Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen

Die Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz von 1995 in der Praxis - am Beispiel der staatlichen Hochschulen in NRW


Bachelorarbeit, 2005

89 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


0. Inhaltsverzeichnis

I Vorwort

1. Einleitung

2. Begrifflichkeiten
2.1 Public Relations
2.2 Marketing

3. Notwendigkeit von Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen
3.1 Hochschulen als Dienstleistungsunternehmen?
3.2 Hochschulmarketing
3.3 Marketing oder Öffentlichkeitsarbeit?
3.4 Aufgaben von Öffentlichkeitsarbeit

4. Geschichte der Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen
4.1 Anfänge in den 50er Jahren
4.2 Wandel in den 60er Jahren
4.3 Ausbau in den 70er Jahren
4.4 Krise und Wettbewerb in den 80er Jahren

5. Empfehlungen der HRK von 1995
5.1 Voraussetzungen
5.1.1 Die Hochschule in der Gesellschaft
5.1.2 Diversifizierung
5.1.3 Wettbewerb
5.1.4 Zielgruppen
5. 2 Leitsätze für Öffentlichkeitsarbeit
5.2.1 Informationspflicht
5.2.2 Eigenverantwortung
5.2.3 Leitbild
5.2.4 Kommunikationskonzept
5.2.5 Leistung
5.2.6 Offenheit und Transparenz
5.2.7 Evaluation
5.2.8 Interne Kommunikation
5.2.9 Hochschulleitung
5.2.10 Professionalität
5.2.11 Dezentralität

6. Überblick Hochschullandschaft
6.1 Bundesrepublik Deutschland
6.2 Nordrhein-Westfalen

7. Status quo: Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen in NRW

8. Die Empfehlungen der HRK in der Praxis
8.1 Voraussetzungen
8.2 HRK-Leitsätze und ihre praktische Umsetzung
8.2.1 Informationspflicht
8.2.2 Leitbild
8.2.3 Kommunikationskonzept
8.2.4 Leistung
8.2.5 Offenheit und Transparenz
8.2.6 Evaluation
8.2.7 Interne Kommunikation
8.2.8 Professionalität

9. Fazit

II Abbildungsverzeichnis

III Tabellenverzeichnis

IV Literaturverzeichnis

V Anhang
Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz
Fragebogen
Auswertung Fragebogen

I Vorwort

Am Anfang stand das Thema: Hochschul-PR. Eigentlich eine logische Konsequenz für eine Journalismus- und PR-Studentin einer staatlichen Hochschule in NRW, oder? Auf die Idee brachte mich mein Betreuer Prof. Dr. Karl-Martin Obermeier nach einem Gespräch über meine beruflichen Interessen und Zukunftspläne.

Öffentlichkeitsarbeit von Hochschulen! Aber irgendwie fehlte noch der Ansatz. Etwas, dass es zu überprüfen gilt. Eine kritische Bemerkung unseres Rektors Prof. Dr. Peter Schulte zu den Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz brachte die „Erleuchtung“: Wozu dienen Empfehlungen, wenn es keine Aussagen über ihre Praxistauglichkeit gibt?

Das Thema meiner Arbeit „Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen. Die Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz von 1995 in der Praxis - am Beispiel der staatlichen Hochschulen in NRW“ habe ich im Laufe der Zeit als sehr spannend, interessant und vielseitig kennen gelernt.

Für Anregungen, Geduld, Betreuung und Optimismus möchte ich in erster Linie Karl-Martin Obermeier danken. Vielen Dank auch an die 17 Pressesprecherinnen und Pressesprecher der Hochschulen in NRW, die sich bereit erklärten an meiner Befragung teilzunehmen - ohne die Befragungsergebnisse wäre ich zu keinem Ergebnis gekommen!

Auch meine Familie (besonders meine Eltern und meine Schwester Angy) und Freunde verdienen meinen Dank für ihr Interesse und ihre Unterstützung. Besonderen Dank gilt meinen KorrekturleserInnen Aysel Müller-Özen, Romina Gerhards, Katja Hartmann, Juliane Dabs, Anika Studenroth, Tanja Kahlert, Henning Stock sowie meinem Freund Jens Haffke, der mir für die Zeit meiner Arbeit den Rücken gestärkt hat.

