Kultur im Programm. Kulturmagazine im öffentlich-rechtlichen Fernsehen

Eine inhaltsanalytische Untersuchung


Magisterarbeit, 2007

202 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Zur Debatte des Kulturbegriffs und des Verhältnisses von Kultur und Medien
2.1 Kultur: Ein Definitionsversuch
2.2 Kultur und Medien: Ein komplexes Wechselspiel
2.3 Schlussfolgerung für die eigene Analyse

3 Kulturjournalismus: Zwischen Tradition und Moderne
3.1 Definition Kulturjournalismus
3.2 Exkurs: Krise des traditionellen Feuilletons
3.3 Anforderungen an einen modernen Kulturjournalismus
3.4 Schlussfolgerung für die eigene Analyse

4 Kultur im deutschen Fernsehen
4.1 Zwischen Theorie und Praxis: Der Kulturauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
4.2 Vom Steckenpferd zur Randerscheinung: Die Entwicklung der Kultur als Programmbestandteil im öffentlich-rechtlichen Fernsehen
4.3 Ein lästiges Muss: Kultur im Privat-Fernsehen
4.4 Schlussfolgerung für die eigene Analyse

5 Das Untersuchungsobjekt: Kulturmagazine im Fernsehen
5.1 Merkmale von Fernsehmagazinen
5.2 Vom Flaggschiff zum Mauerblümchen: Entwicklung der Kulturmagazine im öffentlich-rechtlichen Fernsehen
5.3 Von Goethe bis HipHop: Inhalte der Kulturmagazine
5.4 Besonderheiten und Probleme der Kulturmagazine
5.5 Kultur im Magazinformat – ausgewählte empirische Befunde
5.6 Schlussfolgerung für die eigene Analyse

6 Der Zuschauer im Fokus: Kulturinteressen der Bevölkerung in Deutschland
6.1 Kulturverständnis und Kulturinteressen der Bundesbürger
6.2 Zuschauerprofile von Kultursendungen und Kulturmagazinen
6.3 Anforderungen an die Gestaltung von Kulturmagazinen aus Zuschauersicht
6.4 Schlussfolgerung für die eigene Analyse

7 Untersuchungsdimensionen und Hypothesenbildung
7.1 Präsentationsformen
7.2 Themen und Kulturverständnis
7.3 Geografischer Bezug
7.4 Servicecharakter
7.5 Aktualität
7.6 Unterhaltsamkeit
7.7 Verständlichkeit

8 Die Inhaltsanalyse

9 Das Untersuchungsdesign
9.1 Untersuchungszeitraum
9.2 Die untersuchten Magazine
9.3 Kategorienbildung
9.4 Untersuchungsablauf
9.5 Untersuchungseinheit

10 Ergebnisse der inhaltsanalytischen Untersuchung
10.1 Formale Merkmale
10.1.1 Verteilung der Beiträge
10.1.2 Länge der Beiträge
10.1.3 Verteilung der Moderationen
10.2 Präsentationsformen
10.3 Themen und Kulturverständnis
10.3.1 Verteilung der Sachgebiete
10.3.2 Kulturverständnis der Magazine
10.3.3 Platzierung der Beiträge
10.3.4 Thematisierung von Missständen und Skandalen
10.3.5 Themen mit politischem Bezug
10.3.6 Auffälligkeiten bezüglich der Themenwahl
10.4 Geografischer Bezug
10.5 Aktualität
10.6 Servicecharakter
10.6.1 Servicebeiträge
10.6.2 Einsatz von Serviceelementen in Beiträgen
10.6.3 Einsatz von Serviceelementen in Moderationen
10.7 Unterhaltsamkeit
10.7.1 Personalisierung
10.7.2 Einstellungslänge und Schnitttempo
10.7.3 Häufigkeit von Kurz- und Kürzestbeiträgen
10.7.4 Berichterstattung über unterhaltsame Themen
10.8 Verständlichkeit
10.8.1 Verständlichkeit auf Textebene
10.8.2 Verständlichkeit auf Bildebene
10.9 Detailvergleich ausgewählter Magazine
10.9.1 Metropolis
10.9.2 Die Kulturmagazine der Hauptprogramme ARD und ZDF
10.9.3 Die täglichen Kulturmagazine

11 Hypothesenüberprüfung

12 Typologie der Kulturmagazine im öffentlich-rechtlichen Fernsehen

13 Diskussion der Ergebnisse

14 Zusammenfassung und Ausblick

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Anhang
Anhang I Codebuch für die inhaltsanalytische Untersuchung
Anhang II Strukturprotokolle der analysierten Magazine
Anhang III Feinprotokolle

Eidesstattliche Erklärung

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

a Abbildungsnachweis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

b Tabellenverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Kultur ist Leben. Leben mit allen Sinnen. Ein Aufatmen der Seele. Der unerlässliche Gegenpol zum Arbeitsalltag. (…) Die Kultur schafft das Klima, in dem wir Menschen leben. Sie beflügelt uns, sie spornt an und sie verbindet“ (Braun 2000:6).

1 Einleitung

1. April 1963 19.30 Uhr – Sendestart des Zweiten Deutschen Fernsehens. Nachdem der Intendant Professor Karl Holzamer sowie der Präsident des Bundesrates Kurt Georg Kiesinger die Zuschauer vor den Bildschirmen begrüßt und die erste Nachrichtensendung „heute“ Premiere hatte, folgte etwas, das heutzutage im Abendprogramm des Fernsehens unmöglich scheint – ein Theaterstück. Mit Goethes „Vorspiel auf dem Theater“ begann die Geschichte des Senders. Kultur kurz vor der Prime Time also – in der heutigen Zeit ist solch ein Programmelement zur besten Sendezeit des Tages undenkbar. Denn obwohl Kunst und Kultur schon immer fester Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramms waren, rückten sie in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr in den Hintergrund. Zu anspruchsvoll seien kulturelle Programmelemente für den Zuschauer, so die Programmverantwortlichen, zu niedrig sei die Einschaltquote. In Zeiten von Infotainment und Boulevardisierung bleibt für Kultur nur wenig Platz. Im Laufe der Zeit wurden deshalb viele der Kultursendungen zunächst in die Dritten Programme und von da aus in die Kulturkanäle verschoben. Eine anhaltende Diskussion ist darüber entbrannt, ob das öffentlich-rechtliche Fernsehen im Rahmen seiner gesellschaftlichen Verantwortung nach wie vor den gesetzlich festgelegten Kulturauftrag[1] erfüllt.

Grundsätzlich dient das Fernsehen in Deutschland trotz dieser Entwicklung neben anderen Medien wie Hörfunk, Printmedien und Internet nach wie vor der Vermittlung und Verbreitung von Kultur. Neben der Übertragung von kulturellen Ereignissen wie Theaterstücken und Konzerten informiert es in monothematischen Kultursendungen über nationale und internationale kulturelle Leistungen und kulturelles Geschehen, schafft Orientierung und übt Kritik.

Eine kontinuierliche Kulturberichterstattung im Fernsehen findet heute fast ausschließlich im Rahmen der Kulturmagazine statt, welche mit Verweis auf ihre Vermittlung von Kultur früher häufig als „Flaggschiffe“ der öffentlich-rechtlichen Sender bezeichnet wurden. Das Image des jeweiligen Senders wurde hinsichtlich seines Kulturverständnisses stark vom jeweiligen Kulturmagazin geprägt.

Die derzeit ausgestrahlten dreizehn Kulturmagazine[2] des öffentlich-rechtlichen Fernsehens – gesendet durch ARD und ZDF, die Dritten Programme sowie die Kulturkanäle 3sat und arte – sind das Untersuchungsobjekt der vorliegenden Arbeit. Im Verhältnis zu ihrer großen Bedeutung für die Kulturvermittlung im Fernsehen liegen bisher nur wenige Studien vor, die sich mit ihnen beschäftigen.

Mit vorliegender Arbeit möchte ich deshalb der grundlegenden Fragestellung nachgehen, auf welche Art und Weise die derzeit existierenden Kulturmagazine im öffentlich-rechtlichen Fernsehen über Kultur berichten und welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Sendergruppen[3], aber auch zwischen den einzelnen Magazinen bestehen.

Zur Beantwortung der zentralen Fragestellung verwende ich das Instrument der Inhaltsanalyse und untersuche mit Hilfe dieser die dreizehn derzeit ausgestrahlten Kulturmagazine von ARD, ZDF, den Dritten Programmen sowie den Kulturkanälen in einem Untersuchungszeitraum von fünf Wochen. Geeignete Untersuchungsdimensionen für die empirische Erhebung generiere ich aus den theoretischen Grundlagen dieser Arbeit, welche in den Kapiteln 2 bis 6 erarbeitet werden.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Kulturberichterstattung durch die derzeit existierenden Kulturmagazine anhand der entwickelten Untersuchungsdimensionen zu beschreiben sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen verschiedenen Sendergruppen und den einzelnen Magazinen aufzuzeigen. Falls die Ergebnisse der Analyse es zulassen, soll zudem eine Typologie der untersuchten Kulturmagazine im öffentlich-rechtlichen Fernsehen erstellt werden.

Der Aufbau der Arbeit gliedert sich in folgende Abschnitte:

Kapitel 2 befasst sich zunächst mit dem Begriff Kultur und dem Verhältnis zwischen Kultur und Medien im Allgemeinen bzw. mit Kultur und Fernsehen im Besonderen. Es wird eine geeignete Definition von Kultur für die inhaltsanalytische Untersuchung vorgestellt. Außerdem wird auf die komplexen Wechselwirkungen zwischen Kultur und Medien bzw. Fernsehen eingegangen und auch hier eine Sichtweise aufgezeigt, die sich dafür eignet, Kulturberichterstattung in Magazinform zu analysieren.

In Kapitel 3 wird der Begriff Kulturjournalismus zunächst definiert. Dieser hat seinen Ursprung in den Feuilletons der Printmedien. Kulturberichterstattung findet selbstverständlich auch in anderen Medien statt, jedoch gibt es bei keinem anderen Medium seit Jahren eine so intensive Diskussion darüber, welchen Anforderungen Kulturjournalismus zu entsprechen hat und wie dieser ausgestaltet werden sollte. Die Quintessenz der Diskussion um den Kulturjournalismus der Printmedien stellt die sich ergebenden, konstruktiven Vorschläge für einen Kulturjournalismus dar, welcher gleichsam der Kultur an sich, als auch den Rezipienten gerecht wird. Diese – in Kapitel 3.3 zusammengetragenen – Ansprüche werden in die Analyse der Kulturmagazine mit einbezogen.

Die nachfolgenden Kapitel befassen sich mit Kultur als Programmbestandteil des Fernsehens. Kapitel 4 beschäftigt sich zum einen mit der Problematik des gesetzlich verankerten Kultur-auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und dessen Folgen für die Ausgestaltung der Kultursendungen in den Fernsehprogrammen. Zum anderen soll ein kurzer Überblick über die Entwicklung von Kultur als Programmbestandteil gegeben werden, um die Bedeutung der Kulturmagazine hervorzuheben.

Kapitel 5 befasst sich mit dem Untersuchungsobjekt der vorliegenden Arbeit, den Kulturmagazinen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Im ersten Abschnitt werden spezifische Merkmale von Fernsehmagazinen aufgezeigt. Danach wird in aller Kürze die historische Entwicklung der Kulturmagazine behandelt. Im Anschluss wird auf die Inhalte und das Kulturverständnis sowie auf Besonderheiten und Probleme der unterschiedlichen Magazine eingegangen.

Auch der Zuschauer und seine Kulturinteressen dürfen nicht außen vor gelassen werden, wenn die Art und Weise der Berichterstattung der Kulturmagazine untersucht wird. Der Zuschauer steht deshalb in Kapitel 6 im Mittelpunkt des Interesses.

In Kapitel 7 werden die Erkenntnisse des theoretischen Teils zusammengefasst und Hypothesen erstellt, welche für die empirische Untersuchung leitend sind und überprüft werden sollen.

Kapitel 8 erklärt äußerst knapp die Methode der Inhaltsanalyse und warum diese zur Beantwortung der zentralen Fragestellung genutzt wird. Kapitel 9 verschafft dann einen Überblick über das zugrunde liegende Untersuchungsdesign und stellt das Kategoriensystem der Analyse vor.

Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt in Kapitel 10 der vorliegenden Arbeit, bevor dann im Schlussteil, in den Kapiteln 11 bis 14, Hypothesen und die Antwort auf die oben genannte Fragestellung – auch im Hinblick auf die Inhalte des theoretischen Teils – diskutiert werden.

2 Zur Debatte des Kulturbegriffs und des Verhältnisses von Kultur und Medien

Um die Kulturmagazine des öffentlich-rechtlichen Fernsehens einer inhaltlichen Analyse zu unterziehen, ist es hilfreich, sich genauer mit dem Begriff Kultur zu beschäftigen. Kultur ist ein vielschichtiges Phänomen und wird zur Bezeichnung verschiedenster Erscheinungen genutzt. Die folgenden Ausführungen sollen helfen, den Begriff Kultur und dessen Verhältnis zu den Medien bzw. zum Fernsehen zu erschließen.

2.1 Kultur: Ein Definitionsversuch

„Wie alle Plastikworte verdankt auch Kultur ihre intellektuelle Karriere zwei Umständen: der Unbestimmtheit des Begriffs und der affirmativen Kraft, die gerade deshalb von ihm ausgeht...“

(Müller-Funk 2001:718).

Besonders ein Umstand, auf den der Kulturwissenschaftler Wolfgang Müller-Funk in seiner Aussage hinweist, ist für die vorliegende Arbeit relevant: Der Kulturbegriff ist unscharf und kann nicht in wenigen Worten beschrieben werden. Es findet eine regelrechte Debatte darüber statt, was Kultur war und heute ist. Deutlich wird dies beispielsweise darin, in welch unterschiedlichen Zusammenhängen das Wort Kultur verwendet wird: Unternehmenskultur, fremde Kulturen, Kulturgut, Arbeiterkultur, angepflanzte Kulturen, Kulturschock, Kulturbeutel, Fernsehkultur, Gegenkultur oder Massenkultur.[4] Belegen lässt sich diese Vielfalt außerdem durch einen ersten Blick in die Literatur. Die Kulturwissenschaftler Alfred Kroeber und Clyde Kluckhohn haben 1963 ganze 150 Definitionen des Begriffs Kultur zusammengetragen.

Aufgrund der offensichtlichen Breite des Kulturbegriffs kann im folgenden Abschnitt nur ansatzweise und ohne Anspruch auf Vollständigkeit beschrieben werden, was unter Kultur verstanden wird. Die Beschäftigung mit dem Begriff Kultur erfolgt zudem hauptsächlich im Hinblick auf eine geeignete Definition von Kultur, die im Rahmen der Analyse genutzt werden kann.

Der Begriff Kultur leitet sich etymologisch vom lateinischen Wort colere ab. Colere stand für das Bebauen und Bestellen des Bodens in der Landwirtschaft sowie für die Nutzbarmachung durch den Menschen. Mit Cultura wurde demnach ursprünglich all das bezeichnet, was durch das Eingreifen des Menschen seiner Natürlichkeit beraubt war (Hansen 2000:14f.).

Johann Gottfried von Herder gebrauchte den Begriff Kultur als erster in einer neuzeitlicheren Form und überwand dabei die Vorstellung, mit Kultur sei lediglich die bloße Überschreitung der Natur des Menschen gemeint. Er definierte Kultur als Lebensform eines Volkes sowie als in der Geschichte des Menschen gewachsen (vgl. dazu Kopp 1974:19ff.).

Eine Unterscheidung zwischen hoher und niedriger bzw. primitiver Kultur kristallisierte sich erstmals im Laufe des 19. Jahrhunderts heraus. Hochkultur war ein Privileg von Minderheiten, die Teilhabe an ihr abhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen (Kreutz 1995:17).

Von den Kulturanthropologen wird Kultur heute als die Gesamtheit der schöpferischen Leistungen des Menschen begriffen (vgl. z.B. Frank 1991:74).

