Zitat und Plagiat – Phänomene der Intertextualität


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

19 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Intertextualität

2. Zitate
2.1 . Einordnung des Zitats
2.2 Zitate und Markierungen

3. Plagiate
3.1. Definitionen
3.2 Abgrenzung von Plagiat und Zitat
3.3 Plagiate im Kontext elektronischer Medien

4. Problemfall unbewusstes Plagiieren

5. Zusammenfassung

Einleitung

Im Zeitalter der schnellen Karrieren und des Internets ist der Mensch einem enormen Druck ausgesetzt. Dem Druck, gute Arbeit zu leisten und dies in einem möglichst engen Zeitrahmen zu schaffen. Wie in Kapitel 5 näher erläutert, könnte dies ein Grund für das häufige Auftreten von Plagiaten sein. Das Plagiat an sich ist auch das Thema dieser Arbeit. Es wird auf seine Differenzen zum Zitat hin untersucht. Ziel ist es, eine Abgrenzung zwischen Zitat und Plagiat zu finden, sofern dies möglich ist. Um in das Thema einzuführen, beschäftigt sich das erste Kapitel jedoch zuerst mit dem Phänomen der Intertextualität. Einige Grundgedanken werden aufgezeigt, um die Verbindung der Intertextualität mit dem Zitat und dem Plagiat zu konkreti- sieren. Im darauf folgenden zweiten Kapitel wird das Zitat näher untersucht. Es werden Defi- nitionen und Einordnungsversuche genannt und auf die Arten der Markierungen eingegangen. Auch der rechtliche Aspekt findet eingangs Beachtung. Kapitel 3 widmet sich den Plagiaten in gleicher Weise, was in Kapitel 4 zu einer Gegenüberstellung von Plagiaten und Zitaten führen soll. Ein Exkurs zu den Plagiaten in den elektronischen Medien findet im nächsten, dem fünften Kapitel statt. Dort werden auch einige Gründe aufgezeigt, die einen Autor zu der Tat des Plagiierens bewegen könnten.

Die Arbeit findet ihren Abschluss in einer Zusammenfassung.

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass der Schwerpunkt dieser Arbeit auf den wissenschaftlichen Texten liegt. Obwohl Zitate und Plagiate auch in der Musik und der Kunst auftreten können, wird es sich hauptsächlich um Texte aus der Wissenschaft und teilweise auch der Literatur drehen, da diese, wie in Kapitel 5 verdeutlicht wird, aufgrund des immensen Leistungsdruckes eines Studenten oder eines Wissenschaftlers und durch die Eigenschaften des Internets besonders gefährdet sind.

1. Intertextualität

Der Begriff der Intertextualität wurde von der bulgarisch-französischen Literaturwissenschaft- lerin Julia Kristeva geprägt. In ihrem Aufsatz „Bakhtine, le mot, le dialogue et le roman“ (1967) bezieht sie sich auf Michail Bachtins Dialogisierungsgedanken. Laut dem „Sachwör- terbuch der Literatur“ (Gero von Wilpert, 8. Aufl.) handelt es sich bei Intertextualität um eine „Sammelbezeichnung für die Wechsel- und Referenzbeziehungen eines konkreten literari- schen Textes […] zu einer Vielzahl konstitutiver und zugrunde liegender anderer, auch außerliterarischer Texte […], auf die er explizit durch Zitate, Motti, Titel, Anspielungen o.ä. verweist […].“ Nach Kristeva entstanden in den folgenden Jahren zahlreiche Studien, welche der Erforschung der Intertextualität galten. Susanne Holthuis z.B. bemühte sich, den Begriff der Intertextualität näher zu bestimmen und einzugrenzen. Sie benannte zwei Verwendungsbereiche für die Intertextualität: a) „die Beziehung zwischen Texten innerhalb einer Textsorte, die als (oft unbewusstes) Textsortenwissen in die Textgestaltung und die Konstruktion des Textsinns mit eingeht (typologische Intertextualität)“ [Bußmann, S. 317] und b) „spezieller für die direkte oder indirekte Bezugnahme auf konkrete ‚Prätexte’, z.B. als Anspielung […] oder zitierende Textwiedergabe (referentielle Intertextualität)“ [ebd.].