Candy Lange Juni 2005, Gelsenkirchen

1. Einleitung

Hochschulwettbewerb, Hochschulreform, Public Relations und Marketing — Begriffe, die alle seit den neunziger Jahren für ausreichenden Diskussionsstoff in der Debatte um das Selbstverständnis und die Zukunftsfähigkeit der deutschen Hochschule sorgen. Ein Zwischenergebnis dieser Erörterung gab die deutsche Hochschulrektorenkonferenz (HRK) 1995 in ihrem Bericht „Zur Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen“ heraus. Die HRK, ein freiwilliger Zusammenschluss staatlicher und staatlich anerkannter Hochschulen (2005: 262 Mitglieder)[1], stellt in dem Empfehlungsschreiben Leitsätze zur Optimierung der Öffentlichkeitsarbeit für die Hochschulen vor. Grundlegende Voraussetzung für diese Empfehlungen war der zunehmende Wettbewerb, die Diversifizierung der Hochschullandschaft und der erweiterte Wirkungskreis der Hochschulen in der Gesellschaft.

In der vorliegenden Arbeit wird die Öffentlichkeitsarbeit der staatlichen Universitäten und Fachhochschulen Nordrhein-Westfalens vor dem Hintergrund dieser HRK-Empfehlungen analysiert. Kunst- und Musikhochschulen, die auch zu den staatlichen Hochschulen zählen, bleiben außen vor. Grund hierfür ist die Angebotspezialisierung dieser Hochschulen. Ziel der Abhandlung ist es, einen Überblick über die praktische Anwendung der Empfehlungen der Hochschulrektoren zu erhalten. Darüber hinaus soll, als Ergebnis einer Online-Befragung der Hochschul-Pressesprecher in NRW, Einsicht in den Arbeitsalltag der Pressestellen an Hochschulen in NRW gewährt werden. Die Analyse deckt mögliche Schwachstellen der HRK-Empfehlungen auf und gibt neue Impulse für die Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen.

Die Arbeit ist inhaltlich in zwei Abschnitte gegliedert. Der erste Abschnitt (Kapitel 2 bis einschließlich Kapitel 5) stellt den theoretischen Teil: Begrifflichkeiten werden erläutert, Einordnungen in den Gesamtkontext werden vorgenommen und es folgt ein Ausflug in die Geschichte der Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen. Zum Abschluss des Theorie-Teils werden die Kernaussagen der Hochschulrektorenkonferenz vorgestellt.

Der zweite Abschnitt (ab Kapitel 6) konzentriert sich schwerpunktmäßig auf die praktische Umsetzung dieser HRK-Empfehlungen. Nach einem Exkurs in die deutsche Hochschullandschaft und einem Überblick über die Situation der Hochschulen in Nordrhein-Westfalen, folgt die Bestandsaufnahme der Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen in NRW (Kapitel 7). Kapitel 8 dient der Analyse der Leitsätze der Hochschulrektorenkonferenz und wird zusammenfassend in Kapitel 9 als Fazit reflektiert.

Sprachgebrauch in der Arbeit:

Bei der Auswertung der Online-Befragung wird darauf verzichtet die Vertreter der Hochschul-Pressestellen in männlicher und weiblicher Form anzuführen. Da ein großer Teil der Befragung „anonym“ ausgewertet wurde, wird überwiegend von „Pressesprecher“, „Befragter“ oder „Pressevertreter“ gesprochen. Gemeint sind damit alle Pressesprecherinnen und Pressesprecher der staatlichen Universitäten und Fachhochschulen in NRW.

2. Begrifflichkeiten

2.1 Public Relations

„Wenn ein junger Mann ein Mädchen kennen lernt und ihr erzählt, was für ein großartiger Kerl er sei, so ist das Reklame. Wenn er ihr sagt, wie reizend sie aussehe, ist das Werbung. Wenn sie sich aber für ihn entscheidet, weil sie von anderen gehört hat, er sei ein feiner Kerl, so sind das Public Relations.“[2]