Eine stark theoretische bzw. philosophische Auseinandersetzung mit dem Kulturbegriff eignet sich weniger, um diesen im Rahmen einer inhaltsanalytischen Untersuchung zu nutzen. Eine Definition, welche zwischen den häufig gebrauchten Kulturbegriffen bzw. -bereichen Hoch-, Populär- und Alltagskultur unterscheidet und wiederholt als Ausgangspunkt für Analysen von Kulturberichterstattung in den Medien genutzt wird, ist die folgende aktuelle und umfassende von Ulrich Saxer:

„Kultur ist jenes gesellschaftliche Teilsystem, das für die mentale Strukturierung der Gesellschaftsmitglieder verantwortlich ist, indem es die verhaltenssteuernden Orientierungsmodelle hervorbringt. Ihr Hauptobjekt ist dementsprechend Sinn, zu verstehen als eine Strategie der Reduktion der Zufälligkeit und widersprüchlichen Vielfalt der Erfahrungswelt und der möglichen Verhaltensweisen auf identifizierbare, vorbildhafte Muster. Kultur ist daher in ausgeprägtem Maß Kommunikation, sozial als Diffusionsprozeß, namentlich als Elite-, Volks- und Populärkultur organisiert, und läßt sich soziologisch als Gesamtheit der typischen Lebensformen eines Kollektivs, einschließlich der sie tragenden materiellen und immateriellen Werte, verstehen“ (Saxer 1998:10).

Saxer unterscheidet innerhalb des Kulturbegriffs also zwischen Elitekultur, Populärkultur und Volkskultur und geht davon aus, dass die folgenden Kategorien, beschrieben mit überspitzten Formeln „...die Beziehung von Kulturorganisation, Kulturdiffusion und sozialer Schichtung im Zusammenhang mit Medienkommunikation…“ (ebenda:24) adäquat abbildet:

1. Elitekultur als die Kultur von Eliten für Eliten
2. Volkskultur als die Kultur von Nichteliten für Nichteliten
3. Populärkultur als die Kultur von Eliten für Nichteliten

Helmut Volpers und Hans-Jürgen Weiss nutzen diese Typologie, wenn auch in abgeänderter Form, für ihre im Jahre 1992 publizierte Studie zu Bildung und Kultur im deutschen Fernsehen. Die einzelnen Kulturbegriffe eignen sich, so die Autoren, am ehesten dafür, Kulturvermittlung im Fernsehen zu analysieren. Sie unterscheiden die folgenden Vorstellungen von Kultur (1992:6f.).

Elite- bzw. Hochkultur im engeren Sinne

Unter diesem Kulturbegriff ist der weit verbreitete Bereich der klassischen Künste zusammengefasst. Er bezieht sich auf die so genannten schönen Künste wie Malerei, bildende Kunst, klassische Musik, Theater, Oper, Literatur und Philosophie. Auch modernere Kunstformen, wie z.B. Fotografie, Film und die Musikrichtung Jazz, sind diesem Bereich zuzuordnen. Volpers und Weiss weisen darauf hin, dass auch Fernsehen und Hörfunk Kunstformen hervorgebracht haben, die grundsätzlich dem Bereich der Elitekultur zuzuordnen sind (1992:7). Nach Dieter Stolte ist Elitekultur ganz im Sinne Saxers „ein Werk weniger schöpferischer Geister für eine gebildete Elite“ (1989:205). Elitekultur ist grundsätzlich höchst anspruchsvoll, der Zugang zu ihr setzt ein bestimmtes Vorwissen voraus (Saxer 1995:89). Elitekultur ist gemeinhin mit der gesellschaftlichen Schicht des „Bildungsbürgers“ eng verbunden (Kreutz 1995:25).

Elite- bzw. Hochkultur im weiteren Sinne

Um nicht lediglich die schönen Künste zu betrachten, werden durch die Erweiterung der Hochkultur auch andere schöpferische Leistungen des Menschen mit einbezogen, welche die menschliche und gesellschaftliche Evolution nachhaltig prägen. Stolte, der diesen Bereich als „höhere Kunst im weiteren Sinne“ (1989:205) bezeichnet, rechnet dazu Bereiche wie Wissenschaft, Technik, Recht, Medizin und Religion. Im Unterschied zu der vor allem künstlerischen Intention des engen Hochkulturbegriffs zeichnet sich Elitekultur im weiteren Sinne vor allem durch ihren zweckhaften Charakter aus (Neiss 2000:19).

Massen- bzw. Populärkultur

Diese Kulturform entspricht allen Formen massenpopulärer, wenig anspruchsvoller Unterhaltung. Die modernen Massenmedien Film, Hörfunk und Fernsehen werden zu diesem Kulturbegriff hinzugerechnet. Außerdem fallen darunter die Bereiche moderner und volkstümlicher Musik (Neiss 2000:19). Irrtümlicherweise wird diese Kulturform häufig nur mit den modernen audiovisuellen Medien gleichgesetzt. Die Charakterisierung mit dem Begriff Unterhaltungskategorie scheint jedoch angemessener zu sein (Volpers 1992:7).

Massen- bzw. Populärkultur im weiteren Sinne: Alltagskultur

Dieser Bereich, auch als Volks- oder Soziokultur bezeichnet, umfasst alle lebensweltlichen Kulturphänomene, die im Alltag des Menschen eine Rolle spielen (Neiss 2000:19). Mode, Wohnen, Freizeitgestaltung aber auch Ess- und Trinkkultur fallen in diese Kategorie (Volpers 1992:9). Stolte versucht, mit dem Begriff der Alltagskultur den Gegensatz zwischen Elite- und Populärkultur zu vermindern, denn lebensweltliche Kulturphänomene sind auch im Bereich der gesellschaftlich-künstlerischen Eliten auffindbar (1989:206). Charakteristisch für den Bereich der Alltagskultur ist außerdem die „Authentizität und Echtheit als Ausdruck der Verwurzlung in einem bestimmten sozialen Segment“ (Saxer 1995:89).

Die eben beschriebenen Kulturbegriffe Hoch-, Populär- und Alltagskultur stammen aus drei unterschiedlichen Epochen und sind somit geschichtlich gewachsen. Sie beziehen sich außerdem auf drei verschiedene Sozialstrukturen (Stolte 1989:205). Generell kann in der Begriffsgeschichte des Wortes Kultur eine Entwicklung von einem ursprünglich engen zu einem erweiterten Kulturbegriff verzeichnet werden, welcher alle soeben beschriebenen Kulturbereiche umfasst (Neiss 2000:18).

Die Unterscheidung zwischen Hoch-, Populär- und Alltagskultur ist heute nicht unumstritten, vor allem dann, wenn Populär- und Alltagskultur gegenüber der Hochkultur als niedere Kulturen abgegrenzt werden. Der britische Soziologe Simon Frith beispielsweise lehnt diese Unterscheidung ab und beschreibt die drei Kulturbegriffe als kulturelle Diskurse, die gemeinsam kulturelle Werturteile determinieren (1999:200f.).

2.2 Kultur und Medien: Ein komplexes Wechselspiel

„Wer Kultur sagt, sagt Medien…“ (Müller-Dohm 1995:9).

Um sich mit Kultur im Fernsehen auseinanderzusetzen, ist es notwendig, sich das Verhältnis von Medien und Kultur – und speziell das des Fernsehens im Wechselspiel mit der Kultur – genauer anzusehen.

Unstrittig ist, dass sowohl die klassischen Medien Buch, Zeitung und Zeitschrift aber auch die heutigen Massenmedien Hörfunk, Fernsehen, Internet usw. seit ihrer Entstehung einen wichtigen Einfluss auf die Kultur einer Gesellschaft haben. Schon die Annahme, dass Kultur weitgehend auf Kommunikation basiert, verdeutlicht, dass die Medien in diesem Kontext eine wichtige Rolle spielen (Frank 1991: 5).

Je nach zugrunde liegendem Kulturbegriff können unterschiedliche Funktionsweisen der Medien im Verhältnis zur Kultur unterschieden werden (Faulstich 1998:49). Werner Faulstich hat diese zusammengetragen. Es ergibt sich eine Systematik aus verschiedenen Konzepten, die das Verhältnis von Kultur und (audiovisuellen) Medien umfassend beschreibt (1998:48). Die integrative Medien-Kultur-Theorie geht davon aus, dass Kultur heute ganz oder zumindest hauptsächlich Medien- bzw. Fernsehkultur ist. Das Leitmedium Fernsehen ist ein zentraler Bestandteil unserer heutigen Kultur und prägt diese nachhaltig. Die instrumentalistische Theorie sieht das Medium Fernsehen ausschließlich als Transporteur und Vermittler von Kultur. Vertreter des kritischen Ansatzes gehen davon aus, dass es keinen Zusammenhang zwischen Kultur und Medien gibt. Kultur wird hier als Hoch- oder Kunstkultur verstanden, die Medien lediglich als unterhaltendes Element. Beides ist nicht miteinander vereinbar. Im deskriptiven oder komparatistischen Ansatz werden Medienangebote unterschiedlicher Länder miteinander verglichen, um Besonderheiten medialer Kulturvermittlung auszumachen. Um das aus dem Gleichgewicht geratene Verhältnis von Medien und Kultur zu stabilisieren, ziehen Vertreter des normativen Erklärungsansatzes Normen und Werte zu Rate. Im sechsten Erklärungsmodell, dem radikal konstruktivistischen Ansatz, wird Kultur als gesellschaftliches Verhaltensprogramm beschrieben, in dem die Kommunikationsprozesse durch Medien ausgelöst und differenziert werden (ebenda:49).

Im Hinblick auf die vorliegende Analyse beschreibt der instrumentelle Ansatz das Medien-Kultur-Verhältnis am besten. Um sich mit der Kulturberichterstattung im Rahmen der Magazine auseinanderzusetzen, ist es z.B. nicht sinnvoll, Kultur und Medien gleichzusetzen, wie dies im integrativen Ansatz vorgeschlagen wird. Denn nur wenn das Fernsehen separat von der Kultur als deren Vermittler gesehen wird, ist es möglich, sich mit Kultur als Programmkategorie auseinanderzusetzen.

Betrachtet man das spezielle Verhältnis von Kultur und Fernsehen, können vielerlei Wechselwirkungen ausgemacht werden – das Fernsehen ist Teil, Faktor und Medium der Kultur (Stolte 1989:208).

Erstens ist es ein zentraler Kulturbestandteil, welcher der Populärkultur zugeordnet werden kann (vgl. z.B. Newcomb 1986:177ff. oder Neiss 2000:41). Studien bestätigen, dass die Bevölkerung das öffentlich-rechtliche Fernsehen als unverzichtbaren Bestandteil der Kultur in Deutschland ansieht (Engel 2005:458). Zweitens ist das Fernsehen Entwickler und Träger einer eigenen Kultur – der Fernsehkultur. Denn Fernsehen hat im Laufe seiner Entwicklung eigenständige Formen geprägt, genannt seien an dieser Stelle das Fernsehspiel, das Feature, die Reportage und das Portrait, und damit eine genrespezifische Kultur geschaffen. Die Inhalte der Programme fließen in die gesellschaftliche Diskussion ein (Stolte 1998:19). Des Weiteren prägt das Fernsehen seit seiner Einführung enorm die Lebensgewohnheiten und Tagesabläufe großer Teile der Bevölkerung. Ganze Wohnungseinrichtungen werden nach dem Standort des Fernsehers ausgerichtet (ebenda:48). Und drittens ist das Fernsehen ein Kulturvermittler und in diesem Kontext ausgestattet mit einer „kulturellen Verantwortung“ bzw. einem „kulturellen Auftrag“ (ebenda:48).

2.3 Schlussfolgerung für die eigene Analyse

Um die Art und Weise der Kulturvermittlung durch die Kulturmagazine zu untersuchen, muss eine Beschreibung ihres Kulturverständnisses bzw. ihres zugrunde liegenden Kulturbegriffs erfolgen. Welche Kultur-Themen bearbeiten die Magazine? Liegt ihnen ein enges oder eher erweitertes Kulturverständnis zugrunde? Auf welchen Kulturbereich, also Hoch-, Alltags- oder Populärkultur, konzentrieren sich die Magazine oder werden alle drei Bereiche gleichermaßen thematisiert?

Um diese untergeordnete Fragestellung im Rahmen der Analyse beantworten und den Begriff Kultur in eine operationalisierbare Form bringen zu können, eignet es sich nicht, allumfassende Definitionen wie z.B. den anthropologischen Ansatz zu verfolgen. Der Analyse zugrunde liegen muss zwar ebenfalls ein breiter Kulturbegriff, damit alle Ausprägungen von Kultur im Rahmen der Kulturberichterstattung erfasst werden können, es bedarf jedoch einer genauen Umschreibung des Begriffs. Die nachfolgende Analyse bezieht sich deshalb auf die breit angelegte Kulturdefinition von Ulrich Saxer sowie der dort beschriebenen drei Kulturbegriffe Hoch- Populär und Alltagskultur. Die Nutzung einer solchen Unterscheidung hat sich schon in den Studien von Volpers und Weiss sowie von Oliver Neiss bewährt, ist jedoch nicht unproblematisch. Die Autoren trennen die drei Kulturbereiche nicht klar voneinander, der Film beispielsweise wird sowohl in den Bereich der Hochkultur als auch in den Bereich der Populärkultur eingeordnet. Diese Problematik muss im Untersuchungsdesign der Analyse berücksichtigt werden.

Des Weiteren ist im vorangegangenen Kapitel ersichtlich geworden, dass das Verhältnis von Medien und Kultur bzw. Fernsehen und Kultur im Speziellen äußerst komplex und vielschichtig ist. Um die Kulturberichterstattung durch die Magazine inhaltsanalytisch zu erfassen, dürfen Kultur und Fernsehen nicht gleichgesetzt werden, da die Kulturmagazine in diesem Kontext selbst ein Teil der Kultur wären. Unter dieser Perspektive müssten die Kulturmagazine in der empirischen Studie als eigenes Kulturprodukt ganzheitlich analysiert werden und nicht nur die Art und Weise ihrer Vermittlung von Kultur. Erst der instrumentalistische Ansatz, der das Fernsehen als Transporteur und Vermittler von Kultur sieht, beschreibt das Verhältnis für die vorliegende Analyse am besten.

3 Kulturjournalismus: Zwischen Tradition und Moderne

„Schlagt ihn tot, den Hund! Er ist ein Rezensent“

Johann Wolfgang von Goethe (zitiert nach Reus 1999:9)

Johann Wolfgang von Goethe, einer der ersten Kulturjournalisten, beschreibt in seinem Ausspruch sicherlich überspitzt, dass es der Kulturjournalist schon vor gut zweihundert Jahren nicht leicht hatte. Doch auch heute ist die „Kritik an der Kritik“ nicht verstummt. Experten sind der Ansicht, der Kulturjournalismus, und in dem Zusammenhang besonders das Feuilleton der Zeitungen, sind in einer Krise und nicht mehr in der Lage, über Kultur in angemessener Weise zu berichten. An dieser Stelle sei angemerkt, dass der Kulturjournalismus seinen Ursprung in den Printmedien hat. Nur hier fanden die großen Debatten früherer Zeiten statt, an denen sich das Fernsehen, wie später noch aufgezeigt wird, nur marginal beteiligte. Gerade deshalb erscheint es wichtig, sich den Kulturjournalismus in seiner ursprünglichen Form genauer anzusehen, um später eventuelle Parallelen zur Kulturberichterstattung im Fernsehen zu ziehen.

3.1 Definition Kulturjournalismus

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Kulturjournalismus im Rahmen von Kulturmagazinen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Die Definition von Kultur-journalismus bzw. von Kulturberichterstattung ist, ebenso wie der Begriff Kultur selbst, schwer fassbar. Dieter Heß bemerkt schon in der Einführung seiner praktischen Abhandlung über Kulturjournalismus, dass dieser Begriff recht unscharf ist und gleichzeitig ein Berufsfeld sowie eine publizistische Gattung bezeichnet (1992:7).

