Interkulturelle Pädagogik


Hausarbeit, 1999

18 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhalt

I. Einleitung

II. Geschichtliche Aspekte
2.1 Von der Initiativgruppenarbeit zur Ausländerpädagogik
2.2 Ausländerpädagogik
2.3 Kritik an der Ausländerpädagogik

III. Systematische Aspekte
3.1 Zum Begriff `Interkulturelle Pädagogik´
3.2 Vier Dimensionen der Immigration,
3.2.1 Die Politische Dimension
3.2.2 Die soziale Dimension
3.2.3 Die ökonomische Dimension
3.2.4 Die kulturelle Dimension
3.3 Die bestehende Grenzen der interkulturellen Erziehung
3.4 Gegenwärtige Ansätze zur Interkulturellen Pädagogik, die für Schule und Unterricht erforderlich sind

V. Schlußfolgerung

VI. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

In unserer multi-ethnischen und multikulturellen Gesellschaft entsteht die fundamentale Aufgabe der Gegenwart, das Modell der Klassengesellschaft in eine Gesellschaft der Gleichheit und der Freiheit zu überführen. Es ist zur pädagogischen Pflicht geworden, sich der Selbstbestimmung des Menschen anzunehmen.[1] In diesem Sinne ist die Interkulturelle Pädagogik als pädagogischer Beitrag anzusehen. Sie ist ein Weg, im Verhältnis zwischen Ausländern und Deutschen Veränderungen zu bewirken. Auch in der Schule läßt sich ein Ansatz verwirklichen, der über das Akzeptieren und Kennenlernen unterschiedlicher Kulturen Spannungen zwischen den Gruppen abzubauen versucht.[2]

Bei der Interkulturellen Pädagogik kann es auf der Suche nach Lösungsmöglichkeiten für die Defizite nicht darum gehen, eine Sonderpädagogik für ausländische Kinder und Jugendliche zu schaffen[3], vielmehr ist zu fragen, wie die gegebene Pädagogik theoretisch und praktisch verändert werden muß, damit sie adäquate Antworten auf die durch die Migration bestimmte gesellschaftliche Situation zu geben vermag.[4] Interkulturelle Erziehung ist als Versuch zu definieren, die Balance zwischen Integration, die weder Germanisierung noch kulturelle Invasion bedeuten soll, und Stärkung kultureller Identität zu halten.[5]

Auf diesem Hintergrund gliedert sich diese Hausarbeit in zwei Teilbereiche. Der erste Teil befaßt sich mit geschichtlichen Aspekten von der Initiativgruppenarbeit zur Ausländerpädagogik und weiterhin mit der Ausländerpädagogik und endet dann mit der Kritik an der Ausländerpädagogik. Der zweite Teil geht demzufolge auf systematische Aspekte der Interkulturellen Pädagogik ein, auf deren Begriff, auf vier Dimensionen der Immigration. Die bestehenden Grenzen und gegenwärtigen Ansätze werden anschließend detailliert vorgestellt.

II. Geschichtliche Aspekte

Die Geschichte der interkulturellen Pädagogik in Deutschland beginnt mit der Gastarbeiteranwerbung in den 50er Jahren.

2.1 Von der Initiativgruppenarbeit zur Ausländerpädagogik

Die Gastarbeiteranwerbung gründete sich auf Abkommen zwischen den Entsenderländern und der BRD, demzufolge die Anwerbung auf einem Rotationsprinzip beruhen sollte. Der Gastarbeiter der sechziger Jahre plante einen zeitlich begrenzten Aufenthalt, beschränkte sich auf eine partielle Anpassung, da er Ziele in der Heimat erreichen wollte. Die Sparvorhaben ließen sich aber weder kurz- noch mittelfristig verwirklichen. Da die deutschen Firmen nach dem Anlernen ihrer Arbeiter diese behalten wollten, kam es entgegen der Absicht der Regierungen zu vermehrtem Familiennachzug.[6]

1964 forderte die Konferenz der Kultusminister die allgemeine Schulpflicht für die größerwerdende Zahl von Kindern und Jugendlichen ausländischer ArbeitnehmerInnen (Beschluß der KMK vom 14./15.06.1964). 1970 hatte sich die Zahl der ausländischen SchülerInnen im Vergleich zu 1964 schon verzehnfacht (50.000). In vielen Schulklassen befanden sich daher Gastarbeiterkinder. Insbesondere in den Ballungsgebieten der Ausländerbeschäftigung waren bereits mehrere Kinder aus unterschiedlichen Herkunftsländern[7], d.h. Kinder mit sehr unterschiedlichen schulischen Vorkenntnissen, verschiedenen Muttersprachen und vor allem alle ohne Deutschkenntnisse unter den Schülern.[8]