Public Relations (PR) ist keine deutsche Erfindung. Zum ersten Mal wird der Begriff 1882 von dem Rechtsanwalt Dorman Eaton verwendet, als dieser an der Yale Law School vor einem Graduierten-Seminar erklärt, dass „public relations“ bedeutet: „to mean relations for the general good“.[3] Als deutscher Public Relations-Begründer gilt Carl Hundhausen. Nach einem Aufenthalt in den USA verwendet Hundhausen 1937 in einem Artikel in der Zeitschrift „Deutsche Werbung“ zum ersten Mal den amerikanischen Begriff. Namensgeber für die, im deutschen Sprachgebrauch überwiegend synonym verwendete Übersetzung, ist Albert Oeckl. Als damaliger Leiter der Presseabteilung des Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHT) übersetzte er für die Hauptgeschäftsführung den englischen Begriff Public Relations mit Öffentlichkeitsarbeit. Seiner Definition entsprechend ist Public Relations „das bewusste, geplante und dauernde Bemühen, gegenseitiges Verständnis und Vertrauen in der Öffentlichkeit aufzubauen“.[4] Heute gibt es mittlerweile weit mehr als 472 Definitionen (der Amerikaner Rex Harlow benutze genau so viele Beschreibungen des Begriffs für seine eigene Definition) für Public Relations/ Öffentlichkeitsarbeit.

Allseits akzeptiert und übereinstimmend angewendet wird allerdings keine. Oft gebrauchte Begriffsauslegungen stammen von den internationalen Public Relations Verbänden:

„Öffentlichkeitsarbeit/Public Relations vermittelt Standpunkte und ermöglicht Orientierung, um den politischen, den wirtschaftlichen und den sozialen Handlungsraum von Personen oder Organisationen im Prozess öffentlicher Meinungsbildung zu schaffen und zu sichern. Öffentlichkeitsarbeit/Public Relations plant und steuert dazu Kommunikationsprozesse für Personen und Organisationen mit deren Bezugsgruppen in der Öffentlichkeit.“ (Deutsche Public Relations Gesellschaft, DPRG)[5]

„Public relations helps an organization and its publics adapt mutually to each other.“ (Public Relations Society of America – PRSA)[6]

Public Relations, oder Öffentlichkeitsarbeit, richten sich an spezifische Teilöffentlichkeiten. Der amerikanische Philosoph John Dewey kreierte 1927 folgende Formel, um die breite Öffentlichkeit in Teilöffentlichkeiten zu unterteilen: „A public is a group of people who 1. face a similar problem, 2. recognize that the problem exist, 3. organize to do something about the problem.“[7]

Angelegt an diese Definition sind drei Arten von Teilöffentlichkeiten zu unterscheiden:[8]

1. latente Teilöffentlichkeiten: Teilöffentlichkeiten, die zwar betroffen sind, aber nichts davon wissen,
2. bewusste Teilöffentlichkeiten: Teilöffentlichkeiten, die nichts gegen das ihnen bekannte Problem unternehmen,
3. aktive Teilöffentlichkeiten: Teilöffentlichkeiten, die sich organisieren und dem Problem aktiv begegnen.

Die unterschiedlichen Öffentlichkeiten reagieren ungleich auf Kommunikationsmaßnahmen. Dies gilt es bei der Planung einer PR-Maßnahme zu bedenken. Wie verschieden die PR-Methoden sein können, haben die amerikanischen Kommunikationsforscher James E. Grunig und Todd Hunt 1984 in einem Modell gegenübergestellt (siehe Tabelle 1, S. 6). Die beiden ältesten Modelle „Publizität“ und „Information“ (Publicity und public information) sind heute am weitesten verbreitet. Grund dafür ist, dass, obwohl zwei Drittel der PR-Fachleute eine dialogorientierte und damit risikoreichere Kommunikation bevorzugen, die Auftraggeber oder Arbeitgeber aber eher die asymmetrische Kommunikation vorziehen. Bei dieser Methode kann der Empfänger der Kommunikationsmaßnahme zwar reagieren, aber es besteht kein echtes Interesse an einem Dialog vonseiten des Senders.[9]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Public-Relations-Modelle nach Grunig und Hunt[10]

Für die Funktionsweise von Öffentlichkeitsarbeit für moderne Gesellschaften gibt es unterschiedliche Ansätze.[11] Ein gesellschaftsorientierter Ansatz begreift Public Relations als ein Mittel für den Ausgleich von öffentlichen und privaten Interessen. Gesellschaftliche Wertvorstellungen treffen auf die unternehmerische Praxis. Die Aufgabe von Öffentlichkeitsarbeit ist es, die Interessen von Unternehmen, Organisationen und Instituten zu rechtfertigen. Das überwiegend angewandte PR-Modell, nach dem Ansatz von Grunig und Todd, ist in diesem Fall „public information“ . Informationen sollen dazu dienen, Misstrauen abzubauen und Vertrauen in der Öffentlichkeit aufzubauen bzw. zu stärken.

