Verfahren zur Bewertung von Humankapital und ihre Eignung für das Value Reporting


Diplomarbeit, 2007

81 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Formelverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Bedeutung von Humankapital für die wertorientierte Unternehmensführung
2.1 Definition des Begriffes „Humankapital“
2.2 Konzept der wertorientierten Unternehmensführung
2.2.1 Ziel und Grundgedanke
2.2.2 Werttreibermanagement
2.3 Einordnung von Humankapital in das Werttreibermanagement

3. Value Reporting zur Kommunikation wertorientierter Unternehmensführung
3.1 Begriff und Einordnung
3.2 Grundsätze für das Value Reporting
3.3 Aufbau eines Value Reporting-Systems
3.4 Berichterstattung über das Humankapital als Beitrag für das Value Reporting (Human Value Reporting)

4. Ausgewählte Ansätze zur Bewertung von Humankapital und ihre Eignung für das Value Reporting
4.1 Überblick – Bewertungsansätze von Humankapital
4.2 Darstellung ausgewählter Ansätze zur Bewertung von Humankapital
4.2.1 Marktwertorientierter Ansatz: Tobins’s q
4.2.2 Accountingorientierter Ansatz: Human Resource Accounting (HRA)
4.2.3 Indikatorenbasierter Ansatz: Skandia Navigator
4.2.4 Value Added orientierter Ansatz: WorkonomicsTM-Konzept
4.2.5 Ertragsorientierter Ansatz: Calculated Intangible Value (CIV)
4.2.6 Kombinierter Ansatz: „Saarbrücker Formel“
4.3 Eignung der Ansätze zur Bewertung von Humankapital für das Value Reporting
4.3.1 Eignung gemäß dem Kriterium der Klarheit
4.3.2 Eignung gemäß dem Kriterium der Vergleichbarkeit
4.3.3 Eignung gemäß dem Kriterium der Segmentierung
4.3.4 Eignung gemäß dem Kriterium der Zukunftsorientierung

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Zusammenhang zwischen wertorientierter Unternehmensführung und Shareholder Value

Abbildung 2: Werttreiber-Baum der Robert Bosch GmbH

Abbildung 3: Humankapital als Bestandteil des Unternehmenswertes

Abbildung 4: Klassifizierung der Ansätze zur Bewertung von Humankapital

Abbildung 5: Beispiel eines Personalinvestitionskontos im Rahmen des Human Ressource Accounting

Abbildung 6: Bewertungsverfahren des Human Resource Accounting

Abbildung 7: Fallbeispiel zur Firmenwertmethode

Abbildung 8: Dimensionen des Skandia Navigators

Abbildung 9: Rechenbeispiel zum Verfahren des Skandia Navigators

Abbildung 10: Kapital- versus humankapitalorientierte Sichtweise

Abbildung 11: Der CIV - Ansatz am Beispiel des Unternehmens Merck & Co

Abbildung 12: Die Komponenten der Saarbrücker Formel

Abbildung 13: Die Saarbrücker Formel

Abbildung 14: Rechenbeispiel zur Saarbrücker Formel

Abbildung 15: Einfluss von Personalabbau in der Saarbrücker Formel

Abbildung 16: Bewertungsskala zur Darstellung der Eignung der Verfahren für das Value Reporting

Abbildung 17: Bewertungsskala gemäß dem Kriterium der Klarheit

Abbildung 18: Bewertungsskala gemäß dem Kriterium der Vergleichbarkeit

Abbildung 19: Bewertungsskala gemäß dem Kriterium der Segmentierung

Abbildung 20: Bewertungsskala gemäß dem Kriterium der Zukunftsorientierung

Abbildung 21: Zusammenfassung der Bewertungsergebnisse

Abbildung 22: Bewertungsdiagramm zur Eignung der Verfahren für das Value Reporting I

Abbildung 23: Bewertungsdiagramm zur Eignung der Verfahren für das Value Reporting II

Abbildung 24: Gesamtergebnis der Untersuchung

Tabellenverzeichnis:

Tabelle 1: Tobins’s q ausgewählter DAX-30 Unternehmen

Tabelle 2: Verhältnis von Personalkosten zu kapitalbezogenen Kosten bei

DAX-30 Unternehmen

Tabelle 3: WorkonomicsTM für ausgewählte DAX-30 Unternehmen

Formelverzeichnis:

Formel 1: Grundformel für die Berechnung des Humankapitals bei marktwertorientierten Ansätzen

Formel 2: Grundformel für die Berechnung des Humankapitals bei accountingorientierten Ansätzen

Formel 3: Grundformel für die Berechnung des Humankapitals bei indikatorbasierten Ansätzen

Formel 4: Grundformel für die Berechnung des Humankapitals bei Value-Added-Ansätzen

Formel 5: Grundformel für die Berechnung des Humankapitals bei ertragsorientierten Ansätzen

Formel 6: Berechnung des Humankapitals mit Hilfe des Tobins’s q

Formel 7: Berechnung des Humankapitals mit der Firmenwertmethode

Formel 8: Berechnung des Humankapital nach dem Skandia-Navigator-Modell

Formel 9: Berechnung des Koeffizienten der Effizienz des Intellectual Capitals im Skandia-Navigator-Modell