Unter Journalismus bzw. journalistischer Berichterstattung versteht man laut der gängigen Definition des Deutschen Journalistenverbandes die „Erarbeitung bzw. Verbreitung von Informationen, Meinungen und Unterhaltung durch Medien mittels Wort, Bild, Ton oder Kombinationen dieser Darstellungsmittel“ (zitiert nach Donsbach 2002:79). Der Journalist ist dabei eigenschöpferisch produktiv und disponierend an der Herstellung journalistischer Produkte beteiligt (ebenda 2002:80). Ähnlich dem Problem des sehr vielschichtigen Kulturbegriffs ist eine zentrale Problemstellung innerhalb des Kulturjournalismus, wie dieser eingegrenzt ist und über welche Themen berichtet werden sollte.

Das Wort „Feuilleton“, untrennbar verbunden mit dem Kulturjournalismus, stammt vom französischen Wort „feuille“ – das Blatt. Bezeichnet wurde damit tatsächlich ein Blatt, welches Zeitungen und Zeitschriften ab dem 18. Jahrhundert beigelegt war. Anfänglich als Anzeigenblatt gestaltet, enthielt es später die ersten Theaterkritiken und Rezensionen (Mast 2004:434). Später wurde das Beiblatt als eigenständiger Teil in die Zeitung integriert. Positioniert wurde dieser, durch einen dicken schwarzen Balken getrennt, zumeist unter dem politischen Teil (Haller 2002:11). Seit den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde der Name Feuilleton auch von Zeitungen in Deutschland verwendet (Meunier 1931:6).

Je nach zugrunde liegendem Kulturbegriff sind die Themenfelder und Formen der Berichterstattung, mit denen sich der Kulturjournalist auseinandersetzt und arbeitet, äußerst vielfältig und zudem je nach Medium differenziert gestaltet. Wie im letzten Kapitel schon ausgeführt wurde, beschränkt sich Kultur heute nicht mehr nur auf Hochkultur, wie dies in den Anfängen der Presse der Fall war. Damals war der Kulturjournalist vor allem der „Mann der schönen Künste“ (Hänecke 1987:54). Davon sind die Macher der Feuilletons heute jedoch weit entfernt, wobei – wie im nächsten Kapitel ersichtlich wird – Themen der traditionellen Hochkultur immer noch zentral zu sein scheinen.

3.2 Exkurs: Krise des traditionellen Feuilletons

„Feuilleton ist, wenn man trotzdem liest“ (Stegert 1998:1).[5]

Wenn von der Krise des Feuilletons gesprochen wird, ist diese nicht sofort ersichtlich. Denn das Ressort Kultur innerhalb der Printmedien erlebte in den letzten drei Jahrzehnten einen wahren Boom (Jessen 2002:29). Empirische Studien belegen, dass die Zahl der Feuilletonbeiträge in dieser Zeit um 60 Prozent angewachsen ist. Auch deren Umfang hat sich seit 1983 durchschnittlich verdoppelt (Reus 2006:13).[6] Das Feuilleton gilt darüber hinaus oft als Aushängeschild einer Zeitung und als Abgrenzung gegenüber den Konkurrenten (Jessen 2002:29).

Dem gegenüber stehen allerdings weniger erfreuliche Fakten. Durch die Methode des so genannten ReaderScans, bei welchem eine repräsentative Gruppe von Lesern mit einem elektronischen Stift markiert, was sie gelesen haben, wurde ermittelt, dass die Leserschaft der Feuilletons äußerst klein ist (Niggemeier 04.04.2006). Lediglich geschätzte fünf bis zehn Prozent aller Leser widmen sich intensiv dem Kulturteil der Zeitung (Tschapke 2000:22). Ältere Studien ermittelten, dass der Ruf des Kulturteils bei den Lesern stark verbesserungswürdig ist. Das Feuilleton erhält von allen Ressorts die schlechteste Bewertung (Stegert 1998:15).

Die „Kritik an der Kritik“ ist jedoch nicht neu. Schon im Jahre 1969 wiesen Peter Glotz und Wolfgang R. Langbucher auf die „journalistische Fehlanzeige“ (1969:82) Feuilleton hin. Die zentralen Missstände, welche damals herausgestellt wurden, bezogen sich zum einen auf die Themenwahl, die nicht nach ihrem Gesprächswert erfolgt und wenig abwechslungsreich ist. Zum anderen wird Kritik nur anhand der ästhetischen Merkmale des Kulturgegenstands geübt, die Sprache im Feuilleton ist zumeist unverständlich (ebenda:89ff.). In der Neuauflage ihres Buches rund dreißig Jahre später konnten die Autoren kaum eine Verbesserung feststellen (1993:95ff.).

Auch andere Medienforscher prangerten ähnliche Missstände an. Gunter Reus kommt in seiner aktuellen Studie zu dem Ergebnis, dass das Themenspektrum des Feuilletons nach wie vor zu einseitig auf hochkulturelle Themen beschränkt ist und Gegenstände außerhalb dieses Spektrums unbeachtet bleiben (2005:170). Auch Gernot Stegert schließt sich nach Auswertung seiner Studie dieser Einschätzung an und begründet sie damit, dass sich andere Ressorts ausgeweitet haben und Themen aufgreifen, die zu einem erweiterten Kulturbegriff zu zählen sind (1998:252). Andere Forscher wie z.B. Dieter Heß und Jens Jessen beklagen den Gegensatz dazu: Durch das erweiterte Verständnis von Kultur innerhalb der Gesellschaft geht der Trend im Feuilleton hin zu einer „kulturellen Beliebigkeit“ (Jessen 2002:33). Es besteht die Gefahr, dass sich das Themenspektrum der Feuilletons dermaßen ausweitet, dass sich schlussendlich das Ressort nicht mehr von anderen unterscheidet und mit diesen verschwimmt (Heß 1992:13).

Jessen argumentiert, dass jedoch nicht nur die Journalisten schuld an der Krise des Feuilletons sind. Die fortschreitende Segmentierung des Publikums, der Bildungsrückgang sowie der Kulturverdruss innerhalb der Bevölkerung sind ebenfalls verantwortlich für dessen bedrohliche Lage: „…wenn die Vorstellung um sich greift, Kultur müsse anstrengungslos und vorbildungslos für alle zugänglich sein, beginnt das Totenglöcklein für das Feuilleton zu läuten…“ (Jessen 2002:39). Um Kultur zu verstehen benötigt man, so Jessen, ein gewisses Maß an Vorwissen sowie die Bereitschaft, sich nicht nur oberflächlich berieseln zu lassen.

Wenn von einer Krise die Rede ist, sind meist auch Lösungsvorschläge nicht weit, die einen Weg aus der Misere weisen sollen. Denn die Vorstellung, „Kulturjournalismus, (…), das gehe nicht, ein Widerspruch in sich, ein Unding und ein Sakrileg (…), ein zum Scheitern verurteilter Versuch, Äpfel und Birnen miteinander ins Geschäft zu bringen“ (Heß 1992:10), kann nur dadurch widerlegt werden, die Existenz des Kulturjournalismus anzuerkennen sowie Veränderungen und Verbesserungen anzunehmen (ebenda:10).

3.3 Anforderungen an einen modernen Kulturjournalismus

Wie kann sich der Kulturjournalismus aus der Krise befreien, welche Lösungsvorschläge werden gemacht? Eine wichtige Forderung der Kritiker lautet Qualität statt Quantität. Oftmals wird zu unreflektiert und zu oberflächlich berichtet (Heß 1992:12). Rezensionen beispielsweise sollten stärker analytisch und kritisch ausgerichtet sein, der Kulturteil an sich jedoch nicht auf diese reduziert werden (Reus 2005:166).

Häufig ist die Sprache des Feuilletons schwer verständlich und elitär. Hier sollte mehr Wert auf Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit gelegt werden (Tschapke 2000:31).

Was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, aber trotzdem als Forderung auftaucht, ist die Ausrichtung des Feuilletons auf die Publikumsbedürfnisse. Die Interessen des breiten Publikums beschränken sich nämlich nicht nur auf einen Kulturbereich, sondern sind – wie in Kapitel 6 dargelegt wird – vielfältig. Trotzdem besteht die Gefahr, dass vor allem ältere, hochkulturell interessierte Stammleser verprellt werden, wenn das Themenspektrum erweitert wird. Ein Mittelweg muss gefunden werden, um beides miteinander zu vereinen – ein Hauptkonflikt innerhalb der Kulturarbeit (Reus 1998:15).

Eine generell höhere Attraktivität der Kulturteile darf jedoch nicht durch den übermäßigen Einsatz zwiespältiger Strategien wie z.B. der des Personalisierens erreicht werden (Stegert 1998:270ff.). Kultur wird dabei nicht anhand der abstrakten Gegenstände erklärt, sondern der Kulturschaffende steht im Mittelpunkt der Berichterstattung. Einerseits wird dadurch Aufmerksamkeit erzeugt und die Unterhaltsamkeit für den Rezipienten erhöht. Andererseits besteht die Gefahr, dass unerlässliche kulturbezogene Informationen verloren gehen und nicht übermittelt werden (ebenda:271). Einen Ausweg sieht Stegert darin, dass wenn personalisiert wird dann immer aus einer bestimmten Perspektive heraus. Eine Person aus einem Film oder einem Roman sollte z.B. ins Zentrum gerückt werden. So bleibt die Kultur das Objekt der Betrachtung und durch die Personalisierung auch beim Leser attraktiv (ebenda:272). Andere Autoren sind jedoch der Auffassung, dass Personalisierung vom eigentlichen Kulturobjekt fast immer ablenkt (ebenda:273).

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Service- und Dienstleistungsorientierung der Kulturberichterstattung. Diese sollte neben Orientierung und Information in stärkerer Weise als bisher umgesetzt werden (vgl. z.B. Reus 1998:11 oder aktuell Reus 2005:170).

3.4 Schlussfolgerung für die eigene Analyse

Aus der teils durch wissenschaftliche Studien belegten und teils theoretischen Diskussion um die Krise des Feuilletons wird ersichtlich, dass der Kulturteil der Printmedien verbesserungswürdig ist. Vor dem Hintergrund dieser Krise stellt sich die Frage, inwieweit die hier geübte Kritik auch auf die Kulturmagazine im Fernsehen zutrifft. Geprüft werden muss im weiteren Verlauf der Arbeit, ob die vorgestellten Strategien zur Verbesserung der Kulturberichterstattung auch im Rahmen der Magazine gefordert bzw. schon umgesetzt werden. Die Zielgruppe der Feuilletons deckt sich traditionell nicht mit der der Kulturmagazine (Schwarzenau 1988:62). Trotzdem erscheint es sinnvoll, einige der Anforderungen an das Feuilleton der Printmedien auch im Rahmen der Inhaltsanalyse der Kulturmagazine zu überprüfen. Zusammengefasst ergeben sich deshalb folgende untergeordnete Fragestellungen, denen im Laufe der Arbeit nachgegangen wird:

- Welches Kulturverständnis liegt den Kulturmagazinen zugrunde? Fokussieren diese ebenso wie die Feuilletons hochkulturelle Themen oder beziehen sie sich auf ein erweitertes Kulturverständnis?
- Wird die Forderung nach Serviceleistungen auch von den Zuschauern der Kulturmagazine gefordert bzw. dort umgesetzt?
- Inwieweit wird Kulturgeschehen in Kulturmagazinen personalisiert dargestellt?
- Wie verständlich ist die Kulturvermittlung durch die Kulturmagazine? Besteht hier, ebenso wie beim Feuilleton, Verbesserungsbedarf?

Stegert weist darauf hin, dass die Aussagen vieler Wissenschaftler, die sich in der Debatte um die Krise des Kulturjournalismus zu Wort melden, vor allem praktischer Natur sind und durch wissenschaftliche Studien verifiziert werden müssen (1998:12). Die nachfolgende Analyse kann im Rahmen des Kulturjournalismus der Kulturmagazine einen Beitrag dazu leisten. Schlussendlich wird deutlich, dass auch die Rezipienten und ihre Ansprüche an die Kulturberichterstattung nicht außer Acht gelassen werden dürfen und diese in die Analyse mit einbezogen werden müssen.

4 Kultur im deutschen Fernsehen

„Die Kultur hat zwar die Lobby – die Unterhaltung jedoch die Mehrheit“ (Schardt 1986:5).

Viel stärker als die Printmedien ist das Fernsehen in der Lage, Zuschauer unterschiedlicher Gruppierungen zu einem Publikum zu vereinen. Vor allem bei der Ausstrahlung kultureller Sendungen bestünde die Chance, verschiedene kulturelle Interessengruppen zu einem Kulturpublikum zusammenzubringen und somit Kenntnis und Verständnis für unterschiedliche Kulturphänomene zu schaffen. Darüber hinaus ist das Fernsehen in der Lage, bis dato wenig Kulturinteressierte an Kultur heranzuführen.[7]

Die Kulturberichterstattung im Fernsehen ist jedoch, ähnlich wie das Feuilleton, in den letzten Jahren Gegenstand vielerlei Diskussionen geworden. Hierbei geht es um Fragen wie: Ist die derzeitige Sendezeit für Kultur ausreichend? Wie sollte Kulturberichterstattung im Fernsehen idealtypisch aussehen? Welcher Kulturbegriff sollte ihr zugrunde liegen?

Das folgende Kapitel beschäftigt sich eingehender mit der kulturellen Verantwortung der öffentlich-rechtlichen Programme sowie mit der Entwicklung und der aktuellen Lage der Kulturberichterstattung im Fernsehen.

4.1 Zwischen Theorie und Praxis: Der Kulturauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Verschiedene Rundfunkgesetze und Urteile des Bundesverfassungsgerichts beschäftigen sich mit dem Verhältnis von Rundfunk und Kultur bzw. mit Kultur als Programmbestandteil im Fernsehen.

Im ersten Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts, dem so genannten „Adenauerurteil“ (1961) wurde der Rundfunk als „kulturelles Phänomen“ bezeichnet, über welchen die Länder die Rundfunkhoheit[8] innehaben (vgl. z.B. Neiss 2000:34 und Donsbach 2004:486). Erst viele Jahre später, im so genannten Niedersachsenurteil (1986), wurde Kultur erstmals explizit als Programmbestandteil erwähnt. Demnach schließt die Grundversorgung, welche der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu leisten hat, Information, Bildung, Kultur- und Minderheitenprogramme ein (vgl. z.B. Kammann 1997:88).

Das Bundesverfassungsgericht nimmt zudem eine explizite Abgrenzung kultureller Programmbestandteile gegenüber Programmangeboten zur Meinungs- und politischen Willensbildung, zur laufenden Berichterstattung sowie zur Unterhaltung vor (Volpers 1992:6). Mit Ausnahme dieser Abgrenzung werden keine weiteren Angaben über die inhaltliche Ausgestaltung sowie die Anzahl von kulturellen Sendungen gemacht. Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts haben lediglich einen ordnungspolitischen Charakter (Neiss 2000:39).

Auch in den Landesrundfunkgesetzen, im Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland[9], den Fernsehrichtlinien bzw. den Selbstverpflichtungserklärungen der einzelnen Sender sowie in der EG-Fernsehrichtlinie wird der Kulturauftrag aufgegriffen, jedoch sind diese Ausführungen zum Thema Kultur ebenso unspezifisch wie die Gesetzgebung des Bundesverfassungsgerichts (Rossen-Stadtfeld 2005:31f.).

Die juristischen Definitionen reichen somit nicht aus, um die praktische Umsetzung des kulturellen Auftrags angemessen zu beschreiben. Dieser Interpretationsspielraum hat jedoch gravierende Folgen für die konkrete Ausgestaltung kultureller Programmbestandteile. Einerseits, so argumentiert Oliver Neiss, ist dies der Hauptgrund dafür, dass kulturelle Sendungen aus den Vollprogrammen abgedrängt werden. Andererseits wird auf seiner Grundlage auch immer wieder der Erhalt und Ausbau der Kulturprogramme innerhalb der Vollprogramme betont (2000:40). Wolfgang Neumann-Bechstein merkt an, dass durch die unklare Definition der Kultursendungen diese vom jeweiligen Zeitgeist anhaltend stark beeinflusst werden (1990:81).