Das managementorientierte Konzept versteht Public Relations als „management of communication between organization and its publics“[12] und ordnet die Unternehmens-PR als ein Teilbereich des Managements unter. Öffentlichkeitsarbeit dient hier der Verbesserung von interner und externer Unternehmenskommunikation. Die Kommunikationsmaßnahmen sind auf den Dialog mit den Bezugsgruppen ausgelegt.

Ein dritter PR-Ansatz ist die marketingorientierte Konzeption. Hier werden Public Relations, als Teil der Kommunikationspolitik eines Unternehmens, zum Erreichen von Marketingzielen eingesetzt.

Zur Begriffsentwicklung von Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit gibt Claudia Mast in ihrem Werk „Unternehmenskommunikation“ folgende Prognose ab: „Je mehr die englische Sprache auch in die Arbeitswelt der Unternehmen vordringt, desto häufiger wird von Public Relations gesprochen. Die Bezeichnung Öffentlichkeitsarbeit hat ihren Höhepunkt überschritten und wird langsam ersetzt.“[13]

Die Autorin verwendet in der Arbeit die Begriffe Öffentlichkeitsarbeit und Public Relations (PR) synonym.

2.2 Marketing

In der Betriebswirtschaftslehre begnügte man sich lange mit der Erklärung, Marketing sei „marktorientierte Unternehmensführung“[14]. Neuere Definitionsansätze gehen von einer umfassenden Unternehmensphilosophie und -konzeption aus:

„Marketing ist die Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potenziellen Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten. Durch eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse sollen die Unternehmensziele verwirklicht werden.“[15]

Entscheidend dabei ist, dass Marketingaktivitäten nicht erst beginnen, wenn das Produkt bereits auf dem Markt ist, sondern deutlich früher. Marketing, oder Absatzförderung, ist die „Summe aller Maßnahmen zur Entwicklung und Vermarktung von Produkten.“[16]

Im Marketing ist die Unterscheidung zwischen strategischem und operativem Marketing bedeutend. Der Aufbau von Erfolgspotenzialen ist charakteristisch für strategisches Marketing. Operatives Marketing hingegen bedient sich der Ausschöpfung von gegebenen Erfolgspotenzialen.

Der Begriff einer strategischen Kommunikationsmaßnahme oder strategisch ausgelegten Marketingaktivität o.ä. findet auf den folgenden Seiten des öfteren Verwendung. Gemeint sind damit die langfristig ausgelegten Aktivitäten.

Die begriffliche Einordnung von Marketing und Public Relations in die Funktion eines Unternehmens oder einer Institution ist nicht einheitlich geregelt. Öffentlichkeitsarbeit wurde nicht von Beginn an dem Marketing zugeordnet. Erst mit den Formulierungen des amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers Neil H. Borden um 1948 erfuhr die bis dahin eigenständige PR eine Zuordnung zur Kommunikationspolitik als Teil des Marketing-Mix.

Neben Mediawerbung und Verkaufsförderung ist Public Relations die dritte Säule der Kommunikationspolitik. In jüngerer Zeit erfolgt eine Integration von Marketing und Öffentlichkeitsarbeit unter dem Dach der Unternehmenspersönlichkeit (Corporate Identity).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Kommunikationspolitik

Die drei Säulen der Kommunikationspolitik unter dem Dach der Corporate Identity

(eigene Abbildung)

Wesentlich an diesem Gedanken ist die Integration aller Maßnahmen, damit Aussagen aus Marketing, Werbung und PR besser untereinander koordiniert werden können. Andere Fachleute wiederum sehen PR als eine Erweiterung der Absatzförderung: „Marketing ist der Produkt- und Serviceverkauf durch Preis, Verteilung und Promotion. Public Relations sind als eine Erweiterung von Marketing zu sehen. Durch Public Relations wird sowohl das Produkt als auch die Organisation, die dahinter steht, verkauft.“[17]

Unbestritten ist die Sonderstellung von Public Relations in der Unternehmenskommunikation. „Während das gesamte Marktinstrumentarium letztlich darauf gerichtet ist, den Absatz des Leistungsangebots eines Unternehmens am Markt sicherzustellen, geht es für PR vorrangig darum, nicht nur für einzelne Produkte oder Dienstleistungen, sondern für das Unternehmen als Institution eine Atmosphäre des Vertrauens und Verständnisses entstehen zu lassen. [...] Insofern ist PR nur bedingt zum marktpolitischen Instrumentarium im engeren Sinne zu zählen und sollte deshalb auch innerhalb eines Unternehmens gegenüber dem Marketingbereich verselbstständigt werden.“[18]

3. Notwendigkeit von Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen

3.1 Hochschulen als Dienstleistungsunternehmen?

Für viele Fachleute sind Hochschulen nicht mehr nur staatlich finanzierte Lehranstalten, sondern große Dienstleistungsunternehmen, die eines professionellen Marketingmanagements bedürfen.[19]

Sind Hochschulen wirklich Dienstleistungsunternehmen? Die Ware der Dienstleistungsunternehmen sind immaterielle Güter, also körperlich nicht wahrnehmbar. Unternehmen, die ihre Dienstleistungen am Markt anbieten, treten in der Regel in einen Wettbewerb mit anderen Dienstleister um die Gunst der Nachfrager ein. Voraussetzung für diesen Wettbewerb ist, dass es einen Angebotsüberschuss gibt. Die Diversifizierung der Hochschullandschaft (siehe auch Kapitel 5.1.2 und 8.1.2) hat sich in den letzten Jahrzehnten tatsächlich so entwickelt, dass der Wettbewerb um die Nachfrager zunehmend an Bedeutung gewinnt. Nachfrager sind in dem Fall potenzielle Studierende. Das Angebot der Hochschulen ist Lehre und Forschung.

Dienstleistungsunternehmen zählen, unter betriebswirtschaftlichen Aspekten, zu den Einzelwirtschaften, genauer zu den privaten Unternehmen. „Sie erhalten ihre finanziellen Mittel von Privatpersonen, streben nach Gewinnerzielung und tragen ein unternehmerisches Risiko.“[20] „Klassische“ Dienstleistungsunternehmen sind Handels-, Bank-, Versicherungs- und Verkehrsunternehmen. Hochschulen gehören dieser Definition nach nicht der Gruppe der Dienstleistungsunternehmen an. Vielmehr sind sie zu den Nonprofit-Organisationen zu zählen, die „nicht kommerziellen Zwecken im Sinne einer Profiterwirtschaftung zugunsten einzelner Privatpersonen dienen.“[21]

„Nonprofit-Organisationen sind in allen gesellschaftlichen Bereichen anzutreffen. Ihre Dienstleistungen sind elementare Bestandteile unserer Gesellschaft.“[22]

Einen weiteren Aspekt in der Debatte um die Marktstellung der Hochschulen gibt Rainer Hettich in seinem Beitrag über „Universitäre Entscheidungsprozesse und Leistungsaufgaben“[23] zu bedenken. Die im Grundgesetz verankerte Freiheit von Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre[24] sei ausschlaggebend für verschiedene Abgrenzungsmerkmale einer Universität zu einem Wirtschaftsunternehmen. Beispielsweise kann eine Hochschulleitung, im Gegensatz zur Unternehmensleitung, ihren einzelnen wissenschaftlichen Bereichen derzeit noch nicht explizit vorschreiben mit welchen Forschungsgegenständen sie sich zu befassen haben. Darüber hinaus trägt in erster Linie der Staat die finanzielle Verantwortung für die Hochschulen.

Inwiefern die Zuordnung der Hochschulen zu den Dienstleistungsunternehmen vor dem Hintergrund der Hochschulreformierung gerechtfertigt und sinnvoll ist, kann und soll nicht Bestandteil dieser Arbeit sein und bietet vielmehr genug Diskussionsstoff für eine eigene kontroverse Abhandlung.