Formel 10: Berechnung des modifizierten CVA nach der WorkonomicsTM-Methode

Formel 11: Berechnung des Human Capital mit dem Calculated Intangible Value

Formel 12: Berechnung der HC-Wertbasis innerhalb der Saarbrücker Formel

Formel 13: Berechnung des HC-Wertverlustes innerhalb der Saarbrücker Formel

Formel 14: Berechnung der HC-Wertkompensation innerhalb der Saarbrücker Formel

Formel 15: Berechnung der HC-Wertveränderung innerhalb der Saarbrücker Formel

Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Mitarbeiter sind die wichtigste Quelle für Erfolg und Wertschaffung der Unternehmen.[1] Mit dieser Aussage unterstreicht nicht nur der Human Capital Club e.V.[2] die wachsende Bedeutung der menschlichen Ressource für den Unternehmenserfolg, auch aus immer mehr Managementetagen weltweiter Unternehmen sind ähnliche Aussagen regelmäßig zu hören oder in Unternehmensberichten nachzulesen. Für die BMW Group sind die Mitarbeiter z.B. „. ..keine Kosten, sondern ein Erfolgsfaktor“.[3] Die Siemens AG hat darüber hinaus in seinem konzernübergreifenden Business Excellence Programm „P3“ den Mitarbeiter („people“) neben den Produkten („products“) und den Prozessen („process“) in den Mittelpunkt der strategisch wichtigsten Faktoren gestellt, und verstärkt dies mit der Aussage „our employess are the key to our success“.[4] In einer Zeit, in der sich moderne Volkswirtschaften immer mehr von industrie- zu dienstleistungs- und technologiebasierten Wirtschaftssystemen entwickeln, wird die immaterielle Vermögensbasis von Unternehmen zunehmend als der wesentliche Werttreiber identifiziert.[5] Mit der wachsenden Differenz zwischen dem Buch- und Marktwert vieler Unternehmen wird dieser Aspekt weiter verstärkt, da dieser Unterschied hauptsächlich durch diese immaterielle Vermögensbasis erklärt wird.[6] Hierbei wird neben unternehmensintern generierten Marken, Kunden- und Lieferantenbeziehungen oder Patentportfolios insbesondere den Mitarbeitern eines Unternehmens eine zentrale Rolle beigemessen.[7] Schließlich sind es nicht die materiellen und finanziellen Ressourcen, die Werte schaffen, sondern es sind die Mitarbeiter, die allein darüber entscheiden, ob die Ressourcen ertragbringend oder unwirtschaftlich eingesetzt werden, und ob dadurch Werte geschaffen oder vernichtet werden. Dadurch werden die Mitarbeiter zum Vermögen oder Kapital von Unternehmen, dem sogenannten Humankapital.

Das Wort Humankapital ist von einer Jury aus Sprachwissenschaftlern im Jahre 2004 zum Unwort des Jahres gewählt worden. Dies wurde durch die zunehmende Benutzung des Wortes aus der ökonomischen Fachsprache in nichtfachlichen Zusammenhängen begründet. Das Wort „Humankapital“ degradiere dadurch nicht nur Arbeitskräfte in Betrieben, sondern Menschen überhaupt zu nur noch ökonomisch interessanten Größen.[8] Der Begriff „Humankapital“ ist allerdings schon seit vielen Jahren in der Wirtschaftstheorie und Unternehmenspraxis etabliert, da er bereits vor mehr als vierzig Jahren von dem amerikanischen Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, Gary Becker, definiert und geprägt wurde. Aber erst jetzt rückt dieser Begriff immer mehr in den Fokus der öffentlichen Betrachtung und hat durch die Wahl zum Unwort des Jahres disziplinübergreifend kritische Diskussionen ausgelöst. „Schätzungen zufolge umfasst Humankapital etwa 80 Prozent des Kapitals bzw. Reichtums der fortschrittlichen Volkswirtschaften“.[9] Zwar wird dem Humankapital deshalb auch ein immer höherer Stellenwert von allen Seiten zugesprochen, aber wenn Unternehmen bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten regelmäßig reflexartig mit massivem Personalabbau reagieren, wird die Beschwörung des Humankapitals als ein reines Lippenbekenntnis konterkariert. Aus diesem Grund kommt der Messung und Bewertung des Humankapitals eine besondere und entscheidende Bedeutung zu, da hierdurch erst der hohe Stellenwert für die Unternehmen beziffert werden kann und aus diesen Kennzahlen richtungsweisende Rückschlüsse getroffen werden können.

Trotz der Erkenntnis, dass der wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen auch maßgeblich von den Leistungspotenzialen der Belegschaft abhängig ist, hat sich bis zum heutigen Tag noch kein allgemein anerkanntes Konzept zur Bewertung von Humankapital in der Unternehmenslandschaft herauskristallisiert und etabliert. Allerdings machen zahlreiche Bewertungsanlässe eine genaue Bewertung von Humankapital unumgänglich. Hier können neben Wertermittlungen im Rahmen von Unternehmenstransaktionen und Börsengängen vor allem Wertermittlungen im Rahmen der wertorientierten Unternehmensführung genannt werden. Hinzu kommt das Bedürfnis des Kapitalmarktes, der eine Kommunikation wertrelevanter Unternehmenskennzahlen im Sinne eines Value Reportings erwartet. Es existiert heute eine Vielzahl verschiedenster Bewertungsansätze und Bewertungsmethoden, die im Rahmen einer wertorientierten Unternehmensführung angewandt werden, für eine externe Kommunikation im Rahmen des Value Reportings aber nicht immer aussagekräftig und geeignet sind. Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, ausgewählte Verfahren zur Bewertung von Humankapital im Rahmen der wertorientierten Unternehmensführung vorzustellen und ihre Eignung für das Value Reporting zu untersuchen.

Zunächst wird im Kapitel „Bedeutung von Humankapital für die wertorientierte Unternehmensführung“ erläutert, was genau unter Humankapital zu verstehen ist und wie es in der Literatur erklärt wird. Hier werden verschiedene Ansätze zur Definition von Humankapital vorgestellt um diesen weitgestreuten Begriff besser einordnen und verstehen zu können. Danach wird das Konzept der wertorientierten Unternehmensführung vorgestellt, da es die Grundlage für das steigende Bedürfnis einer Bewertung von Humankapital bildet. Im Anschluss wird dann dargelegt, warum es für Unternehmen so wichtig ist sich mit dem Thema Humankapital zu beschäftigen und wie bedeutsam es als strategische Ressource und als Werttreiber für den Unternehmenserfolg bzw. Unternehmenswert ist.

Im Kapitel „Value Reporting zur Kommunikation wertorientierter Unternehmensführung“ werden neben dem Begriff auch die Grundsätze und der Aufbau eines Value Reportings vorgestellt. Darüber hinaus wird das Human Value Reporting erläutert um zu verdeutlichen welchen Beitrag eine Berichterstattung über das Humankapital für das Value Reporting leisten kann.

Der Schwerpunkt der Diplomarbeit liegt gemäß dem Titel auf dem Kapitel „Ausgewählte Ansätze zur Bewertung von Humankapital und Ihre Eignung für das Value Reporting“. Hier wird zunächst eine Kategorisierung verschiedener Bewertungsansätze vorgestellt und ein Überblick über die zahlreichen Methoden zur Humankapitalbewertung gegeben. Anschließend werden die methodischen Grundlagen einiger Bewertungsansätze dieser Kategorien vorgestellt. Der Punkt „Eignung der Ansätze zur Humankapitalbewertung für das Value Reporting“ beschäftigt sich mit der Frage welche der untersuchten Bewertungsansätze und Bewertungsmethoden für eine kapitalmarktorientierte Berichterstattung im Rahmen des Value Reportings geeignet oder eher ungeeignet sind. Hier wird analysiert, ob diese den Grundsätzen und Zielen des Value Reportings gerecht werden. Dabei werden die Verfahren auf die für ein Value Reporting wichtigen Kriterien Vergleichbarkeit, Ausgewogenheit, Segmentierung und Zukunftsorientierung untersucht.