Gegenstand von Diskussionen ist außerdem, wie Kultur als Bestandteil der Grundversorgung definiert ist. Wird von einem engen oder erweiterten Kulturbegriff ausgegangen? Medienwissenschaftler vertreten unterschiedliche Standpunkte. Einerseits wird ein breiter Kulturbegriff gefordert, welcher im Sinne des Vielfaltgrundsatzes, dem der öffentlich-rechtliche Rundfunk in seiner Gesamtheit unterliegt, das ganze Spektrum der existierenden Kulturbereiche im Programm widerspiegelt. Dieses sollte demnach neben Hochkultur auch Sendungen umfassen, die populär- und alltagskulturelle Phänomene thematisieren (vgl. z.B. Rossen-Stadtfeld 2005:37). Andererseits sollte dem Kulturauftrag aus juristischer Perspektive ein enger, hochkulturell geprägter Kulturbegriff zugrunde gelegt werden. Bleicher-Nagelsmann oder Volpers und Weiss begründen dies damit, dass das Bundesverfassungsgericht in seinen Urteilen hervorhebt, die kulturelle Verantwortung des Rundfunks muss sich von Unterhaltungsangeboten abgrenzen. Die Berichterstattung über populärkulturelle und damit unterhaltungsorientierte Themen erfüllt demnach nicht die kulturelle Verantwortung des Rundfunks (vgl. z.B. Bleicher-Nagelsmann 2005:135 oder Volpers 1992:8). In diesem Kontext sollten somit, anders als im Kulturjournalismus der Printmedien, vor allem hochkulturelle Themen im Mittelpunkt der Kulturvermittlung durch das Fernsehen stehen. Zudem sei es dringend nötig, eine Begriffsabgrenzung von Kultur vorzunehmen, damit der Kulturauftrag – wie oben erwähnt – überhaupt greifbar und umsetzbar wird (Bleicher-Nagelsmann 2005:135).

Wenn im Folgenden von Kultur als Programmbestandteil im Fernsehen die Rede ist, sind jedoch nicht ausschließlich hochkulturelle Inhalte gemeint. Diese waren, wie noch verdeutlicht wird, vor allem in den ersten Jahren des Fernsehens besonders präsent, nahmen später jedoch zugunsten populär- und alltagskultureller Inhalte ab. Warum diese Entwicklung zustande kam, wird im nächsten Abschnitt aufgezeigt. In diversen Studien[10], die den Anteil an Kultur im Programm untersuchen, werden ebenfalls seit jeher hoch-, populär- und alltagskulturelle Inhalte erfasst und nach Meinung von Kritikern dadurch teilweise verzerrte Aussagen zur Erfüllung des Kulturauftrags getroffen. Besonders die ARD/ZDF-Kulturstudie aus dem Jahre 1989 sowie die laufenden Programmanalysen durch Udo Michael Krüger werden unter diesem Gesichtspunkt kritisiert (vgl. z.B. Volpers 1992:20).

4.2 Vom Steckenpferd zur Randerscheinung: Die Entwicklung der Kultur als Programmbestandteil im öffentlich-rechtlichen Fernsehen

Trotz der unbefriedigenden verfassungsrechtlichen Beschreibung von Umfang und Ausgestaltung kultureller Programmelemente spielten vor allem hochkulturelle Inhalte in den ersten Phasen der Fernsehgeschichte eine herausragende Rolle und verliehen dem Fernsehen in Deutschland im Vergleich zu außereuropäischen Ländern eine besondere Qualität (Schanze 1994:11).

„In der Wahrnehmung des so genannten anspruchsvollen Zuschauers, der zunächst dem neuen Medium gegenüber skeptisch war, scheinen sie [ hochkulturelle Inhalte] sogar zum historischen Kern des Programms überhaupt geworden zu sein“ (Schanze 1994:11).

In den Jahren 1963 bis 1973 nahmen hochkulturelle Inhalte erstmals in der Geschichte des Fernsehens zugunsten von Unterhaltung, Information und Lebenshilfe im Programm ab bzw. wurden in die Dritten Programme verschoben (Kreutz 1995:33). Schon damals wurde die Berichterstattung über hochkulturelle Inhalte aufgrund geringer Einschaltquoten als ein Programm für Minderheiten angesehen und dementsprechend behandelt (Neiss 2000:46f.). Hochkulturelle Inhalte sind zudem per se anspruchsvoll und setzen ein gewisses Vorwissen voraus, welches nur eine begrenzte Zuschauergruppe mitbringt. Besonders wichtig für diese Arbeit ist, dass in dieser Phase auch die ersten Kulturmagazine ausgestrahlt wurden (Neiss 2000:47).

Mit der Einführung privater, unterhaltungsorientierter Vollprogramme mussten die öffentlich-rechtlichen Programme starke Einbußen bei den Einschaltquoten ihrer Kulturprogramme hinnehmen. Das Magazin aspekte beispielsweise verlor im ersten Halbjahr 1988 die Hälfte seiner bisherigen Einschaltquote (Neumann-Bechstein 1990:84). Ungeachtet der gesetzgeberischen Maßnahmen, die den Bestand der Programme trotz sinkender Quoten weiterhin garantierten, bauten die öffentlich-rechtlichen Sender ihr Unterhaltungsangebot noch stärker aus, um die Einschaltquoten zu halten bzw. zu verbessern (Ring 1993:49). Um trotz der steigenden Unterhaltungsorientierung die Grundversorgung der Bevölkerung mit Kultur weiterhin zu sichern, führte man am 1. Dezember 1984 den Sender 3sat und am 30. Mai 1992 den Sender arte ein – beides Satellitenkanäle und ausgesprochene Kultursender (Neiss 2000:54f.). Beide Programme hatten von Beginn an jedoch nur äußerst geringe Einschaltquoten, die sich bis heute nicht erhöhten.[11] Viele kulturelle Sendungen der Dritten Programme und der beiden Hauptprogramme wurden zu diesem Zeitpunkt in die neu gegründeten Kulturkanäle ausgelagert, um das eigene Programm konkurrenzfähig gegenüber den kommerziellen Anbietern zu machen (ebenda:55).

Der verstärkte Rückgang vor allem hochkultureller Sendungen in den beiden Vollprogrammen und den Dritten Programmen vollzog sich seit dem Jahre 1991. Diesen bestätigen beispielsweise die fortlaufenden Programmanalysen[12] von Krüger, der jedoch trotzdem davon ausgeht, dass das kulturelle Leben durch die öffentlich-rechtlichen Sender umfassend abgebildet wird (Krüger 2006a:221). Andere Medienwissenschaftler haben eine gegenteilige Meinung und bewerten diese Entwicklung als äußerst problematisch (vgl. z.B. Neiss 2000:162ff.).

Die neu gegründeten digitalen Kulturkanäle Eins Festival (1997 gegründet, produziert von der ARD) und der Theaterkanal (gegründet 1999, produziert vom ZDF) sollen den Rückgang kultureller Sendungen in den restlichen Programmen auffangen. Die Reichweite der digitalen Kulturkanäle ist jedoch begrenzt, die Messung der Einschaltquoten im digitalen Bereich unzuverlässig (Frederiksen 13.09.2006).

In den Nachrichten von ARD und ZDF als auch bei RTL und Sat.1 gibt es keine regelmäßige Kulturberichterstattung (Krüger 2006b:50ff.). Kultur dient als Füllstoff und zur Unterhaltung (Herles 2004:442).

Die Kulturmagazine sind somit fast die einzigen Sendungen, in denen noch kontinuierlicher Kulturjournalismus betrieben wird – dies bestätigen sowohl verschiedene Studien[13] als auch der Blick in die Programmzeitschriften.

Der allgemeine Rückgang der Reichweiten von Kultursendungen im Fernsehen ist auf verschiedene Gründe zurückzuführen. Bezüglich des Interesses an Kultur kann eine Spaltung innerhalb der Gesellschaft festgestellt werden. Auf der einen Seite steht die Bildungselite, bei welcher das Interesse an Kultur ungebrochen ist. Auf der anderen Seite lässt sich jedoch auch eine große Gesellschaftsgruppe beobachten, deren allgemeiner Bildungsstandard kontinuierlich sinkt und die sich kaum für Kultur interessiert (Herles 2006:100). Ein weiterer Grund für den Rückgang der Einschaltquoten der Kultursendungen ist, so Neumann-Bechstein, die Existenz eines bedeutenden Marktes von inszenierten, unterhaltenden Kulturereignissen in Konkurrenz zum Fernsehen. Er merkt an, dass dieser den Bedürfnissen der erlebnis- und unterhaltungsorientierten Bevölkerung stärker entspricht als das Fernsehen in seiner lediglich passiven Vermittlungsrolle (1990:85). Experten bemängeln in diesem Zusammenhang, dass sich das Fernsehen an diese Kulturereignisse angepasst hat, indem es die Inhalte der Kulturberichterstattung auf spektakuläre, aufmerksamkeitserzeugende kulturelle Medienereignisse reduziert und die kulturelle Vielfalt deshalb nur mangelhaft widerspiegelt (vgl. z.B. Kreutz 1995:56).

4.3 Ein lästiges Muss: Kultur im Privat-Fernsehen

Nachdem in den vergangenen Abschnitten die Entwicklung der Kulturberichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen skizziert wurde, soll im Folgenden die Kulturvermittlung durch das Privat-Fernsehen untersucht werden. Kultur ist jedoch kein Steckenpferd der Privaten – im Gegenteil. Und dies, obwohl die Ausstrahlung von Kultursendungen durch das Rundfunkrecht vorgeschrieben ist. Die beiden zuschauerstärksten Vollprogramme[14] sind verpflichtet, Fensterprogramme auszustrahlen, in welchen Sendezeit für unabhängige Dritte ermöglicht wird und u.a. auch kulturelles Geschehen thematisiert werden soll.[15] Weitere konkrete inhaltliche Vorgaben für die Ausgestaltung solch kultureller Sendungen im privaten Fernsehen werden durch das Rundfunkrecht jedoch auch hier nicht gemacht.

Die Struktur der privaten Sender, speziell ihre Finanzierung durch Werbegelder und daraus folgend die Abhängigkeit von Einschaltquoten, sind zentrale Gründe für den geringen Anteil kultureller Programmbestandteile. Kultur ist auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ein Minderheitenprogramm; im privaten Fernsehen sind die Einschaltquoten bei Sendungen dieser Art noch geringer – die Abhängigkeit von den Quoten jedoch um ein Vielfaches höher (Hergt 1999:235).

In verschiedenen Studien wurde der Kulturanteil in privaten Fernsehprogrammen untersucht, jedes Mal mit äußerst ernüchternden Ergebnissen. Krüger ermittelte in seiner aktuellen Programmanalyse, dass die Sachgebiete Kultur, Wissenschaft und Religion bei den privaten Programmen RTL und Sat.1 einen Anteil von je 1,4 Prozent an der Gesamtsendezeit im Jahre 2005 ausmachten (Krüger 2006a:211).[16] Kulturelle Programmbestandteile bei den Privaten sind zumeist populäre Musiksendungen oder die als Fremdleistung von der Development Company for Television Program mbH (dctp) im Rahmen der Fensterprogramme produzierten Kulturmagazine[17] (Neiss 2000:155). Diese Magazinformate unter Leitung von Alexander Kluge haben ein eher experimentelles Format. Es wird pro Sendung ein Thema behandelt, häufig gibt es lange Gespräche mit Künstlern bzw. Kulturschaffenden. Da diese Magazine nicht eigenständig von den privaten Sendern produziert werden, geben sie keinerlei Auskunft über das Kulturverständnis des jeweiligen Senders.

Insgesamt, so merkt Volpers an, ist die Entwicklung des Anteils der privaten Sender an der Kulturvermittlung in starkem Maße abhängig von der Bereitschaft der Landesmedienanstalten, die gesetzlich festgelegten Programmvorgaben für die privaten Sender einzufordern (1992:57).

4.4 Schlussfolgerung für die eigene Analyse

Das Zurückdrängen von insbesondere hochkulturellen Inhalten als Programmbestandteil im öffentlich-rechtlichen Fernsehen hat – wie soeben aufgezeigt wurde – vielerlei Gründe. Besonders die zunehmende Unterhaltungsorientierung des Fernsehens, die Einführung der kommerziellen Sender, die unzureichende gesetzliche Beschreibung des Kulturauftrags und der Rückgang der Einschaltquoten von Kultursendungen tragen zu einer Marginalisierung bei.

Anhand der Ausführungen zum Kulturauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender und zur negativen Entwicklung der Kultur als Programmbestandteil ergibt sich eine Teil-Fragestellung für die vorliegende Arbeit. Da der Großteil der Kulturvermittlung des Fernsehens durch die Kulturmagazine erfolgt, soll im Rahmen der Analyse ermittelt werden, inwieweit diese Anteil an der Erfüllung des Kulturauftrags haben. Deutlich wurde, dass – zumindest im Sinne der Rechtssprechung durch das Bundesverfassungsgericht – der Kulturauftrag vor allem durch die Ausstrahlung hochkultureller Themen erfüllt wird.

Derzeit werden klassische Kulturmagazine lediglich in den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ausgestrahlt. Im privaten Rundfunk finden sich kaum kulturelle Programmbestandteile. Die erwähnten, durch dctp produzierten Magazine stellen zudem eine Fremdleistung innerhalb des Programms der kommerziellen Sender dar und lassen demnach keine Rückschlüsse zu, auf welche Art und Weise die privaten Sender über Kultur berichten. Sie sind zudem nicht im klassischen Magazinformat aufgebaut und werden aus den soeben genannten Gründen nicht mit in die anschließende Analyse einbezogen.

Gerd Scobel, Moderator des Magazins Kulturzeit, geht davon aus, dass – bei einer anhaltend negativen Entwicklung der Kultur als Programmbestandteil im Fernsehen – die Zukunft der Kulturvermittlung im Hörfunk liegt. Dieser ist bis dato, so Scobel, viel weniger stark dem Druck der Einschaltquoten ausgesetzt (07/2001). Empirische Studien bestätigen diese Einschätzung. Die ARD Kulturstudie aus dem Jahre 1999 ermittelte beispielsweise, dass das Kulturangebot im öffentlich-rechtlichen Hörfunk, im Gegensatz zur Entwicklung im Fernsehen, zwischen 1992 und 1998 deutlich angestiegen ist (Dubrau 2000:50).

5 Das Untersuchungsobjekt: Kulturmagazine im Fernsehen

„Was hat ein Hollywoodthriller, ein feuerroter Designertisch und eine erbitterte Debatte um den Holocaust gemeinsam? Nun, dieses (…) willkürlich angerührte Potpourri könnte in einer Fernsehsendung präsentiert werden, die behauptet, ein Kulturmagazin zu sein…“ (Eichel 2002:21).

Auch vor dem Bereich Kultur hat das durch Albrecht Reinhardt treffend bezeichnete Phänomen der „Magazinitis“ (Reinhardt 1997:189) nicht halt gemacht. Wie im vorangegangenen Kapitel deutlich wurde, wird Kultur im Fernsehen heute fast ausschließlich durch Magazine vermittelt.

Bevor die Entwicklung, Inhalte und Besonderheiten der Kulturmagazine herausgestellt werden, wird in aller Kürze das Fernsehmagazin als journalistische Form vorgestellt und dessen Charakteristika beschrieben.

5.1 Merkmale von Fernsehmagazinen

Nichtfiktionale Fernsehmagazine unterscheiden sich von anderen Sendungsformen vor allem durch ihre periodische Erscheinungsweise und durch die Differenziertheit der Beitragsformen (Zimmermann 1988:66). Das Magazin stellt eine Mischform zwischen Nachrichtensendung und Feature dar, wobei es in einer kürzeren Form als das Feature mehr (Hintergrund-) Informationen als die Nachrichten vermitteln kann (Bleicher 1988:292). Ein weiteres wichtiges Kennzeichen eines Magazins ist der Moderator, der durch das Magazin leitet und die einzelnen Beträge kommentiert bzw. miteinander verbindet.[18] Dadurch kommt es zu einer Personalisierung des Magazins, durch welche die Zuschauerbindung gefördert werden kann. Auch ein wiederkehrendes Design über einen längeren Zeitraum, wie z.B. Vorspann, Titel, Titelmusik, Logo etc. trägt dazu bei (Kreuzer 1988:9f.). Das Gestaltungsprinzip des Magazins kann mit einem „Baukasten“ verglichen werden, welcher aus informierenden und unterhaltenden Teilen besteht. Solch eine Vermischung von Information und Entertainment wird mit dem Schlagwort Infotainment bezeichnet und bewusst eingesetzt, um Inhalte auf eine attraktive und populäre Art zu vermitteln (Kreutz 1995:69).