3.2 Hochschulmarketing

„Je stärker in einer Hochschule Entscheidungen unter Marketing-Gesichtspunkten getroffen werden, um so effizienter erfüllt die Hochschule ihre Aufgaben in Lehre und Forschung, um so effizienter kann sie auch zur Pflege und Entwicklung der Wissenschaften beitragen. Marketing von Hochschulen führt zu einem effizienten Hochschulsystem.“[25]

Vertreter der marketinggeführten Hochschulen stützen sich auf die Annahme, dass die Hochschule:[26]

- Kunden hat, das heißt, direkte Abnehmer ihrer Leistungen,
- einen öffentlichen Auftrag als Produzent öffentlicher Güter hat,
- mit ihren Leistungen auf dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen und technischen sowie der ökonomischen Entwicklung aufsetzen muss.

Grundvoraussetzungen für eine marketinggeführte Universität ist eine Corporate Identity (CI, siehe auch Kapitel 8.2.2), also ein Leitbild. Unter das Dach der CI fällt neben dem Corporate Design (CD, Erscheinungsbild) und dem Corporate Behaviour (CB, Mitarbeiterverhalten) auch die Corporate Communication, die Hochschulkommunikation.

Redet man über Hochschulmarketing, darf die Erwähnung des Kompetenzzentrums für Hochschulmarketing COMPETO nicht ausbleiben. COMPETO ist ein Zusammenschluss der Marketing-Abteilungen der Universität Dortmund, der Technischen Universität Dresden, der TU Hamburg-Harburg, der Universität der Künste Berlin und der Fachhochschule Potsdam. Ziel der GmbH ist es, Hochschulen bei der Implementierung strategischer Marketingmaßnahmen zu begleiten.[27] COMPETO berät Hochschulen in Strategie und Praxis, wie sie ihr Profil als Dienstleister schärfen können.

Zu den Aufgaben von Hochschulmarketing als Säule der Hochschulkommunikation (siehe auch Kapitel 3.4) zählen:[28]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Aufgabengebiete Hochschulmarketing

3.3 Marketing oder Öffentlichkeitsarbeit?

Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt ausschließlich auf der Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen. Das bedeutet nicht, dass die Möglichkeiten und Auswirkungen klassischer Marketingarbeit unterschätzt werden. Doch für Hochschulen nimmt die Öffentlichkeitsarbeit eine viel zu bedeutende Stellung ein, um nur als Ergänzungswerk des Marketings betrachtet werden zu können. „Ausgangspunkt ist die These, dass sich die Universitäten auch unter aktuellen Wettbewerbsvorzeichen weiterhin vorwiegend in für sie ressourcenrelevanten Öffentlichkeiten auf Image- und Meinungsmärkten und weniger auf Märkten im engeren absatzwirtschaftlichen Sinne behaupten werden müssen. Public Relations und nicht Marketing erscheint [...] darum die übergeordnete Kategorie und Aufgabe für ein, das Gesamtsystem Universität umspannendes, strategisches Umweltkommunikationskonzept zu sein.“[29]

3.4 Aufgaben von Öffentlichkeitsarbeit

Öffentlichkeitsarbeit ist ein strategischer Erfolgsfaktor einer Unternehmung oder Institution.[30] Das Bestreben einer Organisation im Rahmen einer langfristig angelegten Strategie auf seine Umwelt rechtzeitig zu reagieren, Vertrauen und Verständnis in der Öffentlichkeit für seine Entscheidungen zu schaffen und somit einen Interessensausgleich mit der Öffentlichkeit herbeizuführen, kann ohne effektive und planmäßige Öffentlichkeitsarbeit kaum erfolgreich sein.

In Anlehnung an die zehn Aufgabenfelder der PR, eingeteilt von der Deutschen Gesellschaft für Public Relations[31], lassen sich für Hochschulen folgende Bereiche von besonderer Bedeutung herausfiltern:

Human Relations bezeichnen die „Pflege und Gestaltung zwischenmenschlicher, interner Beziehungen in einem Unternehmen, einer Institution oder einer Organisation“[32]. Optimierter Infor-mationsaustausch und verbesserte Kommunikationsbedingungen wirken sich positiv auf die Arbeitszufriedenheit und damit auch auf die Arbeitsbedingungen aus.

Ziel der Media Relations ist es, dass Redaktionen von Medien wie Presse, Rundfunk und Fernsehen möglichst häufig über die Hochschule berichten. Der Aufbau und die Pflege eines Beziehungsgeflechts zu Vertretern der verschiedenen Medien bietet dafür die unerlässliche Grundlage.

Public Affairs bezeichnet die „Gestaltung der betrieblichen Beziehungen zur sozialen und politischen Umwelt und die Verbreitung von gesellschaftspolitisch relevanten Informationen“[33]. Hochschulpolitik nimmt heute eine herausragende Rolle bei der Vermittlung der Ziele und Inhalte der Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen ein. Reaktionen auf aktuelle hochschulpolitische Entscheidungen, wie beispielsweise Mittelkürzungen oder Standortverlagerungen, sind der Öffentlichkeit möglichst schnell und nachvollziehbar mitzuteilen.

Crisis Management, oder Krisen-PR, hat in den letzten Jahren nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Hochschulen an Bedeutung gewonnen. Die Maßnahmen umfassen alle kommunikativen Strategien und Bestimmungen, die dazu dienen, negative Konsequenzen wie Vertrauensverlust oder Imageeinbußen bei Krisen und Konflikten zu vermeiden.

Corporate Identity, das Leitbild einer Hochschule, ist bestimmt durch das Selbstverständnis der Universität und steuert die Verhaltensweisen nach innen und außen. Ziel einer Corporate Identity ist es, alle internen und externen Handlungsinstrumente einer Hochschule in einen einheitlichen Rahmen zu gliedern.

Die Öffentlichkeitsarbeit einer Hochschule fällt in den Bereich der Hochschulkommunikation.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Hochschulkommunikation

Die wichtigsten Elemente der Hochschulkommunikation (eigene Abbildung)

Die folgende Auflistung umfasst grundlegende Aufgaben im Bereich Öffentlichkeitsarbeit einer Hochschule sowie zusätzliche zielgruppenspezifische Funktionen und konzeptionelle Aufgabenstellungen der Hochschul-PR.[34]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 3: Aufgabenkatalog Öffentlichkeitsarbeit

4. Geschichte der Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen

4.1 Anfänge in den 50er Jahren

Die Öffentlichkeitsarbeit hielt in den fünfziger Jahren Einzug in die deutschen Hochschulen. 1952 verabschiedete die Westdeutsche Rektorenkonferenz (WRK) erste „Empfehlungen zur Einrichtung von Pressestellen an den Hochschulen“.

„Mitteilungen aus dem Leben der Hochschule sollten [...] in Form regelmäßiger Zusammenstellungen und, wenn möglich durch Pressekonferenzen bekannt gemacht werden. Kommentierte Artikel in der Lokalpresse sowie grundsätzliche Aufsätze, die gegebenenfalls auch an die übrige Presse zu leiten wären, sind geeignet, das Interesse der Öffentlichkeit an den Hochschulen zu intensivieren.“[35]

Trotz der Empfehlungen entwickelte sich in der Zeit nur wenig in Richtung Öffentlichkeitsarbeit. Allein die Allgemeinen Studentenausschüsse entdeckten das Thema für sich und bildeten die ersten Fachreferate. Ihre Aufgabe sahen sie darin, „die Interessen der Hochschulen in ihrer Gesamtheit zu wahren.“[36]

Grund für die geringe Beachtung der Öffentlichkeitsarbeit durch die Hochschulleitungen war die damalige Unantastbarkeit der deutschen Hochschule (Elfenbeinturm-Dasein) an sich. Das Verhältnis zwischen Öffentlichkeit und Universität schien problemlos. „Die hohe Schule stellte sich konsequent dar: Feiern, Jubiläen, Jahrestage.“[37] Für die Medien lieferten diese Selbstdarstellungsanlässe genug Material und sie „erfreuten ihre Leserschaft mit der Vermittlung dessen, was sie wissen und bestätigt wissen wollte: dass die Universität eine Elite-Anstalt ist, auf der die Besten ausgebildet wurden von den Besten [...].“[38]

4.2 Wandel in den 60er Jahren

Studierende in den sechziger Jahren waren die ersten, von denen „Impulse zu einem grundlegend neuen Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit“[39] ausgingen. Die Studenten erkannten die Wirkung der Pressearbeit für die eigenen Belange. Auf dem VII. Deutschen Studententag forderten sie, „[...] in jeder Executive der studentischen Selbstverwaltung [...] ein Referat für Öffentlichkeitsarbeit (Pressereferat) zu errichten.“[40]

[...]


[1] Vgl.: http://www.hrk.de/de/hrk_auf_einen_blick/hrk_auf_einen_blick.php (Stand: 17.05.2005; 17:51 Uhr)

[2] Münchmeyer, A. in: Avenarius, H. (2000), S. 52

[3] Eaton, D. in: Reineke, W., Eisele, H. (1994 ), S. 11

[4] Oeckl, A. in: Escher, H. (2001), S. 137

[5] Vgl.: http://www.dprg.de/statische/itemshowone.php4?id=39, (Stand:13.05.2005; 21:37 Uhr)

[6] Vgl.: http://www.prsa.org/_Resources/Profession/index.asp?ident=prof1, (Stand: 13.05.2005; 22:04 Uhr)

[7] Vgl. : Avenarius, H. (2000), S. 179

[8] Ebenda

[9] Vgl. Luthe, D. (2004), S. 42

[10] Vgl.: Mast, C. (2002), S. 33; Luthe, D. (2004), S. 42; Avenarius, H. (2000), S. 87

[11] Vgl. Schmidt, S. J./Zurstiege, G. (2000), S. 183 f.

[12] Grunig J. E./Hunt, T. in: Schmidt, S. J.,/Zurstiege, G. (2000), S. 184

[13] Mast, C. (2002), S. 17

[14] Vgl. Weis, H. C. (2001), S. 18

[15] Meffert, H. in: Weis, H. C. (2001), S. 18

[16] Vgl.: http://www.desig-n.de/werbung_m.htm (Stand: 18.05.2005; 14:47 Uhr)

[17] Vgl.: http://www.wm-p.de/Sites/philosophie.htm (Stand: 18.05.2005; 17:24Uhr)

[18] Mast, C. (2002), S. 18

[19] Vgl. Fritz, W. in: Escher, H. (2001), S. 44

[20] Olfert, K./Rahn, H.-J. (2001), S. 37

[21] Luthe, D. (2004), S. 1

[22] Luthe, D. (2004), S. 1

[23] Vgl.: Müller,W. A./ Hettich, R. (2000), S. 111 f.

[24] Vgl. Grundgesetz, Artikel 5, Absatz 3

[25] Schulte, P. (1985)

[26] Vgl.: Frackmann, E. in: Escher, H., (2001), S. 46

[27] Vgl.: http://www.competo.de/index2.php?m=2&s=0&h_menuename=Leistungen (Stand: 07.05.2005; 20:37 Uhr)

[28] Vgl.: Armbruster, B./König, J.: (2002), S. 79 f.

[29] Escher, H. (2001), S. 135

[30] Vgl.: Haedrich, G. in: Avenarius, H. (2000), S. 19

[31] Vgl.: DPRG in: Mast, C. (2002), S. 15 f.

[32] Vgl.: http://www.a-b-human-relations.de/ (Stand: 11.05.2005; 17:42 Uhr)

[33] Vgl.: http://www.a-b-public-affairs.de/ (Stand: 11.05.2005; 18:01 Uhr)

[34] Vgl.: Armbruster, B./König, J. (2002), S. 76 ff.

[35] Schulz-Bruhdoel, N. in Escher, H. (2001), S. 13

[36] Schulz-Bruhdoel, N. in: ebenda

[37] Wapnewski, P. in: ebenda

[38] Wapnewski, P. in: Escher, H. (2001), S. 13

[39] Escher, H. (2001), S. 14

[40] Verband deutscher Studentenschaften in: Escher, H. (2001), S. 14

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Details

Titel
Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen
Untertitel
Die Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz von 1995 in der Praxis - am Beispiel der staatlichen Hochschulen in NRW
Hochschule
Westfälische Hochschule Gelsenkirchen, Bocholt, Recklinghausen
Note
1.0
Autor
Jahr
2005
Seiten
89
Katalognummer
V79167
ISBN (eBook)
9783638804646
ISBN (Buch)
9783638807852
Dateigröße
932 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hochschulen
Arbeit zitieren
Candy Lange (Autor:in), 2005, Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79167

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