Ostalgie in der gegenwärtigen deutschen Literatur


Bachelorarbeit, 2006

47 Seiten, Note: 1


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung – Was ist Ostalgie?

2. Meine Wahl der literarischen Werke

3. Die Beschreibung der einzelnen Bücher und deren Autoren
3.1 Thomas Brussig – Am kürzeren Ende der Sonnenallee
3.2 Jana Hensel – Zonenkinder
3.3 Cladia Rusch - Meine freie deutsche Jugend
3.4 Michael Tetzlaff – Ostblöckchen
3.5 Zusammenfassung

4. Abschluss

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung - Was ist Ostalgie?

Ostalgie – ein verblüffendes Phänomen der gegenwärtigen deutschen Kultur, das sich auch in den anderen Bereichen der menschlichen Tätigkeit durchsetzte, eines der wichtigsten Themen der heutigen deutschen Literatur. Einerseits erregte die Ostalgie wie alle anderen Literaturthemen begeisterte Widerhalle, beifällige Wörter und das Interesse von Millionen der Leser, andererseits erfuhr die Ostalgie auch ablehnende Reaktionen, Parodien und eine scharfe Kritik. Aber auch diese negativen Reaktionen, die die Ostalgie nur als Erinnerungskultur bezeichnen , beweisen, dass die Ostalgie–Literatur Aufmerksamkeit erregen kann. Man kann also nicht diesen Bestandteil der heutigen deutschen Literatur übergehen. Die Zeit überprüft die Qualität dieser Bücher, jetzt können wir einen Versuch machen, diese Literatur aus dem heutigen Blick zu bewerten und sich mit ihren Perspektiven zu beschäftigen. Also, herzlich willkommen in der Zeit der DDR!

Als Ostalgie bezeichnet man mehr oder wenig nostalgische Erinnerungen an die Dinge, das Leben und die Verhältnisse in der ehemaligen DDR. Der Begriff Ostalgie entstand durch die Vermischung von den Worten Osten und Nostalgie. Diesen Begriff prägte der Dresdner Kabarettist und Schauspieler Uwe Steimle, der seit 1992 die Dialoge der Kultfiguren Bähnert und Zieschong für die mdr TV-Serie "OSTALGIE" textete. 1997 erschienen seine pointierten Texte unter dem Titel Uns fragt ja keener - Ostalgie mit Frau Bähnert und Herrn Zieschong als Buch.[1]

Die Ostalgie wurde im Fernsehen entdeckt. 15 Jahre nach dem Fall der Mauer wurde der DDR-Alltag zum Hauptthema vieler Shows und Filme. Dieses erstaunliche Interesse an Ostdeutschland riefen die Filme Sonnenallee, zu dem Thomas Brussig das Drehbuch schrieb, und vor allem Good bye Lenin! hervor, in dem die DDR wieder auflebte und der als einer der erfolgreichsten deutschen Filme aller Zeiten bezeichnet wurde. Der Film ließ also die Zeit aufleben, die man mehr als 10 Jahre zu vergessen versuchte. Den Riesenerfolg dieses Filmes mochten die verschiedensten Ostalgie-Shows nachahmen. Heutzutage werden typische Ost-Produkte angeboten, Ostalgiker finden in Online-Shops einige DDR-Fanartikel. Man kann an einer Ostalgie-Tour, einer Ostalgie-Party teilnehmen, man kann das Leben in der DDR mit Quizfragen erinnern. DDR-Musiktitel oder DDR-Lebensmittel erfreuen sich großer Beliebtheit. Die sozialistischen Slogans leben wieder auf T-Shirts auf.

Die Aufzählung der Bereiche, in denen sich die Ostalgie durchsetzte, wäre noch viel länger. Aber ich möchte auf einen Bereich Aufmerksam machen, in dem die Ostalgie eine Ausnahmestellung hat und in dem die Ostalgie andere Sphären der menschlichen Tätigkeit beeinflusst – die Literatur. In die Zeiten der DDR wurden die Handlungen zahlreicher Romane und Erzählungen untergebracht.