Innerhalb der Magazine kann eine große Palette von Themen behandelt werden. Peter Christian Hall merkt hierbei kritisch an, das klassische Magazin sei deshalb keine eigene journalistische Form sondern bloß eine „Vermarktungsform mit Verpackungscharakter“ (1979:305) für eben diese Vielzahl von Themen.

Die typische Länge eines Magazins beträgt 30 bis 45 Minuten, wobei in dieser Zeit durchschnittlich vier bis sechs Beiträge über unterschiedliche Themen gesendet werden (Kreutz 1995:69). Auch monothematische Magazinsendungen sind möglich und werden, da in kurzen Beiträgen ein Thema nur oberflächlich behandelt werden kann, häufig gefordert (ebenda:71). Die Probleme, welche im Zusammenhang mit dem Magazinformat diskutiert werden, entsprechen nach Meinung der Experten denen des Fernsehens generell:

„Das Magazin kann als Mikrokosmos des Gesamtprogramms verstanden werden, das sich für viele Zuschauer in seiner Gesamtheit als Magazin darstellt, in dem den einzelnen Sendungen nur noch Beitragscharakter zukommt“ (vgl. z.B. Bleicher 1988:293).

Das Magazinformat bietet sich auch für den Bereich der Kultur an. Dessen Baukastenprinzip korreliert gut mit dem heute vorherrschenden, erweiterten Kulturbegriff in der Gesellschaft (ebenda:292).

5.2 Vom Flaggschiff zum Mauerblümchen: Entwicklung der Kulturmagazine im öffentlich-rechtlichen Fernsehen

Am 6. Oktober 1964 wurde im Dritten Programm des Hessischen Rundfunks das erste Kulturmagazin mit dem Titel Studio Frankfurt gesendet. In den folgenden Jahren begann fast jedes Dritte Programm mit der Ausstrahlung eines eigenen Kulturmagazins. Am 17. Oktober 1965 wurde das Kulturmagazin aspekte vom ZDF sowie am 4. November 1967 das Kulturmagazin titel thesen temperamente[19] der ARD gegründet (Kreutz 1995:78ff.).

Ab dem Jahre 1969 lösten die Kulturmagazine statistisch gesehen die Serie als den vorherrschenden Sendetypus für Kunst und Kultur im deutschen Fernsehen ab (Dobbe 1994:103).

Die Etablierung von Satellitenkanälen und den privaten Fernsehsendern in den achtziger Jahren führte zu einem geringen Anstieg von Kulturmagazinen. Zu nennen sind hier vor allem die von dctp produzierten Formate. Andere Formen der Kulturvermittlung wie z.B. die Übertragung von Theaterstücken oder klassischen Konzerten nahmen demgegenüber ab und der im vorherigen Kapitel beschriebene Bedeutungsverlust von Kultur im Fernsehen immer mehr zu (Kreutz 1995:82). Auch die Magazine blieben davon nicht verschont. Einige von ihnen wurden in den neunziger Jahren zeitweise nicht mehr wöchentlich, sondern nur noch vierzehntägig oder monatlich ausgestrahlt.[20] Anderen standen kürzere Sendezeiten zur Verfügung oder sie wurden auf spätere Sendeplätze verschoben (ebenda:89). Diese späteren Sendeplätze wurden für das Kulturmagazin aufgrund des massenattraktiven Vorprogramms wie beispielsweise der Talkshow von Sabine Christiansen insgesamt als quotenträchtig eingeschätzt, der Bedeutungsverlust von Kultur innerhalb des Fernsehprogramms ist aber trotzdem erkennbar (Eichel 2002:25). Außerdem ist das als „Lokomotiv-Effekt“ bezeichnete Platzieren eines Minderheitenprogramms im zeitlichen Umfeld einer massenattraktiven Sendung in der Praxis nur eingeschränkt wirksam (Eckhardt 2005:68).

Derzeit senden die Hauptprogramme ARD und ZDF, jedes Dritte Programm sowie jeder Kulturkanal jeweils ein Kulturmagazin, arte hat zwei Magazine im Programm – das wöchentliche Magazin Metropolis sowie das tägliche, allerdings nur zehnminütige Magazin arte Kultur.[21] Eine Besonderheit innerhalb der Reihe der Kulturmagazine stellt das des Senders 3sat dar. Kulturzeit sendet seit Oktober 1995 von Montag bis Freitag im Vorabendprogramm 40 Minuten lang ein aktuelles und breit gefächertes Themenspektrum mit verstärkt politischem Bezug (Herles 2004:443). Walter Konrad, ehemaliger Programmkoordinator von 3sat, kommentierte die Einführung damals sehr treffend: „Unspektakulär der Titel – ungeheuerlich das Vorhaben: In Zeiten der ‚daily soap’, des eskalierenden Flachsinns auf (fast) allen Kanälen widmet ein Programm dem Fernsehunwort ‚Kultur’ seine besten Minuten“ (1995:186). Mittlerweile mehrmals preisgekrönt, schalten Kulturzeit pro Abend allerdings nur durchschnittlich 100.000 Zuschauer ein.[22] Die Verantwortlichen sehen sich selbst vor allem als „Bediener der Szene“ (Huber 2005:94).

5.3 Von Goethe bis HipHop: Inhalte der Kulturmagazine

Die ersten Kulturmagazine der Dritten Programme behandelten ein breit gefächertes Themenspektrum mit regionalem Bezug. Ein Grund für diese Themenvielfalt war der Mangel an anderen Fachmagazinen. Es wurde deshalb auch über Sachgebiete wie z.B. (Natur)-Wissenschaft und Bildung berichtet (Kreutz 1995:81). Die Kulturmagazine der Hauptprogramme ARD und ZDF wurden dafür konzipiert, über nationales und verstärkt internationales Kulturgeschehen sowie über hochkulturelle Themen zu berichten (Dobbe 1994:103).

Die Kulturmagazine wurden im Sinne ihrer Macher und der Programmverantwortlichen der Sender als Pendant zu den Feuilletons der Zeitungen eingeführt und sollten ebenso wie diese Anteil an der kulturpolitischen Diskussion nehmen, um – wenn möglich – gar als Leitmedium noch vor den Kulturteilen der Zeitungen zu agieren (Schwarzenau 1988:61).

Die bisherige Entwicklungsgeschichte der Kulturmagazine ist geprägt durch ein wechselhaftes Kulturverständnis. Einerseits passten sich die Magazine stetig den jeweils vorherrschenden Kulturbegriff innerhalb der Gesellschaft an. Andererseits wurde deren Kulturverständnis von den an der Fernsehproduktion beteiligten gesellschaftlichen Gruppen, den Programm-verantwortlichen sowie den Moderatoren maßgeblich beeinflusst (Kreutz 1995:72ff.). Als sich nach dem gesellschaftlichen Umbruch der späten sechziger Jahre ein breites Kulturverständnis entwickelte, begannen die Kulturmagazine ihr Themenspektrum ebenfalls zu erweitern, obwohl hochkulturelle Themen nach wie vor überwogen (Hickethier 1998:368). Knut Hickethier sieht die Hauptfunktion der Kulturmagazine in dieser Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs darin, dass diese als ordnende Instanz in Sachen Kultur auftraten und über die Vielzahl der entstandenen kulturellen Öffentlichkeiten informierten (ebenda:368). Das erweiterte Kulturverständnis der Magazine Ende der sechziger Jahre wurde jedoch nicht nur positiv bewertet: „Die Kehrseite aber war, dass die Kulturmagazine nun ihr eigentliches Thema eher versteckten als präsentierten“ (Eichel 2002:4). Auch die Titel der Magazine, in denen das Wort Kultur vorkam, wurden geändert und sollten dadurch attraktiver und populärer klingen. EtZetera, City, Alice oder Bizz sind einige Bezeichnungen der damaligen Kulturmagazine. Wichtig ist an dieser Stelle anzumerken, dass der Trend zu populären Titeln nach einigen Jahren wieder abnahm und nur wenige der damaligen Titel bis heute überdauert haben (Kreutz 1995:84).

Seit 1973 fanden politische Themen und kritische Berichterstattung Einzug in die Kulturmagazine. Ein Paradebeispiel dafür ist die Berichterstattung des Magazins aspekte über den Bau einer Schnellstraße durch die Stadt Eltville, wodurch das Projekt schlussendlich sogar verhindert werden konnte (Eichel 2002:22). Die Zeit der politischen sowie kritischen Berichterstattung hielt jedoch nicht lange an. Schon Mitte der achtziger Jahre kam es zu einer Entschärfung des politischen Tons (Neiss 2000:50).

Das Spannungsverhältnis zwischen einem engen und einem erweiterten Kulturverständnis, in welchem sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen seit jeher befand, wurde besonders nach Einführung des privaten Rundfunks deutlich. Nachdem Ende der sechziger Jahre mehr oder weniger Konsens bestand über ein tendenziell weites Kulturverständnis sowohl bei der generellen Kulturberichterstattung des Fernsehens als auch speziell innerhalb der Kulturmagazine, kam es nach Einführung des dualen Rundfunksystems zu einer Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit bezüglich des Kulturbegriffs der Magazine. Um eine größere Zuschauergruppe zu erreichen und nicht nur Minderheitenprogramm zu sein, wurde das Themenspektrum der Magazine erneut ausgeweitet (Eichel 2002:24). Der Anspruch der Verantwortlichen der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ging jedoch hin zu einem hochkulturellen Kulturbegriff als Abgrenzung gegenüber den privaten Sendern und als Existenzberechtigung auf Grundlage der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts (Neiss 2000:62).

Während die Magazine von ARD und ZDF relativ konstante Entwicklungsgeschichten aufweisen, zeichnen sich die Magazine der Dritten Programme sowie die der Kulturkanäle durch eine größere Experimentierfreudigkeit aus (Schwarzenau 1988:61). Diese Möglichkeit bietet sich ihnen, da sie, so Wolfgang Herles, im Gegensatz zu den Magazinen der Hauptprogramme ARD und ZDF weniger stark dem Druck der Einschaltquoten ausgesetzt sind (2004:443). Allen Magazinen gemeinsam ist die Herausforderung, anspruchsvolle und populäre Themen miteinander zu kombinieren, um nicht nur spezielle Interessen zu bedienen (ebenda:444).

Heute gehen die Experten davon aus, dass fast alle Kulturmagazine „…trotz aller programmatischen Unterhaltsamkeit wieder kulturiger (…) und (…) von Fall zu Fall politisch…“ (Eichel 2002:25) geworden sind. Der Anforderung, ein kulturelles Leitmedium zu sein, konnte der Großteil der Magazine nach mehreren Jahrzehnten der Ausstrahlung jedoch nicht entsprechen (Neiss 2000:52). Obwohl die Magazine teilweise auch kritische sowie politische Beiträge senden, blieben sie bisher eher Chronisten des kulturellen Geschehens und präsentieren die Themen auf informierende und dokumentierende Art und Weise. Die großen Kulturdebatten wurden von jeher in den Feuilletons der Zeitungen ausgetragen (ebenda:52), Kulturthemen durch das Fernsehen nicht generiert, sondern bereits vorhandene lediglich reproduziert (Bleicher 1988:290). Die Intention der Kulturmagazine ist es vorrangig, zwischen Kunst bzw. dem Künstler und dem Konsumenten zu vermitteln (Schwarzenau 1988:61).

5.4 Besonderheiten und Probleme der Kulturmagazine

Der Aufbau der Kulturmagazine erfolgt häufig nach dem gleichen Schema. An erster Stelle stehen populär- und alltagskulturelle Themenbeiträge, damit „Zufallsseher“, welche – wie im nächsten Kapitel erläutert wird – eine nicht unbeachtliche Gruppe der Nutzer ausmachen und eher weniger an Kultur interessiert sind, dazu animiert werden, weiterzuschauen. Anspruchsvolle, hochkulturelle Themen werden demgegenüber häufig am Ende der Sendung platziert (Eichel 2002:25).

Dass über Kulturgeschehen oft in personalisierter Form berichtet wird, findet sich nicht nur im Feuilleton der Printmedien wieder, sondern auch in den Kulturmagazinen. „Form und Stil künstlerischer Äußerungen sind für ein breites Publikum weniger interessant als die persönlichen Motive der Künstler, deren Geschichten und ihre gesellschaftliche Relevanz“ (Herles 2004:444). Die Strategie der Personalisierung wird zudem als ein Merkmal von Boulevardisierung angesehen, die wiederum untrennbar mit Unterhaltsamkeit verbunden ist (vgl. z.B. Klein 1998:111 und Hallenberger 1988:153ff.).

Schwachpunkte, mit welchen laut Meinung der Kritiker alle Magazine zu kämpfen haben, sind zum einen, dass häufig nicht über Kulturgeschehen berichtet wird, dass durch eine besondere kulturelle Leistung hervorsticht bzw. neu oder wichtig ist, sondern welches sich visuell gut umsetzen lässt (Herles 2004:441).

Zum anderen herrscht innerhalb der Magazine ein „selbstauferlegtes Diktat zur Aktualität“ (Kreutz 1995:74), woraus laut Kreutz die schwerpunktmäßige Berichterstattung über hochkulturelle Themen resultiert. Eine Auswahl nur anhand des Faktors Aktualität bewirkt zudem, dass die Bewertung des Kulturereignisses zu kurz kommt. Solch eine Bewertung ist in den Feuilletons der Printmedien in Form von Rezensionen traditionell häufig vorzufinden (Donner 1969:27), ihr Vorkommen und ihre Qualität wird immer wieder gefordert (Reus 2005:166). Hans Helmut Hillrichs, bis Ende 2005 Leiter der Hauptredaktion Kultur und Wissenschaft des ZDFs, betont in diesem Kontext, dass gerade im Rahmen der Kulturberichterstattung die Weisheit zutrifft: „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen, kann bewerten, einordnen, hinterfragen“ (zitiert nach Klein 2001:18). Dies sei, so Hillrichs, eine der Hauptaufgaben kultureller Sendungen.

Schlussendlich wird auch Kritik an der Verständlichkeit der Magazine geübt. Vor allem den Kulturmagazinen von ARD und ZDF wurde in der Anfangszeit vorgeworfen, dass diese auf sprachlicher Ebene zu elitär und schwer verständlich seien. Nur das wirklich kulturinteressierte „Insider-Publikum“ könnte damit umgehen (Schwartze 1977:19). Mittlerweile ist die Sprache innerhalb der Magazine zwar verständlicher geworden, jedoch wird diese nach wie vor als nicht zufrieden stellend bewertet (Haas 1994:447).

5.5 Kultur im Magazinformat – ausgewählte empirische Befunde

Zur Beschreibung der Art und Weise, wie Kultur in Magazinform vermittelt wird, liegen bis heute nur wenige Studien vor. Im Folgenden sollen einige ausgewählte Untersuchungen vorgestellt werden.

Anja Kreutz beschäftigte sich in ihrer Analyse mit den beiden ältesten Magazinen aspekte und ttt. Sie untersuchte deren Entwicklungsgeschichte von der Gründung bis zum Jahre 1994. Ihr Schwerpunkt lag hierbei auf der Veränderung der formal-ästhetischen sowie inhaltlichen Ausrichtung und deren Einflussfaktoren. Die Studie ergab, dass die Inhalte und damit das Kulturverständnis beider Magazine stark durch den sich verändernden Kulturbegriff innerhalb der Gesellschaft beeinflusst werden (1995:254). Kreutz untersuchte außerdem in ihrer Analyse die beiden konträren Konzepte der Aufklärung und Information – beides Strategien zur Zuschauerbindung. Das Konzept der Aufklärung beinhaltet vor allem, Missstände und Skandale aufzuzeigen und damit investigativen Journalismus zu betreiben. Als Information definiert sie die klassische Form der Magazinberichterstattung, die sich vor allem auf darstellende und analysierende Berichte beschränkt (ebenda:255). Kreutz kam zu dem Ergebnis, dass ttt das Konzept der Aufklärung zugrunde liegt, wohingegen aspekte das Konzept der Information zugeordnet werden kann (ebenda:255).