Abschließend werden im Fazit die im Rahmen der Diplomarbeit gefundenen Ergebnisse zusammengefasst und die Eignung der vorgestellten Verfahren für das Value Reporting zusammenfassend beurteilt.

2. Bedeutung von Humankapital für die wertorientierte Unternehmensführung

2.1 Definition des Begriffes „Humankapital“

In der wissenschaftlichen Literatur gibt es keine einheitliche Definition des Begriffes Humankapital, der in der deutschsprachigen Literatur auch unter dem Synonym „Humanvermögen“ oder „Humanpotenzial“ zu finden ist. Aber auch die englischen Begriffe wie „human capital“ bzw. „human assets“ finden häufige Verwendung. Im Folgenden werden einige dieser Definitionen vorgestellt um zu verdeutlichen welche zahlreichen Aspekte unter diesem Begriff subsumiert werden. Es handelt sich dabei um ausgewählte Definitionen, die Humankapital als eine wichtige strategische Ressource und ein Vermögen des Unternehmens ansehen und damit im direkten Bezug zum Thema der Arbeit stehen.

Wie in der Einleitung bereits angedeutet, wurde der Begriff bereits vor rund 40 Jahren von dem Ökonom und Nobelpreisträger, Gary Becker, geprägt und als das ökonomisch verwertbare Wissen eines Menschen definiert.[10] Damit wird das Humankapital als ein nützlicher und wertvoller Vermögensgegenstand des Unternehmens interpretiert.

Der Wissenschaftler Schultz liefert darüber hinaus eine weitere allgemeine Definition. Er versteht unter dem Humankapital „... alle Kenntnisse und Fähigkeiten einer Gruppe von Personen oder einer einzelnen Person mit ökonomischen Wert“.[11] Auch Schultz spricht damit bei Humankapital von einem „Wert“ für Unternehmen und unterstreicht dadurch die Bedeutung als eine wichtige strategische Ressource.

Fitz-enz definiert das Humankapital aus der Sicht der Unternehmensführung als eine Kombination mehrerer Faktoren:

- „Die Eigenschaften, mit denen eine Person an die Arbeit herangeht: Intelligenz, Energie, eine positive Einstellung, Zuverlässigkeit, Engagement;
- Ihre Lernfähigkeit: Begabung, Vorstellungskraft, Kreativität, Können und praxisorientiertes Denken;
- Ihre Motivation zum Austausch von Informationen und Wissen: Teamgeist und Zielorientierung .”[12]

Fitz-enz liefert damit eine weit detailliertere Definition des Begriffes und konkretisiert dabei vor allem die weichen Faktoren und Bestandteile des Humankapitals, d.h. nicht objektiv quantifizierbare und berechenbare Aspekte. Dazu gehören wie der Autor beschreibt z.B. die Intelligenz, Lernfähigkeit oder Motivation der Mitarbeiter.

Eine weitere detaillierte Umschreibung des Begriffes liefert der Arbeitskreis „Immaterielle Werte im Rechnungswesen“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. (AK IW).[13] Hier werden unter Humankapital alle immateriellen Werte im Personalbereich des Unternehmens subsumiert. Dazu gehören das im Personal und Management inhärente Wissen, wie z.B. Ausbildung und Experten-Know-how der Mitarbeiter, deren Kompetenz durch z.B. Führungsqualität, und sonstige immaterielle Werte des Personalbereiches, wie etwa ein gutes Betriebsklima oder eine knowledge-Datenbank.[14]

Zusammenfassend kann man sagen, dass alle vorgestellten Definitionen die Gemeinsamkeit haben, den Mitarbeiter und damit das Humankapital nicht als einen ausschließlichen Kostenfaktor anzusehen, sondern als einen Wert bzw. einem Vermögen des Unternehmens. Diese Ansicht ist insbesondere auch dadurch begründet, das Humankapital der einzige ökonomische Faktor ist, der von sich aus Werte erzeugen kann.[15] Fitz-enz verdeutlicht diesen Gedanken durch folgende Aussage:

„...und es kann kein Zweifel mehr daran bestehen, dass die Mitarbeiter der Hebel zum Gewinn sind. Abgesehen von den Mitarbeitern sind alle anderen Aktiva eines Unternehmens inaktiv. Sie sind passive Ressourcen, die nur durch menschliches Eingreifen Wert erzeugen können“.[16]

Durch die Verwendung von Humankapital im Zusammenhang mit dem Unternehmensvermögen bzw. dem Unternehmenswert, liegt der Ansatz bzw. das Interesse nahe, dieses Vermögen auch monetär zu erfassen. Die Literatur und Unternehmenspraxis stellt dazu mittlerweile eine Vielzahl an Ansätzen zur Bewertung und Messung von Humankapital zur Verfügung, da das Bedürfnis einer Humankapitalbewertung aufgrund der Bedeutung für den Unternehmenswert in der Praxis immer größer wird. Dieses Bedürfnis begründet sich im Konzept der wertorientierten Unternehmensführung, dass im Folgenden näher erläutert wird.

2.2 Konzept der wertorientierten Unternehmensführung

Das Interesse an einer Quantifizierung bzw. Bewertung des Humankapitals ist Bestandteil eines neuen Managementtrends bzw. einer neuen Unternehmensphilosophie der heutigen Zeit. Mittelpunkt und zentrales Anliegen dieser Philosophie ist die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes, die durch eine ganzheitliche Betrachtung, Berücksichtigung und Analyse aller wertrelevanten Informationen eines Unternehmens erreicht werden soll. Dieses Konzept der wertorientierten Unternehmensführung wird im Folgenden vorgestellt und die Einordnung des Humankapitals in diesem Kontext näher erläutert.