Man muss beifügen, dass die Ostalgie-Literatur nicht den schwarzweißen Blick auf die DDR-Zeit bringt. Auch in dieser Literatur ertönen negative und kritische Tone, die die ehemalige Zeit verurteilen. Trotzdem ist die Ostalgie auf die Verflechtung von guten und bösen Sachen in der ehemaligen DDR begründet. Schöne Erinnerungen, jugendliche Ideale vermischen sich mit den Gefühlen der Verzweifelung, Hoffnungslosigkeit und Kritik am politischen und gesellschaftlichen System. Vielleicht ist man nicht imstande, Erinnerungen zu schildern, ohne in die Nostalgie mindestens ein bisschen zu versinken. Unsere Erinnerungen müssen nicht ganz genau der Realität entsprechen und auf dieser Tatsache ist die Ostalgie-Literatur aufgebaut. Dass die Autoren nicht ganz nostalgisch sind, kann man vielleicht so erklären, dass es ein allgemeines Bewusstsein gibt, dass die DDR ein SED-Staat war, dass Stasi-Regime in der DDR herrschte. Vielleicht nur dieses Wissen verhindert den Autoren ganz nostalgisch zu erzählen.

In den letzten Jahren verbreitete sich auch das Interesse an den bekanntesten DDR-Schriftstellern, die im Westen lange als Dissidenten gefeiert, dann als Komplizen des totalitären Staates geschmäht wurden, v.a. Christa Wolf.[2]

Die Autoren wählen oft Humor, leichte Ironie und Übertreibung als die Mittel zur Beschreibung des DDR-Alltags und ihrer Kindheit. Die Bücher sind oft autobiographisch, Autoren beschreiben ihr eigenes Leben und gehen von ihren eigenen Erfahrungen aus. In erster Linie geht es in der Ostalgie–Literatur um die Darstellung der Lebensweise mit allen Dingen, die dazu gehören – d.h. auch Stasiterror, Mauertote und Reiseverbote. Trotzdem geht es um diese negativen Seiten des damaligen Lebens nur am Rande. Die Autoren möchten keinen beschuldigen, sie möchten nicht die Geschichte umgestalten, sie möchten nur ihr Leben, ihre Erfahrungen, die Lebensart ihrer Generation darstellen.

Die Darstellung der einzelnen Autoren unterscheidet sich in vielen Hinsichten – einige malen eine idyllische DDR in leuchtenden Farben[3], in den Werken von anderen Schriftstellern gibt es mehr Klage und die Betonung der Nachteile, die das damalige Leben brachte.

Die Ostalgie ist vielleicht ein Versuch, diese problematische deutsche Geschichte zu bewältigen, zu überwinden und auch die positiven Seiten dieser Zeit zu finden. Die Ostalgie geht von der Voraussetzung aus, dass man sagt: „Es war doch früher nicht alles schlecht.“ oder „Damals ging es uns auch gut!“ Einige Kritiker verurteilten die Ostalgie nur als eine Sehnsucht nach dem Verlorenen. Unter dem Wort Ostalgie muss sich nicht eindeutig nur kläglicher Seufzer verstecken. Es ist eine Art der Vergangenheitsbewältigung, weil wovon man nicht spricht, das bleibt nicht gelöst, nicht geschlossen.

Es gibt auch die Meinung, dass die Ostalgie der Emanzipation der Ostdeutschen dient.[4] Die Ostdeutschen stellen fest, dass sich auch die Westdeutschen für den DDR-Alltag und die Lebensweise interessieren.

Dieses große Interesse an dem DDR-Alltag muss nicht eindeutig bedeuten, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung die DDR zurückwünscht. Vielleicht möchte man nicht diese Etappe der deutschen Geschichte übergehen, vergessen und vielleicht braucht jeder, sich an die alten Zeiten zu erinnern und die guten Sachen zu erwähnen, vielleicht kann das wachsende Interesse am DDR-Alltag die Menschen aus West und Ost sogar gegenseitig näher bringen.

