Bismarcks Russlandpolitik


Seminararbeit, 2005

17 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Voraussetzungen für die Außenpolitik Bismarcks nach der Reichsgründung

3. Das Dreikaiserabkommen von

4. Der Berliner Kongress von

5. Das Dreikaiserbündnis von

6. Zwischen Dreikaiserbündnis und Rückversicherungsvertrag (1881-1887)

7. Der Rückversicherungsvertrag von

8. Fazit

9. Literaturverzeichnis
9.1 Quellen
9.2 Sekundärliteratur

1. Einleitung

Nach der Reichsgründung von 1871 bestand für das neu geschaffene Deutsche Kaiserreich die größte Gefahr durch eine eventuelle russisch-französische Verbindung und ein damit womöglich verbundener Zweifrontenkrieg.[1] Dies zu verhindern, war ein sehr wichtiger Bestandteil von Bismarcks Außenpolitik. Ein weiteres Ziel von Bismarck war es, Preußen wieder als starke Macht innerhalb Europas zu etablieren und es nicht in ein Abhängigkeitsverhältnis zu Russland, wie nach dem Wiener Kongress von 1815, geraten zu lassen.[2] In diesem Zusammenhang bot sich mit dem zweiten Polenaufstand eine gute Gelegenheit. Indem Preußen Russland durch sein Handeln seine Solidarität demonstrierte und konnte auf diese Weise das Vertrauensverhältnis zwischen Preußen und Russland gestärkt werden.[3] Die Haltung Preußens während der polnischen Krise von 1863 zahlte sich für Preußen im Krieg gegen Österreich wiederum mit der Neutralität Russlands aus.[4] Im Jahre 1866 unterstützte Preußen den russischen Wunsch, die Pontusklausel des Pariser Vertrages von 1856 aufzuheben, wohingegen Russland seinen Widerstand gegen den Norddeutschen Bund unter preußischer Führung aufgab.[5] Auch im Krieg gegen Frankreich bewirkte die preußische Zusicherung in der Pontusfrage die Neutralität Russlands. Die Haltung Rußlands gegenüber Preußen spielte während der 1860er Jahre für die Entstehung des Deutschen Kaiserreiches eine erhebliche Rolle. Allerdings konnte die russische Zurückhaltung in den 1860er Jahren für die zukünftige Bündnispolitik des Deutschen Kaiserreiches ein nicht zu verachtender Faktor dahingehend werden, dass Russland seinerseits Unterstützung eigener außenpolitischer Ziele einfordern konnte.[6] Wie Bismarck mit Hilfe seiner Russlandpolitik die Isolation Frankreichs gestaltete und Preußen somit eine relativ stabile Position im europäischen Mächtesystem in der Zeit von 1871 bis 1890 sicherte, soll in der vorliegenden Arbeit dargestellt werden.

Mit welchen Voraussetzungen Bismarck nach der Reichsgründung konfrontiert war, wird zunächst beschrieben. Das mit Rußland und Österreich-Ungarn abgeschlossene Dreikaiserabkommen von 1873 stellte für das neu geschaffene Deutsche Kaiserreich die Grundausrichtung dar, die die bündnispolitische Grundlage für die nächsten 17 Jahre bildete. Nach dem russisch-türkischen Krieg und dem darauf folgenden Frieden von San Stefano sollten die Verhältnisse auf dem Balkan im Sinne aller Großmächte auf dem Berliner Kongress geregelt werden. Die Position, die Bismarck in diesem Zusammenhang einnahm, war dahingehend, dass er die russischen Interessen nicht uneingeschränkt vertrat. Der Ausgang des Berliner Kongresses bereitete daher einen Nährboden für Konflikte zwischen Russland und dem Deutschen Kaiserreich. Das Dreikaiserbündnis von 1881 knüpfte an das Dreikaiserabkommen von 1873 an, doch in welcher Form sich das Dreikaiserbündnis vom Dreikaiserabkommen unterschied, soll in diesem Punkt geklärt werden. In der Phase zwischen dem Dreikaiserbündnis und dem Rückversicherungsvertrags wurden die wirtschaftspolitischen bzw. zollpolitischen Interessenunterschiede der beiden Kaiserreiche immer offensichtlicher. Weil sich diese Differenzen auch auf die bündnispolitischen Beziehungen übertragen haben und sich die Stimmung zwischen den Bündnispartnern auf Grund dessen immer weiter verschlechterte, bildet dieser Abschnitt ein eigenständiges Kapitel in dieser Arbeit. Der Rückversicherungsvertrag von 1887 bildet den Abschluss des Hauptteils dieser Arbeit. Am Schluss wird in einer kritischen Analyse der Frage nachgegangen, wie sich die bündnispolitischen Beziehungen im betrachteten Zeitraum vom Dreikaiserabkommen bis zur Nichtverlängerung des Rückversicherungsvertrages zwischen Russland und dem deutschen Kaiserreich entwickelten.

