Siedeln, taktieren und bekriegen - Eine empirische Untersuchung zur besonderen Faszinationskraft von Echtzeit-Strategiespielen


Magisterarbeit, 2007

130 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einleitung

Zielsetzung und Vorgehensweise der Arbeit

1. Kapitel: Grundlagen einer Beschäftigung mit Echtzeit-Strategiespielen
1.1 Die Problematik einer Kategorisierung von Computerspielen
1.2 Genregrenzen am Rande der Unsichtbarkeit
1.3 Der Genremix als Trend
1.4 Fazit zur Einteilung von Computerspielen
1.5 Begriffsklärung
1.5.1 Strategie
1.5.2 Was sind virtuelle Strategiespiele?
1.5.3 Was verkörpern Echtzeit-Strategiespiele?
1.5.4 Was bedeutet Echtzeit?
1.6 Geschichtliche Hintergründe
1.6.1 Schach als Urform des modernen Strategiespieles
1.6.2 Manuelle Kriegspiele vor und während der Computer-Ära
1.6.3 Geschichte der Echtzeitstrategiespiele
1.7 Aktuelle Spieletitel
1.7.1 ParaWorld
1.7.2 Age of Empires III
1.7.3 Warcraft 3 - Reign of Chaos
1.8 Zwischenfazit

2. Kapitel: Die Faszination virtueller Welten im Fokus der Forschung
2.1 Generelle Tendenzen der bisherigen Forschung
2.1.1 Spielergruppen als Ergebnisse deskriptiver Untersuchungen
2.1.2 Wirkungsforschung zu Computerspielen
2.2 Faszination als Forschungsgegenstand
2.3 Faktoren einer Faszination
2.3.1 Motivation als Ausgangspunkt einer Faszination
2.3.2 Immersion
2.4 Motivationstheorien einer Medien(be)wirkungsforschung
2.5 Die Verbindung zwischen Spieler und Echtzeit-Strategiespiel
2.5.1 Die sensumotorische Synchronisierung
2.5.2 Die Bedeutungsübertragung (semantischer Funktionskreis)
2.5.3 Die Regelkompetenz (syntaktischer Funktionskreis)
2.5.4 Der Selbstbezug (dynamischer Funktionskreis)
2.6 Macht, Herrschaft und Kontrolle in Echtzeit-Strategiespielen
2.7 Macht und Dominanz
2.8 Weitere Ansätze im Überblick
2.8.1 Der Uses-and-Gratifications-Ansatz
2.8.2 Eskapismus durch Computerspiele
2.8.3 Das Transfermodell
2.9 Zwischenfazit

3. Kapitel: Integration der theoretischen Zugänge/ Faktorenkonzeption
3.1 Zusammenfassung der Theoriebausteine
3.2 These 1: Komplexität von RTS
3.3 These 2: Immersion
3.4 These 3: Macht und Dominanz
3.5 These 4: Abwechslung
3.6 Zwischenfazit

4. Kapitel: Onlinebefragung von Strategiespielern
4.1 Pro und Contra der Onlinebefragung
4.2 Der Pretest - Probleme und Erkenntnisse
4.3 Die Hauptuntersuchung
4.3.1 Die Grundgesamtheit
4.3.2 Darstellung des Untersuchungsdesigns und der Datenerhebung
4.3.3 Datenaufbereitung und Fehlerkorrektur
4.3.4 Verwendung von statistischen Auswertungsverfahren
4.4 Empirische Auswertung: Wer spielt Echtzeit-Strategiespiele?
4.4.1 Alter, Bildungsgrad und Einkommen
4.4.2 Dauer und Intensität des Spielens
4.4.3 Gegenüberstellung der Spielergruppen
4.5 Faktoren für eine Faszination von Echtzeit-Strategiespielen
4.5.1 Komplexität und Interaktiver Anspruch
4.5.2 Spielthematik/ Präsentation
4.5.3 Immersion
4.5.4 Macht und Dominanz
4.5.5 Verworfene Faktoren
4.6 Ausprägungen der generierten Faktoren in den Spielergruppen
4.6.1 Bedeutsame Faktoren der RTS-Vielspieler
4.6.2 Präferenzen der RTS-Intensivspieler
4.6.3 Dominante Faktoren der RTS-Wenigspieler

Zusammenfassung

Ausblick

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Anhang

Vorwort

In der vorliegenden Magisterarbeit wird aus Gründen der Übersichtlichkeit das generische Maskulin verwendet, welches weibliche und männliche Personen gleichermaßen einschließt. Die verwendete Literatur wird grundsätzlich nach der amerikanischen Harvard-Zitierweise belegt. Ergänzungen und Internetquellen sind aus Gründen der besseren Lesbarkeit in den Fußnoten angegeben.

Diese Arbeit bezieht sich vorwiegend auf PC-basierte Computerspiele, im speziellen Echtzeit-Strategiespiele. Die verwendeten Theorien lassen sich jedoch auch auf andere plattformbezogene Arten von virtuellen Spielen übertragen. Im Folgenden wird daher nicht explizit zwischen den Begriffen „Videospiel“, „Bildschirmspiel“ und „Computerspiel“ unterschieden.

Das Kürzel „RTS“ steht im weiteren Verlauf der Arbeit für „Real Time Strategy“, was die englische Übersetzung von Echtzeit-Strategiespiel ist.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich ausschließlich mit der Faszinationskraft von Echtzeit-Strategiespielen. Sie wird daher keinen Beitrag zur breiten Masse an Untersuchungen liefern, welche sich mit gewalthaltigen Computerspielen und ihrer vermuteten negativen Auswirkungen auf den Spieler auseinandersetzen.

Ein herzliches Dankeschön geht an alle Teilnehmer des Pretests und der Hauptuntersuchung, welche sich freiwillig beteiligten und einen positiven Beitrag für die zukünftige Erforschung dieses Themengebietes lieferten.

Jena, im Februar 2007

Einleitung

Abbildung 1: Age of Empires III

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: [online] URL:

http://www.s2.com.br./s2arquivos/362/Imagens/2324Image.jpg [Stand 15.01.2007]

„Willkommen in der neuen Welt der Strategie!

Dies ist der Anbruch eines neuen Zeitalters in der Welt der Real-Time-Strategy- Spiele (RTS). Eine einzigartige neue Welt entsteht - feindlich, aber dennoch faszinierend, mit innovativem Gameplay, neuen strategischen Szenarien, einer unvergleichlichen, atemberaubenden Grafik und vielem mehr.“

Ausschnitt aus der Werbung zum Echtzeit-Strategiespiel Age of Empires 3 (Microsoft)1

Was Werbeslogans wie dieser versprechen, ist für einen Großteil der heutigen Generation von Computerspielern nicht mehr aus der Freizeit wegzudenken: Vir- tuelle Welten faszinieren Jung und Alt, sei es auf dem althergebrachten Heim- computer oder neueren Plattformen wie Konsole und Handy. Computerspiele sind ein Massenphänomen und gehören inzwischen zur medialen Alltagswelt. Die Umsätze der Industrie sprechen deutliche Zahlen und haben das virtuelle Spielvergnügen aus der einstigen Rolle des Spielzeugs herauskatapultiert und zum Medium heranwachsen lassen. Innerhalb von nur wenigen Jahrzehnten hat das Computerspiel etwas geschafft, wofür andere Medien Generationen benötig- ten: die massenhafte Durchsetzung. Inzwischen konkurriert das Computerspiel in ökonomischer Hinsicht mit klassischen Medien wie dem Film und hat diesen in punkto Umsatzerfolg an der Kinokasse gar übertroffen. Computer- und Video- spiele liegen voll im Trend und erschließen neue Zielgruppen wie Kleinkinder und vor allem Frauen. Waren virtuelle Spiele früher als „Männerspielzeug“ und be- langloser Zeitvertreib verschrien, so gab es inzwischen einen Wandel vom Ni- schen- hin zum Massenmarkt. Die Angebotspalette von Computer- und Video- spielen ist mittlerweile fast unüberschaubar, für jeden Geschmack und jede Ziel- gruppe werden inzwischen individuelle Titel zusammengestellt. Die Genrevielzahl wird dadurch erhöht, dass moderne Spiele oftmals einen Genremix bieten, um die Attraktivität weiter zu steigern.