Es ist nicht die Ausnahme, dass die DDR-Vergangenheit von den jungen Schriftstellern aufgearbeitet wird, die nur die letzten Jahre der DDR erlebten und die in der DDR nur ihre Kindheit verbrachten. Junge Autoren wie Ute Geiling, Friederike Heinzel (Erinnerungsreise – Kindheit in der DDR, 2000), Jana Hensel (Zonenkinder, 2003), Julia Franck (Lagerfeuer, 2003), Claudia Rusch (M eine freie deutsche Jugend, 2003), Jakob Hein (Mein erstes T-Shi rt, 2003), Michael Tetzlaff (Ostblöckchen, 2005), Susanne Fritsche (Die Mauer ist gefallen, 2004), Peter Richter (Blühende Landschaften, 2005) arbeiten ihre Jugend auf und schaffen die Alltagsgeschichten aus der DDR. Genau diese jungen Autoren, die die DDR nur als Kinder erlebten, schätzen ihre Kindheit mehr positiv als ihre Eltern ein. Sie bemühen sich um eine Betrachtung, die nach dem Verständnis strebt.

Zu den sehr interessanten Büchern, die neu erschienen, gehört der Titel Ein Land, genannt die DDR (2005). Dieses Buch enthält die Essays von sechs verschiedenen Autoren, die in chronologischer Reihenfolge die Geschichten aus der DDR erzählen.[5] Die Herausgeber dieses literarischen Experimentes waren Ulrich Plenzdorf und Rüdiger Dammann. 2000 gab Sabine Hädicke das Buch Lehrjahre. Erinnerungen an den sozialistischen Schulalltag heraus.

Die älteren Schriftsteller wie Christa Wolf, Kerstin Mlynkec, Einar Schleef, Christoph Hein und Wolfgang Hilbig beschreiben das Leben in der DDR.

Die Ostalgie-Literatur ist ein Oberbegriff nicht nur für die Belletristik, sondern auch für zahlreiche Bücher, die in die Fachliteratur gezählt werden können. In den letzten Jahren erschienen z.B. Das große Lexikon des DDR-Fußballs, DDR Kochbuch, Der Geschmack des Ostens (Vom Essen, Trinken und Leben in der DDR), Typenkompass DDR Lastwagen, Das große Buch der DDR Kindergeschichten, viele Geschichten der DDR,... Diese alle Bücher sollen also das Leben in der DDR annähern und dazu beitragen, es besser zu verstehen.

Die DDR lebt in Literatur weiter. Trotzdem gibt es einige Stimmen, dass die Ostalgie-Welle ihren Höhepunkt schon überschritt. So versuchen wir, diese Literatur zu bewerten und nachzudenken, was diese Werke der gegenwärtigen Literatur brachten, welche Stellung sie in der Literaturgeschichte einnehmen können.

2. Meine Wahl der literarischen Werke

Ich wollte solche Bücher wählen, die jeder Leser mit der Ostalgie verbindet, die Werke, die einerseits ein bisschen ähnlich sind, andererseits in einigen Hinsichten unterschiedlich sind. Ich wählte ein Buch, das schon die Grenzen der deutschen Literatur überschritt und in viele Sprachen übersetzt wurde. Ich wählte die Bücher, die man als die klassischen Werke der Ostalgie-Literatur bezeichnen kann. Ich wählte ein ganz neues Buch, das die großen Vorbilde nachmacht und das auf die endgültige Bewertung noch wartet.

Meine erste Wahl lautet Am kürzeren Ende der Sonnenallee von Thomas Brussig – der Schlager der letzten Jahre, der schon zum Qualitätsbestandteil der heutigen deutschen Literatur gehört.

Meine weitere Wahl, das Buch, das die breite Diskussion auslöste, heißt Zonenkinder von Jana Hensel.

Das weitere Buch, an dem ich die Ostalgie in der gegenwärtigen deutschen Literatur erklären möchte, schrieb Claudia Rusch unter dem Titel Meine freie deutsche Jugend.

Als letztes Werk suchte ich das wenig bekannte, aber schon jetzt beliebte Buch aus, das an die Zonenkinder anknüpft. Es handelt sich um ein Buch von Michael Tetzlaff - Ostblöckchen. Neues aus der Zone.

3. Die Beschreibung der einzelnen Bücher und deren Autoren

Ich wählte die Texte solcher Autoren, die zwar in der DDR lebten, aber dort nicht als Autoren auftraten, weil sie damals zu jung waren.[6] Außer Brussig verbindet ähnliches Alter die Autoren – sie wurden in der ersten Hälfte der 70er Jahren geboren. Noch ein wichtiger Aspekt verbindet die Autoren – ihr eigenes Leben ist der Ausgangspunkt ihrer Bücher, die Bücher widerspiegeln ihre Träume, Wünsche, Lieben und auch die Enttäuschungen.

