellen Großfamilie hin zur Kleinfamilie reduzierte.[5]

Ibsen selbst wuchs in einem „Milieu aus Armut, Abhängigkeit und Bildungsferne“[6] auf, in dem er als mittelloser Apothekerlehrling die Seiten der Armut zu spüren bekam. Dies scheint ein Grund zu sein, weshalb er später vorwiegend „traumatisch verschattete Figuren“[7] in seinen Werken darstellte, in deren Vergangenheit häufig eine Katastrophe verborgen lag, die sich allmählich in die Gegenwart vorarbeitete. Bestes Beispiel hierfür ist das Schauspiel „Nora“. Ibsen hat mit diesem Stück der damaligen Gesellschaft gewissermaßen den Spiegel vor ihr Gesicht gehalten hat. Es beinhaltet nämlich eine Hauptfigur, die sich gegen die gängigen Konventionen der bürgerlichen Gesellschaft auflehnt, aber dennoch die Sympathisantin dieses Werkes ist, obwohl sie gegen das Gesetz handelt. Auf diese Weise wurde ganz offensichtlich Kritik an der damaligen Gesellschaft geübt. Zielscheibe war in erster Linie die moderne Kleinfamilie des 19. Jahrhunderts, in der der Mann das Familienoberhaupt war und die Frau als Beiwerk des Gatten fungierte.

Obwohl sich viele Kritiker direkt nach der Uraufführung des Stückes echauffierten, war doch gerade die Problematisierung der Kleinfamilie und die Rolle der Frau in der Gesellschaft die Themen, die den Nerv der Zeit trafen. Vor allem aber die Thematik der Frauenemanzipation war wohl der Hauptgrund des großen Erfolges von Henrik Ibsens „Nora“. Daher wird im weiteren Verlauf näher auf dieses Thema einzugehen sein. Aus welchem Grund haben unzählige Frauen des 19. Jahrhunderts derart mit Nora Helmer sympathisiert? Diese Frage sollte Antworten bekommen. Doch zuvor bedarf es einer Analyse der Hauptfigur.

[...]


[1] BÄNSCH, Dieter: Nora oder ein Puppenheim. Grundlagen und Gedanken, Frankfurt a. M. 1998. S. 6.

[2] Ebd., S.6.

[3] BÄNSCH, Dieter: Nora oder ein Puppenheim. Grundlagen und Gedanken, S. 6f.

[4] Ebd., S. 6.

[5] KEEL, Aldo: Risse im Puppenheim: Nora, in: Interpretationen, Ibsens Dramen, Stuttgart 2005. S. 70.

[6] BÄNSCH, Dieter: Nora oder ein Puppenheim. Grundlagen und Gedanken, S. 7.

[7] Ebd., S.7.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Henrik Ibsens: "Nora" (Ein Puppenheim). Konzeption und Wandel der weiblichen Hauptfigur
Hochschule
Universität Paderborn
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
25
Katalognummer
V91082
ISBN (eBook)
9783638048767
ISBN (Buch)
9783638942690
Dateigröße
574 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dozent: Im Zentrum ihrer Arbeit steht eine gelungende Charakteranalyse, die sich mit einiger Textsensibilität an der Dramenpartitur abarbeitet!
Schlagworte
Henrik, Ibsens, Nora, Puppenheim), Konzeption, Wandel, Hauptfigur, Emanzipation, Stockholm, Ibsen, Figurenanalyse, Germanistik
Arbeit zitieren
Tobias Bunse (Autor:in), 2007, Henrik Ibsens: "Nora" (Ein Puppenheim). Konzeption und Wandel der weiblichen Hauptfigur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91082

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