Angesichts dieser Situation lauteten die Vorschläge der Bildungsplaner und Kulturpolitiker nun Bildung von „Vorbereitungsklassen“ für ausländische Kinder mit dem Ziel, erst einmal deutsche Sprachkenntnisse zu erwerben, um dann dem Unterricht in der deutschen Regelklasse folgen zu können. (Beschluß der KMK vom 03.12.1971)[9]

1971 erschien eine resümierende Schrift des Bundesministers[10] für Bildung und Wissenschaft mit dem Titel: „Resonanz der Erziehungsjahrkampagne, Hausaufgabenhilfe für Ausländerkinder“. Diese Kampagne führte zur Bildung zahlreicher Initiativgruppen, die sich der Ausländerarbeit und dort insbesondere der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen widmeten. Das Ziel der schulischen orientierten Initiativgruppen bestand hauptsächlich darin, den Kindern zu helfen, schulischen Leistungsanforderungen besser gerecht zu werden. Andere Gruppen stellten zunehmend die konkrete Lebenssituation der ausländischen Kinder in den Mittelpunkt des Interesses. In diesem Sinne verstanden sie ihre schulbegleitende oder außerschulische Arbeit als „Sozialisationshilfe“[11]. Über die Initiativgruppen hinaus entstand eine neue erziehungswissenschaftliche Subdisziplin: die Ausländerpädagogik.

2.2 Ausländerpädagogik

Den Anfang der Ausländerpädagogik kennzeichnet das informelle Engagement von Initiativgruppen, die unter anderem Hausaufgabenhilfe organisierten. Von solchen politisch und humanistisch motivierten Initiativen herkommend entwickelten sich einzelne staatlich finanzierte Bildungs- und Forschungsprojekte in der Schulpädagogik und in der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit.[12] Allmählich kam es zur Institutionalisierung von Ausländerpädagogik an fast allen Hochschulen.

Die in den siebziger Jahren vorherrschende Ausländerpädagogik war vor allem eine aus kurzfristig erforderlichem Handlungsbedarf entstandene Reaktion auf eine nicht eingeplante Anwesenheit einer größeren Zahl von Kindern aus anderen Kulturen. Ihre Maßnahmen stammten im wesentlichen aus dem vorhandenen pädagogischen Bestand.[13] Im Namen der Ausländerpädagogik wurden Modelle aufgestellt, die sich mit Aspekten des Ziels Integration sowie des Spracherwerbs, der Zweisprachigkeit usw. beschäftigten.

2.3 Kritik an der Ausländerpädagogik

Bevor ich auf `Interkulturelle Pädagogik´ eingehe, werde ich die Kritik an der Ausländerpädagogik im wesentlichen an drei Hauptkritikpunkten erläutern.

Der erste Hauptkritikpunkt kreiste um die Ausgangshypothese der Ausländerpädagogik. Diese, die sogenannte Defizithypothese, die jeder kompensatorischen Maßnahme vorausgesetzt sei, so Kritiker wie Franz Hamburger (1984) und Norbert Griese(1984), sei stigmatisierend. D.h. ausländische Kinder und Jugendliche würden ausschließlich als Mängelwesen betrachtet. Die einseitige Orientierung der Ausländerpädagogik läge offenkundig an einer Gruppierung der Gesellschaft: Die Ausländer seien eine Gruppe der Menschen, die aufgrund ihres Andersartigseins eben mit anderen Maßstäben zu bewerten seien und denen mit besonderen Maßnahmen zu „helfen“ sei. Ausländerpädagogik wurde sehr schnell zu einem „sonder-pädagogischen Behandlungsbedarf“.[14]

[...]


[1] Vgl. Borrelli, Michele : Hermeneutisch-dialektische Rekonstruktion Interkultureller Pädagogik. In: Borrelli, Michele (Hg.): Deutsche Gegenwartspädagogik. Baltmannsweiler 1993. S.61.

[2] Vgl. Kalb, Peter E. (Hg.): Wir sind alle Ausländer. Schritte zur Interkulturellen Erziehung. Weinheim, Basel 1983. S.9

[3] Vgl. Radtke, Frank-Olaf: Zehn Thesen über die Möglichkeit und Grenzen interkultureller Erziehung. In: Erziehung und Bildung als öffentliche Aufgabe. (Beiheft zur Zeitschrift für Pädagogik, 23.) Weinheim 1988. S.51.

