Die Rolle von Prädispositionen bei Nachrichtenentscheidungen


Seminararbeit, 2004

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Einfluss von Prädispositionen auf die Wahrnehmung

3. Einfluss der Prädispositionen auf verschiedenen Verarbeitungsstufen und Folgen für die Nachrichtenauswahl
3.1 Informationsaufnahme
3.2 Verarbeitung
3.3 Speicherung und Abruf

4. Fazit

5. Literaturliste

1. Einleitung

Die Untersuchung der Nachrichtenauswahl von Journalisten ist als Teil der Kommunikatorforschung ein wichtiger Gegenstand der Kommunikationswissenschaft. Es existiert eine Vielzahl von Faktoren, die die Nachrichtenauswahl beeinflussen. Als besonders einflussreich gelten die Nachrichtenfaktoren (Nachrichtenwerttheorie), Zwänge und Ziele der Institution, der Einfluss der PR (Determinationshypothese) und die subjektiven Einstellungen und Ziele des Journalisten (Instrumentelle Aktualisierung; Phänomen der Opportunen Zeugen). Mit diesen Faktoren beschäftigten sich zahlreiche Untersuchungen: So untersuchten beispielsweise Johan Galtung und Mari Holmboe Ruge im Jahr 1965 den Einfluss der Nachrichtenfaktoren anhand der Darstellung der Kongo-, Kuba und Zypern-Krise in vier norwegischen Zeitungen.[1] Der institutionelle Einfluss wurde unter anderem durch Wolfgang Donsbach und Jens Wolling anhand einer internationalen Journalisten-Befragung nachgewiesen.[2] Mit dem Einfluss der PR auf die Nachrichtenauswahl befasste sich beispielsweise Barbara Baerns.[3] Die Instrumentelle Aktualisierung war Gegenstand einer Studie von Kepplinger, Brosius, Staab und Linke im Jahr 1989,[4] die Rolle der opportunen Zeugen untersuchte Lutz Hagen 1992.[5]

Relativ unbeachtet blieb bisher jedoch die Frage, wieso und in welcher Weise diese Faktoren einen Einfluss auf die Entscheidungen des Journalisten haben. Wieso wird der Nachrichtenwert eines Ereignisses von verschiedenen Journalisten unterschiedlich bewertet oder warum wird ein und derselbe Sachverhalt in verschiedenen Medien unterschiedlich dargestellt? Andererseits stellt sich auch die Frage, wieso bestimmte Ereignisse – die so genannten Schlüsselereignisse – in allen Medien gleichermaßen eine Welle der Berichterstattung auslösen, selbst wenn ihre Relevanz mitunter fraglich scheint? Oder wie kann es sein, dass in allen Medien gleichermaßen dieselben Aspekte eines Ereignisses ausgeblendet werden bzw. die selben Nachrichten unter den Tisch fallen.

Teilweise lassen sich diese Phänomene unter zu Hilfenahme der Psychologie erklären. Nach Donsbach gibt es zwei zentrale psychologische Faktoren hinter der Nachrichtenauswahl von Journalisten: Zum einen der Drang nach der sozialen Validierung des eigenen Urteils, und zweitens der Einfluss persönlicher Prädispositionen.[6]

Der Drang nach sozialer Validierung, sprich Absicherung, führt dazu, dass Nachrichtenentscheidungen entweder als Konsens in einer Gruppe von Journalisten herbeigeführt werden, oder dass eine persönliche Entscheidung mit Kollegen besprochen und gegebenenfalls abgeglichen wird.[7] Mit dieser Theorie ließen sich die Gemeinsamkeiten der Berichterstattung in unterschiedlichen Medien erklären. Die Unterschiede hingegen sind unter anderem auf den Einfluss persönlicher Prädispositionen zurückzuführen, also auf die Einstellung, das Vorwissen, die Erwartungen und Erfahrungen des einzelnen Journalisten. Inwieweit diese Prädispositionen Einfluss auf die Wahrnehmung und somit die Nachrichtenentscheidungen haben, soll Gegenstand dieser Arbeit sein.

2. Einfluss von Prädispositionen auf die Wahrnehmung

Wahrnehmung ist der „Prozess des Informationsgewinnes aus Umwelt- und Körperreizen einschließlich der damit verbundenen emotionalen Prozesse und der durch Erfahrung und Denken erfolgenden Modifikationen“, so die Definition des Begriffes Wahrnehmung durch Fröhlich.[8] Aus dieser Definition wird bereits deutlich, dass Wahrnehmung nicht eine passive, analoge Verarbeitung von Reizen ist, sondern, dass bei der Wahrnehmung sowohl Bottom-up-Prozesse als auch Top-down-Prozesse wirken. Ob und wie wir etwas wahrnehmen, Verarbeiten und später aus dem Gedächtnis wieder abrufen wird also einerseits von den Eigenschaften des Reizes bestimmt (bottom-up), andererseits aber auch durch unsere Prädispositionen, also Vorwissen, Erwartung usw. (top-down). Die individuelle Wahrnehmung kann also als Produkt aus den Eigenschaften des wahrgenommenen Reizes und den Eigenschaften der wahrnehmenden Person betrachtet werden.[9]

Da sich Menschen, außer eventuell unter Laborbedingungen, nie in einer Umgebung befinden, in der eine überschaubare Anzahl von einzeln wahrnehmbaren Reizen auf sie trifft, werden im Alltag Situationen, Ereignisse, Gegenstände usw. nicht als Anhäufung von Einzelreizen, sondern als Ganzes erlebt. Das bedeutet, dass ein Apfel nicht in Form der Einzelreize rund + grün + Strich (der Stiel) wahrgenommen wird, sondern eben als Apfel. Und auch ein geworfener Ball wird nicht als die Einzelreize rund + weiß + horizontale Bewegung wahrgenommen, sondern eben als Ball der durch die Luft fliegt. Die Reize werden also nicht analog repräsentiert, sondern es findet eine Verbindung mit unseren Prädispositionen statt. Zum Teil sind diese Prädispositionen angeboren: So werden Reize die räumlich oder zeitlich nah beieinander liegen oder die einander sehr ähnlich sind als Einheit wahrgenommen. Andererseits findet eine Verbindung mit dem Vorwissen statt: Wir wissen, wie ein Apfel oder ein Ball aussehen, deshalb nehmen wir eine charakteristische Kombination von Reizen als Apfel oder als Ball war.[10]

[...]


[1] Vgl. Galtung/Ruge (1965).

[2] Vgl. Donsbach/Wolling. (1995).

[3] Vgl. Bearns (1985).

[4] Vgl. Kepplinger/Brosius/Staab/Linke (1989).

[5] Vgl. Hagen (1992).

[6] Vgl. Donsbach (2002).

[7] Vgl. Donsbach (2002).

[8] Fröhlich (1998).

[9] Vgl. Donsbach (2002).

[10] Vgl. Goldstein (1999).

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Rolle von Prädispositionen bei Nachrichtenentscheidungen
Hochschule
Technische Universität Dresden
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V86392
ISBN (eBook)
9783638020756
ISBN (Buch)
9783638922777
Dateigröße
404 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rolle, Prädispositionen, Nachrichtenentscheidungen
Arbeit zitieren
Herbert Flath (Autor:in), 2004, Die Rolle von Prädispositionen bei Nachrichtenentscheidungen , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86392

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