2.2.1 Ziel und Grundgedanke

Die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Leistungsverbesserung stellt heute die größte Herausforderung an die Unternehmen dar. Diese müssen nicht nur den steigenden Anforderungen der Kunden und den wechselnden Rahmenbedingungen des Wettbewerbes mit hoher Innovationskraft, flexiblen Strukturen und hoher Veränderungsbereitschaft begegnen können, sondern gleichzeitig auch die von den Eigentümern und anderen Interessengruppen geforderte Wertsteigerung berücksichtigen. Wirtschaften bedeutet nun einmal nichts anderes als Werte schaffen.[17] Um tatsächlich Werte innerhalb eines Unternehmens zu generieren, bedarf es daher einer auf dieser Zielsetzung ausgerichteten Unternehmensführung. In diesem Fall spricht man von einer wertorientierten Unternehmensführung bzw. dem sog. Value Based Management.

Das zentrale Ziel einer wertorientierten Unternehmensführung ist die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes, des Wertes einzelner Geschäftsbereiche oder des Wertes strategischer Geschäftsfelder.[18] Dieses Ziel steht im Mittelpunkt aller Handlungen des Unternehmens und soll durch strategische Entscheidungen und durch konsequentes, strategiefokussiertes operatives Umsetzen erreicht werden.[19] Unter der wertorientierten Unternehmensführung soll allerdings nicht allein eine kurzfristige Steigerung des Unternehmenswertes verstanden werden, sondern eine langfristige Optimierung der Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität eines Unternehmens. Im Fokus der Betrachtung steht dabei der sogenannte Shareholder Value als Kennzahl für den Unternehmenswert. Diese englische Bezeichnung für das Aktionärsvermögen, ist als der Marktwert des Eigenkapitals definiert.[20] Im Sinne dieser Kennzahl setzt sich der Unternehmenswert dabei aus der Summe und dem Zusammenwirken aller materiellen und immateriellen Werte zusammen.[21] Für die Messung des Shareholder Value existieren unterschiedliche Methoden und Konzepte. In der Praxis hat sich neben Residualgewinnkonzepten wie z.B. dem Economic Value Added (EVA) vor allem das Verfahren des Discounted Cash Flow (DCF) durchgesetzt, da in der Theorie unbestritten ist, dass diese DCF-Methode den Wert des Eigenkapitals am exaktesten ermittelt.[22] Das Ziel der DCF-Methode ist es, den monetären Wert des Unternehmens auf Grundlage der aus dem Unternehmen erzielbaren Zahlungsströme zu ermitteln.[23] Dabei wird die gesamte weitere Zukunft eines Unternehmens prognostiziert und hierfür ein Kapitalwert ermittelt.[24]

Um das Ziel der Maximierung des Shareholder Value zu verfolgen, müssen sich die Unternehmen an ihren spezifischen Werthebeln und Werttreibern orientieren. Diese müssen im Rahmen des sog. Werttreibermanagements definiert und gesteuert werden. Diese Thematik wird im anschließenden Kapitel „Werttreibermanagement“ verdeutlicht.

Das Konzept der wertorientierten Unternehmensführung zeichnet sich durch eine Orientierung an sämtlichen Anspruchsgruppen des Unternehmens aus. Die unterschiedlichen Interessen dieser sog. Stakeholder (z.B. Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Staat etc.) müssen bei der Umsetzung wertorientierter Ziele und Handlungen berücksichtigt werden, um auf diesem Weg wertschaffende Effekte für das gesamte Unternehmen zu generieren. Der Zusammenhang zwischen der wertorientierten Unternehmensführung und dem Shareholder Value wird in Abbildung 1 dargestellt. Hier kann man sehen, wie durch wertorientierte Maßnahmen (z.B. Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern) positiv auf den Shareholder Value eingewirkt werden kann:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Zusammenhang zwischen wertorientierter Unternehmensführung und Shareholder Value (Quelle: Ohne Verfasser (2007b))

In der Grafik wird deutlich, dass eine Einbeziehung aller Interessengruppen für die wertorientierte Unternehmensführung von großer Bedeutung ist, da auf jeder dieser Ebenen die Chance besteht Werte für ein Unternehmen zu schaffen und damit den Shareholder Value auch nachhaltig zu erhöhen. Denn nur wenn es einem Unternehmen gelingt, z.B. dauerhaft für die Kunden Werte und Nutzen zu generieren, kann eine Marktposition erfolgreich aufgebaut oder verteidigt werden und auf diesem Weg der Unternehmenswert positiv beeinflusst werden.

Die Gründe, die für eine wertorientierte Unternehmensführung sprechen sind vielseitig. Der zunehmende Wettbewerb im Rahmen der Globalisierung und fortschreitenden Internationalisierung der Kapitalmärkte, verbunden mit gestiegenen Anforderungen im Zuge der Corporate Governance Grundsätze, führt zu erhöhten Anforderungen an eine transparente, strukturierte Unternehmensführung. Darüber hinaus drängen Finanzanalysten immer mehr auf aussagefähige und vergleichbare Kennzahlen, die Bestandteile einer wertorientierten Unternehmensführung sind.[25] Ein weiterer Grund, der sich aus der Globalisierung der Güter- und Kapitalmärkte ergibt, ist der zunehmende Wettbewerb um die knappe Ressource Kapital.[26] Ein Indikator für die Kreditwürdigkeit von Unternehmen stellt dabei vor allem der Unternehmenswert dar, ein hoher Wert führt tendenziell auch zu einer Erleichterung der Beschaffung von Kapital aufgrund besserer Bewertungen durch Rating-Agenturen. Ein weiterer Aspekt, der für eine konsequente Umsetzung der wertorientierten Unternehmensführung spricht, ist der Schutz vor feindlichen Übernahmen. In der Vergangenheit wurden viele Unternehmen, deren Buchwert höher als deren Börsenwert war, aufgekauft, zerschlagen und anschließend gewinnbringend veräußert. Die Steigerung des Börsenwertes soll derartige Übernahmevorhaben verhindern und damit die langfristige Existenz der Unternehmen für die weitere Zukunft sicherstellen. Durch welche Strategien eine Steigerung des Unternehmenswertes erreicht werden kann und wodurch diese Strategien beeinflusst werden, ist Thema des folgenden Kapitels.