Mit der europäischen Kulturberichterstattung im Rahmen von Kulturmagazinen beschäftigte sich Susanne Vollberg (1998). Sie untersuchte europäische Kulturmagazine der Dritten Programme sowie der Kulturkanäle hinsichtlich deren Geschichte, Form und Funktion. Relevant für die vorliegende Analyse ist die Tatsache, dass Vollberg auch die Magazine Metropolis und Kulturzeit in ihre Studie einbezog, die heute nach wie vor ausgestrahlt werden. Das Magazin Kulturzeit, so Vollberg, wird von 3sat auch als „Leitsendung“ des Senders bezeichnet. In ihrer Analyse stellte sie fest, dass dem Magazin ein weit gefasster Kulturbegriff zugrunde liegt. Aufgrund der täglichen Ausstrahlung wird vor allem über aktuelles Kulturgeschehen berichtet, da die Recherchezeit für Hintergrundberichte fehlt. Zudem werden sehr häufig Porträts von Kulturschaffenden gesendet (1998:152). Im Gegensatz zu der an tagesaktuellen Ereignissen orientierten Berichterstattung des Magazins Kulturzeit ist das Magazin Metropolis aufgrund seiner Länge von 55 Minuten in der Lage, über Kulturgeschehen vertiefend zu berichten. Deutsches und französisches, aber auch internationales Kulturgeschehen wird dabei thematisiert (1998:157). Vollberg kam außerdem zu dem Ergebnis, dass sich die Metropolis -Sendungen, je nachdem, ob sie vom französischen Sender arte France oder von einem deutschem Sender (ZDF bzw. eines der beteiligten Dritten Programme) produziert werden, hinsichtlich ihres Inhaltes und Aufbaus unterscheiden und jeweils ein eigenes Profil haben. Die Beiträge der französischen Ausgaben sind „leichter“ und kunstvoller gestaltet, wohingegen deutsche Beiträge teilweise didaktisch angelegt sind und mitunter pädagogisch anmuten (1998:157).

Oliver Neiss analysierte als eine Teilfrage in seiner Studie „Kultur im deutschen Fernsehen“, welches Kulturverständnis den einzelnen Magazinen zugrunde liegt (2000:124ff.).[23] Generell konnte Neiss ein erweitertes Kulturverständnis feststellen, wobei jedoch der Schwerpunkt auf hochkulturellen Themen im engeren Sinne liegt. 71 Prozent der Beiträge wurde demnach ein hochkultureller Kulturbegriff zugeordnet. Innerhalb dieses Kulturbegriffs lag der Schwerpunkt auf Themen der so genannten schönen Künste wie Oper, Ballett, Theater, klassische Musik sowie Kunst und Malerei. Auch Literatur war ein häufig vorkommendes Thema. Alltagskulturelle Themen wurden in 24 Prozent der Beiträge aufgegriffen. Vor allem Themen wie Zeitgeschichte und Geschichte, Gesellschaft sowie Journalismus und Medien sind hier hervorzuheben. Populärkulturelle Themen kamen in nur drei Prozent der Beiträge vor, diese berichteten über Rock, Pop und Schlager (2000:127). Die restlichen Beiträge enthielten Themen aus dem Bereich der Kulturpolitik. Hochkultur im weiteren Sinne wurde im gewählten Untersuchungszeitraum nicht behandelt. Neiss konnte Tendenzen dahingehend erkennen, dass einige Magazine von der soeben genannten Struktur mehr oder weniger abweichen, gab aber zu bedenken, dass es einer größeren Stichprobe bedarf, um diese Tendenzen zu erhärten (ebenda:128).

In einer Untersuchung, durchgeführt von Josef Klein, konnte in Kulturmagazinen eine Zunahme[24] von Merkmalen beobachtet werden, welche zu den Unterhaltungskategorien zählen (1998:103ff.).

Folgende Merkmale wurden festgestellt:

- Kurz- und Kürzestbeiträge, eine härtere sowie schnellere Schnittfolge und der Wechsel zwischen unterschiedlichen Sprachstilen führen zu mehr Abwechslung.
- Es werden vor allem so genannte leichtere Themen gesendet, die Moderation gestaltet sich freundlich und locker. Dies alles deutet auf eine größere Unbeschwertheit hin.
- Häufig wird über Schrilles und Schräges sowie über Konflikte zwischen Kulturschaffenden berichtet, wodurch die Attraktivität der Magazine verstärkt werden soll.
- Die Eingängigkeit der Beiträge wird verbessert durch mehr Themen aus dem Bereich Populärkultur, durch einen alltagsnahen Sprachstil sowie durch eine weniger formelle Selbstpräsentation der Moderatoren.

Klein beurteilt diese Tendenzen zu mehr Unterhaltung jedoch nicht als bedrohlich. Neben der Untersuchung der Boulevardisierungsmerkmale überprüfte er auch das Vorhandensein von Merkmalen der Informationskommunikation.[25] Hier konnte keine Verschlechterung festgestellt werden. Somit bewertet Klein diese Veränderung der Kulturmagazine nicht als Niveauverlust sondern als Modernisierung. Die verstärkte Thematisierung von populärkulturellen Themen führt zu einer beginnenden Ablösung vom traditionellen, hochkulturellen Kulturbegriff. Es wird Raum für ein breiteres, umfassenderes Themenspektrum geschaffen (1998:110).

5.6 Schlussfolgerung für die vorliegende Analyse

Die Kulturmagazine der öffentlich-rechtlichen Sender stellen die letzten Bollwerke für Kultur im Fernsehen dar. Hier findet noch eine mehr oder weniger kontinuierliche Berichterstattung über Kultur statt. Bezüglich des Kulturverständnisses der Magazine kann von einer wechselhaften Geschichte ausgegangen werden. Vor allem die Magazine der Dritten Programme und der Kulturkanäle zeichnen sich durch eine stärkere Experimentierfreudigkeit aus als die Kulturmagazine von ARD und ZDF.

Einige der in Kapitel 3 angeführten Probleme des Feuilletons finden sich auch im Rahmen der Kulturmagazine wieder, wenn auch mit teilweise anderer Ausrichtung. Auch hier überwiegt, wie Oliver Neiss in seiner Studie feststellt, die Berichterstattung über hochkulturelle Themen, was sowohl positiv als auch negativ interpretiert werden kann. Positiv im Sinne der Erfüllung des Kulturauftrags, negativ im Sinne eines stark eingeengten Kulturbegriffs, der nur wenige Zuschauer anzieht. Auch die Strategie des Personalisierens von Kulturgeschehen wird häufig angewendet, jedoch zumindest nicht vordergründig kritisiert. Dem Feuilleton der Printmedien und der Sprache der Kulturmagazine gemein ist deren teils schwere Verständlichkeit, wobei sich diese bei den Kulturmagazinen in den letzten Jahren verbessert hat.

Sowohl aus den in Kapitel 5 beschriebenen theoretischen Ausführungen als auch aus den vorgestellten Studien ergeben sich weitere, untergeordnete Fragestellungen für die inhaltsanalytische Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit:

- Berichten die Kulturmagazine lediglich über aktuelles Kulturgeschehen oder werden auch langfristige Entwicklungen thematisiert?
- Auf welche Art und Weise wird Kultur präsentiert? Lässt sich daran erkennen, ob tatsächlich nur über solche Ereignisse berichtet wird, die sich bildattraktiv darstellen lassen?
- In welchem Maße setzen die derzeit ausgestrahlten Kulturmagazine unterhaltende Elemente bzw. die Strategie des Personalisierens von Kulturgeschehen ein?
- Inwieweit weisen die Themen der Magazine politischen Bezug auf?
- Liegt den derzeit ausgestrahlten Magazinen das Konzept der Information oder der Aufklärung zugrunde?

Bei der Beantwortung der soeben genannten Fragestellungen in der nachfolgenden Analyse werden einzelne Ergebnisse aus den vorgestellten Studien nochmals auf ihre Gültigkeit überprüft. Einige Fragestellungen wurden bisher jedoch lediglich theoretisch diskutiert. Zudem wurden die einzelnen Sendergruppen und Magazine noch nicht explizit unter den genannten Aspekten miteinander verglichen. Die folgende Analyse kann an dieser Stelle ansetzen und einen Beitrag dazu leisten, bisher nur theoretisch diskutierte Sachverhalte empirisch zu belegen und neue Erkenntnisse zu erzielen.

6 Der Zuschauer im Fokus: Kulturinteressen der Bevölkerung in Deutschland

„Wir leben in einer Zeit, in der die Menschen nicht mehr in der Lage sind, zu definieren, was Kultur ist.“

Max Frisch (zitiert nach Grieshaber 08.01.2004)

Nachdem in den vergangenen Kapiteln der Begriff Kultur sowie die Kulturvermittlung durch Feuilleton und Fernsehen betrachtet wurde, soll nun in den Fokus gerückt werden, was die Bevölkerung in Deutschland unter Kultur versteht, welche Kulturinteressen vorherrschen, welche Eigenschaften die Zuschauer der Kulturmagazine haben und welche Anforderungen diese an ein Kulturmagazin stellen.

6.1 Kulturverständnis und Kulturinteressen der Bundesbürger

Was die Bundesbürger generell unter Kultur verstehen, wurde in einer Studie der ZDF-Medienforschung aus dem Jahre 2004 ermittelt. Untersucht wurde mit Hilfe von Satzergänzungstests, Collagen und Diskussionsrunden das Kulturverständnis der Bundes-Bevölkerung im Ost-West-Vergleich. Generell wurde festgestellt, dass in Deutschland ein erweitertes Kulturverständnis vorherrscht:

„Neben den traditionellen Hochkulturfeldern wie Musik, Theater und Kunst bezieht er [der Kulturbegriff] zahlreiche Bereiche der Alltagskultur (Wohnkultur, Esskultur, zwischenmenschlicher Umgang), aber auch Themengebiete wie Reisen, andere Kulturen, Wissen, Bildung, Geschichte oder Sport mit ein“ (Kuchenbuch 2005:63).

Kultur wird zudem als „horizonterweiternder Ausgleich zum Alltag“ (ebenda:63) erfahren und die Zuwendung zu ihr erfolgt hauptsächlich aufgrund der „Suche nach dem Schönen in seinen verschiedensten Erscheinungsformen“ (ebenda:64). Nicht zum Begriff Kultur hinzugezählt werden Bereiche, in denen vor allem eine kommerzielle Orientierung vorherrscht sowie Gewalt, Politik und Pornografie (ebenda:64).

Die weitere Untersuchung blieb jedoch nicht ohne Widersprüche. In der konkreten Diskussion mit den Teilnehmern der Studie wurde festgestellt, dass trotz des zuerst ermittelten, sehr breit gefächerten Kulturbegriffs Vorbehalte und Skepsis gegenüber Neuem und Experimentellem bestehen. Dies zeigte sich vor allem bei Nutzern von fast ausschließlich hochkulturellen Kulturangeboten (Kuchenbuch 2005:66). Starken Einfluss auf das Kultur-verständnis hat zudem das Alter der Befragten. Jüngere Befragte definieren Kultur als äußerst breit und vielfältig, wohingegen Ältere den Schwerpunkt auf Elite-Kultur legen und deren Kulturverständnis dementsprechend eng und abgegrenzt ist. Dies ist vermutlich aufgrund eines größeren Wissensvorsprungs und Erfahrungen der Fall (ebenda:65).

Die öffentlich-rechtlichen Programme sind die Sender in Deutschland, welche am stärksten mit Kultur im Fernsehen verbunden werden (ebenda:68). Das Fernsehen und insbesondere die Kulturmagazine werden als die wichtigsten Instanzen zur Kulturvermittlung angesehen (Klingler 2003:313 und Kuchenbuch 2005:62). Es wurde ermittelt, dass das ZDF aus Zuschauersicht die besten Kulturmagazine und -reportagen anbietet. Auf Rang 2 liegt das Fernsehprogramm der ARD, es folgen die Dritten Programme auf Platz 3. Der Kulturkanal arte liegt auf Platz 4, es folgt RTL auf Rang 5 (Kuchenbuch 2005:62).

Unterschiedliche Studien ermitteln, inwieweit grundsätzlich Interesse an Kultur besteht und welche die beliebtesten kulturellen Aktivitäten der Bundesbürger sind. Laut einer Studie im Auftrag des Südwestrundfunks sind 44 Prozent der Bundesbürger ab 14 Jahren an Kunst und Kultur sehr oder zumindest etwas interessiert (Klingler 2003:310). Im Vergleich zum Interesse an anderen Themenbereichen liegt Kultur damit auf dem vorletzten Rang. Es wurde festgestellt, dass das Lesen die beliebteste kulturelle Freizeitaktivität darstellt. Auf Rang 2 befindet sich der Kinobesuch, es folgen der Theaterbesuch auf Platz 3, der Konzertbesuch auf Rang 4 und das selbstständige Musizieren auf Platz 5.

Noch weniger Interesse an Kunst und Kultur bescheinigt den Menschen in Deutschland eine Repräsentativbefragung des Freizeit-Forschungsinstituts der British American Tobacco (vgl. ARD-Forschungsdienst 2000:95). Die Studie ergab, dass lediglich zehn Prozent der Befragten kulturellen Aktivitäten nachgehen, womit Kultur im Vergleich zu anderen Interessen ebenfalls auf einem der hinteren Ränge liegt.[26]

Weitere wichtige Ergebnisse zur Nutzung kultureller Angebote erbringt das jährliche Kulturbarometer, welches vom Zentrum für Kulturforschung in Bonn erhoben wird. Im zuletzt publizierten Kulturbarometer wurde anhand der Auswertung von Nutzerzahlen ermittelt, dass Musik und Film die beliebtesten Kultursparten sind (Keuchel 10/2005).

Die breit angelegte ARD/ZDF-Kulturstudie aus dem Jahre 1989 ermittelte, das Literatur und Film die beliebtesten kulturellen Freizeitaktivitäten sind. An beiden Kulturbereichen sind jeweils zwei Drittel der Bevölkerung interessiert. Es folgen das Theater sowie Malerei und bildende Kunst (Frank 1991:185ff.).

6.2 Zuschauerprofile von Kultursendungen und Kulturmagazinen

Mit den Eigenschaften und Interessen der Rezipienten von öffentlich-rechtlichen Kultursendungen und -magazinen beschäftigen sich verschiedene Studien. Die Ergebnisse der ARD/ZDF-Kulturstudie beschreiben die unterschiedlichen Nutzergruppen ausführlich und sollen deshalb im Folgenden in aller Kürze dargestellt werden. Es wurde ermittelt, dass die Personengruppe, welche kulturelle Freizeitangebote überdurchschnittlich wahrnimmt (als Kernpublikum des Kulturbetriebs bezeichnet), zugleich Hauptziel- und Nutzergruppe von Programmen mit kulturellem Schwerpunkt ist. Dieses so genannte Stammpublikum von Kultursendungen wählt diese zudem gezielt aus. Vor allem die Kulturkanäle 3sat und arte werden von dieser Gruppe bevorzugt. Die Gruppe der Gelegenheitsnutzer, welche Kultursendungen sporadisch, jedoch immer noch überdurchschnittlich stark rezipiert, konsumiert kulturelle Angebote außer Haus mehr als der Durchschnitt, aber weniger stark als das Stammpublikum. Die dritte Personengruppe wird als die Unterhaltungsorientierten bezeichnet. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene gehören dieser Gruppe an. In ihrer Freizeit werden kulturelle Angebote selten bzw. zufällig genutzt, wobei hier der Kinobesuch überwiegt. Der häusliche Medienkonsum ist überdurchschnittlich hoch, kulturelle Angebote werden jedoch bewusst vermieden. Für das kulturferne Publikumssegment als vierte Gruppe sind Kultur außer Haus sowie mediale Kulturangebote kaum relevant (Frank 1991: 368ff.).

Das Ergebnis, nach welchem das Kernpublikum des Kulturbetriebes sogleich die Hauptnutzergruppe der Kulturprogramme ist, bestätigte sich in einer Untersuchung von Sabine Haas nicht (1994:442). Sie unterscheidet drei Rezipientengruppen, die Kultur-sendungen verfolgen: Zunächst ein Stammpublikum, welches generell ein hohes Interesse an Informationssendungen sowie zumindest ein geringes Interesse an Kultur besitzt, viel Fernsehen schaut und deshalb tendenziell häufiger auf Kultursendungen trifft als das von den Produzenten der Sendung definierte Zielpublikum (ebenda:445ff.). Diese gewünschte Zielgruppe der Macher der Kulturprogramme entspricht laut Haas dem Kernpublikum des Kulturbetriebes, welches in der ARD/ZDF-Kulturstudie definiert wird. Die Charakterisierung dieser Gruppe fällt jedoch anders aus als in der ARD/ZDF-Kulturstudie. Das Zielpublikum der Kulturmagazine und damit das Kernpublikum des Kulturbetriebs besteht, so Haas, aus aktiven Kulturkennern, welche wenig fernsehen, vielen anderen Freizeitbeschäftigungen nachgehen und – im Gegensatz zu den Ergebnissen der ARD/ZDF-Studie – eher selten Kulturprogramme einschalten (ebenda:449). Eine dritte Gruppe bezeichnet Haas als Zufallsseher. Diese Zuschauergruppe trifft ähnlich wie das Stammpublikum aufgrund eines hohen Fernsehkonsums häufig auf Kultursendungen. Es verfolgt diese allerdings nur dann, wenn die angebotenen Beiträge fesseln, was nur vereinzelt der Fall ist, da das Interesse an Kultur noch geringer ist als beim Stammpublikum (ebenda:448).

Ausschlaggebend für die Nutzung von Kultursendungen bei allen drei Rezipientengruppen sind „primär habituelle Nutzungsmuster“ (ebenda:448). Ein Nutzungsmuster ist beispielsweise, dass vor allem in der Prime Time ferngesehen wird. Ein Kulturmagazin, das also in diesem Zeitfenster gesendet wird, hat gute Chancen auch eingeschaltet zu werden. Ob eine Person eine Sendung letztlich auswählt und diese bis zum Ende anschaut, hängt von ihrem Bedürfnis nach Unterhaltung, Information oder von dem erwarteten Nutzen ab. Ein Kulturprogramm wird dabei häufig als anspruchsvoll und anstrengend eingestuft und deshalb abgelehnt. Angenommen wird es z.B. deshalb, weil es kürzer als ein Spielfilm ist und deshalb einen geringeren Zeitaufwand bedeutet (ebenda:448).

Im Gegensatz zur ARD/ZDF-Kulturstudie kann bei der Analyse von Haas der Hauptnutzer von Kultursendungen generell als Vielseher bezeichnet werden, mit einem gleichzeitig starken Interesse an Unterhaltung und Fiktion. Mehr als die Hälfte seiner Fernsehzeit wird darauf verwendet. Haas betont in diesem Zusammenhang, dass es keine spezifische Nutzergruppe gibt, welche ausschließlich Kulturprogramme im Rahmen der Fernsehnutzung anschaut (ebenda:445). Auch einen klaren Zusammenhang zwischen der Nutzung kultureller Inhalte des Fernsehens und kulturellen Freizeitaktivitäten wurde nicht gefunden. Denn vor allem die Nichtseher von Kulturprogrammen sind in ihrer Freizeit aktiver und gehen kulturellen Beschäftigungen nach.

Abschließend soll auf ein Dilemma hingewiesen werden, das die Programmverantwortlichen von Kultursendungen und -magazinen seit jeher plagt. Das Kernpublikum kultureller Programmangebote ist im Durchschnitt über sechzig Jahre alt und interessiert sich, wie oben erwähnt, vor allem für den Bereich der Hochkultur (Eckhardt 2005:71). Um jüngere Zuschauer anzusprechen, die ein eher breites Kulturverständnis besitzen, müssten demnach verstärkt Themen der Populär- und Alltagskultur vermittelt werden. Dies muss jedoch so geschehen, dass das ältere Publikum nicht verprellt wird (ebenda:71).

6.3 Anforderungen an die Gestaltung von Kulturmagazinen aus Zuschauersicht

Sabine Haas untersuchte in ihrer Studie ebenfalls die Anforderungen an Kulturmagazine aus Zuschauersicht, befragte dabei aber auch die Nicht-Nutzer (1994:446ff.). Bei beiden Gruppen wurden die gleichen Forderungen deutlich: Kultur im Fernsehen soll einen Überblick über neue Themen geben und Orientierung im Bereich der Kultur ermöglichen. Dabei ist eine allgemeinverständliche Präsentation äußerst wichtig. Die Kultursendung soll somit nicht nur an Kulturkenner adressiert sein sondern auch an das breite Publikum, welches sich zum Teil wenig mit Kultur befasst. Serviceangebote wie Veranstaltungstipps werden ebenfalls gewünscht. Eine Schwerpunktsetzung auf hochkulturelle Themen wird abgelehnt, ebenso wie eine künstlerische Gestaltung der Sendung (ebenda:449).

Auch Katharina Kuchenbuch trägt Anforderungen an die Gestaltung von Kulturmagazinen zusammen. Demnach wünschen sich jüngere und ältere Zuschauergruppen eine hohe Bildstärke sowie einen hohen persönlichen Nutzen (2005:69). Ob ein Magazin nach erstmaligem Sehen nochmals eingeschaltet wird, hängt stark von den Erwartungen und Anforderungen ab, welche der jeweilige Zuschauer an ein Magazin stellt.

Bezüglich des Themenspektrums der Magazine werden ebenfalls Forderungen laut. Kuchenbuch verlangt, dass der Kulturbegriff der Magazine grundsätzlich breit und vielfältig sein sollte (ebenda:69). Da jedoch ältere Zuschauer, die den größten Zuschaueranteil der Kulturmagazine ausmachen, vor allem hochkulturelle Themen bevorzugen, sollten diese Themen, so fordert Kuchenbuch, Hauptbestandteil der Kulturmagazine sein (ebenda:69).

Oliver Neiss fordert im Sinne der Zuschauer ebenfalls ein erweitertes Kulturverständnis, um dem heterogenen Publikum gerecht zu werden, verweist aber gleichzeitig darauf, dass durch ein hochkulturelles Programmangebot ebenfalls ein bedeutender Teil des Zielpublikums erreicht wird (2000:81). Peter Jordan bewertet dies ähnlich: „…denkbar ist eine Mischung von interessanten Basisinformationen und angemessenen Minderheiten-Service für anspruchsvolle Zuschauer“ (1982:132ff.).

6.4 Schlussfolgerung für die eigene Analyse

Das Interesse der Bevölkerung an Kultur ist ausgehend von den soeben vorgestellten Studien relativ niedrig. Das Hauptinteresse innerhalb der kulturinteressierten Bevölkerung gilt der Literatur, gefolgt vom Film, Musik, Theater und Malerei.

Die Nutzer der Kulturmagazine bestehen aus unterschiedlichen Gruppen, welche wiederum unterschiedliche Kulturverständnisse, Interessen und Gewohnheiten aufweisen. Die allgemeine Tendenz in der Bevölkerung geht in Richtung eines breiten Kulturverständnisses, wobei vor allem ältere Menschen, welche die Mehrheit der Rezipientengruppe der Kultursendungen darstellen, hochkulturelle Inhalte bevorzugen und populär- oder alltagskulturelle Phänomene tendenziell ablehnen. Auch die beliebtesten Freizeit-beschäftigungen der kulturinteressierten Bevölkerungsgruppe stammen aus dem Bereich der Hochkultur. Um jüngere bzw. weniger kulturinteressierte Zuschauer zu erreichen, sollte jedoch auch ein entsprechender Anteil an populär- und alltagskulturellen Themen vorhanden sein.

Es wird ersichtlich, dass es für die Macher der Magazine angesichts der vorherrschenden, unterschiedlichen Interessen nicht leicht ist, alle Gruppen gleichsam anzusprechen. Es besteht in diesem Zusammenhang jedoch, wie schon erwähnt, die Chance, dass gerade durch die Kulturvermittlung im Fernsehen solch unterschiedliche Interessengruppen vereint werden können.

Die Rezipientengruppe von Kultursendungen umfasst viele Gelegenheitsnutzer, die nur zufällig ein Kulturmagazin einschalten und in ihrer Freizeit eher selten kulturellen Aktivitäten nachgehen. Bei der Auswertung der Ergebnisse der nachfolgenden Analyse kann deshalb nur begrenzt eine Aussage darüber getroffen werden, ob den Interessen und Bedürfnissen der kulturinteressierten Rezipienten durch den Inhalt der Kulturmagazine entsprochen wird. Bei denjenigen Zuschauern jedoch, die sich auch in ihrer Freizeit kulturellen Beschäftigungen widmen und Zuschauer von Kulturmagazinen sind, scheint eine Gegenüberstellung sinnvoll zu sein.

Viele der Anforderungen an ein modernes Feuilleton finden sich schlussendlich auch in den Anforderungen an Kulturmagazine wieder, wie z.B. die Serviceorientierung, ein grundsätzlich breites Themenspektrum, hohe Verständlichkeit usw. In der nachfolgenden Analyse wird überprüft, inwieweit die derzeit ausgestrahlten Magazine diesen Anforderungen entsprechen.

An dieser Stelle soll abschließend die Schwierigkeit der Themenwahl durch die Verantwortlichen der Kulturmagazine zusammengefasst werden. Einerseits wurde deutlich, dass die Kulturmagazine nur dann Anteil an der Erfüllung des Kulturauftrags des öffentlich-rechtlichen Fernsehens haben, wenn sie vorrangig hochkulturelle Themen ausstrahlen. Zudem wird die Rückbesinnung auf diesen Bereich in der heutigen Infotainment- und Unterhaltungs-gesellschaft von vielen Seiten gefordert. Andererseits gelten hochkulturelle Inhalte als anspruchsvolles Minderheitenprogramm. Besonders jüngere Zuschauer, die eher ein erweitertes Kulturverständnis haben, werden dadurch verprellt. Die Inhaltsanalyse soll nun u.a. Aufschluss darüber geben, ob bzw. wie die Kulturmagazine dieses Dilemma lösen.

7 Untersuchungsdimensionen und Hypothesenbildung

Aus der theoretischen Aufbereitung und Problematisierung des Untersuchungsbereichs können Hypothesen abgeleitet werden, welche im Rahmen der empirischen Untersuchung auf ihre Gültigkeit überprüft werden und für diese leitend sind.

Es erfolgt eine Zuordnung der Hypothesen auf sieben Untersuchungsdimensionen, welche zur Beantwortung der zu Beginn der Arbeit formulierten grundsätzlichen Fragestellung herangezogen werden:

Auf welche Art und Weise wird im Rahmen der derzeit existierenden Kulturmagazine im öffentlich-rechtlichen Fernsehen über Kultur berichtet? Wie unterscheiden sich dabei die unterschiedlichen Sendergruppen sowie die einzelnen Magazine voneinander?

Um die Hypothesen zu erläutern, werden im folgenden Abschnitt nochmals Aspekte aus den vorangegangenen Kapiteln aufgegriffen.[27]

7.1 Präsentationsformen

Wenn untersucht wird, in welcher Art und Weise Kultur durch Magazine vermittelt wird, muss an erster Stelle die Analyse der Präsentationsformen erfolgen, die eingesetzt werden, um die Berichterstattung über Kultur lebhaft, interessant und anschaulich zu gestalten. Im Gegensatz zu den Feuilletons der Printmedien lässt sich Kultur im Fernsehen höchst bildattraktiv vermitteln. Von den Zuschauern zwar gefordert, geht dies jedoch, wie Kritiker bemängeln, auf Kosten von Ereignissen, die durch eine besondere kulturelle Leistung hervorstechen bzw. neu oder wichtig sind, sich jedoch weniger gut visuell umsetzen lassen. Was auch in anderen Bereichen des Fernsehens kritisiert wird, hat in den Kulturmagazinen eine besondere Relevanz. Da Kultursendungen generell als Minderheitenprogramme eingestuft werden und dem Quotendruck mehr ausgesetzt sind als massenattraktive Sendungen, kann angenommen werden, dass sie sich unterschiedlichster Präsentationsformen bedienen, um Kultur attraktiv zu vermitteln. Das reelle Erleben von Kultur im Theater oder in Ausstellungen ist zudem nicht vergleichbar mit der bloßen Vermittlung durch das Fernsehen, sodass die Notwendigkeit und auch der Anspruch der Magazinproduzenten besteht, Kultur durch entsprechende Ausschnitte aus Theaterstücken und Filmen, dem Einblenden von Kunstobjekten usw. für den Zuschauer zu Hause greifbar zu machen.

Eine erste Arbeitshypothese für die Inhaltsanalyse lautet somit:

1. Die Kulturmagazine nutzen unterschiedliche Möglichkeiten der Präsentation, um über Kultur zu berichten und diese anschaulich darzustellen.

Durch die Erhebung der Präsentationsformen lassen sich vermutlich auch erste Aussagen zu Mustern oder Auffälligkeiten bzw. zu Unterschieden zwischen den Magazinen der Hauptprogramme, der Dritten Programme und der Kulturkanäle treffen.

7.2 Themen und Kulturverständnis

Die Kulturmagazine zeichnen sich durch wechselnde Inhalte und ein wechselndes Kulturverständnis aus. Ziel dieser Analyse ist es herauszufinden, welche Themen von den derzeit ausgestrahlten Kulturmagazinen bearbeitet werden und welches Kulturverständnis ihnen zugrunde liegt. Die Haupthypothese dieser Dimension lautet:

2. Das Themenspektrum der Kulturmagazine ist nicht auf einen Kulturbegriff begrenzt sondern

vielfältig.

Begründet werden kann diese Annahme damit, dass derzeit grundsätzlich ein erweitertes Kulturverständnis innerhalb der Gesellschaft vorherrscht und sich die Magazine diesem anpassen, wie in der Studie von Kreutz ermittelt wurde. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass die Magazine tendenziell eine große Zuschauerzahl erreichen möchten und auch deshalb ein breites Themenspektrum anbieten. Hochkulturelle Themen gelten dagegen als anspruchsvoll und als Minderheitenprogramm. Ferner setzen sie ein gewisses Vorwissen beim Zuschauer voraus. Die Erfüllung des Kulturauftrags erfolgt jedoch vorrangig durch die Ausstrahlung hochkultureller Inhalte. Aufgrund dieses Umstandes, der Ergebnisse verschiedener Studien sowie aus den Erfahrungen im Feuilleton liegt vermutlich nach wie vor ein Schwerpunkt auf hochkulturellen Themen.

2a. Der Schwerpunkt liegt auf Themen der Hochkultur.

Die zwei ältesten Kulturmagazine aspekte und ttt verbindet eine lange Tradition und eine gewisse Beständigkeit. Vor allem die Magazine der Dritten Programme sowie die der Kulturkanäle sind im Gegensatz dazu recht jung und ihnen liegt vermutlich ein erweiterter Kulturbegriff zugrunde. In den Dritten Programmen wurde seit dem Sendebeginn viel experimentiert, Kulturmagazine kamen und gingen. Das Themenspektrum dieser Magazine ist vermutlich weiter als das der traditionellen Magazine von ARD und ZDF.

2b. Das Themenspektrum der Kulturmagazine der Dritten Programme sowie der Kulturkanäle ist

weiter als das der Kulturmagazine von ARD und ZDF.

Der Aufbau der Magazine folgt häufig einem bestimmten Schema:

2c. Im ersten Beitrag der Kulturmagazine geht es zumeist um ein Thema aus dem Bereich der

Alltagskultur. Anspruchsvolle, hochkulturelle Themen werden dagegen oftmals am Ende des

Magazins gesendet.

