Macht und Abhängigkeit am Beispiel der OPEC und des Öls

Rückschau und Perspektive


Hausarbeit, 2007

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Macht der OPEC
1.1 Gründung der OPEC: Geschichte eines Machtkampfes
1.2 Die „Ölkrisen“ der 1970er Jahre
1.3 Wie gut funktioniert die OPEC und wer hat in ihr Macht?

2. Die Abhängigkeit der Importnationen
2.1 Konsequenzen der Ölkrisen für die Weltwirtschaft
2.2 Ansätze und Notwendigkeit einer neuen Energiepolitik

3. Hat die OPEC eine Zukunft?

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die „Organization of Petroleum Exporting Countries“ (OPEC), der ständige Zusammenschluss der an Erdölvorkommen reichsten Staaten, die mehr Erdöl exportieren als importieren, gehört zu den wohl umstrittensten internationalen Organisationen überhaupt, was indirekt darauf schließen lässt, dass die OPEC einen nicht zu unterschätzenden Einfluss hat oder hatte.

Es stellt sich die Frage: Welche Macht hatte, hat und wird die OPEC über den Weltölmarkt und die Industrienationen haben? Dazu ist es auch wichtig zu untersuchen, wer in der OPEC Macht hat und wie gut sie als Kartell, als Organisation „an erster Stelle [...] souveräner Mitglieder“[1] (die zudem sehr heterogen sind) funktioniert. Es wird sich zeigen, dass Saudi-Arabien eine Schlüsselrolle innerhalb der OPEC spielt.

Eng mit dem Konzept der Macht ist auch das der Abhängigkeit verbunden. Es steht außer Frage, dass trotz jahrzehntelangem Wissen um die gefährliche Abhängigkeit vom so genannten „schwarzen Gold“ die Industrienationen sich völlig ungenügend von ihm gelöst haben. Nach wie vor ist Öl die entscheidende Ressource für die Industriestaaten, die Nachfrage steigt insbesondere durch den industriellen Aufschwung vieler ehemaliger Entwicklungsländer wie China und Indien gewaltig. Die Frage, die sich hier stellt, ist, ob die Industrienationen automatisch auch der OPEC wehrlos ausgeliefert sind. Welche Möglichkeiten gibt es, eine mögliche Abhängigkeit zu reduzieren?

Die Nachfrage selbst war jedoch lange Zeit gar nicht so wichtig, denn die OPEC hat nichts an der Tatsache geändert, dass der Weltölmarkt in erster Linie ein politisch gesteuerter und kein freier Markt ist. Nach der Kolonialzeit waren es westliche Ölkonzerne, die „sieben Schwestern“, die die späteren OPEC-Staaten regelrecht ausbeuteten, nach der OPEC-Gründung 1960 waren es schließlich durch das Kartell der OPEC mehr oder minder gesteuerte Staatsbetriebe, die die Preise künstlich veränderten, indem zunächst die Preise selbst, dann die Fördermengen gesteuert wurden. Ich erachte es als Thema von großer Tragweite, wie die Versorgung mit dem „Wunderstoff“[2] Öl, nach wie vor das Fundament der Weltwirtschaft für unsere Zivilisation unentbehrlicher Produktionsprozesse, funktioniert und wer diese Lebensader steuern kann.

Nach einem historischen Überblick über die OPEC als Organisation eines Machtkampfes (I.1) richte ich den Blick auf interne Machtbeziehungen (I.3), dann auf die Abhängigkeit der Importnationen von Öl (II.1) und die Frage, ob dies auch eine Abhängigkeit von der OPEC bedeutet. Schließlich versuche ich der Antwort auf die Frage, welche Zukunft die OPEC hat, und wenn nicht die OPEC, welche Staaten die Ölversorgung bestimmen, mich zu nähern (III).

Bei der Literaturrecherche stellte es sich als Problem heraus, dass ein Großteil der Literatur aus den 1970ern oder frühen 1980er Jahren stammt. Dies ist jedoch auch aufschlussreich, könnte man diesen Befund doch dahingehend interpretieren, dass die OPEC, in den 70ern noch als „dominanter Agent auf dem Ölmarkt ins Zentrum des Weltinteresses“[3] gerückt, offenbar an Brisanz und Einfluss verloren habe. Inwieweit diese Schlussfolgerung zu voreilig sein könnte oder ob sie gar zutreffend ist, erörtere ich auf den folgenden Seiten.