Der Bestand an Sekundärliteratur ist als umfangreich zu bezeichnen. Die für diese Arbeit besonders wichtige Sekundärliteratur, vor allem die, die auch die Interessen Russlands genauer darstellt, sind die Werke von Konrad Canis und Sigrid Kumpf-Korfes. Für die Darstellung der historischen Zusammenhänge dient das Werk von Klaus Hildebrand und Otto Pflanze als hauptsächliche Grundlage.

2. Voraussetzungen für die Außenpolitik Bismarcks nach der Reichsgründung

Bismarck musste schnell erkennen, dass die Toleranzgrenze der europäischen Staaten im Hinblick auf den preußischen Machtzuwachs nach 1871 erreicht war.[7] Als Folge musste eine außenpolitische Strategie verfolgt werden, die das Deutsche Kaiserreich in seinen neuen Grenzen absicherte und kein Misstrauen der etablierten Großmächte erzeugte, um die Möglichkeit eines Zweifrontenkrieges weitestgehend auszuschalten.[8] Bismarck formulierte in einem Brief an Kaiser Wilhelm I. im Jahre 1872, dass das Beste für das Deutsche Reich eine „politische Gesamtsituation“ sei, „in welcher alle Mächte außer Frankreich unser bedürfen und von Koalitionen gegen uns durch ihre Beziehungen zueinander nach Möglichkeit abgehalten werden.“[9] Daher war die bismarcksche Außenpolitik von 1871 bis 1890 durch zwei Grundzüge gekennzeichnet: Zum einen sollte das Gleichgewicht in Europa erhalten bleiben.[10] Zum anderen sollte die monarchische Solidarität zwischen den Kaiserreichen Russland, Österreich-Ungarn und Deutschland hergestellt, bzw. aufrechterhalten, werden.[11] Die von Bismarck betriebene Politik der „Saturiertheit“ des Deutschen Kaiserreichs sollte gewährleisten, dass eine Koalition der anderen Großmächte gegen das neu geschaffene Machtzentrum im Herzen Europas vollkommen obsolet war.[12] Wie in der Einleitung schon beschrieben, war die Verhinderung eines gegen Deutschland geführten Zweifrontenkrieges ein wichtiges Ziel von Bismarcks Außenpolitik.[13] Daher räumte er der Isolation Frankreichs und der Verhinderung eines französisch-russischen Bündnisses in seinen Bündnis-bestrebungen höchste Priorität ein.[14] Um dies zu gewährleisten, bediente sich Bismarck eines Bündnissystems, das sich in seinen Grundzügen auf die starke Kontinentalmacht im Osten, also das Kaiserreich Russland, und als zweiten Verbündeten auf das Kaiserreich Österreich-Ungarn konzentrierte. Allerdings galt es seit dem Dreikaiserabkommen von 1873 zu verhindern, dass die divergierenden Interessen Russlands und Österreich-Ungarns auf dem Balkan die deutsch-russischen Beziehungen belasteten.[15]

3. Das Dreikaiserabkommen von 1873

Das Dreikaisertreffen vom 9. bis 11. September 1872 in Berlin zwischen Wilhelm I., Zar Alexander II. und Kaiser Franz-Joseph I. bereitete das Dreikaiserabkommen von 1873 vor.[16] Das Dreikaiserabkommen knüpfte an den Gedanken der monarchischen Solidarität an.[17] Sein Hauptzweck bestand für Bismarck darin, Russland von einem Bündnis mit Frankreich abzuhalten.[18] Für das Zustandekommen des Dreikaiserabkommens spielte Frankreich eine wichtige Rolle. So schrieb Bismarck am 5.12.1872 an Wilhelm I.: „Unsere Hauptgefahr für die Zukunft beginnt von dem Augenblick, wo Frankreich den monarchischen Höfen Europas wieder bündnisfähig erscheinen wird.“[19] Nachdem im Oktober 1873 die letzten Kriegsschulden Frankreichs an das deutsche Kaiserreich bezahlt waren, war Frankreich praktisch wieder bündnisfähig.[20] Um Frankreich einen weiteren möglichen Bundesgenossen zu entziehen und auch aus dem Gedanken der monarchischen Solidarität heraus, wurde auch Österreich-Ungarn, an dem Abkommen beteiligt.[21] Was Russland betraf, so war sich Bismarck sicher, dass „zwischen Russland und Deutschland […] keine Verschiedenheiten der Interessen [existieren], welche die Keime von Konflikten und eines Bruches unabweislich in sich trügen.“[22] Aus seiner Zeit in St. Petersburg hat Bismarck den Eindruck gewonnen, dass die dortige Gesellschaft in der Generationenfolge aus dem alten preußisch-russischen Freundschaftsverhältnis heraus wuchs: Die alte Generation der aristokratischen Grandseigneurs sterbe aus, die darauf folgende habe an Bildung und Weltläufigkeit eingebüßt, während die jüngeren Schichten bereits von Nationalismus und Deutschenhass geprägt seien.[23]

