Woher nimmt der NPO-Sektor sein Existenzrecht? - Auf der Suche nach einem Fingerabdruck


Hausarbeit, 2007

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition

3. Leitfaden

4. Volkswirtschaftliche Ansätze
4.1 Theorie des kombinierten Markt- und Staatsversagens
4.1.1 Leistungen und Grenzen des Modells
4.2 Vertrauenstheorie
4.2.1 Leistungen und Grenzen des Modells
4.3 Integrierendes Leistungsmodell von NPOs
4.3.1.1 NPOs als konkurrierende oder zusätzliche Leistungserbringer
4.3.1.2 NPOs als Leistungspioniere
4.3.1.3 NPOs als Kontrollinstanz
4.3.1.4 NPOs als Themenpioniere
4.3.2 Leistungen und Grenzen des Modells
4.4 Interdependence Theory
4.4.1 Leistungen und Grenzen des Modells

5. Soziologische Ansätze
5.1 Theorie des funktionalen Dilettantismus
5.1.1 Leistungen und Grenzen des Modells
5.2 Theorie der Zivilgesellschaft
5.2.1 Leistungen und Grenzen des Modells

6. Organisationssoziologischer Ansatz
6.1 Externe Organisationseinflüsse von Staat und Markt
6.2 Organisation versus Organisationsabwehr
6.3 Probleme der Erfolgs- und Effizienzmessung
6.4 Ideologien versus Realitätsanforderungen

Fazit

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Staats- und Markversagen

Abb. 2 Zusammenhang NPO Sektor und Heterogenität einer Gesellschaft (1995)

Abb. 3 Rangkorrelationskoeffizient NPO Sektor und Heterogenität (Zahlen 1995)

Abb. 4 Leistungstypen von NPOs

Abb. 5 Rangkorrelationskoeffizient Sozialausgaben und Größe NPO Sektor (1995)

Abb. 6 Vergleich Spendenverhalten (Zahlen von 2002)

Abb. 7 Arbeitszufriedenheit und Motivation in der Altenbetreuung und –pflege

1. Einleitung

Forschungsergebnisse bezüglich des Nonprofit Sektors und Ausbildungsangebote zum Thema NPO-Management haben vor allem seid den 90er Jahren, nicht zuletzt durch das Johns Hopkins Comparative Project, an Bedeutung gewonnen. „Wo bis vor kurzem z.B. von Genossenschaften oder Verbänden gesprochen wurde, ist nun die Rede von NPOs.“[1]

Die Frage, die sich hierbei stellt ist: Was begründet die Existenz dieses „neuen“ Sektors? Welchen Grund gibt es dafür, einen neuen Forschungsbereich zu erschließen?

Damit eine Antwort auf diese Fragen gefunden werden kann befasst sich diese Hausarbeit mit dem Versuch durch volkswirtschaftliche, soziologische und organisationssoziologische Betrachtungsweisen und Theorien den Nonprofit Sektor zu charakterisieren. Zu zeigen ist hierbei, ob es sich tatsächlich um einen eigenständigen, von Anderen abzugrenzenden Bereich handelt, also ein einzigartiger Fingerabdruck existiert.

Bevor allerdings die verschiedenen Ansätze vorgestellt werden, bedarf es vorerst einer Definition, was man unter dem NPO Sektor überhaupt versteht respektive was er beinhaltet.

2. Definition

Die Definition des NPO Sektors ist relativ eindeutig. Er wird definiert als „die Menge aller NPOs in einer Volkswirtschaft.[2] Schwieriger ist eine deutliche Begrenzung von NPOs. So werden Begriffe wie Freiwilligenorganisation, Nongovernmental Organizations (NGOs), oder auch quasi-NGOs (QUANGOS) häufig synonym gebraucht, mit allerdings unterschiedlichen Inhaltsvorstellungen.[3] Diese Hausarbeit bezieht sich auf die Definition von Badelt, der NPOs folgende Charakteristika zuweist: NPOs sind durch ein Mindestmaß an formaler Organisation gekennzeichnet, sind private, das heißt nicht staatliche Organisationen, dürfen keine Gewinne beziehungsweise Überschüsse an Eigentümer oder Mitglieder ausschütten, weisen ein Minimum an Selbstverwaltung respektive Entscheidungsautonomie auf und sind durch ein Mindestmaß an Freiwilligkeit gekennzeichnet.[4]

3. Leitfaden

Durch die Definition hat der NPO Sektor somit an Gestalt gewonnen. Das Problem welches sich daraus ergibt ist die Vielzahl von Organisationsausprägungen, welche darunter fallen; Vom Apfelbäumchen e.V. Nussloch[5] über das Evangelische Jugendhilfezentrum Godesheim bis hin zu Greenpeace. Denn um den NPO Sektor weiter einheitlich charakterisieren zu können müssen die folgenden Theorien sämtliche, zumindest aber einen Großteil an Organisationen und Organisationstypen umfassen, um einem möglichst großen Wahrheitsgehalt zu erhalten.

