Basistechniken des Coaching


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

16 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


1. Einleitung

Wenn eine Einzelperson oder auch eine Gruppe einen Coach aufsucht und dessen Hilfe bei der Lösung eines Problems erhofft, dann verbindet sie damit gewisse Erwartungen an den Coach. Ein Coach kann dann eingeschaltet werden, wenn eine objektive oder auch nur subjektiv empfundene Krise den/die Betroffenen in der Ausübung seiner/ihrer Arbeitstätigkeit beeinträchtigt oder im privaten Alltag Probleme individueller oder interpersoneller Art auftauchen. Am Arbeitsplatz können solche tieferen Schwierigkeiten oder Konflikte sich an Symptomen wie Burnout, Mobbing, Stress oder Berufs-Deformation zeigen. Im privaten Bereich kann es zu Konflikten in Familien oder Vereinen kommen.

Die Anforderungen, die an den Coach gestellt werden, sind vielfältig. Er soll helfen, derartige Probleme zu lösen. Der erste und wichtigste Selbstanspruch des Coach ist dabei „Hilfe zur Selbsthilfe“[1] zu geben. Wie aber ist dies zu erreichen? Der Coach soll „lösungsorientiert vorgehen“, „neue Bewertungen schaffen“, „Perspektiven aufzeigen“, „Rollen und Aufgaben klären“ helfen usw.[2] Um dies alles auch leisten zu können, bedarf es einiger grundlegender Techniken, die helfen können, diesem (Selbst-)Anspruch gerecht zu werden. Diese Basistechniken sollen im Folgenden dargestellt werden. Unter Basistechniken sollen all jene Techniken abgefasst werden, „die unabhängig von der Phase einer Beratung und unabhängig von der Beratungsform eingesetzt werden“[3] können. In dieser Arbeit kann es nicht darum gehen, fertige Interventionsmethoden zu präsentieren; vielmehr ist es die Aufgabe dieser Arbeit, die grundlegenden, im ersten Augenblick vielleicht trivial erscheinenden Techniken des Coaching darzustellen, die im konkreten Fall in vielfältigen Variationen, Modifikationen und Kombinationen angewendet werden und in jeder Coaching-Sitzung wieder neu reproduziert werden müssen. Im Einzelnen sind das Techniken des Zuhörens, Techniken der Verbalisierung, Techniken des Fragens (die genau genommen natürlich ebenfalls Sprechakte sind, wegen ihrer grundlegend anderen Funktion aber gesondert behandelt werden) und Techniken der Visualisierung, die zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Dieser bewusst aus der „Vogelperspektive“ gegebene Überblick soll vor allem eines deutlich machen: nicht eine einzelne dieser Grundtechniken kann im Coaching angewendet werden; im Gegenteil handelt es sich stets um neu vom Coach dem Problem angemessen zu verknüpfende Basistechniken, die nur der Systematisierung halber getrennt dargestellt werden sollen. Im konkreten Fall wird sich der Coach in der Situation befinden, aus dieser Reihe von Basistechniken die jeweils geeigneten auswählen zu müssen, aneinander zu fügen, zu kombinieren und für das Ziel der jeweils gerade gewählten Methode einzusetzen.

Um dies zu erleichtern, wird der vorliegende Überblick analog den vier Basistechniken in vier Blöcke einzuteilen sein, die jeweils zunächst unterschiedliche Methoden der jeweiligen Basistechnik aufzeigen. Daran anschließen wird sich jeweils eine Darstellung der Funktion dieser Methoden und der Ziele, die mit ihrer Hilfe erreicht werden sollen. Die Reihenfolge der Basistechniken ist dabei eine rein Zufällige und nicht etwa im Coachingprozess so anzuwenden.

2. Basistechniken der Beratung

Elementarer Bestandteil des Coachingprozesses ist das Gespräch. Wie Schreyögg betont, lassen sich letztlich alle anderen genannten Basistechniken dem Gespräch untergeordnet behandeln: „Methodisch stehen beim Coaching Gespräche im Vordergrund, d.h. verbale Kommunikationsakte. Sie bilden das methodische Grundgerüst, in das sich auch alle nichtsprachlichen methodischen Maßnahmen einzufügen haben.“[4] Ein Coaching-Gespräch besteht demnach im Wesentlichen aus Sprechakten, d. h. aus der Basistechnik der Verbalisierung. Es ist aber leicht einzusehen, das ein solches Gespräch recht mühsam sein kann, auch wenn es inhaltlich durchaus zielführend sein mag. Unabdingbare Voraussetzung einer erfolgreichen Kommunikation sind daher über den reinen Sprechakt hinaus grundlegende Techniken des Zuhörens und des Fragens. Darüber hinaus hat sich im Coaching-Gespräch die Visualisierung des besprochenen Inhaltes als überaus erfolgreich erwiesen. Diese vier Basistechniken sollen nun im Einzelnen dargestellt werden.

2.1 Zuhören

Triviale aber nichtsdestoweniger grundlegende Kompetenz eines Coachs ist die Fähigkeit, zuhören zu können. Dabei muss m. E. zwischen alltagspsychologischem Zuhören und dem Zuhören als Beratungstechnik unterschieden werden. Während bei ersterem zwar in aller Regel die Kenntnis des Gesagten später bei allen Teilnehmern der Kommunikation vorausgesetzt wird, von den Hörenden aber meist keine Reproduktion der Inhalte verlangt wird, kommt es gerade im Beratungsprozess darauf an, Inhalte schnell aufzunehmen, umzustrukturieren, umzudeuten, wieder abzurufen usw. Diese kognitiven Fähigkeiten und im Wesentlichen die spätere Abrufung und Verbalisierung der Inhalte werden (wenn auch wiederum nur systematisch) nach passivem und aktivem Zuhören unterschieden.