Strategiespiele nehmen insofern eine besondere Rolle in der Geschichte der Computerspiele ein, weil sie von Anfang an zu den beliebtesten Genres gehörten und sich bis heute einer breiten Fangemeinde erfreuen können. Dabei gab es einige interessante Entwicklungen im Spieldesign und den Untergenres, auf die später näher eingegangen wird. Echtzeit-Strategiespiele (RTS)2 gehören gegen- wärtig zu den erfolgreichsten Vertretern von virtuellen Strategiespielen. Warum dies so ist, kann nur hypothetisch angenommen werden. Das bereits in der Wis- senschaft erforschte Motiv von „Macht, Herrschaft und Kontrolle“ bei Spielern könnte ein Grund dafür sein. Der Echtzeit-Modus in RTS kann möglicherweise eine gewichtige Rolle vor dem Hintergrund der Faszinationskraft spielen, hierzu soll im empirischen Teil nachgefragt werden. Die aus der Echtzeit resultierende Geschwindigkeit, mit der der Spieler reagieren muss, um etwas im Spiel zu errei- chen, ist ein Faktor, der seine Reize für Spieler zu haben scheint. Aber auch die grafische Detailverliebtheit und Komplexität von heutigen Echtzeit-Spielwelten scheint für viele Fans einen Beweggrund darzustellen. Der Aufwand, der in mo- dernen Genrevertretern steckt, lässt sich gut an den Kosten ablesen, die ein neues RTS in der Entwicklung verschlingt. Auch im Werbeaufwand stehen kom- merzielle Spieleneuheiten mittlerweile der Filmbranche in nichts mehr nach. Ak- tuelle Vertreter wie Siedler II (Ubisoft) gehören zu einer Kategorie von Spielen, die man mit Blockbustern im Kino vergleichen kann. Sie basieren oftmals auf erfolgreichen Serien von Strategiespielen, die nun ihre Fortsetzung finden und die Fangemeinde aufs Neue begeistern sollen. Echtzeit-Strategiespiele begeis- tern also schon seit Generationen und sind deshalb ein interessantes For- schungsobjekt.

Zielsetzung und Vorgehensweise der Arbeit

In der vorliegenden Magisterarbeit soll es primär um die Frage gehen, warum Strategiespiele, im speziellen Echtzeit-Strategiespiele, faszinieren können. Dabei ist die Arbeit in erster Linie besonders auf jene Spieler angewiesen, die in einer Onlinebefragung ihre Meinung dazu abgeben. Da es in diesem speziellen Be- reich der Strategiespiele bisher kaum fundierte empirische Erkenntnisse gibt, soll mit der vorliegenden Arbeit auch zur differenzierteren Betrachtung von Compu- terspielen beigetragen werden.

Im Sinne der allgemeinen Verständlichkeit des Themas muss zunächst der For- schungsgegenstand klar definiert werden, um die Ausführungen nachvollziehbar zu gestalten. Dies gestaltet sich durchaus als schwieriges Unterfangen, da sich der gesamte Markt der Computerspiele in stetiger Bewegung befindet und gera- de im Genrebereich die Grenzen verwischen. Hier gibt es verschiedene Ansich- ten in der Wissenschaft und von Seiten der Branche, die sinnvoll beleuchtet wer- den sollen. Es wird ein aktueller Versuch unternommen, die Vielfalt des Marktes in zeitgemäßer Form zu unterteilen und dabei den Begriff Echtzeit-Strategiespiel zu definieren. Dazu werden auch einige geschichtliche Aspekte aus der Historie der RTS beitragen.

Das theoretische Gerüst der Arbeit setzt sich aus verschiedenen Teilbereichen zusammen (vgl. Kapitel 2). Da die Motive der Spieler eine große Bedeutung für die Untersuchung besitzen, wird die Motivationspsychologie als Ausgangspunkt für eine nähere Beschäftigung mit den Beweggründen dienen. Motive sind die Basis für eine Faszinationskraft, welche in der noch jungen Wissenschaft rund um das Thema Computerspiele bereits Beachtung gefunden hat. Hier soll ein Forschungsüberblick auf die wichtigsten Arbeiten zu diesem Thema erfolgen. Gleichzeitig dienen bisher erarbeitete Modelle, wie das der „Strukturellen Kopp- lung“ von Jürgen Fritz (vgl. Fritz 1995, 2003c), als Grundlage für die Gestaltung eigener Thesen und weiterführender Überlegungen in Bezug auf die Faszinati onskraft von Echtzeit-Strategiespielen. Klassische Modelle der Kommunikations- wissenschaft wie der Uses-and-Gratifications-Ansatz und der Eskapismus-Begriff sollen dahingehend überprüft werden, ob sie für einen theoretischen Bezug in Frage kommen.

Eine Faktorenanalyse bildet den Kern der empirischen Untersuchung und soll Erkenntnisse über die Hauptmotive der Spieler liefern. Die Grundlagen und Annahmen der theoretischen Basis werden anhand einer Onlinebefragung unter Strategiespielern einer Überprüfung unterzogen. Methodisch erfolgt dies per standardisierten Onlinefragebogen. Dabei stehen die Faktoren für eine Faszinationskraft des Genres im Mittelpunkt.

1. Kapitel: Grundlagen einer Beschäftigung mit EchtzeitStrategiespielen

1.1 Die Problematik einer Kategorisierung von Computerspielen

Eine echte Herausforderung in der Wissenschaft rund um das Thema Computer- spiele stellt die Verankerung der Genres dar. Veränderungen in den einzelnen Bereichen vollziehen sich so schnell, dass die Wissenschaft nur schwer folgen kann. Die vorliegende Arbeit konnte demzufolge auf keiner „Standardeinteilung“ von Genres aufbauen. Eine berechtigte Frage kann daher lauten: „Wie definiert man Genres heute zeitgemäß und zugleich zukunftssicher?“ Es erscheint zu- nächst sinnvoll, sich die bisherigen Bemühungen um ein transparentes und struk- turiertes Genremodell anzuschauen.

Laut Brehm-Klotz et al. (1997) hatte bisher jeder Versuch einer Typisierung der Computerspiele Schwächen. Durch technischen Fortschritt und neue Trends sind bestehende hochdifferenzierte Kategoriensysteme schnell überaltert, bisherige „Genremerkmale werden neu kombiniert“ (Gebel/ Gurt 2005: 247), was neuere, generelle Einordnungsmodelle auf den Plan ruft (siehe auch Fritz 1995)3, die auch für die Zukunft gewappnet scheinen. Etwas betagte Grob-Einteilungen in Denk- und Geschicklichkeitsspiele (Mayer 1992) oder Fritz’ polartige Unterteilung nach Denken („Köpfchenspiele“) und Action („Knöpfchenspiele“)4 waren einfache Versuche, das damals noch übersichtliche Spektrum an Spielen grob zu ordnen.

Fritz entwickelte sein „bipolares Universum“ (Fritz 1995: 22) zu einer Landkarte der Bildschirmspiele weiter, welche die Unterteilung der Spiele nach Anforderungen an den Rezipienten darstellte. Danach bewegen sich Computerspiele zwischen drei wesentlichen Polen: Denken, Action und Geschichten. „Je nachdem wie stark ein einzelnes Spiel durch diese drei Elemente (wie durch Magnete) ‚angezogen’ wird, desto deutlicher wird das Spiel in Richtung auf dieses Element auf der ‚Landkarte’ platziert“ (vgl. Fritz 1995).

Fritz ordnet Strategiespiele in den aufgabenbezogenen Bereich der Denkspiele auf seiner Landkarte ein.