Aus diesem Grund erscheint es sinnvoll die Vorgestellten Theorien und Betrachtungen im Folgenden auch unter Bezug der Praxisnähe zu durchleuchten. Hierfür stehen einige empirische Untersuchungen, sowie Berichte zur Verfügung.

Letztendlich wird eine Aussage getroffen, ob eine entsprechende Universalität der Theorien zutreffen kann beziehungsweise Einschränkungen gemacht werden müssen.

Wie nahe die Ausführungen letztendlich wirklich an der Realität liegen, vermag diese Arbeit allerdings nicht zu sagen, denn dafür sind letztendlich zu wenige Forschungsergebnisse bekannt und der Sektor zu groß.

4. Volkswirtschaftliche Ansätze

4.1 Theorie des kombinierten Markt- und Staatsversagens

Diese Theorie geht davon aus, dass der NPO Sektor existiert, da der Staat nicht in der Lage ist sämtliche öffentlichen Güter, d.h. „jene Güter, bei denen es nicht wünschenswert, möglich oder rentabel ist, Personen von deren Nutzung auszuschließen, und die sich durch Nichtrivalität der Inanspruchnahme auszeichnen“[6], entsprechend den Konsumentenpräferenzen bereitzustellen. Sobald eine Unterversorgung eintritt „heilt“ die NPO dieses Staatsversagen.[7] Dies bezieht sich sowohl auf die quantitative Versorgung, d.h. der Staat stellt ein Gut nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung, als auch auf die qualitative Versorgung, also NPOs reagieren auf die Verschiedenartigkeit von Güterbedürfnissen. Als Beispiel seien die öffentlichen Schulkonzepte genannt. Da der Staat nur einen bestimmten Rahmen an pädagogischen Konzepten zur Verfügung stellt, entstehen NPOs, welche die verschiedenen Bedürfnisse nach alternativen Konzepten (genannt sei die Montessori- und Waldorfpädagogik) befriedigt. Die qualitative Ergänzungsfunktion fällt auch unter dem Begriff Heterogenitätsthese, da sie von der Wissenschaft mit der quantitativen Unterversorgung (allgemein Unterversorgungstheorie) getrennt gesehen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Staats- und Markversagen[8]

Unterstützt wird die Heterogenitätsthese durch die Annahme, dass der Staat nur Güter anbieten kann die eine breite Akzeptanz finden. Je heterogener die Nachfrage ist, desto unwahrscheinlicher ist breite Akzeptanz hinsichtlich der Leistungen des Staates und desto höher der Bedarf an NPOs, die diese Angebotslücke decken.

Daraus wird wiederum geschlossen, dass die Wahrscheinlichkeit des Staatsversagens mit der Heterogenität der Bevölkerung steigt respektive die Größe des NPO Sektors mit der ethnolinguistischen Heterogenität steigt.[9]

Das Marktversagen ergibt sich in dieser Theorie aus der Annahme, dass der öffentliche Sektor nur existiert, weil der Markt in Bezug auf die Produktion öffentlicher Güter prinzipiell versagt.[10]

4.1.1 Leistungen und Grenzen des Modells

Unter historischem Gesichtspunkt kann man sehen, dass die Entwicklung von NPOs häufig in genau umgekehrter Richtung verlief, als es die Theorie begründet. NPOs entstanden teilweise nicht als Ergänzung zum Staat und seiner Bereitstellung öffentlicher Güter (substitutiv), sondern vielmehr als Themenpioniere. Als Beispiel sei hier zum Beispiel Greenpeace genannt, die durch ihre umweltorientierten Aktionen neue Themen in der Gesellschaft aufwarfen und neue Bedürfnisse durch eine neue Betrachtungsweise implizierten[11].

Die Heterogenitätstheorie besagt, dass die Größe des NPO-Sektor von der Heterogenität einer Gesellschaft abhängt. In einer Untersuchung verschiedener europäischer Länder konnte dies nicht bestätigt werden. Als Indikator der Größe des NPO Sektors galt der Anteil aller Mitarbeiter (inklusive Ehrenamtliche) eines Landes im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung. Begründet ist dies dadurch, dass die Produktivität überwiegend vom Produktionsfaktor Arbeit abhängt. Somit kann man sagen, je mehr Mitarbeiter, desto größer der Sektor. Indikator für die Heterogenität, war der Anteil der Nichtstaatsangehörigen an der Gesamtbevölkerung. Ein höherer Anteil ist hierbei gleichbedeutend mit einer größeren Heterogenität der Gesellschaft.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abb.2 Zusammenhang NPO Sektor und Heterogenität einer Gesellschaft (1995)[12]

Man erkennt an dieser Abbildung, dass kein Zusammenhang zwischen der Größe der Sektoren und der Heterogenität der Gesellschaft besteht. Im Gegenteil es scheint sich tendenziell gegenläufig zu Verhalten. Um das ganze noch zu untermauern wird der Rangkorrelationskoeffizient noch hinzugenommen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Rx1 = Mitarbeiter in NPO (inkl. Freiwillige) an Gesamtbevölkerung