2.2.2 Werttreibermanagement

Um den Wert eines Unternehmens zu steigern, stehen nach Coenenberg/Salfeld grundsätzlich vier strategische Wege zur Verfügung.[27] Zu diesen sogenannten Werthebeln zählen die Autoren Wachstum, Operative Exzellenz, Finanz-/Vermögensstruktur und Portfoliosteuerung:

Investoren sind bestrebt ihr Geld in Unternehmen zu investieren, deren Projekte den höchsten Zahlungsrückfluss versprechen. Deshalb können Unternehmen ihre Attraktivität und damit verbunden ihren Unternehmenswert nur erhöhen, wenn es fortlaufende, den Cash-Flow maximierende Projekte bzw. Geschäfte erschließt.[28] Deshalb erweist sich Wachstum auch als unverzichtbar für die Unternehmensentwicklung. Voraussetzung und Grundlage für Wachstum ist Operative Exzellenz, denn nur bei kontinuierlichen und unternehmensweiten Spitzenleistungen bei Produkten und Prozessen kann ein Unternehmen nachhaltig und profitabel wachsen.[29] Die Finanz-/Vermögensstruktur muss sinnvoll auf die Unternehmensbedürfnisse zugeschnitten sein, um damit ein Garant für niedrige Kapitalkosten und geringen Kapitalbedarf zu sein, und auf diesem Weg für einen positiven Wertbeitrag zu sorgen.[30] Die Portfoliosteuerung bzw. das Management der Geschäfte und Geschäftsbeteiligungen eines Unternehmens beschäftigt sich mit der Grundsatzfrage, in welchen Bereichen aktiv gewirtschaftet werden soll, welche Geschäfte des Unternehmens selbst betrieben, welche hinzugekauft und welche ausgegliedert oder veräußert werden sollen.[31] Dadurch ergeben sich Möglichkeiten die Wertschöpfungskette neu zu definieren und vor allem längerfristig wirksame Wertsteigerungen zu erzielen.

Die genannten Werthebel werden in der Praxis unternehmensspezifisch untergliedert und an die Wertsteigerungsstrategie angepasst. Die Volkswagen AG nennt zum Beispiel die folgenden Werthebel für das Unternehmen: Kostenmanagement, Qualitätsmanagement, Zeitmanagement, Kundenorientierung, Preismanagement, Finanzierungsmanagement, Vermögensmanagement, Investitionsmanagement etc.[32]

Werthebel werden ihrerseits jeweils durch sog. Werttreiber determiniert. Diese spielen bei der Umsetzung der wertorientierten Unternehmensführung eine zentrale und bedeutende Rolle, da sie die wesentlichen Einflussfaktoren auf den Unternehmenswert sind. Werttreiber bezeichnen allgemein alle Faktoren und Kenngrößen, deren Erhöhung zu einer Steigerung des Unternehmenswertes bzw. des Shareholder Value führen.[33] Das bedeutet, dass diese Werttreiber die für Unternehmen wichtigen Werthebel, deren Höhe und Ausprägung positiv bzw. negativ beeinflussen. Damit stellen sie die Verbindung zwischen strategischer und operativer Führung eines Unternehmens dar. Bei der Volkswagen AG werden als Werttreiber für die Kundenorientierung z.B. der Preisindex oder der Marktanteil genannt, für das Finanzierungsmanagement die Kapitalstruktur oder Fremdkapitalkosten.[34]

Die Zusammenhänge von Ursachen, Wirkungen und Beziehungen zwischen Werthebeln bzw. Werttreibern veranschaulichen sog. Werttreiber-Bäume, die unternehmensspezifisch aufgestellt werden. Diese zeigen wie Wertbeiträge beeinflusst werden und wie die einzelnen Faktoren zum Gesamtergebnis beitragen. Abbildung 2 zeigt ein Beispiel für einen Werttreiber-Baum der Robert Bosch GmbH:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Werttreiber-Baum der Robert Bosch GmbH

(Quelle: Hoffmann, C.D./Kirchhoff, M (2001), S. 121)

Die Identifikation, Auswahl und Steuerung geeigneter Werttreiber sowie deren Einordnung in unternehmensspezifische Werttreiber-Bäume ist Aufgabe des sog. Werttreibermanagement, das die Grundlage einer wertorientierten Strategie- und Unternehmensausrichtung bildet. Hier sollen möglichst für alle Organisationseinheiten eines Unternehmens strategische und operative Werttreiber definiert werden um mit Hilfe dieser eine wertmaximierende Steuerung zu gewährleisten. Dabei ist entscheidend, dass strategische und operative Werttreiber miteinander in Einklang stehen. Es geht also nicht nur um „... die Darstellung und Ableitung rechnerischer Abhängigkeiten, sondern insbesondere auch um logische Abhängigkeiten und Zusammenhänge“.[35] Der Zweck des Werttreibermanagements liegt demnach in der Ermittlung spezifischer Werttreiber, deren Überführung in ein unternehmensweites Steuerungssystem und die Lenkung der Ressourcenverteilung im Sinne einer Verbesserung der Werttreiber. Damit soll im gesamten Unternehmen ein wertorientiertes Bewusstsein geschaffen werden um eine langfristige Zukunft zu gewährleisten. Welche Rolle das Humankapital innerhalb des Werttreiber-managements spielt, wird in den folgenden Ausführungen erläutert.

2.3 Einordnung von Humankapital in das Werttreibermanagement

Im Rahmen der wertorientierten Unternehmensführung rücken Aspekte der immateriellen Vermögensbasis vermehrt in den Vordergrund. Bereits in der Einleitung wurde angedeutet, dass immer mehr Unternehmen die Bedeutung und Wichtigkeit des Humankapitals für den wirtschaftlichen Erfolg erkennen. Deshalb werden heute auch verstärkt die Kosten für Rekrutierung und Fortbildung neuer Mitarbeiter gegen das bereits vorhandene Know-how abgewägt. Um das Humankapital in das Werttreibermanagement eines Unternehmens einzuordnen, wird zunächst gezeigt, wie sich der Wert eines Unternehmens zusammensetzt und an welcher Stelle dabei das Humankapital einzuordnen ist (Abbildung 3, Seite 13):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Humankapital als Bestandteil des Unternehmenswertes

(Quelle: in Anlehnung an Scholz, C./Stein, V./Bechtel, R. (2004), S. 24)

Der Unternehmenswert ergibt sich gemäß der Abbildung aus der Summe von Bilanzvermögen und dem Intellectual Capital, das sich aus Human Capital und dem sonstigen immateriellen Vermögen eines Unternehmens zusammensetzt.