Durch das Dreikaiserabkommen sollten die Interessengegensätze zwischen Russland und Österreich-Ungarn auf dem Balkan überbrückt werden, um die Gefahr eines Balkankonfliktes zwischen den beiden Mächten zu verringern.[24] Am 5. Juli 1876 schrieb Bismarck an König Ludwig von Bayern, dass er die Erhaltung der Einigkeit zwischen den Kaiserhöfen in Wien und St. Petersburg als eine „Hauptaufgabe deutscher Diplomatie“[25] ansehe. In allgemeinen Formulierungen verpflichteten sich die Monarchen mit dem Abkommen zur Zusammenarbeit. Sie versprachen im Falle eines Angriffs durch eine vierte Macht, sich zunächst untereinander zu verständigen, um sich so über eine gemeinsam zu verfolgende Linie zu einigen.[26] Mit dem Dreikaiserabkommen hatte Bismarck 1873 eine, in gewissem Maße vertraglich gesicherte, zeitweilige Isolierung Frankreichs erreicht.

[...]


[1] Vgl. Canis, K.: Bismarcks Außenpolitik 1870 – 1890. Aufstieg und Gefährdung. Paderborn 2004, S.70.

[2] Vgl. Lahme, R.: Deutsche Außenpolitik 1890-1894. In: Schriftenreihe der historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 39, Hg. Dietmar Willoweit, Göttingen 1990, S.47.

[3] Rhode, G.: Der Berliner Kongress und Südosteuropa. In: Bismarcks Außenpolitik und der Berliner Kongress, Hg. Karl Otmar Freiherr von Aretin, Wiesbaden 1978, S.107-130, S.115.

[4] Vgl. Lahme, S.47.

[5] Vgl. Lahme, S.47 und Canis, S.52.

[6] Vgl. Hildebrand, K.: Deutsche Außenpolitik 1871-1918. München 1994, S.4.

[7] Vgl. Windelband, S.21f.

[8] Vgl. Lahme, S.47.

[9] Bismarck an Wilhelm I. 5.12.1872, zitiert nach: Canis, S.126.

[10] Vgl. Lahme, S.54.

[11] Vgl. Kumpf-Korfes, S.35f.

[12] Vgl. Hildebrand, Deutsche Außenpolitik 1871-1918, S.4.

[13] Vgl. Windelband, S.32.

[14] Vgl. Lahme, S.48.

[15] Vgl. Hildebrand, Deutsche Außenpolitik 1871-1918, S.9.

[16] Vgl. Wittram, R.: Bismarck und Rußland. In. Deutsch-Russische Beziehungen von Bismarck bis zur Gegenwart, Hg. Werner Markert, Stuttgart 1964, S.17-40, S.21f.

[17] Vgl. Kumpf-Korfes, S.35f.

[18] Vgl. Hildebrand, Deutsche Außenpolitik 1871-1918, S.13.

[19] Bismarck an Wilhelm I. am 5.12.1872 zitiert nach: Canis, S.78.

[20] Vgl. Canis, S.78.

[21] Vgl. Canis, S.76.

[22] Bismarck, Otto von. Gedanken und Erinnerungen. München 1999, S.485.

[23] Vgl. Bismarck, S.147-149.

[24] Vgl. Pflanze, O.: Bismarck – Der Reichskanzler. München 1998, S.343.

[25] Bismarck, Gedanken und Erinnerungen. S.244.

[26] Vgl. Schmidt, R.: Otto von Bismarck (1815-1898) - Realpolitik und Revolution. Stuttgart

2004, S.202.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Bismarcks Russlandpolitik
Hochschule
Universität Münster
Note
2
Autor
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V77001
ISBN (eBook)
9783638821032
ISBN (Buch)
9783638908870
Dateigröße
416 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bismarcks, Russlandpolitik
Arbeit zitieren
Florian Hegger (Autor:in), 2005, Bismarcks Russlandpolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77001

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