Rx2 = Anteil Nichtstaatsangehöriger an der Gesamtbevölkerung

N = 7

Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman: r = 1 – 6 * (∑ (Rx1-Rx2)²/n(n²-1))

r = 1 – 6 * (64/336) = -0,143

Abb. 3 Rangkorrelationskoeffizient NPO Sektor und Heterogenität (Zahlen 1995)[13]

Er bestätigt noch einmal das gesagte. Wenn es einen Zusammenhang gibt dann eher einen negativen, dies bedeutet je größer die Heterogenität, desto kleiner ist der NPO Sektor. Die Ursache hierfür könnte in einer geringeren Aktivität der Nichtstaatsangehörigen im NPO Sektor liegen. Somit ist abschließend die Theorie des Markt- und Staatsversagens nur sehr begrenzt zu betrachten.

Für wie viele NPO`s diese Theorie vielleicht doch zutrifft ist hierbei schwer zu sagen. Leichter scheint es hier vielmehr einen universellen Charakter abzusprechen.

4.2 Vertrauenstheorie

Die Vertrauenstheorie basiert auf der Vermutung, dass NPOs vor allem aufgrund des Gewinnausschüttungsverbots vertrauenswürdiger sind als Unternehmen des Staates beziehungsweise Marktes. Ihnen wird dabei eine höhere Orientierung an den Interessen des Konsumenten zugeschrieben. Deswegen bieten NPOs Leistungen an, deren Output oder Qualität nur schwer messbar ist und somit Informationsvorteile der Produzenten hervorrufen (asymmetrische Informationslage). Dies ist gegeben, wenn zum Beispiel der Käufer und die betroffene Person nicht identisch sind, als Beispiel gilt hier der Kindergarten, oder das Gut zu komplex ist und eine angemessene Beurteilung eine hohe Qualifikation erfordert. Diese Vertrauenshypothese gilt dabei nicht nur für die Konsumenten, genannt sei der Katholik, der ein katholisches Altenheim wählt, sondern auch für Spender. Unter Spenden fällt hierbei neben monetären Zuwendungen auch die Freiwilligenarbeit, in der der Produktionsfaktor Arbeit umsonst zur Verfügung gestellt wird.[14]

4.2.1 Leistungen und Grenzen des Modells

Ein erstes Indiz für eine Bestätigung dieser Theorie kann man in der höheren Sensibilität von Spendern auf Skandale, Pressemitteilungen und Gehälter des Managements erkennen. Diesbezüglich sanken z.B. im Südtiroler Kinderdorf die Zuwendungen an Spenden, nachdem bekannt geworden ist, dass sich Leitungspersonal Gelder von den Einrichtungskonten entnommen hat, um über 20 %.[15] Des Weiteren wurde die Qualität im Bereich von Pflegeheimen und Behinderteneinrichtungen untersucht, wobei Klientenbeschwerden als Indikator für Qualität diente. Das Ergebnis hierbei waren signifikant geringere Beschwerden über NPO-Heime und somit eine weitere Bestätigung für die Vertrauenstheorie. Auch ergab eine weitere Studie, dass Menschen mit weniger Informationen eher NPO-Pflegeheime wählen, d.h. mehr Vertrauen in die Leistungen des NPO Sektors besitzen.[16]

[...]


[1] Simsa (2001),

[2] Badelt (2002),

[3] Simsa (2001),

[4] Badelt (2002), S.8 + S.9

[5] Entnommen aus „Förderpreis aktive Bürgerschaft – Innovation aus Tradition (2002)“

[6] Simsa (2001),

[7] Badelt (2002),

[8] Eigene Zeichnung

[9] Simsa (2001), S. 91 + 92

[10] Badelt (2002),

[11] Badelt (2002),

[12] Daten: Eurostat (2002), Johns Hopkins University (1996)

[13] Daten: Eurostat (2002), Johns Hopkins University (1996)

[14] Simsa (2001), S. 92 - 95

[15] Gespräch mit Dr. Heinz Senoner, Leiter des Südtiroler Kinderdorfs Brixen (2000)

[16] Badelt (2002),

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Woher nimmt der NPO-Sektor sein Existenzrecht? - Auf der Suche nach einem Fingerabdruck
Hochschule
Fachhochschule Koblenz - Standort RheinAhrCampus Remagen
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
26
Katalognummer
V81323
ISBN (eBook)
9783638851510
ISBN (Buch)
9783638850902
Dateigröße
486 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Woher, NPO-Sektor, Existenzrecht, Suche, Fingerabdruck
Arbeit zitieren
Sven Schulz (Autor:in), 2007, Woher nimmt der NPO-Sektor sein Existenzrecht? - Auf der Suche nach einem Fingerabdruck, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81323

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