Der Anteil des Intellectual Capital bzw. der Intangible Assets am Marktwert eines Unternehmens hat sich seit Anfang der achtziger Jahre von durchschnittlich ca. 40% auf über 80% Ende der neunziger Jahre erhöht.[36] Neben Faktoren wie Kundenbeziehungen oder Markenimage, steht dabei wie bereits erwähnt das Humankapital immer mehr im Fokus der Betrachtung. „In der Welt der neuen Ökonomie verlieren große Fabriken, rauchende Schlote und ratternde Fließbänder (also das Kapital) ihre Bedeutung als wichtige Werttreiber des Shareholder Value“. [37] Nicht mehr das Finanzkapital, sondern die immaterielle Vermögensbasis und damit speziell das Humankapital hat sich in den letzten Jahre zu einem der wichtigsten Werttreiber entwickelt.[38] Dies wird insbesondere auch bei wissensbasierten Unternehmen (wie z.B. Softwareunternehmen) deutlich, deren Überlebensfähigkeit in großem Maße von den Ideen der Mitarbeiter abhängen. Unternehmen wie z.B. Microsoft können ihren Unternehmenswert nicht durch ihre Fabrikanlagen begründen, sondern fast ausschließlich durch die hellen Köpfe, die bei ihnen arbeiten. Als weiteres gutes Beispiel lässt sich hier auch die Walldorfer SAP AG anführen, deren beeindruckende Aktienkursentwicklung vor allem dem Wachstum der Beschäftigtenzahl zu verdanken ist und damit beweist, dass Mitarbeiterzuwachs und Shareholder Value keinen Widerspruch bedeuten müssen.[39] Deshalb wird SAP auch zunehmend von der Finanzwelt über Werttreiber wie Mitarbeiterförderung und Mitarbeiterbindung beurteilt.[40] Diese Beispiele zeigen, dass Mitarbeiter immer mehr zum Schlüsselfaktor der unternehmerischen Tätigkeit werden. Nur wenn die Mitarbeiter dauerhaft neue Produkte entwickeln, produzieren, verkaufen und dabei die Ressourcen des Unternehmens wertbringend einsetzen, können Werthebel wie z.B. Wachstum oder Operative Exzellenz positiv beeinflusst werden und der Unternehmenswert dadurch nachhaltig gesteigert werden.

Im Rahmen des Werttreibermanagements ist es aufgrund der vorangegangenen Ausführungen von großer Bedeutung, geeignete Werttreiber für das Humankapital zu definieren und deren wertorientierte Steuerung sicherzustellen. Die Werthebel und Werttreiber müssen dabei unternehmensspezifisch festgelegt werden, da für jedes Unternehmen andere Aspekte im Hinblick auf das Humankapital im Vordergrund stehen. Als Beispiele können hier die Mitarbeiterbindung, Mitarbeitermotivation, Gesundheitsstand, Mitarbeiterführung oder Mitarbeiterförderung genannt werden. Diese Aspekte können darüber hinaus weiter untergliedert werden, z.B. kann die Mitarbeiterbindung in Vergütung, Sozialleistungen, Sicherheit am Arbeitsplatz und Klima im Unternehmen aufgespaltet werden.

Durch die Identifizierung von Humankapital als einen wichtigen Werttreiber des Unternehmens wird deutlich, wie wichtig es ist, den Erfolgsfaktor Mensch fassbar bzw. quantifizierbar zu machen. Verschiedene Ansätze zur Bewertung von Humankapital sind der Inhalt des Kapitels 4. Zunächst wird das Value Reporting vorgestellt, da dieses für die externe Kommunikation der Kennzahlen, Ergebnisse und Erkenntnisse einer wertorientierten Unternehmensführung eingesetzt wird.

3. Value Reporting zur Kommunikation wertorientierter Unternehmensführung

Wie bereits erwähnt, hat sich die wertorientierte Unternehmensführung als Managementkonzept für Unternehmen aufgrund ihrer Bedeutung für die Sicherung der langfristigen Unternehmensexistenz immer mehr durchgesetzt und etabliert. Um eine Maximierung des Unternehmenswertes zu erreichen, müssen die wertorientierten Handlungen allerdings nicht nur umgesetzt, sondern auch extern kommuniziert werden, um auf diesem Weg die Wertlücke zwischen Börsenwert und Shareholder Value zu schließen.[41] Nur wenn Investoren und Analysten über wertsteigernde Initiativen informiert werden, können diese auch z.B. Kaufempfehlungen aussprechen. An diese Stelle tritt das sog. Value Reporting als integraler Bestandteil der wertorientierten Unternehmensführung. Diese Art der Berichterstattung, die als einen wesentlichen Bestandteil auch Informationen über das Humankapital beinhaltet, wird im Folgenden näher erläutert.

3.1 Begriff und Einordnung

Das Value Reporting, zählt zu einem neuen Diskussionsfeld der Betriebswirtschaftslehre.[42] Dabei hat es in den letzten Jahren in der wissenschaftlichen Diskussion bzw. Literatur zunehmend an Aufmerksamkeit gewonnen und wird auch seitens der Unternehmen vermehrt und bewusster eingesetzt.

Der Begriff des Value Reportings findet in der Literatur verschiedenste Definitionen und Bezeichnungen. Markenrechtlich ist er von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhousecoopers unter „ValueReportingTM“ geschützt worden. Häufig werden aber auch Synonyme wie „Wertorientierte Unternehmensberichterstattung“[43] oder „Shareholder Value Reporting“[44] verwendet. Aufgrund der noch jungen Literatur zu diesem Thema hat sich allerdings noch keine einheitliche Begriffsverwendung und Begriffsabgrenzung herausgebildet.[45] Aus der Vielzahl der Definitionen lassen sich jedoch gemeinsame Aspekte erkennen, die in den jeweiligen Ausführungen in den Vordergrund gestellt werden. Dazu zählen der Abbau von Informationsasymmetrien einerseits und die Vermittlung von wertorientierten Informationen zur besseren Ermittlung des Unternehmenswertes andererseits.[46]

Labhart definiert z.B. das Value Reporting als externe Berichterstattung eines Unternehmens, die geeignet ist, die Informationsasymmetrien zwischen der internen und der externen Sicht der wertorientierten Unternehmensführung zu reduzieren.[47] Mit dieser Begriffsabgrenzung legt Labhart seinen Schwerpunkt hauptsächlich auf den Aspekt des Abbaus von Informationsasymmetrien. Ruhwedel/Schultze legen ihren Fokus dagegen eher auf die Vermittlung wertorientierter Informationen. Mithilfe des Value Reportings sollen gemäß der Autoren Unternehmensexternen die Unternehmensbewertung erleichtert werden, um in Folge dessen eine eventuell vorhandene Wertlücke zwischen dem Marktpreis und dem inneren Wert zu erkennen und durch Käufe bzw. Verkäufe der entsprechenden Aktie zu verringern.[48] Dieser Ansatz liefert auch die Basis für die vom Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschafts-lehre e.V. (AKEU) ausgearbeiteten Grundsätze für das Value Reporting, die im anschließenden Kapitel vorgestellt werden.