Grundsätzlich lassen sich also zwei Ansätze differenzieren: der theoretische, weit gefasste Ansatz und der praktische, analytisch orientierte Ansatz. Die typologische Intertextualität meint die Beziehung von Text und Textsorte, während die referentielle Intertextualität sich auf die Relation zwischen Text und Text bezieht.

Auf letzteren Ansatz bezieht sich auch der französische Literaturwissenschaftler Gérard Ge- nette, der eine der bis dahin umfassendsten Arbeiten über das Phänomen der Intertextualität mit seinem Werk „Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe“ ablieferte. Dieses Werk gilt als eine der modernsten Intertextualitätstheorien. Er fasst darin den Begriff der Intertextualität enger auf als bisher und entwickelte ein neues Konzept. In diesem schlägt er eine neue Ter- minologie vor: der Begriff ‚Transtextualität’ soll ein Oberbegriff sein für fünf verschiedene Unterarten1 derselben:

1. Intertextualität

ist die „effektive Präsenz eines Textes in einem anderen“. Genette unterscheidet hier die drei traditionellen Formen der Intertextualität, die sich durch die Mittelbarkeit ihres Verweischarakters unterscheiden. Das Zitat, also die markierte oder unmarkierte Wiedergabe von Texten oder Textteilen des Prätextes, die Anspielung, eine unmarkierte und modifizierte Übernahme aus einem anderen Text (Verfremdung) und schließlich das Plagiat, die unmarkierte Übernahme von Texten oder Textteilen aus dem Prätext, meist mit dem Vorsatz, dass der Rezipient dies nicht merkt.

2. Paratextualität

meint die Beziehung des Textes mit inhaltlich und räumlich nahen Zusatztexten. Diese ‚auto- und allographen Signale’ [Genette, 1993] umrahmen den literarischen Text. Darunter fallen z.B. die Klappentexte, das Vor- und das Nachwort, Titel und Untertitel etc. Auch Texte des Produktionsprozesses, wie z.B. Notizen oder Skripte, treten als Paratexte auf.

3. Metatextualität

findet sich in Texten, in denen sich meist kritisch über andere Texte geäußert wird. Rezensionen, Interpretationen oder Kritiken sind ein Beispiel dafür.

4. Architextualität

bestimmt den Erwartungshorizont des Lesers. Sie ist der Bezug eines Textes zu seiner übergeordneten Kategorie oder Gattung. Dies kann z.B. durch einen Titel, Untertitel oder andere paratextuelle Hinweise geschehen.

5. Hypertextualität

ist gemäß Genette jede Beziehung eines Prätextes (auch Hypotext) zu einem präsenten Text (auch Hypertext) sowie deren Ableitung voneinander durch verschiedenartige Transformationsprozesse, z.B. das Aufgreifen eines Themas und dessen Darstellung in einem anderen Stil.

Wie aus dieser kurzen Darstellung ersichtlich wird, ist die Intertextualität also nur eine von fünf Möglichkeiten der textübergreifenden Relationen.

Die zuletzt genannte Hypertextualität lässt sich noch einmal differenzieren in zwei Grundty- pen hypertextueller Verfahren: die Transformation und die Nachahmung. Transformation bedeutet hier die Deformation des Hypotextes, z.B. durch die Übertragung eines Stils in einen anderen Text (Bsp.: Parodie und Travestie). Im Gegensatz dazu kommt es bei der Nachah- mung zu einer exakten Darstellung des Hypertextes nach dem Vorbild des Hypotextes (Bsp.: Pastiche und Persiflage). Ein weiteres Beispiel für die Nachahmung ist die so genannte Nach- bildung, die dem Plagiat entspricht.

Ausgehend von dieser kleinen Einleitung über die Intertextualität folgt nun ein Kapitel, das sich mit Zitaten, deren Einordnung, ihrer rechtlichen und wissenschaftlichen Definition und auch ihrer möglichen Markierung beschäftigt.

2. Zitate

Der Begriff „Zitat“ leitet sich von dem lateinischen „citare“ ab, welches mit „als Zeugen nen- nen“ übersetzt werden kann. Zitate sind nach Holthuis „die wohl offensichtlichsten Manifes- tationsformen der Übernahme ‚fremder Rede’. Die Funktion des Zitates liegt in der zusätzli- chen Information, die es einem Rezipienten geben kann bzw. soll. So ist es möglich, den In- halt eines anderen Textes in den Referenztext einzufügen oder auf einen anderen Text zuverweisen, dessen Inhalt für das Verständnis bzw. die Interpretation des zitierenden Textes relevant ist. Das Zitieren, besonders das wörtliche Zitieren, ist für das Textmuster ‚wissen- schaftlicher Aufsatz’ prototypisch, denn, wie Jakobs richtig erkennt, gehört zu den Anforde- rungen an wissenschaftliches Arbeiten „auf den in der Literatur beschriebenen Kenntnisstand Bezug zu nehmen […]“ [Jakobs, 1999]. Beim wörtlichen Zitieren werden einzelne Wörter, Phrasen, Sätze oder größere Textpassagen aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang des Prä- textes gerissen und in den Referenztext und damit in einen neuen Zusammenhang integriert. Dabei werden jedoch nicht nur die Inhalte, sonder auch die Formulierungen übernommen. [Jakobs, 1999] Das Merkmal des wörtlichen Zitierens ist das originalgetreue Wiedergeben des übernommenen Textes und die Zitationsmarker. Das Thema der Markierung wird in Kapitel

2.2 ausführlicher behandelt.

Das wörtliche Zitieren unterliegt in der Wissenschaft strengen Bestimmungen, deren Missach- tung (bewusst oder unbewusst) den Vorwurf des Plagiats nach sich ziehen kann. Die Verwen- dung von Zitaten ist durch das Urheberrechtsgesetz geregelt (UrhG). Jede wörtliche Über- nahme muss durch die Verwendung von Zitationsmarkern eindeutig als Zitat markiert wer- den.

Die Verwendung des Zitates wird in § 51 UrhG behandelt. Dieser besagt:

„ Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung undöffentliche Wiedergabe, wenn in einem durch den Zweck gebotenen Umfang

1. einzelne Werke nach dem Erscheinen in ein selbständiges wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhalts aufgenommen werden,

2. Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden,

3. einzelne Stellen eines erschienenen Werkes der Musik in einem selbständigen Werk der Musik angeführt werden.

Aus diesem Wortlaut lässt sich ableiten, dass ein Urheber bei der Erschaffung seines Werkes auf den geschützten Leistungen anderer aufbauen darf.2 Durch diese Regelung soll „die geis- tige Auseinandersetzung und damit der kulturelle und wissenschaftliche Fortschritt gefördert werden.“3 Das Zitat muss dazu dienen, ein neues schutzfähiges persönliches geistiges Werk zu schaffen, wobei das neue Werk auch ohne Zitat ein urheberrechtlich schutzfähiges Werk sein muss. Wie aus dem Paragraphentext ersichtlich, muss jedes Zitat seinen Zitatzweck erfül- len (diese Vorschrift entstand vor dem Hintergrund, dass das Zitatrecht der geistigen Ausei- nandersetzung dienen soll) und ist auch nur „in einem durch den Zweck gebotenen Umfang“ zulässig. Bezüglich der Erkennbarkeit des Zitats wurde geregelt, dass es als Übernahme kenntlich gemacht werden muss [§ 63 UrhG] und nicht unterschiedslos in das eigene Werk eingebaut werden darf. Geschieht letzteres aber bewusst, um ein fremdes Werk als eigene Schöpfung auszugeben, handelt es sich um ein Plagiat. Das Plagiat und die damit verbundene Problematik (z.B. ob es auch unbewusste Plagiate geben kann) werden in Kapitel 3 unter- sucht.

Zusammenfassend ist also zu konstatieren, dass ein Zitat als Beleg für die eigene Aussage dienen sollte und sich auf den erforderlichen Umfang beschränken muss. Es darf folglich nicht nur der Ausschmückung des eigenen Werkes dienen. Die Quelle muss in Schriftwerken immer angeben werden.

2.1.Einordnung des Zitats

Während der Auseinandersetzung der Wissenschaftler mit dem Phänomen der Intertextualität und damit auch dem Zitat entstanden verschiedene Ansätze bzw. Ideen, um das Zitat einzuordnen und zu differenzieren. Zuerst wird auf die Gedanken von Susanne Holthuis eingegangen und danach wird kurz der Vorschlag von Eva-Maria Jakobs betrachtet. Dazu ist anzumerken, dass die verschiedenen Ansätze auf unterschiedliche Probleme referieren, die Einordnung nach den Autorinnen erfolgt nur aufgrund der Übersichtlichkeit.

Wie bereits im Kapitel 1 über die Intertextualität erörtert wurde, existieren nach Holthuis zwei Ansätze, nach denen die Intertextualität eingeteilt werden kann. Der theoretische, weit gefass- te typologische Ansatz (oder auch die Text-Textsorten-Beziehung) und der praktische, analy- tisch orientierte Ansatz der referentiellen Intertextualität (oder die Text-Text-Beziehung). Der letztgenannte Ansatz lässt sich noch einmal in Intertextualität in absentia und Intertextualität in praesentia differenzieren, wobei in absentia die nicht re-linearisierenden Referenzen meint (z.B. Paraphrase, Allusion, Anspielung, Hinweis) und in praesentia die re-linearisierenden Referenzen (z.B. das Zitat).4 Das Zitat ordnet sie der ‚oberflächenstrukturellen Referenz’ zu, die Anspielung der so genannten ‚texttiefenstrukturellen Referenz’. Die Intertextualität in praesentia wiederum unterteilt Holthuis in weitere Unterarten bezüglich der Parameter ‚Wie- derholung’ und ‚Modifizierung’. Diese nennt sie „Grundtypen“ - vier von ihnen sollen hier genannt werden5:

1. die unveränderte Wiedergabe fremden/eigenen Textmaterials erfolgt total (ein Text wird komplett wiederholt und in die syntagmatische Struktur des referierenden Textes eingebettet)

[...]


1 Vgl. Genette, Gérard: Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe, 1993

2 Vgl. http://www.lehrer-online.de/dyn/9.asp?url=385940.htm, letzter Zugriff am 12.03.2007. Aus dieser Quelle wurden alle nachfolgenden Informationen bezogen, die das Thema das Zitatrechts betreffen.

3 ebd.

4 Vgl. Holthuis, S. 93

5 folgende Aufzählung wurde von Holthuis übernommen, S. 98

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Zitat und Plagiat – Phänomene der Intertextualität
Hochschule
Universität Leipzig
Veranstaltung
Intermedialität/Intertextualität
Note
2
Autor
Jahr
2007
Seiten
19
Katalognummer
V73952
ISBN (eBook)
9783638741514
Dateigröße
409 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zitat, Plagiat, Phänomene, Intertextualität, Intermedialität/Intertextualität, Thema Plagiat
Arbeit zitieren
Nicole Heintke (Autor:in), 2007, Zitat und Plagiat – Phänomene der Intertextualität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73952

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