[4] Vgl. Hohmann, Manfred:Interkulturelle Erziehung. Versuch einer Bestandsaufnahme. In: Ausländekinder in Schule und Kindergarten, Nr.4. 1983. S.6.

[5] Vgl. Essinger, Susanne/Graf, Jochen: Interkulturelle Erziehung - Mehr als eine Shake-Hands-Philosophie. Ein Interview mit Jürgen Zimmer. In: Essinger, Helmut (Hg.): Erziehung in der multikulturellen Gesellschaft. Versuche und Modelle zur Theorie und Praxis einer Interkulturellen Erziehung. Baltmannsweiler 1984. S. 8.

[6] Schiffauer, Werner: Die Migranten aus Subay. Türken in Deutschland. Eine Ethnographie. Stuttgart 1991. S. 13.

[7] Mehrheitlich handelt es sich um (ehemalige) Arbeitsmigranten, z.B. aus Italien, Spanien, Griechenland und der Türkei usw., und deren Kinder sowie um Flüchtlinge und Asylsuchende verschiedener Krisenzonen der Erde.

[8] Marburger, Helga: Von der Ausländerpädagogik zur Interkulturellen Erziehung. In: Marburger, Helga:Schule in der multikulturellen Gesellschaft. Ziele, Aufgaben und Wege interkultureller Erziehung. FfM 1991. S.23. (künftig zitiert: Marburger 1991).

[9] Marburger 1991. S.19.

[10] „Die Vereinten Nationen hatten das Jahr 1970 zum internationalen Erziehungsjahr erklärt. Im März 1970 konstituierte sich unter Vorsitz des Bundeskanzlers ein Aktionsausschuß für den Beitrag der BRD zu diesem UN Erziehungsjahr. Bereits auf seiner ersten Sitzung beschloß der Ausschuß, eine Kampagne zur Mobilisierung ehrenamtlicher deutscher Hausaufgabenhelfer für Ausländerkinder durchzuführen. Damit sollte ein für breite Bevölkerungskreise bestimmter Anstoß gegeben werden, vor allem schulpflichtigen Ausländerkindern bei der Überwindung von Sprachschwierigkeiten zu helfen. Die zunächst auf fünf Monate befristete und später um drei Monate verlängerte Kampagne lief mit Beginn des Schuljahres 1970/71 an. 75.000 Plakate wurden aufgehängt, 600.000 Merkblätter verteilt. Die Massenmedien, Rundfunk und Fernsehen griffen das Thema auf“(S.2f). Zitiert nach Marburger 1991.

[11] Marburger 1991. S.26f.

[12] Vgl. Akpinar, Ünal/Lopez-Blasco, Andrés/Vink, Jan: Pädagogische Arbeit mit ausländischen Kindern und Jugendlichen. Bestandsaufnahmen und Praxishilfen, München 1977. S. 168f.

[13] Vgl. Boos-Nunnig, Ursula/Hohmann, Michael/ Reich, H.H./Witteck, F.: Aufnahmeunterricht - Muttersprachlicher Unterricht - Interkultureller Unterricht, München 1983. Zitiert nach Prengel.

[14] Götze, Lutz/ Pommerin, Gabriele: Ein kulturtheoretische Konzept für Interkulturelle Erziehung. In: Borrelli, Michele (Hg.) Interkulturelle Pädagogik Position - Kontroversen - Perspektiven. Baltmannsweiler 1986. S.111.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Interkulturelle Pädagogik
Hochschule
Universität Münster
Note
2.0
Autor
Jahr
1999
Seiten
18
Katalognummer
V29346
ISBN (eBook)
9783638308779
ISBN (Buch)
9783638789356
Dateigröße
489 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In unserer multi-ethnischen und multikulturellen Gesellschaft entsteht die fundamentale Aufgabe der Gegenwart, das Modell der Klassengesellschaft in eine Gesellschaft der Gleichheit und der Freiheit zu überführen. Es ist zur pädagogischen Pflicht geworden, sich der Selbstbestimmung des Menschen anzunehmen. In diesem Sinne ist die Interkulturelle Pädagogik als pädagogischer Beitrag anzusehen. Sie ist ein Weg, im Verhältnis zwischen Ausländern und Deutschen Veränderungen zu bewirken.
Schlagworte
Interkulturelle, Pädagogik
Arbeit zitieren
MA. Mansoon Ahn (Autor:in), 1999, Interkulturelle Pädagogik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29346

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Interkulturelle Pädagogik



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden