Gemeinwesenarbeit vs. Quartiermanagement

Quartiermanagement als Handlungsfeld sozialer Arbeit?


Hausarbeit, 2005

31 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Gemeinwesenarbeit
1.1 GWA als Import und Dritte Methode
1.2 GWA – Mehr als die Dritten Methode
1.3 Stadtteilbezogene Soziale Arbeit

2 Quartiermanagement
2.1 Entwicklungen und Einflüsse
2.1.1. Neue Steuerung
2.1.2. Stadtentwicklung
2.1.3. Gemeinwesenarbeit
2.2 Stadtentwicklung und Spaltung im 20. Jahrhundert
2.3 Quartiermanagement und „Die Soziale Stadt“

3 Quartiermanagement Handlungsfeld Soziale Arbeit?

4 Literaturverzeichnis

1 Gemeinwesenarbeit

1.1 GWA als Import und Dritte Methode

Zu Beginn meiner Hausarbeit möchte ich mich mit der Gemeinwesenarbeit (GWA) auseinandersetzten. Die Gemeinwesenarbeit hat über die Soziale Arbeit hinaus die bundesrepublikanische Gesellschaft geprägt. Von den Konzepten des bürgerschaftlichen Engagements, des Empowerments, der lokalen Agenda 21 bis zu Sozialraumbudgets, insbesondere für Hilfen zur Erziehung nach § 27 SGB VIII in der Kinder- und Jugendhilfe, sind die GWA-Ansätze zu finden. Jedoch hat die Gemeinwesenarbeit keine wirkliche Tradition in Deutschland. Die zwei bedeutsamsten Projekte waren nach der Jahrhundertwende des letzten Jahrhunderts die Hamburger Volksheime und die SAG Ost in Berlin. Diese Projekte blieben jedoch einzigartig und hatten kaum Einfluss auf den später einsetzenden Theoriediskurs in Deutschland. Die geistigen Väter und Mütter der deutschen Projekte wirkten in Großbritannien, den USA und Kanada. Hier entwickelten sich bereits in den 70er Jahre des 19. Jahrhunderts Projekte die unter der „Settlement-Bewegung“ zusammengefasst werden.

In Großbritannien setzte die Industrialisierung zu Beginn der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu erst ein. Die dadurch entstandenen sozialen Probleme für die proletarische Unterschicht, welche als „Soziale Frage“ bezeichnet wird, lies auch einige Vertreter der Mittel- und Oberschicht nicht unberührte. Diese Verelendung des Proletariats und die Spaltung der Industriegesellschaft beschäftigte Wissenschaftler wie John F.D. Maurice und Arnold Toynbee. Sie vertraten jedoch kein klassenkämpferisches Konzept wie es Karl Marx und Friedrich Engels entwickelten, sondern appellierten an die christliche Nächstenliebe und den Verzicht auf das freie Spiel der marktwirtschaftlichen Kräfte, welche für das Elend mitverantwortlich waren. Insbesondere die Ignoranz und Tatenlosigkeit der Oberschicht, im Bezug auf diese gesellschaftliche Misere, lies sie zum Handeln übergehen. Zu Beginn taten die jungen Professoren das was sie am besten konnten. Sie veranstalteten öffentliche Vorlesungen in den Armenvierteln und wollten das bis dahin gehütete Wissen der Oberschicht an die Unterprivilegierten weitergeben, in der Hoffnung dies könnte zu einer Emanzipation des Proletariats führen.

Die Professoren und ihre Studenten waren davon überzeugt, dass nur eine Versöhnung der Klassen eine Verbesserung der Situation für die Armen bringen kann. Arnold Toynbee ging einen Schritt weiter und verbrachte seine Ferien im Londoner Armenviertel Whitechapel. Die Idee sich als Vertreter der Mittelschicht in einem Armenviertel niederzulassen (= to settle) wurde erst nach Toynbees frühen Tod in die Praxis umgesetzt. Ziel dieser „Settlements“ war es zum einen als Vertreter der Mittelschicht die Lebensbedingungen kennen zu lernen und zum anderen vor Ort, im Sozialraum, in der Lebenswelt der KlientInnen zu arbeiten und zu helfen. Man ging davon aus, dass wenn die Mittelschicht von den Lebensbedingungen der ArbeiterInnen unmittelbar Kenntnis erlangt und es zu Freundschaften und Sympathien kommt, dies zu einer Bewusstseinsveränderung der Mittelschicht führt und die Basis für zukünftige gesellschaftspolitische Verbesserungen für die ArbeiterInnen darstellt. Samuel Barnett und seine Frau Henrietta Barnett gründeten 1884 „Toynbee Hall“ als erstes „Settlement“ im Osten von London. Die Hilfe, die man den ArbeiterInnen hier bot, sollte ihnen „Wege zur Selbsthilfe weisen und Verständnis zwischen Besitzenden und Besitzlosen wecken“ (Oleschlägel 2001a, 655). So wurden Angebote der Kinder- und Jugendarbeit, Erwachsenenbildung und Beratung angestoßen. Neben der Praxis wurde aber auch Forschung betrieben um die Problemlagen ursächlich zu behandeln. Der Großteil der Arbeit wurde von Studenten übernommen, die als zukünftige Verantwortungsträger und Bindeglieder in die Kreise der Mittel- und Oberschicht für die Belange der ArbeiterInnen gewonnen wurden. In wenigen Jahrzehnten wuchs die „Settlement-Bewegung“ heran und feierte in den USA und Kanada weitere Erfolge. Sie entwickelte sich hier zur Gemeinwesenarbeit und wurde als Dritte Methode, neben Einzelfallhilfe und sozialer Gruppenarbeit wissenschaftlich anerkannt. Der Leitgedanke, durch Soziale Arbeit in der Lebenswelt der KlientInnen auch politische Veränderungen zu erwirken und parteiisch auf deren Seite zu stehen, setzte sich auch in der weiteren Entwicklung fort.

Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges ging man in West-Deutschland zur Tageordnung über und genoss die Früchte des Wirtschaftswunders. Die Soziale Arbeit hatte in den 50er und 60er Jahren einen rein fürsorglichen Charakter. „In der Praxis dominierte damals ein auf Personen zugeschnittener Arbeitsstil: die FürsorgerInnen verstanden sich als caritativ helfende Menschen, die mit großem Herz, viel Engagement […] den Armen und Schwachen zur Seite standen“ (Hinte 2001a, 74). An den Ausbildungsstätten Sozialer Arbeit wurden die aus den USA importierten Konzepte der Gemeinwesenarbeit begeistert aufgenommen. In der Praxis kommt es in den 60er Jahren zu einer Professionalisierung. Die Zuständigkeiten der FürsorgerInnen wurden mit dem Interesse einer Efektivierung spezialisiert. Die Probleme wurden in Fälle mit festumrissenen Hilfeleistungen zergliedert. „So kommt es vor, dass […] an einem Menschen gleich ein ganzes Heer von Professionellen herumwerkelt“ (Hinte 2001a, 75). Ein generelles Problem der Sozialen Arbeit war und ist, dass sie erst reagiert wenn Menschen auffällig geworden sind und dann mit einem für den Sozialarbeiter „richtigen“ Menschenbild konfrontiert werden. Die Vorstellung der SozialarbeiterIn von einem „richtigen“ Leben werden Gegenstand der Hilfe und verleiten zu einer Pädagogisierung. Der Helfende will den Hilfesuchenden, im schlimmsten Fall, nach seinem Bild formen. Diese Subjekt-Objekt-Beziehung lässt oft einen anderen Lebensentwurf nicht zu.

Durch die Stagnation des wirtschaftlichen Aufschwungs Mitte der 60er Jahre kam es zu einem sozialen Abstieg von Bevölkerungsgruppen. Die ersten Wirtschaftskrisen der noch jungen Bundesrepublik leiteten auch eine Finanzkrise der Öffentlichen Hand ein und damit Sparmaßnahmen für dringend benötigte soziale Programme. Es häuften sich soziale Brennpunkte in Obdachlosenquartieren und Neubauvierteln, die mit den bekannten Methoden der Einzelfall- und Gruppenarbeit nicht in den Griff zu bekommen waren. Die Gemeinwesenarbeit wurde als neues Instrument eingesetzt und hatte als Leitziel die benachteiligten Quartiere zu lebendigen Gemeinwesen zu entwickeln, indem sie die Bewohner aktiviert und unterstützt und die materielle und infrastrukturelle Ausstattung der Quartiere fördert. Methodisch war die Gemein-wesenarbeit eher pragmatisch orientiert und setzte die aktivierende Befragung des öfteren ein. Für den Staat war die GWA ein nützliches Frühwarnsystem was soziale Beränderungen in Brennpunkten betrifft.

Mit der 68er Studentenbewegung und der Politisierung der Wissenschaft wurde auch die Gemeinwesenarbeit vorangetrieben.

„Die war die Zeit der großen Projekte, die unter Mitarbeit von Studenten entstanden, oft von ihnen initiiert wurden[…]. Das Instrumentarium der GWA wurde durch Elemente der Sozialwissenschaften (Handlungsforschung) und der studentischen Politik (go in; Stadtteilzeitungen etc.) erweitert. Probleme wurden in gesamtgesellschaftliche Verursachungszusammenhänge gestellt“ (Oelschlägel 2001a, 657).

Bis in die Mitte der 70er Jahre war die Gemeinwesenarbeit sehr vielschichtig. Es gab unterschiedliche Ansätze die unteranderen von den amerikanischen Wissenschaftlern Alinsky und Ross geprägt wurden. Die Ansätze unterschieden sich zum einen in der Rolle der SozialarbeiterIn zum anderen im Verhältnis zum Staat beziehungsweise zum gesellschaftlichen System. Der reformpädagogische Ansatz und der katalytisch-aktivierende Ansatz setzten sich in der Praxis durch. Die Gemeinwesenarbeit wurde als dritte Methode Bestandteil der Ausbildung von SozialarbeiterInnen.

1.2 GWA – Mehr als die Dritten Methode

Anfang der 80er Jahre nimmt Dieter Oelschlägel die Diskussion um Gemeinwesenarbeit auf und fragt inwieweit es noch zutreffend ist, von Gemeinwesenarbeit als Dritte Methode zu sprechen. Für Oelschlägel hat sich die Gemeinwesenarbeit weiter entwickelt und stellt keinen geschlossen Block als Methode bzw. als Arbeitsfeld mehr dar. Gemeinwesenarbeit hat zu Beginn der 80er Jahre, so Oelschlägel, als Arbeitsfeld an Bedeutung verloren. In der Sozialen Arbeit hat sich jedoch das Prinzip der Gemeinwesenarbeit mit seinen Elementen (Ressourcenorientierung, Sozialraumorientierung, Aktivierung und Beteiligung, Vernetzung) weit verbreitet und neue Entwicklungen bewirkt.

Dieter Oelschlägel unterscheidet nun den Begriff Gemeinwesenarbeit in das Arbeitsfeld Gemeinwesenarbeit, wofür Institutionen eingerichtet werden und Personal eingestellt wird, und das Arbeitsprinzip Gemeinwesenarbeit als grundsätzliche Herangehensweise an soziale Probleme, nach den Standards der Gemeinwesenarbeit.

Im Folgenden möchte ich kurz darstellen welche Faktoren zur dieser Entwicklung bei Oelschlägel führten und welche Standards die Gemeinwesenarbeit auszeichnen.

Anfang der 80er Jahre sind viele Projekte der Gemeinwesenarbeit verschwunden. Die Praxis der Gemeinwesenarbeit, die durch die studentischen Projekte vorangetrieben wurde, erfuhr durch ihre systemkritische Ausrichtung wenig Unterstützung durch öffentliche Institutionen oder wurde zum Teil von ihr abgewickelt. Gemeinwesenarbeit war für die etablierte Soziale Arbeit immer mit einem „linken“ Lack überzogen und so stigmatisiert. Die Inhalte der GWA wurden jedoch von der Sozialen Arbeit übernommen.

Die 80er Jahre werden durch einen gesellschaftlichen Modernisierungsprozess gesellschaftsstrukturell verändert. Der Sozialwissenschaftler Ulrich Beck führt den Begriff der Individualisierung in die Diskussion ein. Hierbei unterscheidet Beck drei Dimensionen dieses Prozesses. Die traditionellen Sozialformen und -bindungen, wie Klasse, sind durch die Steigerung des Einkommen und Vermögenszuwächse des Wirtschaftswachstums scheinbar aufgelöst. Die wohlfahrtsstaatlichen Leistungen und Regulierungen haben traditionelle Herrschafts- und Versorgungszusammenhänge überflüssig gemacht und traditionelle Milieus aber auch funktionierende Gemeinwesen – Beispiel: das proletarische Milieu mit seiner Vielfalt an Organisationen und Vereinen – aufgehoben. Diese Dimension nennt Beck „Freisetzungsdimension“. Die zweite Dimension - „Entzauberungsdimension“ - bezeichnet den Verlust von tradierten Normen, Werten und Sicherheiten durch die Individualisierung aller sozialer Gruppen. Und die dritte Dimension bezeichnet Beck als „Kontroll- bzw. Reintegrationsdimension“. Durch die Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse beziehungsweise durch den Verlust der Arbeit entstehen neue Lebensentwürfe. Auch die Zunahme von „Single“-Haushalten und die steigende Anzahl allein erziehender Eltern führen zu neuen Lebensformen und Lebensweisen und einer Bedeutungsminderung der traditionellen Familie mit ihren erbrachten sozialen Dienstleistungen. Die Individualisierung beschreibt das Loslösen der Menschen aus traditionellen Zusammenhängen, Normen und Sicherheiten. Die Modernisierungsrisiken - Beck meint damit Zivilisationskrankheiten, Ozonloch, nukleare Verseuchung - werden von den Menschen als universelle Risiken wahrgenommen denen man sich nicht entziehen kann und die die Menschen verängstigen. Ich würde heute auch die Arbeitslosigkeit hinzuzählen. Diese „Risikogesellschaft“ versucht ihre Angst individuell zu verarbeiten indem sie sich in ihre kleinen Rückzugsräume begeben. „Viele Menschen haben es verlernt, soziale Netze zu knüpfen. Andere haben keine oder nur begrenzte Möglichkeiten dazu. Das gilt für den materiellen Aspekt […] ebenso wie für den sozialen Aspekt […], für den psychischen (Isolation) ebenso wie für den sprachlichen (Ausländer, schichtspezifische Sprachbarrieren) Aspekt“ (Oelschlägel 2001b, 95). Sozialzusammenhänge und funktionierende Gemeinwesen zerfallen. Am deutlichsten war dies in den Neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung zu beobachten. Hier liefen die Transformationsprozesse in einer atemberaubenden Geschwindigkeit ab und haben sich der westdeutschen Situation bald angenährt.

Diese gesellschaftlichen Veränderungen haben unmittelbare Auswirkungen auf die entstehenden sozialen Probleme und somit Konsequenzen für die praktische Arbeit der Gemeinwesenarbeit.

Die Gemeinwesenarbeit, als Arbeitsfeld und Arbeitsprinzip, versteht sich als sozialräumliche Strategie einer professionellen Sozialen Arbeit. Sie ist nicht pädagogisch auf einzelne Individuen gerichtet, sondern arbeitet mit den Ressourcen des Sozialraums und denen seiner BewohnerInnen. Die Veränderung der Lebensbedingungen ist eine Konsequenz aus der Arbeit im Sozialraum „wo die Menschen samt ihrer Probleme aufzufinden sind“ (Oelschlägel 2001b, 101). Gemeinwesenarbeit orientiert sich an den Lebenswelten der BewohnerInnen und greift Probleme auf, die von den Menschen selbst für wichtig gehalten werden und nicht nur die Probleme, die von außen als solche definiert werden.

Das Arbeitsprinzip Gemeinwesenarbeit findet sich heute in unterschiedlichen Feldern Sozialer Arbeit wieder. Dieter Oelschlägel hat Standards formuliert, die für die Gemeinwesenarbeit gelten sollten. Für eine erfolgreiche Arbeit ist der Nutzen, der für die Bewohner besteht, ausschlaggebend. So bietet die Gemeinwesenarbeit Dienstleistungen für die BewohnerInnen an. Diese können materieller Art sein, wie günstige Mahlzeiten, Kinderkleidungs-Basare, Verleihung von Technik oder aber die Bereitstellung von offenen Räumen, die eine Aneignung durch die BewohnerInnen ermöglichen. Die ersten „Settlements“ boten auch personelle Ressourcen an, in Form von Beratung, Kinderbetreuung aber auch Qualifikationen. Diese sind auch heute wichtiger Bestandteil von Gemeinwesenarbeit. Neben den Ressourcen die die GWA organisieren kann ist es von Bedeutung die Ressourcen der Bewohner zu reaktivieren. Der Blick muss weg gehen vom defizitären Sozialraum mit seinen BewohnerInnen und hin zu den Möglichkeiten und Fähigkeiten die in den Menschen schlummern. So sieht Oelschlägel die Aktivierung im Zentrum der GWA. Auf einer Exkursion des Studienprojekts Jugendarbeit nach Berlin hatten wir die Möglichkeit Prof. Wolfgang Hinte persönlich zu erleben. Er nannte ein für mich einprägsames Beispiel von Ressourcenaktivierung der BewohnerInnen. So könnte doch eine allein erziehende Mutter von ihrer arbeitslosen Nachbarin unterstütz werden, indem die Nachbarin ihre Ressourcen aktiviert und der Nachbarstochter bei den Hausaufgaben hilft. Oder die Nachbarin unterstützt eine überforderte Nachbarsfamilie im Haushalt, anstatt das eine teure Familienhilfe aus dem KJHG finanziert wird. Wenn dann noch eine Aufwandsentschädigung für die engagierte Nachbarin, aus öffentlichen Mitteln möglich ist, wäre allen Beteiligten geholfen.

Der Sozialraum wird von vielen unterschiedlichen Individuen gestaltet. Die GWA organisiert Aktivitäten um ein Thema herum oder wegen eines Bedarfs. Diese Aktivität kann sich an spezielle Zielgruppen richten (z.B. MigrantInnen), sollte jedoch nie den sozialraumbezug verlieren. Somit arbeitet die GWA grundsätzlich zielgruppenübergreifend. Der Aufbau von Netzwerken, aus informellen und formellen Gruppierungen die zu bestimmten Anlässen mobilisierbar sind, ist wichtig für die Zukunft des Gemeinwesens, wenn die SozialarbeiterInnen nicht mehr da sind. Denn der Auftrag der GWA ist es darauf hin zu arbeiten nicht mehr gebraucht zu werden. Ziel der GWA ist es die Lebensverhältnisse zu verbessern. Dazu gehört auch Kulturarbeit im Sozialraum zu fördern. Sozialräume in denen gewohnt, gelebt aber auch gearbeitet wird sind funktionierende Gemeinwesen. So ist auch Aufgabe der GWA Arbeitsplätze in den Sozialraum zu bringen und eine lokale Ökonomie aufzubauen. Dieser Strang wird heute als Gemeinwesenökonomie verstanden, wurde aber in der Tradition der GWA lange vernachlässigt. Bewohner die aus dem Arbeitsleben herausfallen stehen einem wachsenden Bedarf an zu leistenden Aufgaben im Sozialraum gegenüber. „Die Gemeinwesenökonomie führt diese beiden Stränge zusammen, sie verknüpft den örtlichen Bedarf mit den Ressourcen des Gemeinwesens“ (Oelschlägel 2001b, 108). Ein wichtiger Standard der GWA ist die Kontinuität der Arbeit. GWA versteht sich nicht als ein kurzfristiges Projekt, sondern ist langfristig angelegt um die gewünschten Erfolge zu erzielen. So sieht Dieter Oelschlägel die Diskussion um bürgerschaftliches Engagement und den gleichzeitigen Rückzug des Staates aus seiner Verantwortung für die Benachteiligten sehr kritisch:

„Bürgerschaftliches Engagement lässt sich nicht durch Pathos herbeireden und auch nicht herbeiwünschen, es ist das Ergebnis des gemeinsamen Bemühens von Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürgern in der Stadt“ (Oelschlägel 2001c, 182).

Für die Fülle an Aufgaben, die sich die GWA gibt, sind politische Strategien als Mittel unverzichtbar. Es gilt sich positiv einzumischen und sozialpolitische Themen sowohl anzustoßen als auch der Politik beratend zur Seite zu stehen. Als besonders einschneidend empfinde ich den Paradigmenwechsel der GWA, wenn man sich den Anspruch vor Augen hält wirklich präventiv zu arbeiten. Es geht um die Fallvermeidung durch ein aktives und handlungsfähiges Gemeinwesen. So soll Soziale Arbeit nicht erst handeln wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, sondern den Fall als solchen verhindern. Dies ist umso schwieriger wenn Träger, insbesondere für Leistungen nach § 27 KJHG, von diesen Fällen abhängig sind. Im Rahmen der Exkursion hat Wolfgang Hinte die Aufgabe von SozialarbeiterInnen überspitzt formuliert. So müsste es das ureigene Interesse der Sozialen Arbeit sein sich selbst überflüssig zu machen.

Zusammenfassend möchte ich das Arbeitsprinzip Gemeinwesenarbeit wie folgt wiedergeben. GWA ist politisch, da es gesellschaftliche Verhältnisse verändern möchte und Lebensbedingungen verbessern will. GWA ist pädagogisch, da gesellschaftliche Veränderungen an Bewusstsein und Lernprozesse des einzelnen Menschen gebunden sind. Und GWA ist therapeutisch, da es um das Aufbrechen von krankhaften und krankmachenden Strukturen geht.

[...]

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Gemeinwesenarbeit vs. Quartiermanagement
Untertitel
Quartiermanagement als Handlungsfeld sozialer Arbeit?
Hochschule
Evangelische Hochschule für Soziale Arbeit Dresden (FH)
Veranstaltung
Gemeinwesenarbeit
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
31
Katalognummer
V75394
ISBN (eBook)
9783638786331
ISBN (Buch)
9783638795470
Dateigröße
468 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gemeinwesenarbeit, Quartiermanagement, Gemeinwesenarbeit, Soziale Stadt
Arbeit zitieren
Eric Schley (Autor:in), 2005, Gemeinwesenarbeit vs. Quartiermanagement, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75394

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