1. Die Macht der OPEC

1.1 Gründung der OPEC: Geschichte eines Machtkampfes

Die Geschichte der OPEC-Gründung ist die Geschichte eines Machtkampfes oder einer „Revolution“[4]. Nach der Kolonialzeit vergaben die späteren OPEC-Staaten Konzessionen (längerfristige Förderrechte) an die großen sieben Ölkonzerne der westlichen Welt, die „sieben Schwestern“[5]. Zu Beginn der 50er reifte jedoch die Erkenntnis, dass man „übers Ohr gehauen“[6] wurde. In unterschiedlicher Intensität strebten diese Staaten - als Vorreiter vor allem Venezuela und Libyen - im Zuge verstärkten nationalen Selbstbewusstseins und Freiheitsdrangs dann zunächst nach mehr Einnahmen aus der Ölförderung (in Form höherer Steuern), dann ab den 70ern nach mehr Besitz an den Ölgesellschaften, bis sie in den OPEC-Staaten größtenteils weitgehend nationalisiert wurden. 1960 wurde als Reaktion auf erneute Preissenkungen durch die Ölkonzerne für das Öl und eine so entstandene Haushaltskrise der Förderländer in Bagdad auf Bestreben Venezuelas die OPEC durch Venezuela, Kuwait, Saudi-Arabien, Iran und Irak gegründet[7], „the desire for higher revenues was the very stimulus that had called OPEC to life“[8]. Einziges Kriterium zur Aufnahme in die Organisation ist ein höherer Erdölexport als –import. Diese einzige Bedingung sorgt trotz eines Übergewichtes von Staaten aus dem Mittleren Osten und arabischen und islamischen Kulturkreis für eine außerordentliche Heterogenität der Mitglieder. Nigeria als eines der ärmsten Länder der Welt steht den relativ reichen Vereinigten Arabischen Emiraten gegenüber, christlich geprägte sozialistische Staaten wie Venezuela islamischen Republiken wie Iran oder Militärdiktaturen wie Libyen.

Welches Ziel hat die OPEC? Macht auszuüben – über ihren teuersten Rohstoff, das Erdöl, die Grundlage der westlichen „Autozivilisation“[9], indem sie als Kartell das natürliche Angebot-Nachfrage-Verhältnis durch künstliche Verknappung oder Aufblähung der Produktion außer Kraft setzt. In ihrem Gründungsstatut[10] (Artikel 2) benennt die OPEC ihre Ziele (freilich in ein wenig euphemistischer Weise), und zwar zum einen die Erdölpolitik der Mitglieder zu koordinieren und zu vereinheitlichen, um die Interessen „individually and collectively“ zu wahren, zum anderen die Ölpreise stabilisieren, um Preisfluktuationen zu vermeiden und weiter den Förderländern ein stetiges, sicheres Einkommen zu sichern und den Abnehmerstaaten eine sichere, stabile Versorgung sowie Investitionssicherheit zu garantieren.

Letztlich war die OPEC-Gründung jedoch nur der legitime Versuch einer Rückeroberung der nationalen Verfügungsrechte über die Rohstoffe und der Versuch, den Einfluss ausländischer Konzerne zurückzudrängen und selbst zu Wohlstand zu kommen. Inwieweit der Versuch gelungen ist, werden wir nun betrachten.

Erst ab den 70ern gelang der OPEC ihr Aufstieg, zuvor war sie praktisch als unbedeutend übersehen oder ignoriert worden[11]. Hatte Venezuela auf die Gründung einer Organisation gedrängt[12], war nun Libyen Vorreiter der Nationalisierung oder Mehrheitsaneignung der Ölgesellschaften[13], bis Mitte der 70er Jahre war diese in den meisten OPEC-Staaten fast vollständig abgeschlossen. Der Iran wurde in seinen Nationalisierungsbestrebungen sogar von der US-Regierung unterstützt, um das Schah-Regime zu festigen: „Der OPEC fiel ihre Macht gewissermaßen in den Schoß.“[14] Schmerzhaft bewusst wurde die OPEC der Welt erst mit der ersten Ölkrise.

1.2 Die „Ölkrisen“ der 1970er Jahre

Als Reaktion auf den Yom-Kippur-Krieg kam es zu einem Embargo gegen die USA und andere westliche Länder[15], die Ölpreise vervierfachten sich ruckartig, ebenso wie die Deviseneinnahmen der OPEC-Länder, die mit dem hohen Ölpreis wirtschaftlich an Boden gewannen. Nach Maull ist der Ölpreis jedoch ein „Zusammenwirken von Marktkräften […] mit politischen Eingriffen“[16]. Neben dem politischen Eingriff gab es auch eine seit dem Ende des zweiten Weltkrieges durch den Wirtschaftsboom der USA, Europas und Japans ein ungeheures Wachstum der Nachfrage nach Energie, das fast ausschließlich durch Öl gedeckt wurde, während die Kohle, deren Vorkommen über der ganzen Welt verteilt sind, als Energieträger verdrängt wurde[17]. „Es bedurfte [also] keiner OPEC, um das Zeitalter des billigen Öls zu beenden“[18], die Industrienationen selbst waren für das Ende der Dumpingpreise und den drastischen Anstieg, der sich durch die politische Ursache des Nahostkonfliktes entlud, verantwortlich[19]. Das in den 1970er Jahren beginnende Sinken der Fördermengen in den USA und die wachsende Abhängigkeit der Industrienationen von Ölimporten, die ihren Bedarf nicht durch eigene Förderung decken konnten und können, führte also zur Macht der Förderländer über die Importeure, deren wichtigste in der OPEC sich zusammengeschlossen hatten (siehe Kapitel II).