Abbildung 2: Landkarte der Bildschirmspiele

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung, (in Anlehnung an Fritz 1995: 23)

Dieser Überbegriff wird ähnlich auch in Studien (vgl. mpfs/ JIM 2005) verwendet, hier unter der Kombination „Strategie-/Denk-Spiele“. Solche Modelle sind nur bedingt anwendbar, will man die Genres im Detail betrachten. Dennoch finden diese Oberkategorien von Spielen weiterhin Verwendung, schaut man sich aktuelle Untersuchungen an.5 Für die Generierung von Spielertypen erscheint die Landkarte deshalb immer noch von Bedeutung.

Die einfache Landschaft der Spiele hat sich dennoch im Laufe der Jahre zuse- hends gewandelt. Die in der Anfangszeit der Computerspiele benutzten Elemen- te werden laut Fritz „weiter verwendet, mit anderen Elementen verbunden und fortentwickelt“ (Fritz 1995: 30). Ein alternatives Beispiel einer Klassifizierung sind die vier Oberkategorien „Action“, „Strategie“, „Abenteuer“ und „Sport“ (vgl. Gie- selmann 2002), denen man im nächsten Schritt Genres bzw. Subgenres zuord- nen kann. Einen Überblick über weitere bisherige Kategorisierungsversuche gibt Neitzel (2001).

Genres existieren auch in anderen Medienbereichen wie beim Film oder in der Musik und können hilfreich sein, im Angebotsdschungel den Überblick zu behal- ten. Laut USK6 wird der deutsche Markt jährlich um 1000 digitale Spiele berei- chert (vgl. USK: 2006), Branchenkenner gehen sogar von der doppelten Anzahl aus. Der Markt ist unübersichtlich, was wiederum ein ausreichend differenziertes Kategoriensystem unabdingbar macht. Anhand des Genretitels lassen sich Spie- le in Unterkategorien einteilen, wodurch sich der Inhalt schneller ableiten lässt, zumindest wenn eine gewisse Affinität zu virtuellen Spielwelten besteht. Im Laufe der Jahre kamen immer mehr Genres und Untergenres hinzu, die jedoch bis heu- te uneinheitliche Namen besitzen. Dennoch versuchen die beteiligten Akteure der Computerspielbranche für mehr Transparenz zu sorgen.

Abbildung 3: Der Genrebaum der USK

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Grafik, (angelehnt an USK 2006)

Eine aktuelle Auflistung der USK zeigt eine Variation der Einteilung, kann aber nur als Momentaufnahme herhalten.

1.2 Genregrenzen am Rande der Unsichtbarkeit

Grenzen zwischen Genres, wie jene zwischen den Kategorien Strategie und Si- mulation, verschwimmen oftmals gänzlich. Es erscheint besonders schwer, klare Unterschiede herauszuarbeiten, da es auch viele Gemeinsamkeiten gibt. Anhand des folgenden Beispiels wird ersichtlich, wie zwei eigentlich eigenständige Gen- res doch miteinander verknüpft sind, und wie schwer eine klare Trennung fällt.

Grundsätzlich ist jedes Spiel eine Simulation, geht man einmal vom technischen Standpunkt der visuellen Nachahmung aus. Jegliche Spielsituation ist eine Simu- lation und Darstellung, ob fiktiv oder auf einem realen Zusammenhang beruhend. Freudenberg und Masuch (2001) unterscheiden spezifischer zwischen Reakti- ons- und Strategiesimulationen. Unter ersterem verstehen sie „die Nachahmung des Verhaltens eines Fortbewegungsmittels in einer virtuellen Umgebung“ (Freu- denberg/ Masuch 2001: 265). So zählen Fahrzeugsimulatoren oder militärische Simulationen zu den Reaktionssimulationen.7 Im Gegensatz dazu kontrolliert der Spieler in Strategiesimulationen eine ganze Menge von Einheiten unter Zuhilfe- nahme seiner strategischen Planung aus einer Meta-Ebene heraus. Strategie- spiele sind also laut Freudenberg und Masuch Simulationen im strategischen Sinn, aber durchaus von anderen Simulationstypen zu unterscheiden. Auch Neit- zel empfindet den Übergang von Simulationen zu Strategiespielen als fließend. „Simulationen werden zu Strategiespielen, wenn Gegner hinzukommen“ (Neitzel 2001: 216).

1.3 Der Genremix als Trend

Bei der Aufteilung der Strategiespiele verzichtet die USK auf den Begriff Echtzeit- Strategiespiel und gliedert die Spiele nach ihrem Hauptinhalt, also entweder nach Aufbauen (Aufbaustrategie) oder nach Kämpfen (militärische Strategie). Gleich- zeitig aber wird eine Kategorie aufgelistet, zu der man immer mehr Spiele zählen kann: der Genremix. Gerade bei aktuellen Spielen wie Anno 1701, die einst als reine Aufbaustrategiespiele angesehen werden konnten, kommen neue Elemen- te hinzu. Zwar steht das friedliche Taktieren im Gegensatz zu militärischen Stra- tegiespielen im Vordergrund, doch insgesamt gesehen unterscheiden sich die Untergenres kaum noch. Der Echtzeitmodus wird sozusagen in artverwandte Genres „eingebaut“, um die Attraktivität zu erhöhen. Die Tendenz des Genremix vollzieht sich nun schon seit geraumer Zeit im gesamten Bereich der Computer- und Videospiele. Bei Spielen wie Spellforce (JoWood) werden verschiedene Genres kombiniert.

„Man nehme ein Echtzeitstrategiespiel ala WarCraft 3, ein Rollenspiel ala Gothic

2 und werfe beides in einen großen Topf. Nach erfolgreichem Umrühren erhält man hoffentlich eine erstklassige Genre-Mixtur und spricht somit Fans aus beiden Lagern an.“

Kommentar eines Spielprüfers zum Spiel Spellforce - The Order of Dawn8

1.4 Fazit zur Einteilung von Computerspielen

Dass es sinnvoll ist, virtuelle Spiele in Kategorien und Unterkategorien einzutei- len kann, scheint in punkto Transparenz und Übersichtlichkeit des Marktes nicht zur Diskussion zu stehen. Vielmehr tauchen ständig neue Genres auf, forciert durch technische Entwicklungstrends, Absatzstrategien der Branche und einen differenzierten Geschmack des Publikums. Ein Vorzeigemodell für die wissen- schaftliche Diskussion zum Thema Computerspiele existiert nicht. Der Genre- baum der USK stellt sich zwar selbst eine einheitliche Verwendung für Branche, Marktforschung und Jugendschutz aus (USK 2006). Ob er ein zukunftssicheres Modell darstellt, ist vor dem Hintergrund der Entwicklungsgeschwindigkeit frag- lich.

Man kann resümieren, dass seit Bestehen der Computerspiele viele Versuche unternommen wurden, diese in Kategorien und Genres einzugliedern. Dabei mussten bestehende Modelle und Genrenamen oft überarbeitet werden, um zeit- gemäß zu sein. Allein das schnelle Voranschreiten der 3D-Grafik in den neunzi- ger Jahren schob das Kürzel „3D“ vor viele Genrenamen. So wurde ein Adventu- re zum 3D-Adventure oder ein Rollenspiel zum 3D-Rollenspiel. Die Entwicklung der Technik im Grafikbereich hat also maßgeblichen Anteil an neuen Genrena- men. Daher wird man auch momentan kein zukunftssicheres Genresystem erstellen können und kann allerhöchstens auf eine Grobeinteilung wie die klassi- sche Landkarte der Bildschirmspiele (Fritz: 1995) verweisen. Genres befriedigen in erster Linie die Bedürfnisse der Käufer und helfen bei der zeitgemäßen Orientierung im Verkaufsregal.