Als Grund für die Entwicklung des Value Reportings werden vorrangig die Unzulänglichkeiten und Schwachstellen der bisherigen, herkömmlichen Berichterstattung angeführt, die mit einer Orientierung überwiegend an finanziellen Informationen, wie z.B. dem Gewinn eines Unternehmens, keine ausreichenden Informationen für eine wertorientierte Unternehmensführung liefern und die Bedürfnisse des Kapitalmarktes nicht befriedigen können. Rappaport beschreibt daher auch in seinem Standardwerk „Creating Shareholder Value“[49], dass der Gewinn als Maßstab für die Wertsteigerung eines Unternehmens ungeeignet ist. Insbesondere wird in der bisherigen Berichterstattung auch das Fehlen von zukunftsorientierten Informationen über die Werttreiber eines Unternehmens bemängelt. Jahresabschlüsse sind prinzipiell vergangenheitsorientiert und berücksichtigen damit keine Kennzahlen, die wertrelevant sind.[50] Verstärkend kommt dazu, dass bilanzielle Erfolgsgrößen durch bilanzpolitische Maßnahmen manipuliert werden können und darüber hinaus Risiken, langfristige Wirkungen, Geldwertänderungen und Finanzierungskosten vernachlässigen.[51]

Als logische Konsequenz aus diesen Schwachstellen ergibt sich, dass die bisherige Berichterstattung um weitere Inhalte ergänzt werden muss. Zur Umsetzung der wertorientierten Unternehmensführung bedarf es daher neben einer Konzentration auf die wertschaffenden Kennzahlen des Unternehmens auch einer durch das Value Reporting forcierten, proaktiven Kommunikation gegenüber dem Kapitalmarkt.[52] Exakt an dieser Stelle knüpft das Value Reporting an, da es sich als eine erweiterte, gezielt verbesserte, externe Berichterstattung versteht, die über die Pflichtberichterstattung hinausgeht. Die genauen Inhalte eines solchen Value Reporting-Systems werden im Kapitel 3.3 „Aufbau eines Value Reporting-Systems“ näher erläutert und zunächst zurückgestellt.

Das Value Reporting kann grundsätzlich im Rahmen aller Informationsinstrumente des Unternehmens, wie beispielsweise Geschäfts- oder Quartalsberichte, Analysten- und Presseinformationen oder ad hoc -Mitteilungen erfolgen Damit lässt sich das Value Reporting wie oben bereits angedeutet in die externe Unternehmens- kommunikation einordnen. Hier erwarten die Investoren die Veröffentlichung vollständiger und zeitnaher, sowie möglichst sicherer und genauer Informationen über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens.[53] Diese Informationen dienen dem Ziel, dem Investor eine verbesserte Einschätzung des Unternehmenswertes zu ermöglichen. Investoren sollen durch das Value Reporting in die Lage versetzt werden, ihre Investitionsentscheidungen auf Basis fundierter Unternehmensinformationen zu treffen. Aus der Sicht des berichtenden Unternehmens soll das Value Reporting insofern positive ökonomische Effekte auslösen, da es einen Beitrag zur Unternehmenswertsteigerung leistet und die Transparenz der Unternehmensentwicklung verbessert.[54]

3.2 Grundsätze für das Value Reporting

Die zusätzlichen Informationen, die im Rahmen des Value Reportings kommuniziert werden, müssen einem bestimmten Anforderungsmuster genügen. Deshalb hat der AKEU Grundsätze für das Value Reporting entwickelt, die der Schaffung eines einheitlichen Rahmens für die wertorientierte externe Berichterstattung dienen.[55] Diese Grundsätze haben einen Empfehlungscharakter für die Unternehmen und beziehen sich damit auf freiwillige wertorientierte Zusatzinformationen, die über die kodifizierte Berichterstattung des Unternehmens hinausgehen (wie z.B. Gewinn- und Verlustrechnung, Kapitalflussrechnung oder Segmentberichterstattung). Sie bieten ein Rahmenkonzept für die wertorientierte Berichterstattung von Unternehmen, welche freiwilligen Informationen in welcher Form aufbereitet werden sollten.[56] Der AKEU unterscheidet zwischen den folgenden sieben Grundsätzen:

- Management Approach
- Klarheit
- Vergleichbarkeit
- Ausgewogenheit
- Segmentierung
- Regelmäßigkeit
- Prüfung

Management Approach bedeutet, dass sich das Value Reporting inhaltlich an der unternehmensinternen Berichterstattung orientieren soll.[57] Dadurch wird gewährleistet, dass das berichtende Unternehmen Informationen bereitstellt, die auch unternehmensintern vom Management für die Unternehmenssteuerung verwendet werden. Mit diesem Grundsatz sollen Informationsunterschiede zwischen Management und den Adressaten der Informationen vermindert werden.[58] Neben dem Management Approach müssen die Informationen zum Value Reporting gemäß AKEU klar und nachvollziehbar sein. Unter diesem Aspekt der Klarheit versteht man beispielsweise die Offenlegung zugrundeliegender Annahmen im Hinblick auf zukunftsbezogene Aussagen. Dadurch können sich die Informationsadressaten selbst ein Bild von der Plausibilität von Prämissen machen. Daneben müssen die Ermittlungen der verwendeten Berichtsgrößen nachvollziehbar dargestellt werden und entsprechend erläutert werden. Quantifizierbare Berichtsgrößen sind dabei im Rahmen einer entsprechenden Rechnung überzuleiten. Ebenfalls von großer Bedeutung ist eine sachliche, zeitliche und formale Vergleichbarkeit der im Rahmen des Value Reportings gegebenen Informationen. Das Value Reporting soll darüber hinaus eine ausgewogene Darstellung der Chancen und Risiken der berichtenden Unternehmen gewährleisten. Dieser Grundsatz der Ausgewogenheit verlangt, dass Informationen über negative Sachverhalte und Entwicklungen genauso zu gewichten sind wie positive Informationen.[59] Dass im Rahmen des Value Reportings nicht nur das Gesamtunternehmen betrachtet werden soll, zeigt der Grundsatz der Segmentierung. Dieser sieht vor, dass diversifizierte Unternehmen und Konzerne wertorientierte Informationen auch in segmentierter Form geben sollen.[60] Das Value Reporting muss durch eine Regelmäßigkeit der Berichterstattung gekennzeichnet sein, die z.B. im Rahmen der Jahresberichterstattung oder von Quartalsabschlüssen stattfindet. Als letzten Grundsatz nennt der AKEU abschließend die Prüfung der freiwilligen Angaben zur wertorientierten Berichterstattung durch einen Abschlussprüfer. Dies führt zu einer höheren Glaubwürdigkeit der gegebenen Informationen.