[...]


[1] Al’Subay 2004, S. 56.

[2] Paczensky 1982, S. 21.

[3] König 1990, S. 9.

[4] Rustow/Mugno 1976, S. 1.

[5] Darunter fielen in den bis in die 70er Jahre Exxon, Shell, Mobil, Socal, BP, Gulf, Texaco. (ebd., S.3)

[6] Paczensky 1982, S. 128.

[7] Mitglieder sind neben den Gründungsmitgliedern 2007 die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Nigeria, Libyen, Indonesien, Angola, Algerien. (siehe www.opec.org)

[8] Rustow/Mugno 1976, S. 9.

[9] Paczensky 1982, S. 22.

[10] Gründungsstatut der OPEC (2006).

[11] Vgl. Maull 1982, S. 8.

[12] Venezuela war das erste Land, das die „50-50“-Arrangements vereinbarte, wonach die Gewinne aus den Öl zwischen Förderland und Fördergesellschaft geteilt wurden (Rustow/Mugno, 1976 S. 14).

[13] Hierin wurde Libyen von der OPEC politisch unterstützt (vgl. Johany 1980, S. 9 ff.).

[14] Maull 1982, S. 14.

[15] Nach Johany, S.15 war es die OPEC-ähnliche arabische OAPEC, die dieses Embargo auslöste.

[16] Maull 1982, S. 5.

[17] Der Verbrauch der USA verdoppelte sich zwischen 1950 und 1970, der Westeuropas verzehnfachte sich (vgl. Paczensky 1982). „[…] in Europa war der Ölkonsum zwischen 1960 und 1970 jährlich um 12 Prozent […] gestiegen, in Japan sogar um 20 Prozent jährlich.“ (Schubert 1982, S. 27) In Europa verdoppelte sich der Ölanteil am Primärenergieverbrauch von 32 Prozent im Jahr 1960 auf 64 Prozent im Jahr 1973, in den USA und Kanada stieg er nur marginal von 45 auf etwa 50, während er in Japan von 36 auf über 80 Prozent zunahm (Akhtarekhavari 1977, S. 12). Die Entwicklung der Weltölexporte zischen 1948 und 1972 illustriert am besten die Importabhängigkeit der Industrienationen: Die Exporte stiegen real von 53 Mrd. auf 285 Milliarden Dollar (Rustow/Mugno 1976, S. 36). Dabei lagen die USA 1974 mit 17 Prozent Ölimportanteil an der Energieerzeugung weit hinter Westeuropa mit 58 und Japan mit 76 Prozent, wo also schon zu jener Zeit mehr als drei Viertel der Energie aus importiertem Öl kamen (ebd., S. 42).

[18] Schubert 1982, S. 27.

[19] Massarat (2007, S. 58 ff.) teilt die Ölpreisgeschichte in drei Etappen ein: eine US-Dominanz bis 1920 mit zunächst hohen, dann fallenden Preisen, von 1920 bis 1970 eine Dumpringpreisphase mit stabilen oder gar sinkenden Preisen, in der nicht mehr der Markt, sondern ein Machtungleichgewicht die Preise bestimmt, in dem Diktatoren, Stammesführer und nichtdemokratische Regime im Mittlere Osten umworben werden von multinationalen Ölkonzernen. Seit 1970 gibt es eine Entladung von Marktspannungen und die Preise normalisieren sich, in den 80ern gab es dann wieder eine Rückkehr der alten Verhältnisse durch die IEA-Gründung sowie den Ausbau von Nuklear- oder alternativen Energien.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Macht und Abhängigkeit am Beispiel der OPEC und des Öls
Untertitel
Rückschau und Perspektive
Hochschule
Universität Leipzig  (Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Regieren diesseits und jenseits des Nationalstaates
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
19
Katalognummer
V83813
ISBN (eBook)
9783638009478
ISBN (Buch)
9783638914918
Dateigröße
510 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Macht, Abhängigkeit, Beispiel, OPEC, Regieren, Nationalstaates
Arbeit zitieren
Markus Rackow (Autor:in), 2007, Macht und Abhängigkeit am Beispiel der OPEC und des Öls, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83813

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