Die Bücher ordnete ich chronologisch, wie sie erschienen.

3.1 Thomas Brussig – Am kürzeren Ende der Sonnenallee

Das Buch, von dem schon Vieles geschrieben wurde. Das Buch, das schon in mehreren Auflagen herausgegeben wurde. Das Buch, dank dem sein Verfasser in den Kreis der erfolgreichsten gegenwärtigen Schriftsteller trat. Das Buch, das an den Ausbruch dieses großen Phänomens – der Ostalgie-Welle Anteil hatte. Alle diese Merkmale verbindet das Buch Am kürzeren Ende der Sonnenallee von Thomas Brussig.

Thomas Brussig wurde 1965 in Berlin geboren und verbrachte dort seine Jugend. Nach dem Abitur arbeitete er als Museumspförtner, Tellerwäscher und Reiseleiter, bevor er an der Filmhochschule Konrad Wolf Potsdam-Babelsberg Dramaturgie studierte. Seit 1995 ist er als freiberuflicher Schriftsteller tätig. Er lebt in Berlin.[7]

Sein erster Roman, Wasserfarben, wurde 1991 unter einem Pseudonym veröffentlicht . Vier Jahre später erschien sein Roman Helden wie wir. Sein dritter Roman Am kürzeren Ende der Sonnenallee wurde 1999 zum Bestseller. Am 7. Oktober – der 50. Jahrestag der DDR-Gründung - kommt der Film Sonnenallee in die deutschen Kinos. Regie führte Leander Haußmann. Das Drehbuch schrieb er gemeinsam mit Thomas Brussig. Der Film wurde zum erfolgreichsten deutschen Kinofilm des Jahres. Im Februar 1999 wurden die beiden Autoren mit dem Drehbuchpreis der Bundesregierung ausgezeichnet. 2000 versuchte Brussig in seinem Schauspiel Heimsuchung, die DDR-Vergangenheit mit satirischen Mitteln abzubilden. 2001 wurde ein Monolog eines namenlosen Fußballtrainers unter dem Titel Leben bis Männer veröffentlicht. 2004 erschien bis jetzt sein letzter Roman Wie es leuchtet.[8]

[...]


[1] URL: <http://www.kleinkunst-igel.de/Steimle.htm> [zitiert 2006-03-16]

[2] Literaturen. Das Journal für Bücher und Themen. Nr. 04. Friedruch Berlin Verlag. Berlin. 2004. S.9.

[3] URL: <http://www.2.uni-jena.de/philosophie/phil/tr/17/ploenus.php> [zitiert 2006-03-16]

[4] Siehe: URL: <http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_99/13/

06b.htm> [zitiert 2006-03-16]

[5] URL: <http://www.perlentaucher.de/buch/22292.html> [zitiert 2006-03-16]

[6] URL: <http://www.ndl.germanistik.phil.unierlangen.de/extras/

weiterschreiben.html> [zitiert 2006-03-16]

[7] URL: <http://www.goethe.de/ins/eg/prj/mal/jda/dtl/brs/deindex.htm> [zitiert 2006-03-16]

URL: <http://www.dickinson.edu/departments/germn/glossen/heft3/

brussigbio.html> [zitiert 2006-03-16]

[8] URL: <http://www.goethe.de/ins/eg/prj/mal/jda/dtl/brs/deindex.htm> [zitiert 2006-03-16]

URL: <http://www.dickinson.edu/departments/germn/glossen/heft3/

brussigbio.html> [zitiert 2006-03-16]

Ende der Leseprobe aus 47 Seiten

Details

Titel
Ostalgie in der gegenwärtigen deutschen Literatur
Hochschule
Masaryk Universität
Note
1
Autor
Jahr
2006
Seiten
47
Katalognummer
V85642
ISBN (eBook)
9783638896580
ISBN (Buch)
9783638896597
Dateigröße
560 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
41 Online-Quellen.
Schlagworte
Ostalgie, Literatur
Arbeit zitieren
Katerina Fisova (Autor:in), 2006, Ostalgie in der gegenwärtigen deutschen Literatur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85642

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