3.3 Aufbau eines Value Reporting-Systems

Für den inhaltlichen Aufbau eines Value Reporting-Systems werden in der Literatur von den verschiedenen Autoren unterschiedliche Konzepte bzw. Einteilungen vorgestellt.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhousecoopers unterscheidet beispielsweise zwischen vier Säulen.[61] Zunächst soll im „Market overview“ über das äußere Umfeld des Unternehmens informiert werden. Im Bereich „Strategy, Structure & Governance“ wird über die Wettbewerbsposition und die Vorgehensweise bei der Wertschöpfung berichtet. Die finanziellen Ziele, deren Erreichung und die Strategieumsetzung werden im „Managing for Value“ näher betrachtet und als vierte Säule gibt die „Performance“ Auskunft über die nicht-finanziellen Werttreiber.

[...]


[1] Vgl. Kesten, R. (2005), S. 112

[2] Der im Jahre 2001 gegründete, gemeinnützige Human Capital Club e.V. verfolgt als zentrale Aufgabe, den Mitarbeiter-Wert gleichberechtigt neben dem Shareholder Value in die Zielsetzung der Unternehmensführung aufzunehmen. (Quelle: Human Capital Club (2007))

[3] BMW (2005)

[4] Siemens (2007)

[5] Vgl. Persch, P.-R. (2003), S. 1

[6] Vgl. Vgl. Scholz, C./Stein, V./Bechtel, R. (2004), S. 24

[7] Vgl. Persch, P.-R. (2003), S. 1

[8] Vgl. Kesten, R. (2005), S. 112

[9] Fronja, G. J. (2000), S. 15

[10] Vgl. Becker, G. (2002)

[11] Vgl. Schultz (1961); zitiert nach Gebauer, M./Wall, F. (2002), S. 686

[12] Fitz-enz, J. (2003), S. 12

[13] Vgl. AK IW (2001)

[14] Vgl. ebd., S. 990

[15] Vgl. Fitz-enz. J. (2003), S. 12

[16] Fitz-enz, J. (2003), S. 19

[17] Vgl. Karstadt/Quelle (2007)

[18] Vgl. Biel, Alfred u.a. (2002), S. 7

[19] Vgl. ebd., S. 7

[20] Vgl. ohne Verfasser (2007b)

[21] Vgl. Biel, Alfred u.a. (2002), S. 7

[22] Vgl. Afra, S./Aders, C. (2000), S. 12

[23] Vgl. Pape, U. (1997), S. 97

[24] Für eine umfassende Darstellung der DCF-Methode vgl. z.B. Hachmeister, D. (Der Discounted Cash Flow als Maß der Unternehmenswertsteigerung, 2000)

[25] Vgl. Henke, J./Streich, D./Stührenberg, L. (2003), S. 2

[26] Vgl. Biel, Alfred u.a. (2002), S. 9

[27] Vgl. Coenenberg, A.G./Salfeld, R. (2003), S. 99ff

[28] Vgl. ebd., S. 103

[29] Vgl. ebd., S. 148

[30] Vgl. ebd., S. 172

[31] Vgl. ebd., S. 189f

[32] Vgl. Schneider, W. (2004), S. 15

[33] Vgl. ohne Verfasser (2005)

[34] Vgl. Schneider, W. (2004), S. 15

[35] Biel, Alfred u.a. (2002), S. 45

[36] Vgl. Daum, J.H. (2001), S. 1

[37] Nölting, A. ( 2000), S. 154

[38] Vgl. Daum, J.H. (2001), S. 1f.

[39] Vgl. Nölting, A. ( 2000), S. 155

[40] Vgl. ebd., S. 155

[41] Vgl. Labhart, P./Volkart, R. (2001), S. 116

[42] Vgl. Heumann, R. (2005), S. 1

[43] Vgl. ebd., S. 1

[44] Vgl. Müller, M./Leven F.-J. (1998); Baetge, J./Kümmel, J. (2003)

[45] Vgl. Zimmermann, J./Schütte, J. (2004), S. 55

[46] Vgl. Heumann, R. (2005), S. 5

[47] Vgl. Labhart, P. (1999), S. 30f.

[48] Vgl. Ruhwedel, F./Schultz W. (2002), S. 609

[49] Vgl. Rapport, A. (1986)

[50] Vgl. Saitz, B./Wolbert, J. (2002), S. 321

[51] Vgl. Beyer, D./Günther, T. (2001), S. 1627

[52] Vgl. Biel, Alfred u.a. (2002), S. 39

[53] Vgl. Baetge, J. (1997), S. 22

[54] Vgl. AK EU (2002), S. 2337

[55] Vgl. AK EU (2002), S. 2337

[56] Vgl. ebd., S. 2337

[57] Vgl. ebd., S. 2339

[58] Vgl. ebd., S. 2339

[59] Vgl. AK EU (2002), S. 2340

[60] Vgl. ebd., S. 2340

[61] Vgl. Pricewaterhousecoopers (2007)

Ende der Leseprobe aus 81 Seiten

Details

Titel
Verfahren zur Bewertung von Humankapital und ihre Eignung für das Value Reporting
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
81
Katalognummer
V80083
ISBN (eBook)
9783638828901
ISBN (Buch)
9783638832663
Dateigröße
986 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verfahren, Bewertung, Humankapital, Eignung, Value, Reporting
Arbeit zitieren
Thomas Förster (Autor:in), 2007, Verfahren zur Bewertung von Humankapital und ihre Eignung für das Value Reporting, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80083

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