2.1.1 Passives Zuhören

Beim passiven Zuhören nimmt der Coach eine zurückhaltende Position sowohl physisch als auch inhaltlich ein. Er äußert sich wenig bis gar nicht; seine Kommentare beschränken sich im Wesentlichen auf „akustische Signale (das berühmte „hm“ des Psychoanalytikers)“[5]. Im Gegensatz zum alltäglichen Zuhören hat der Coach die Aufgabe, sein Interesse nonverbal zu signalisieren. Dies tut er zum Beispiel durch das lauschende Neigen des Kopfes, einen offenen, interessierten Gesichtsausdruck oder zustimmendes Nicken. Das passive Zuhören wird dort eingesetzt, wo lange Erzählsequenzen des Klienten am Platz scheinen. Der Klient erhält dadurch die Möglichkeit, einen Sachverhalt, ein Problem oder einen Konflikt im Gesamtzusammenhang darzustellen. Er kann so „alle aktuellen Belastungen, momentanen Gefühle, Eindrücke usw. verbalisieren und damit eine Klärung, Entlastung oder erste Strukturierung“[6] herbeiführen.

Das passive Zuhören, verbunden mit einer Einstiegsfrage[7], eignet sich gut, um beim Klienten „die Dämme zu brechen“, sich dem Coach anzuvertrauen und eine persönliche Beziehung herzustellen. Gefährlich kann es dann werden, wenn der Coach den Überblick verliert und zum Beispiel nicht verhindert, dass der Klient sich an einem Problem „festfrisst“ und ohne Ziel- und Lösungsorientierung um das Problem herum redet. Dann können Coaching-Sitzungen ergebnislos enden. Auf eine weitere Gefahr hat Eilles-Matthiessen verwiesen: abhängig von der Persönlichkeit des Klienten kann es vorkommen, das er durch allzu große Zurückhaltung des Coach verunsichert und irritiert wird[8]. Die persönliche Beziehung zwischen Coach und Klient wird dann darunter leiden.

2.1.2 Aktives Zuhören

Im Gegensatz zum passiven Zuhören kann das aktive Zuhören fast als eine bestimmte Art von Gespräch verstanden werden. Obwohl sich der Klient immer noch im Wesentlichen selbst artikuliert, kann der Coach bereits strukturierend eingreifen. Er tut dies ganz behutsam, indem er wesentliche Punkte des Gesagten wiederholt, wichtigen Inhalten mehr Gewicht verleiht und weniger wichtige Inhalte in den Hintergrund rückt. In Anlehnung an Schulz von Thun hat Fischer-Epe die Anforderungen an den Coach beim aktiven Zuhören beschrieben[9]: Durch die Äußerung wertschätzenden Interesses wird der Klient ermuntert, bestimmte Inhalte oder Probleme darzulegen. Der Coach kann dann die Kernaussagen strukturierend zusammenfassen und so die wesentlichen Punkte nochmals vergegenwärtigen. Dadurch wird nicht nur ein Klärung inhaltlicher Verständnisfragen erreicht, sondern dem Klienten auch die Möglichkeit gegeben, weitere wichtige Inhalte anzuführen, anderes zu relativieren und ganz allgemein ein besseres Verständnis diffuser oder chaotische Problemlagen zu ermöglichen. Letztendlich hat der Coach beim aktiven Zuhören die Aufgabe, den Klienten in seiner Position und in seiner Sicht der Lage möglichst weitgehend zu verstehen und dies auch zu signalisieren. Hierbei ist es wichtig, die emotionale Situation des Klienten konkret anzusprechen. Dabei ergibt sich einerseits die Gelegenheit, nochmals klares Verständnis zu schaffen, andererseits kann die Reformulierung eines Problems oder eines Gefühls durch den Coach dem Klienten bereits einen tieferen Einblick in seine persönliche Gefühls-Gemengelage ermöglichen. Wenn der Coach, im Idealfall, genau den „wunden Punkt“ des Klienten trifft, so wird der Klient sich zutiefst verstanden fühlen und es ist eine vertrauensvolle Basis für den weiteren Beratungsprozess entstanden.

[...]


[1] vgl.: Rauen (2003)

[2] vgl.: Fischer-Epe (2004)

[3] Eilles-Matthiessen (2005), S. 67

[4] Schreyögg (2003), S. 223

[5] Eilles-Matthiessen (2005), S. 70

[6] dies., a.a.O.

[7] vgl.: Kapitel 2.3

[8] Eilles-Matthiessen (2005), S. 70

[9] Fischer-Epe (2004), S. 33 ff.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Basistechniken des Coaching
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Psychologie)
Note
1,5
Autor
Jahr
2005
Seiten
16
Katalognummer
V47780
ISBN (eBook)
9783638446532
ISBN (Buch)
9783638772976
Dateigröße
475 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Basistechniken, Coaching
Arbeit zitieren
Merle Rehberg (Autor:in), 2005, Basistechniken des Coaching, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47780

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