Die vorliegende Arbeit hegt keinen Anspruch auf eine vollständige Auflistung aller momentan existierenden Genres. Dies erscheint zum ersten äußerst schwierig aufgrund der Unübersichtlichkeit des Marktes und ist zum zweiten von geringem Nutzen für die Betrachtung des Forschungsgegenstandes. Es soll daher vorder- gründig um eine Verortung des Begriffes Echtzeit-Strategiespiel gehen, deshalb wird die Kategorie bzw. das Genre der Strategiespiele hierfür im Folgenden ge- nauer beschrieben.

1.5 Begriffsklärung

1.5.1 Strategie

Der Begriff der Strategie wird auf vielen Gebieten angewendet und stammt ursprünglich aus dem militärischen Bereich, wo er eine „für bestimmte Kriegssituationen festgelegte militärische Vorgehensweise“ (Langenscheidt 2006) bezeichnet. Strategie bedeutet ursprünglich Feldherrenkunst:

„Die Lehre von der Strategie war auch die Lehre von der Kunst, das Machtpotential des Staates zur Vernichtung des Feindes einzusetzen und so auszuschöpfen, dass dem Feind der eigene Wille aufgezwungen werden konnte.

(Thimm 1990: 34)

Eine Strategie ist aus Sicht der Kriegsführung immer langfristig angelegt, als Taktik werden kurzfristige, operative Aktionen bezeichnet. Auch in der Wirtschaftswissenschaft besitzt beispielsweise strategisches Management einen größeren Zeithorizont als das operative. Strategien und strategisches Handeln finden sich in fast allen Lebensbereichen wieder.

Generell kann man eine Strategie auch als „längerfristigen Plan zur Erreichung eines Zieles“ bezeichnen, „der versucht, äußere Faktoren und Reaktionen zu berücksichtigen und das weitere Vorgehen darauf einzurichten“ (Langenscheidt 2006).

1.5.2 Was sind virtuelle Strategiespiele?

Virtuelle Strategiespiele lassen sich nach Fritz’ Landkarte der Bildschirmspiele den Denkspielen zuordnen, dessen Bereich sehr vielfältig sei (vgl. Fritz 1995). Myers gibt eine kurze, aber prägnante Beschreibung für das Genre:

„Strategy. Games that emphasize strategic planning and problem solving.”

Definition nach Myers (1990: 293)

Strategiespiele haben laut Fritz (vgl. 1995) ein hohes Motivierungspotential, wel- ches in der Kombination von komplexer Denkanstrengung und martialischen In- halten begründet liegt, die den Denkanstrengungen Sinn geben würden. In Stra- tegiespielen dürfe der „Videonaut“9 (vgl. Fritz 1995) keine actionreichen Szenen erwarten, sondern eher „kühle Strategien“, die einen „spröden Eindruck“ erwe- cken würden (Fritz 1995: 25). Zusätzlich zu den abstrakten Spielen würden hauptsächlich Schlachten und Kriege zu Hauptinhalten des Strategiegenres erko- ren: „Neben historisch detailliert entfalteten Schlachtfeldern zu Lande, zu Was- ser, in der Luft und im Weltraum, kann man auch Fantasy-Armeen aufeinander hetzen oder Ausflüge in zukünftige Konfliktfelder unternehmen“ (Fritz 1995: 25). Für Jöckel (2005) „simulieren Strategiespiele Ausschnitte aus der Wirklichkeit oder einer fiktiven Wirklichkeit“ (S. 5). In der Definition der aktuellen Genrekunde der USK wird ein Hauptaugenmerk auf die isometrische Perspektive (von schräg oben auf die Spielfläche) gelegt, aus welcher der „virtuelle Stratege […] gezielt seine unterschiedlichen Ressourcen oder Einheiten“ einsetzt (USK 2006: 15). Die USK unterteilt zwischen Aufbaustrategie und militärischer Strategie. Beim militä- rischen Strategiespiel, welches in erster Linie durch Echtzeit-Strategiespiele ver- körpert wird, sei der Konflikt der Ausgangspunkt des Geschehens. Während die militärischen Strategiespiele oft erst für ältere Spieler zugelassen würden, seien Aufbaustrategiespiele friedlicher und gewaltfreier, da hier das Militär nur einen Teilaspekt einnimmt. Berndt (2005) sieht in Strategiespielen „eine besondere denkerische Herausforderung an den Spieler“ (S. 62). Neben den Adaptionen von herkömmlichen Brett- und Gesellschaftsspielen sowie den rundenbasierten Strategiespielen würde die Gruppe der Echtzeit-Strategiespiele eine moderne Form der virtuellen Strategiespiele darstellen.

1.5.3 Was verkörpern Echtzeit-Strategiespiele?

Echtzeit-Strategiespiele stellen ein Untergenre von virtuellen Strategiespielen dar, welches sich seit dem Aufkommen der ersten Vertreter Anfang der neunzi- ger Jahre mehr und mehr zur beliebtesten Unterkategorie der Strategiespiele entwickelt hat.10 Berndt ordnet Echtzeit-Strategiespiele ähnlich wie Fritz (vgl. 1997) in den Bereich der Denkspiele ein, bei denen „planvoll durchdachtes Han- deln für den Erfolg entscheidend“ (Berndt 2005: 62) sei. Dabei basierte der Erfolg des Genres immer auf einer wichtigen Säule - dem vorwiegend militärischen Charakter der Spiele:

„Zwei globale Mächtegruppen stehen sich gegenüber und bekämpfen sich mit allen zur Verfügung stehenden militärischen Mitteln bis zur Vernichtung, um in der Welt die Vormachtstellung zur erringen.“

(Wiemken 2001: 68)

Im Vergleich zum älteren „Schwestergenre“ der rundenbasierten Strategiespiele warten die Kontrahenten im Spiel nicht aufeinander, sondern „errichten zeitgleich eine Basis, bauen Rohstoffe ab und produzieren Truppen und Waffen, um den Gegner anzugreifen“ (Gieselmann 2002: 35). Dies sind die wichtigsten Bausteine eines klassischen RTS-Spieles, wobei der militärische Konflikt mit dem Gegner (Computer/ Mensch) im Vordergrund steht. Hier grenzen sich RTS auch vom verwandten Genre der Aufbaustrategiespiele ab, die zwar auf ähnlichen Grund- elementen basieren, aber nicht den kriegerischen Konflikt an erste Stelle rücken. Zudem wird in Echtzeit-Strategiespielen die Darstellung der Wirtschaft (Jargon: „Eco“) im Vergleich zu Aufbau- oder Wirtschaftsstrategiespielen stark vereinfacht, um den kämpferischen Aspekt der Spiele nicht zu vernachlässigen.

Der Zeitaspekt ist in RTS enorm wichtig, da er über Sieg oder Niederlage ent- scheidet. Die Wettbewerbsfähigkeit eines Mitspielers wird dabei meist in der An- fangsphase ermittelt. In dieser Frühphase können eine starke Basis aufgebaut und vor allem notwendige Rohstoffe besorgt werden. Nur dann ist der Spieler in der Lage, seine strategische Wettbewerbsfähigkeit auch im weiteren Verlauf des Spieles aufrecht zu erhalten. Nach dieser Aufbauphase ist die Anzahl der strate- gischen Möglichkeiten, den Gegner zu besiegen, nach oben offen. Hinsichtlich der verschiedenen Spielebenen im RTS lässt sich bei den meisten Genrevertre- tern eine Unterteilung nach Mikro- und Makromanagement treffen. An diesem Punkt kommen auch sprachliche Eigenheiten des Jargons unter Echtzeit- Strategiespielern zum Vorschein. So kann das gleichzeitige Steuern mehrerer Einheiten und deren Fähigkeiten, also beispielsweise von 10 Schwertkämpfern, als Mikromanagement (Jargon: „Micro“) bezeichnet werden. Hier muss der Spie- ler kluge Entscheidungen je nach Charakter und Stärke der einzelnen Einheiten treffen. Zur gleichen Zeit sollte er aber den Blick fürs Ganze - also das Makroma- nagement (Jargon: „Macro“) seiner virtuellen Welt - nicht aus den Augen verlie- ren. So kann es schnell passieren, dass ein Gebiet gut unter dem Schutz der eigenen Einheiten gedeiht, während es im anderen Teil sprichwörtlich lichterloh brennt. Die Wirtschaft (Jargon: „Eco“) muss zu jedem Zeitpunkt im Spiel im Auge behalten werden. Erschwerend kommt hinzu, dass oftmals nur ein Teil des ge- samten Spielfeldes ersichtlich ist, da der „Fog of War“ oder Kriegsnebel den Rest verdunkelt.11 Je nach Wahl der Strategien der Kontrahenten kann ein Match da- her „zwischen 20 Minuten und zwei Stunden und nicht Tage und Wochen, wie bei den rundenbasierten Pendants“ (Gieselmann 2002: 35) dauern. Im Duell mit ei- nem Kontrahenten sind jedoch oftmals mehrere Spiele für den Sieg notwendig.12 Somit kommt es auch bei RTS zu mehreren Spielrunden, die sich jeweils über Stunden hinziehen können. Der Spieldauer ist also nach oben keine Grenze ge- setzt, weshalb Echtzeit-Strategiespiele ein sehr zeitaufwendiges Genre sind.

1.5.4 Was bedeutet Echtzeit?

„Echtzeit-Strategie bedeutet, dass sämtliche Befehle aller Spieler sofort umgesetzt werden und die Spielfiguren prompt darauf reagieren.“

Spielbeschreibung zu Warcraft3: The Frozen Throne (Turtle Entertainment: 2006)

Der Wortbestandteil „Echtzeit“ (engl. Real-Time) weist in erster Hinsicht auf das gleichzeitig ablaufende Ausführen von Spielbefehlen sowohl vom Spieler als auch seinem Gegner hin. Dies führt zu vielen parallelen Aktionen im Spielge- schehen (Bauen, Bewegen, Kämpfen), welche oft auch im Hintergrund und au- ßerhalb des Kriegsnebels stattfinden. Diese Zeitgleichheit der Aktionen verlangt vom Spieler viel strategische Weitsicht und vor allem schnelles Handeln. Zudem erfordern die komplexen Spielumgebungen Überblick und ein gutes Gedächtnis. Der Begriff Echtzeit basiert also nur auf einer Gleichzeitigkeit aller Aktionen in der Spielzeit, die jedoch zumeist in keinem Zusammenhang mit der Uhrzeit vor Ort steht. Für Wiemken (2001) setzt „das Programm alle Befehle unmittelbar spiel- beeinflussend um“ (S. 69). Dennoch vollzieht sich das Geschehen in einer virtuel- len Zeit innerhalb des Spieles, die den Spieler zum Handeln zwingt, da der Geg- ner schneller sein könnte. Helten ergänzt diesbezüglich: „Der Real-Time-Modus fordert vom Spieler Streßresistenz, ansonsten kann ein Verlust der Spielkontrolle erfolgen“ (Helten 2004: 18). Zugleich eröffnet die Echtzeit dem Strategen im Ge- gensatz zum rundenbasierten Strategiespiel im „Turn-Modus“ neue Horizonte und Taktiken, da der Gegner wenig Zeit zum Vorbereiten und Planen besitzt. „Das Echtzeitelement bringt zusätzliche Spannung und Hektik ins Spiel“ (Giesel- mann 2002: 35).

In einem anderen Zusammenhang betrachtet Wiemer (2006) den Begriff der Echtzeit. Vor dem Hintergrund der „Sensumotorischen Synchronisierung“ zwischen Spieler und Spielfigur (vgl. Abschnitt 2.5.1) beschreibt er die Gleichzeitigkeit von Spiel-Feedback und Interface-Eingabe in Echtzeit als „gemeinsame Taktung von Mensch und Apparat“ (Wiemer 2006: 252). Er resümiert:

„Nur wenn die verzögerte Reaktion der Videospielapparatur unterhalb der Wahr- nehmungsschwelle bleibt, stellt sich die Illusion von gleichzeitiger Bewegung, d.h. von Synchronisierung ein. Genau in diesem Sinne kann man meines Erachtens den Begriff ‚Echtzeit’ verstehen: als wahrgenommene/ nicht-wahrnehmbare Gleichzeitigkeit der eigenen Bewegungen mit entsprechenden Veränderungen im Bild.“

(Wiemer 2006: 251)

1.6 Geschichtliche Hintergründe

1.6.1 Schach als Urform des modernen Strategiespieles

Schach zählt zu den ältesten und beliebtesten Brettspielen auf der Welt. Brett- spiele sind eine Urform von modernen Computerspielen und daher auch oft die Grundlage für viele virtuelle Vertreter. Bei beiden Spielformen würden verschie- dene spezifische Grundmuster wie Kampf, Verbreitung oder Ordnung existieren, die zugleich eine „wesentliche Antriebskraft“ (Fritz 2004: 231) darstellen.

„Unter dem Gesichtspunkt des Spielkonstrukts kann man Computerspiele als Regelspiele bezeichnen, die deutliche ‚verwandtschaftliche Beziehungen’ insbesondere zu Brettspielen haben.“

(Fritz 2004: 230)

Dass sich Schach als Strategieklassiker immer noch auf moderne Varianten vir- tueller Vertreter auswirkt, ist offensichtlich. In Strategiespielen dreht es sich - vergleichbar mit dem Schachspiel - um die richtige Positionierung von Waffen und Personal, wobei die militärischen Inhalte überwiegen (vgl. Schell 1997). Schach ist einer der ältesten Vorgänger heutiger Strategiespiele. Gieselmann schreibt dazu: „Das Genre der Echtzeitstrategie ist eine Weiterentwicklung der rundenbasierten Strategie, zu deren ältesten Vertretern das klassische Schach gehört“ (Gieselmann 2002: 35). Dunnigan weist in seinem „Handbook of Warga- mes“ (Dunnigan 1992) auf die enorme Bedeutung von Schach über Jahrtausen- de hin und deklariert es als eine der ersten Formen, Krieg zu spielen.

“Chess is one of the oldest surviving ancient wargames. Games similar to chess go back thousands of years.”

(Dunnigan 1992)13

Schach zählt zu den ältesten Strategiespielen überhaupt, es existierte angeblich schon im 4. Jahrhundert in Indien (vgl. Posthoff/ Reinemann 1987). Dabei wurde damals wie heute auf einem achtmal acht Felder großen Spielfeld taktiert. Einzig die Regeln für die Bewegung der Figuren änderten sich im Laufe der Jahrhunder- te. Das Wesen des Schachspiels besteht darin, eine strategisch Erfolg verspre- chende Taktik zu wählen, die sich am jeweiligen Spiel und dem Gegenspieler orientiert. Damit unterscheidet es sich von allen Glückspielen, die mehr oder we- niger „auf zufälligen Ereignissen beruhen“, weil hier „Wissen und Können ent- scheidend mitbeteiligt sind“ (Posthoff/ Reinemann 1987: 10). Der Schachspieler muss vor allem vorausschauend handeln können und des Gegners Züge im Au- ge behalten. Die Kombination von Regelkenntnis, Entscheidungskriterien und Erfahrungen bestimmen ein Schachmatch individuell. „Der direkte Weg zum Matt […] muss durch Verbesserung des Niveaus der Verteidigung ständig verfeinert und verbessert werden“ (Posthoff/ Reinemann 1987: 16). Angriff und Verteidi- gung machen also einen Großteil des Erfolges aus - ein Prinzip, das in den meis- ten Strategiespielen von enormer Bedeutung ist. Das „Matt des Königs“ liegt zwar in der Hierarchie der Schachziele ganz oben und ist beim modernen Pendant des RTS vergleichbar mit einem Endsieg über den Gegner. Doch kann bereits die Erfüllung von Teilzielen, wie dem „Materialgewinn“ beim Schach, dazu führen den Gegner entscheidend zu schwächen und zur Aufgabe zu zwingen (vgl. Posthoff/ Reinemann 1987). Damit eine langfristige Strategie funktioniert, müs- sen die taktisch operativen Züge sinnvoll ausgeführt werden.

Abbildung 4: Realschach versus Computerschach

Quelle: [online] URL: http://www.my-chess- set.com/pictures/WorldWiseChessSetsHardwood/37SOEBM.jpg / http://www.hoffmann-software.de/images/schach.gif, [Stand 15.01.2007]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass herkömmliche Strategiespiele, allen voran der Klassiker Schach, einen gewissen Anspruch an den Spieler und seine Fähigkeiten haben. Dabei stehen vor allem logisches Denken, Kreativität, Konzentrationsfähigkeit und die Voraussehbarkeit von Handlungsstrukturen im Vordergrund (vgl. Posthoff/ Reinemann 1987). Mit der Entwicklung des Schachs für den Computer kam die neue Dimension der künstlichen Intelligenz hinzu, die dem menschlichen Gegner überlegen scheint. Gerade hier finden immer wieder interessante „Mensch gegen Maschine“ - Duelle statt, deren Faszination für den Beobachter durchaus mit modernen Schaukämpfen zwischen RTS-Spielern ver- gleichbar ist.14

Eine interessante Brücke zum Schach errichtet Wiemken mit seiner Sichtweise auf virtuelle Echtzeit-Strategiespiele:

„Es drängt sich der Vergleich zum Schachspiel auf, aber hier vollzieht sich dieses Denken im Rahmen einer Hightech-Mentalität. Nach einer kurzen Zeit spielen einfache ‚Fußsoldaten’ (Infanterie) im Grunde keine Rolle mehr. Es kommt vielmehr darauf an, neues und wirkungsvolleres Kriegsgerät, wie Panzer, Flugzeuge, Kreuzer oder Atom-Raketen zu entwickeln und gezielt einzusetzen.“

(Wiemken 2001: 71)

1.6.2 Manuelle Kriegspiele vor und während der Computer-Ära

Manuelle Kriegsspiele existierten lange vor Erscheinen der ersten Varianten für den Computer. 1913 schuf der Engländer H.G. Wells mit Little Wars ein komple- xes Spiel, welches Kriegssituationen mit Miniatursoldaten aus Zinn nachspielte. Ein eigens dazu veröffentlichtes Buch stellte ein passendes Regelwerk auf, an dem sich die Spielenden zu orientieren hatten. Auf einer Miniaturlandschaft wur- den die Minisoldaten dann strategisch gegeneinander bewegt und erschufen so eine Spannung, die jene von realen Schlachten simulieren sollte. Wells sah in seinem Spiel damals eine Art Kriegsersatz und Aggressionsventil für Jung und Alt. Aber auch das echte Militär interessierte sich dafür, was Wells dazu veran- lasste, aus Little Wars ein „Kriegspiel“ zu formen, das zur Ausbildung von jungen Offizieren im Militär eingesetzt werden konnte (Gieselmann 2002; Wells 2001).

Nach dem Zweiten Weltkrieg erfreuten sich solche Kriegsstrategiespiele wach- sender Beliebtheit. 1953 erschien der erste kommerzielle Vertreter unter dem Namen Tactics in den USA. Bereits damals stellte diese Art Strategiespiele hohe Anforderungen an die Benutzer. So wurde auf hexagonalen Bewegungsfeldern mit komplexen Regelwerken gespielt, was viel Platz und vor allem Zeit benötigte. Mit der Einführung des Personal Computers Ende der 70er Jahre gingen die Ver- käufe dieser manuellen Kriegsschauplätze als Vorgänger heutiger RTS immer weiter zurück.

James F. Dunnigan stellt in seinem Werk „The Complete Wargames Handbook“ (Dunnigan 1992) den Übergang vom manuellen zum virtuellen Kriegsspiel dar. So verkaufte man 1980 weltweit noch 2,2 Millionen manuelle Kriegspiele, 1991 waren es nur noch 400.000 Stück. Die Vorteile des Computers lagen auf der Hand:

„Er führte Buch über das Regelwerk, kümmerte sich um die Anfangsaufstellung und man konnte eine Partie einfach unterbrechen, abspeichern und später wei- terspielen.“

(Gieselmann 2002: 37)

Dunnigan stellte bereits damals erste interessante Untersuchungsergebnisse zusammen, die den Bildungsgrad der Spieler betrafen. Hier gab es zu Anfang der 90er Jahre einen bemerkenswert hohen Anteil von Hochgebildeten und Besser- verdienenden, Gieselmann spricht von einer hoch gebildeten und elitären Min- derheit, die auch häufig mit dem Militär zu tun hatte (vgl. Gieselmann 2002). Zu- dem wurde meist alleine gespielt, weil geeignete Gegner fehlten. Die Gemeinde der Strategiespieler war also bis zur vollkommenen Durchsetzung des virtuellen Strategiespiels eine elitäre Gruppe von Spielern in der ganzen Welt, die jedoch nur schwer Kontakte aufbauen konnte. Insofern stellten die immer günstiger wer- denden Personal Computer ab Mitte der 90er Jahre eine ideale Basis dar, um die nächsten Entwicklungsstufen der Strategiespiele einer breiten Masse zugänglich zu machen: Die Geburtsstunde für Echtzeit-Strategiespiele hatte geschlagen. Die neue Technik ebnete den Weg für das Spielvergnügen als Massenphänomen.

Abbildung 5: Spielszene aus Warhammer einem modernen Brett-Kriegsspiel

Quelle: [online] URL: http://www.torrenera.it/torre/galleria_file/ rtt_2005_10_09_w40k /P1010022.JPG [Stand 15.01.2007]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Trotz der vielen Vorteile der virtuellen Kriegssimulation verloren sich manuelle Kriegsspiele nicht in der Bedeutungslosigkeit. Als aktuelle Nachfolger der klassi- schen Kriegsstrategiespiele präsentieren sich die so genannten „Tabletopspiele“, die ebenfalls Kriegsszenarien in Miniaturausgaben darstellen. Dabei basieren sie zumeist auf modernen Fantasy-Welten und fiktionalen Geschichten, und werden deshalb eher privaten als militärischen Ansprüchen gerecht.15 Neben diesen Fan- tasy-Tabletops existieren jedoch auch historisch verknüpfte Tabletops, die auf realen Kriegsszenarien beruhen.16 Tabletop-Spiele wie Warhammer (siehe Abb.

5) wurden zudem parallel als virtuelle Strategiespiele für den Computer entwi- ckelt, was eine Brücke zwischen herkömmlicher und neuer Spielform darstellt.

1.6.3 Geschichte der Echtzeitstrategiespiele

Zwar war der PC die ideale Ausgangsbasis zur Verbreitung von virtuellen Echt- zeitstrategiespielen, doch war es ein Konsolenspiel namens Herzog Zwei (Sega), welches 1989 den Startschuss für das Genre der Echtzeitstrategie bedeutete.17

Abbildung 6: Spielszene aus Herzog 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: [online] URL:

http://www.gamespot.com/gamespot/features/all/real_time/herzog2.html [Stand 15.01.2007]

Das Spielprinzip war einfach und setzte auf die Zerstörung der gegnerischen Basis im Zweispielermodus. Erstmals wurde der so genannte Echtzeitmodus18 verwendet, auch der für heutige RTS typische Kampf um die Basen war Teil des Spiels. Herzog Zwei war ein Konsolenspiel für den SEGA, dennoch bildete es den Ausgangspunkt für die Ära der Echtzeitstrategiespiele für den PC, der bis heute die Hauptverbreitungsplattform für dieses Genre darstellt. Als eigentlicher „Urvater der Echtzeitstrategiespiele“ (Gieselmann 2002: 39) hat sich Dune 2 von den Westwood Studios in die Computerspiel-Geschichte geschrieben, das im Februar 1993 veröffentlicht wurde. Es war das erste Spiel dieser Art für den PC, was den Echtzeitmodus mit einer einfach zu handhabenden Bedienung und ansprechender Grafik kombinieren konnte.

Kommerziell verhalfen die Titel Warcraft 2 (Blizzard Entertainment) und der erste Teil der Command and Conquer-Reihe (Westwood) dem Genre auf die Sprünge und lösten in den folgenden Jahren mit Fortsetzungen einen wahren Boom bei den Verkaufszahlen aus. In den 90er-Jahren zogen fast alle Hersteller von Com- puterspielen nach und veröffentlichten RTS-Titel, die meist militärische Inhalte besaßen. Das Genre avancierte „zum beliebtesten der Computerspiele“ (Giesel- mann 2002: 39). Mit Microsoft wagte sich einer der ersten Publisher 1997 auf ein neues Terrain der RTS-Spiele. Man ging weg vom rein militärischen Kriegs- schauplatz und entwickelte mit Age of Empires einen Klassiker, der auch einen gewissen - wenngleich fiktiven - geschichtlichen Hintergrund besaß.

Abbildung 7: Spielszene aus Starcraft

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: [online] URL:

http://www.gamespot.com/gamespot/features/all/real_time/starcraft2.html [Stand 15.01.2007]

Mit Starcraft (Blizzard) erschien 1998 ein Spiel, was den vorläufigen Höhepunkt des Genres bedeutete und gleichzeitig den Weg in eine andere Ebene der Com- puterspiele ebnete. Starcraft avancierte zum meistgespielten Online-Echtzeit- Strategiespiel und bildete eine der Hauptgrundlagen für das professionelle Aus- tragen von Computerspielen - dem E-Sport. Damit wird offiziell „das wettbe- werbsmäßige Spielen von Computer- oder Videospielen im Einzel- oder Mehr- spielermodus“19 bezeichnet. In Südkorea gilt Starcraft heutzutage immer noch als eines der beliebtesten Spiele im Wettkampfbereich und zieht sowohl Spieler durch hohe Preisgelder als auch Massen von Fans magisch an. Mittlerweile gibt es in Südkorea drei Fernsehsender, welche Starcraft im 24h-Format als E-Sport vermarkten und damit Geld verdienen. Mit der Verkaufszahl von 1 Million Stück im Jahr 1999 allein in Südkorea schrieb Starcraft Computerspielgeschichte.20

Der Multiplayermodus wurde, auch durch den Starcraft-Erfolg bedingt, von dieser Zeit an zu einem Muss für Echtzeit-Strategiespiele, wenn diese erfolgreich sein wollten. Ein anderer Grundbaustein vieler RTS war der Kampf von Gut gegen Böse, der zumeist auf einer fiktionalen Welt oder Fantasywelt basierte.

„RTS games were traditionally built on the idea of ‘harvest, build, destroy.’” (Kommentar zu traditionellen Inhalten von RTS)21

Ende der 90er Jahre gab es dann eine Weiterentwicklung des Genres. Bereits zu dieser Zeit begannen die Entwickler das RTS mit anderen Genres zu kombinie- ren, um mehr Zielgruppen zu erreichen. So war Baldur’s Gate (Bioware) eine Mischung aus RTS und Rollenspiel. Fortsetzungen von Kultspielen wie Warcraft 3 (Blizzard) konnten dank der rasanten Entwicklung von Chiptechnologie und Rechnerleistung das Genre seit der Jahrtausendwende stets zeitgemäß im wachsenden Angebot von Computer- und Videospielen präsentieren. Warcraft 3

- Reign of Chaos wurde laut Herstellerangabe im Jahr 2003 zum sich am schnellsten verkaufenden Computerspiel gekürt und brachte es innerhalb nur einen Jahres (2002-2003) auf 3 Millionen verkaufte Kopien.22

Gegenwärtig besitzen Echtzeit-Strategiespiele eine scheinbar ungebrochene Beliebtheit bei den Fans und für den Bereich des E-Sports, doch die Grenzen zu anderen Genres verschwimmen immer mehr. Eine klare Abgrenzung gestaltet sich schwieriger, der Genremix scheint für die Hersteller profitabel zu sein (vgl. Abschnitt 1.3). Anhand der folgenden Beispiele soll nun die aktuelle Entwicklung des Genres näher beschrieben werden.

1.7 Aktuelle Spieletitel

1.7.1 ParaWorld

Mit ParaWorld (Sunflowers) erschien im September 2006 die mit über 8 Millionen Euro Produktionskosten bis dato teuerste RTS-Produktion unter deutscher Re- gie.23 ParaWorld verschlägt den Spieler in eine prähistorische Parallel-Welt mit exotischen Völkern und Fabeltieren. Der eigens dafür entwickelte „Army Contol- ler“ als Variante der Spielsteuerung stellt das innovative Highlight von ParaWorld dar, das sich von der Steuerung bisheriger RTS unterscheidet. Mit ihm lassen sich alle Einheiten sowie die Entwicklung des Volkes zentral steuern. Dabei stellt die neue Steuerung gleichzeitig ein Risiko dar, weil sich der RTS-Spieler erst damit anfreunden muss. Als Hauptgrund des Genreerfolges in den letzten Jahren kann die enorm vereinfachte Steuerung im Gegensatz zu früheren Strategietiteln angesehen werden. So kam der Maus als Eingabegerät eine immer größere Rol- le beim Dirigieren von Einheiten und Ressourcen zu. ParaWorld versucht mittels innovativen Steuerungsdesigns das Genre weiterzuentwickeln. Um das Spiel langfristig in der Szene zu etablieren, kooperiert der Hersteller mit verschiedenen Online-Ligen im E-Sport-Bereich. Der Mehrspielermodus über LAN24 oder Inter- net spielt also diesbezüglich eine immer wichtigere Rolle, um den Anschluss an aktuelle Trends nicht zu verschlafen. ParaWorld kann als reines RTS angesehen werden. Laut Hersteller „besteht das Spiel zu etwa 80% aus Kampf- und 20% aus Aufbau-Elementen“25.

1.7.2 Age of Empires III

Age of Empires III ist die Fortsetzung der erfolgreichen Age of Empires-Serie von Microsoft. Bei diesen Spielen stehen historische Völker und Begebenheiten im Vordergrund. So wird im aktuellen Teil das Zeitalter der großen Entdecker simu- liert. Dabei kann der Spieler beispielsweise spanischen Konquistadoren, Franzosen oder Briten in diversen Kriegen zur Seite stehen. Die detailreiche Ausgestaltung der Schlachten steht im Vordergrund. Neben den Armeen, bestehend aus Infanterie, Kavallerie und Artillerie können auch Söldner und Handelsschiffe vom Spieler befehligt werden. Im Einzelspielermodus können Kampagnen durchgespielt werden, im Mehrspielermodus gestaltet sich Age of Empires III zu einem interaktiven Erlebnis vor allem über das Internet.

1.7.3 Warcraft 3 - Reign of Chaos

Einer immer noch riesigen Fangemeinde erfreut sich das seit 2002 auf dem Markt befindliche RTS Warcraft 3 - Reign of Chaos. Es entstammt der Warcraft- Reihe des Herstellers Blizzard, die in Branchenkreisen auch als „wohl beliebteste und erfolgreichste Fantasy-Echtzeit-Strategiespielserie der Welt“ (Turtle Enter- tainment 2006) bezeichnet wird. In Warcraft 3 - Reign of Chaos kämpfen vier „einzigartige Völker, ausgerüstet mit außergewöhnlichen Einheiten, magischen Fähigkeiten und Kriegswaffen“ (Blizzard 2003) in verschiedenen Fabelwelten gegeneinander. Ziel des Spielers ist es, sich einer der vier Rassen anzuschließen und im Einzelspielermodus gegen den Computer oder im Mehrspielermodus ge- gen reale Gegner zu bestehen. Dabei verfügt jeder Spieler über unterschiedliche Einheiten, die individuelle Funktionen im Spielgeschehen einnehmen. Eine davon ist z.B. die Heldeneinheit, die in höhere Level aufsteigen kann. Dadurch wird ihr mehr Macht und Einfluss in verschiedenen Bereichen verliehen. Dieses in Sze- nekreisen genannte „Aufleveln“ der Einheiten ist einer der Gründe, warum sich eine Spielsession oftmals auf Stunden ausdehnen kann. Je länger gespielt wird, desto mächtiger werden oftmals die eigenen Einheiten, was besonders im Onli- nespiel eine wichtige Vorraussetzung für die Dominanz des Gegners ist. Je mehr Einheiten gesteuert werden müssen, desto schwieriger wird es, den Überblick auf den oftmals groß angelegten Spielumgebungen (maps) zu behalten. Profispieler sind besonders in dieser Hinsicht darauf trainiert, viele Entscheidungen in einer möglichst kurzen Zeit zu bewältigen. Im professionellen Bereich des E-Sports genießt Warcraft 3 aufgrund seiner Schwierigkeit sowohl bei Spielern als auch Betrachtern ein hohes Ansehen:

„Das gleichzeitige Steuern von mehreren dutzend Einheiten und deren Fähigkei- ten („Micro) sowie dem Aufbau einer funktionierenden Wirtschaft („Eco“) und da- bei den Überblick über die Geschehnisse auf dem Spielfeld nicht zu verlieren („Macro“), machen Warcraft 3 zu einem der anspruchsvollsten Titel der ESL Pro Series.“

(Blizzard 2003)26

1.8 Zwischenfazit 1

Das erste Kapitel sollte vor allem dazu dienen, den Forschungsgegenstand Echt- zeit-Strategiespiel zu definieren und in den Gesamtkontext der Computerspiele einzuordnen. Dass sich dies nicht einfach gestaltet, belegt die Problematik der Genreeinteilung bei heutigen Computerspielen (vgl. Abschnitt 1.1). Die geschicht- lichen Hintergründe beweisen, welche Bedeutung Strategiespiele neben ihrer allgemeinen Unterhaltungsfunktion gerade für den militärischen Bereich besa- ßen. Mit Blick auf Geschichte und Entwicklung können Echtzeit-Strategiespiele als eigenständiges Untergenre bezeichnet werden, was zur Kategorie der Strate- giespiele zu zählen ist.

2. Kapitel: Die Faszination virtueller Welten im Fokus der Forschung

2.1 Generelle Tendenzen der bisherigen Forschung

Mit dem Aufkommen der ersten massenwirksamen virtuellen Spiele in den sieb- ziger Jahren beschäftigte sich auch die Wissenschaft intensiver mit dem Thema. Getrieben durch die Entwicklung des früheren Nischenmarktes hin zum neuen „Trendmedium“ findet das Thema mittlerweile ein breites Interesse in der Öffent- lichkeit und den verschiedenen Teilgebieten der Wissenschaft (vgl. Abb. 8).

Abbildung 8: Forschungsnavigator

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: HPS „Ökonomische und kommunikationswissenschaftliche Aspekte von Compu- ter- und Videospielen“, Dr. Jörg Müller-Lietzkow, FSU Jena 2006/07

Der Forschungsnavigator von Müller-Lietzkow (2006) verdeutlicht das Interesse in den relevanten Richtungen der Wissenschaft und die zu erwartenden Tenden- zen. Grundsätzlich scheinen sich dabei die verschiedenen Bereiche gegenseitig „zu inspirieren“. Es lassen sich zusammenfassend viele Ursprünge in der For- schung ausmachen; ein „Mainstream“ ist noch nicht erkennbar (vgl. Rösler et al. 2004).

[...]


1 [online] URL: http://www.amazon.de/Microsoft-Age-of-Empires-II/dp/B0007MAR18/sr=1-1/qid=1170185200/ref=sr_1_1/302-9925467- 3059250?ie=UTF8&s=videogames [Stand 20.01.2007]

2 RTS steht für Real Time Strategy und wird in dieser Arbeit wie auch offiziell in der Spielbranche und bei den Spielern als Abkürzung für das Genre verwendet.

3 Fritz erstellte eine relativ zeit- und genreunabhängige „Landschaft der Computerspiele“, vgl. Abb. 2

4 vgl. Fritz 1995: 22

5 vgl. dazu Abschnitt 2.1.1

6 USK = Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle

7 Dazu werden Flugsimulatoren, Schiffs- und Panzersimulationen gezählt.

8 Quelle: [online] URL :http://www.gamona.de/pc/article/detail/id wir_konnten_fuer_sie_einen_ersten_exclus_138367.htm [Stand 20.1.2007]

9 Fritz verwendete diesen Ausdruck für den Spieler im Hinblick auf das Videospiel.

10 Details dazu im Abschnitt 1.6.3 zur Geschichte der RTS.

11 Der Fog of War (deutsch: Kriegnebel) wurde erstmals in Warcraft 2 angewendet und verhüllt Spielzonen, die der Spieler noch nicht erkundet hat bzw. verlässt.

12 Gespielt wird beispielsweise im “Best of 3”-Modus, d.h. wer 2 von 3 Runden gewinnt, ist Gesamtsieger.

13 Dunnigan, James F. (1992): The Complete Wargames Handbook, [online] URL: http://www.hyw.com/Books/WargamesHandbook/Contents.htm, [Stand 20.01.2007]

14 Als Beispiel sei der Kampf zwischen Mensch und Maschine zwischen Schachweltmeister Kramnik und der Schachsoftware „Deep Fritz“ erwähnt, der 2006 etappenweise ausgetragen wurde. Die Maschine besiegte dabei den Menschen.

15 Bekannte Spiele sind z.B. Warhammer oder Herr der Ringe (Hersteller: Games Work- shop).

16 Die Informationen stammen aus der Wikipedia-Enzyklopädie, [online] URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Tabletop_(Spielekategorie), [Stand 20.1.2007]

17 vgl. dazu Geryk: „A History of Real-Time Strategy Games“, [online] URL http://www.gamespot.com/gamespot/features/all/real_time/p2_01.html, [Stand 20.01.2007]

18 Siehe Abschnitt 1.5.4 zum Thema Echtzeit.

19 [online] URL: http://www.e-sb.de, [Stand 20.01.2007]

20 Für damalige Verhältnisse war das eine sensationelle Zahl.

21 [online] URL: http://www.gamespot.com/gamespot/features/all/real_time/p2_01.html [Stand 20.01.2007]

22 vgl. dazu Blizzard 2003, ( [online] URL:http://www.blizzard.de/press/wc_frozen_verkauf.shtml. [Stand 20.01.2007]

23 Zahl übernommen von [online] URL: www.para-welt.de, [Stand 20.01.2007]

24 LAN = Local Area Network

25 [online] URL: http://www.sek-ost.de/index.php?topic=dasneue, [Stand 20.01.2007]

26 [online] URL: http://www.blizzard.de/press/wc_frozen_verkauf.shtml [Stand 20.01.2007]

Ende der Leseprobe aus 130 Seiten

Details

Titel
Siedeln, taktieren und bekriegen - Eine empirische Untersuchung zur besonderen Faszinationskraft von Echtzeit-Strategiespielen
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Bereich Medienwissenschaften/ Lehrstuhl für Ökonomie und Organisation der Medien)
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
130
Katalognummer
V78530
ISBN (eBook)
9783638785969
ISBN (Buch)
9783638795906
Dateigröße
2842 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine umfassende Arbeit zur Faszination von Computerspielen, insbesondere Echtzeit-Strategie-Spiele. Anhand einer Faktorenanalyse wurden Dimensionen einer Faszination beim Spieler erhoben, die sich aus der Auswertung von insgesamt über 1000 Probanden ergaben.
Schlagworte
Siedeln, Eine, Untersuchung, Faszinationskraft, Echtzeit-Strategiespielen
Arbeit zitieren
Magister Artium Oliver Grosser (Autor:in), 2007, Siedeln, taktieren und bekriegen - Eine empirische Untersuchung zur besonderen Faszinationskraft von Echtzeit-Strategiespielen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78530

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