Die Studie von Anja Kreutz ergab, dass vor allem das Magazin ttt Missstände und Skandale thematisiert und damit das Konzept der Aufklärung verfolgt. In der Analyse soll dieses Ergebnis erneut einer Prüfung unterzogen werden.

2d. Das Kulturmagazin ttt thematisiert im Vergleich zu anderen Magazinen verstärkt Missstände und

Skandale.

Um die Bedürfnisse der Zuschauer zu erfüllen ist anzunehmen, dass sich das Themenspektrum der Kulturmagazine an den in unterschiedlichen Studien ermittelten favorisierten Kulturbereichen der kulturinteressierten Bevölkerung in Deutschland orientiert. Eine weitere These dieser Untersuchungsdimension lautet deshalb:

2e. Das Themenspektrum der Kulturmagazine spiegelt die in Studien ermittelten, favorisierten

Kulturinteressen der Bevölkerung wieder.

Der politische Bezug der Themen, über die Kulturmagazine berichten, ist tendenziell vorhanden, jedoch gering. Aus dem theoretischen Teil der Analyse kann entnommen werden, dass vor allem die Magazine Kulturzeit, ttt und aspekte einen solchen politischen Bezug aufweisen. Die abschließende Hypothese in dieser Dimension lautet deshalb:

2f. Das Magazin Kulturzeit sowie die Magazine ttt und aspekte berichten im Gegensatz zu anderen

Magazinen verstärkt über Themen mit politischem Bezug.

7.3 Geografischer Bezug

Die Dritten Programme sind in vielen Bereichen ihrer Programmstruktur regional ausgerichtet. Dasselbe trifft auch auf deren Kulturmagazine zu. In den Programm-ankündigungen dieser Magazine findet man zudem häufig den Hinweis auf eine regionale Schwerpunktsetzung, sodass eine weitere Arbeitshypothese lautet:

3. Die Kulturberichterstattung der Magazine in den Dritten Programmen weist einen erheblich regionalen Bezug auf.

Aus der Literatur konnte entnommen werden, dass die Magazine der beiden Hauptprogramme einen erweiterten geografischen Bezug aufweisen. Vor allem beim Kulturmagazin ttt der ARD ist dies zu erwarten, da es Nachfolger des Magazins Kulturweltspiegel ist, dessen Berichterstattung auf internationale Kulturereignisse ausgerichtet war. Auch die Magazine der Kulturkanäle 3sat und arte behandeln verstärkt internationale Ereignisse, was auch darin begründet ist, dass an beiden Sendern mehrere europäische Länder beteiligt sind.[28] arte strahlt zudem als einziger Sender ein als „europäisch“ bezeichnetes Kulturmagazin aus. Die Hypothese lautet demnach:

4. Die Kulturmagazine von ARD und ZDF sowie die der Kulturkanäle berichten im Vergleich zu den Magazinen der Dritten Programme verstärkt über internationale Themen.

7.4 Servicecharakter

Eine Anforderung an den modernen Kulturjournalismus in den Printmedien ist die Einrichtung von Serviceangeboten als Mehrwert für den Leser. Auch in Studien, welche sich mit den Anforderungen an Kulturmagazine aus Zuschauersicht beschäftigen, wurde der Wunsch der Rezipienten deutlich, Serviceangebote in Form von Veranstaltungs- oder Buchtipps zu erhalten. Nach dem ersten Sichten der Magazine konnte festgestellt werden, dass vor allem jene Magazine serviceorientiert ausgerichtet sind, welche auf den ersten Blick ein breites Themenspektrum aufweisen. Diese Annahme soll in der Analyse überprüft werden.

5. Magazine mit einem erweiterten Kulturbegriff enthalten mehr Serviceangebote als Magazine mit einem engen, hochkulturellen Kulturverständnis.

7.5 Aktualität

In dieser Untersuchungsdimension soll der von vielen Experten kritisierte Sachverhalt untersucht werden, dass die Themenauswahl innerhalb der Kulturmagazine vor allem anhand deren Aktualität erfolgt. Die Hypothese lautet deshalb wie folgt:

6. Die Mehrzahl der Beiträge der Kulturmagazine beschäftigt sich mit aktuellem Kulturgeschehen. Nicht-aktuelle, langfristige Entwicklungen werden dagegen seltener thematisiert.

7.6 Unterhaltsamkeit

Schon in den siebziger Jahren, aber vor allem nach Einführung des dualen Rundfunksystems haben Unterhaltungssendungen sowie unterhaltende Elemente in Magazinen mit informierenden oder politischen Charakter stark zugenommen. Diesem Trend, der als Infotainment bezeichnet wird, konnten sich auch die als anspruchsvoll geltenden Kulturmagazine nicht widersetzen, zumal diese stets um Einschaltquoten kämpfen müssen. Studien zu den Nutzergruppen der Kulturmagazine erbrachten zudem den Befund, dass diese zum größten Teil aus Zufallsnutzern bestehen, welche sich nicht unmittelbar für Kunst und Kultur interessieren und gezielt ein Kulturmagazin einschalten, sondern die Sendung je nach temporären Interesse und gefühltem Nutzwert anschauen. Unterhaltsame Elemente können in diesem Kontext eingesetzt werden, um die Attraktivität der Sendung zu erhöhen und die Zuschauerbindung zu fördern. Grundsätzlich kann somit angenommen werden:

7. Die Magazine setzen unterhaltende Elemente ein, um die anspruchsvollen Kulturthemen aufzulockern.

Die Strategie des Personalisierens – eine Möglichkeit, die Unterhaltsamkeit zu erhöhen – hat wie im theoretischen Teil beschrieben sowohl im Feuilleton der Printmedien als auch in den Kulturmagazinen eine lange Tradition.[29] Für die Analyse kann somit angenommen werden:

7a. Kulturgeschehen wird häufig anhand von handelnden Personen dargestellt.

Besonders bei der Berichterstattung über anspruchsvolle, hochkulturelle Themen verfolgen die Magazine vermutlich die Strategie des Personalisierens, um einen attraktiven Rahmen für die Zuschauer zu schaffen und deren Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten.

7b. Besonders Beiträge aus dem Bereich der Hochkultur berichten über Kulturthemen, indem sie Personen

in den Mittelpunkt rücken.

7.7 Verständlichkeit

Ein Vorwurf, welcher den Feuilletons der Printmedien sowie den Kulturmagazinen von ARD und ZDF besonders in deren Anfangszeit gemacht wurde, ist die mangelnde Verständlichkeit. Ausgehend der Tatsache, dass vor allem hochkulturelle Themen ein bestimmtes Vorwissen voraussetzen sowie anspruchsvoller sind als populär- bzw. alltagskulturelle Themen, wird die abschließende Arbeitshypothese formuliert:

8. Beiträge, in welchen über ein hochkulturelles Thema berichtet wird, sind unverständlicher als Beiträge

aus dem Bereich der Populär- oder Alltagskultur.

8 Die Inhaltsanalyse

Innerhalb der empirischen Sozialforschung wird grundsätzlich zwischen vier verschiedenen Methoden der Datenerhebung unterschieden – der Beobachtung, dem Experiment, der Befragung und der Inhaltsanalyse (vgl. z.B. Diekmann 2004). Letztere soll in vorliegender Arbeit angewandt werden, um die soeben formulierten Hypothesen zu überprüfen und schlussendlich eine Beschreibung der Kulturvermittlung durch Magazine zu ermöglichen. Die Verwendung einer anderen Methode wie beispielsweise der Befragung von Kulturredakteuren bzw. den Produzenten von Kulturmagazinen wäre prinzipiell ebenfalls möglich, jedoch mit mehr Schwierigkeiten und Aufwand verbunden. Es besteht bei dieser Methode außerdem die Gefahr, vor allem bei kontroversen Fragen subjektiv gefärbte Realitätsbeschreibungen zu erhalten (ebenda:383). Der zusätzliche Einsatz solch einer Befragung – beispielsweise in einer Folgeuntersuchung – wäre jedoch sinnvoll; die Ergebnisse könnten mit denen der vorliegenden Untersuchung verglichen werden.

Als Inhaltsanalyse bezeichnet man eine empirische Methode zur systematischen und möglichst objektiven Beschreibung von Text-, Bild- oder Toninhalten. Als Begründer des Begriffs „content analysis“ gilt Harold D. Lasswell, systematisch definiert wurde dieser jedoch erstmals durch Bernard Berelson: „Content analysis is a research technique for the objective, systematic and quantitative description of the manifest content of communication” (Berelson 1952, zitiert nach Merten 1995:48).

Die von Berelson vorgelegte Definition führte in der Vergangenheit immer wieder zu Diskussionen über eine rein quantitative oder eine rein qualitative Vorgehensweise. Dieser Methodenstreit ist heute jedoch beendet – die Komplementarität beider Vorgehensweisen gilt als allgemein anerkannt. Quantitative und qualitative Merkmale sind, so Werner Früh, nahezu bei jeder Untersuchung miteinander gekoppelt (2004:67).

Früh legte eine der bekanntesten Definitionen zur Inhaltsanalyse vor, in welcher die Kriterien von Berelson nur noch teilweise aufgeführt und ein weiteres Untersuchungsfeld erschlossen wurde:

„Die Inhaltsanalyse ist eine empirische Methode zur systematischen, intersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen; (häufig mit dem Ziel einer darauf gestützten interpretativen Inferenz)“ (ebenda:25).

Werner Früh und Andreas Diekmann bezeichnen neben den klassischen Textanalysen zudem ausdrücklich Bilder als Untersuchungsobjekte (Früh 2004:40 und Diekmann 2004:481). Die Methode ist somit auch für die Analyse von Fernsehsendungen geeignet. Ein Problem der Methode stellt der Informationsverlust dar, der beim Erreichen des Ziels jeder Untersuchung, nämlich der Reduktion von Komplexität, zwangsläufig eintritt (Früh 2004:39). Im besonderen Fall der Analyse von Fernsehsendungen muss der Verlust von Informationen aufgrund der Gegebenheiten akzeptiert werden, dass zum einen der eventuelle Einfluss vieler Gestaltungsmerkmale (z.B. Kameraperspektive, Bild-Text-Verhältnis, Bildaufbau und Bildeinstellungen) auf die Forschungsfrage aus zeitlichen Gründen nicht berücksichtigt werden kann. Zum anderen werden Mitteilungsmerkmale nach bestimmten Kriterien vorgegebenen Kategorien zugeordnet und somit klassifiziert. Diese Klassifizierung kann allerdings nur grob durchgeführt werden und wird der Vielfalt an Gestaltungsformen im Fernsehen nicht annähernd gerecht. Früh ist jedoch der Ansicht, dass dieser Informationsverlust erst die Neugewinnung von Informationen voraussetzt, welche auf anderem Wege nicht zu erzielen wären. Die Anwendung der Methode zwingt somit dazu, diese Einschränkungen zu akzeptieren (2004:40).

Die Inhaltsanalyse bzw. deren einzelne Untersuchungsschritte wurden im Laufe der Zeit mehr oder weniger standardisiert, um durch ein systematisches Vorgehen intersubjektive Nachvollziehbarkeit und Objektivität zu erzielen. Die vorliegende Inhaltsanalyse orientiert sich an dem von Früh vorgeschlagenen Untersuchungsablauf (ebenda:96). Ihre tatsächliche Wissenschaftlichkeit lässt sich anhand der Vollständigkeit und der Trennschärfe der Kategorien, der Invarianz der Vercodungsregeln sowie anhand der Systematik des Verfahrens messen (ebenda:97).

Die Erfüllung einiger dieser Anforderungen, welche sich auf das zugrunde liegende Kategoriensystem der Analyse beziehen, lassen sich durch die Prüfung der Reliabilität, d.h. der Verlässlichkeit des methodischen Instrumentariums kontrollieren. Im Rahmen eines Intracoder- sowie eines Intercoder-Reliabilität-Tests wird ermittelt, inwieweit das Kategoriensystem unmissverständlich sowie präzise aufgestellt und wie korrekt es angewendet wurde (ebenda:108). Die Ergebnisse der Reliabilitätstests sind in Kapitel 9.4 dokumentiert.

9 Untersuchungsdesign

9.1 Untersuchungszeitraum

Der Untersuchungszeitraum wurde zunächst vom 23. Oktober bis 26. November 2006 gewählt. In dieser Zeit sollten elf wöchentlich ausgestrahlte Kulturmagazine über fünf Wochen aufgezeichnet werden, um diese später zu untersuchen. Ebenfalls in dieser Zeit wurde das tägliche Kulturmagazin Kulturzeit als fiktive Woche aufgezeichnet und in die Untersuchung aufgenommen.[30] Aufgrund von technischen Störungen bzw. Sondersendungen oder Sende-pausen einzelner Magazine konnten nicht alle Magazine im oben genannten Untersuchungszeitraum aufgezeichnet werden. Um jedoch von jedem Magazin insgesamt fünf Ausgaben analysieren zu können, wurde die Woche vom 27. November bis 3. Dezember zusätzlich in den Untersuchungszeitraum aufgenommen. Dieser Zeitraum diente somit zur Datenerhebung für Magazine, bei denen die Aufzeichnung von fünf Ausgaben im ursprünglich gewählten Untersuchungszeitraum nicht möglich war.

Um zwei tägliche Magazine als Exkurs dieser Arbeit miteinander zu vergleichen, wurde nachträglich ebenfalls über fünf Wochen das Magazin arte Kultur vom 20. November bis 23. Dezember aufgezeichnet.[31]

Es ergibt sich somit folgender Untersuchungszeitraum:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


[1] Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss die Grundversorgung der Bevölkerung mit Information, Bildung, Kultur- und Minderheitenprogrammen gewährleisten. Dies wurde im so genannten Niedersachsenurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 04.11.1986 festgeschrieben (vgl. z.B. Neiss 2000:38). Weitere Ausführungen dazu finden sich in Kapitel 4.1 dieser Arbeit.

[2] Einen Überblick über diese Magazine enthält Kapitel 9.2, S.47.

[3] In der Arbeit werden drei Sendergruppen unterschieden: Die Hauptprogramme ARD und ZDF, die Dritten Programme sowie die Kulturkanäle.

[4] In diesem Zusammenhang wird häufig von einem inflationären Gebrauch des Begriffs Kultur gesprochen, welcher auf ein gebrochenes Selbstverständnis hindeutet (vgl. z.B. Negt 1996).

[5] Ein beliebtes Sprichwort in Kulturredaktionen.

[6] Der Boom ist vor allem auf die Etablierung eines politischen Feuilletons in den achtziger Jahren zurückzuführen (Jessen 2002:29f.). Das Themenfeld Politik ist in den letzten Jahrzehnten stark angewachsen und macht heute einen Anteil von circa 15 Prozent am gesamten Themenspektrum des Kulturteils aus (Reus 2006:13).

[7] Gründe für diese Einschätzung sind zum einen die Einschaltquoten der Kulturmagazine, welche höher sind als z.B. die Leserzahlen der Kulturteile der Printmedien (Einschaltquoten der Kulturmagazine dokumentiert auf den jeweiligen Websites der Fernsehsender; Reichweite der wichtigsten Zeitungen und Zeitschriften dokumentiert durch die Allensbacher Werbeträger-Analyse). Zum anderen wird in Kapitel 6 deutlich, dass auch weniger Kulturinteressierte Kultursendungen und -magazine einschalten (vgl. z.B. Haas 1994:448).

[8] Die Rundfunkhoheit wird aus der Kulturhoheit der Länder abgeleitet, welche im Grundgesetz in den Artikeln 30, 70 ff. und 83 ff. indirekt geregelt ist.

[9] Beispielhaft sollen an dieser Stelle Passagen aus dem Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31.08.1991 zitiert werden. In der Präambel wird ausgeführt: „Im Zuge der Vermehrung der Rundfunkprogramme in Europa durch die neuen Techniken sollen Informationsvielfalt und kulturelles Angebot im deutschsprachigen Raum verstärkt werden“ (RStV in der neunten Fassung vom 31.07. bis 10.10.2006). Weiter heißt es im Abschnitt II: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat (…) Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten“ (RStV in der neunten Fassung vom 31.07. bis 10.10.2006).

[10] Zu nennen sind z.B. die Studien von Udo Michael Krüger (jährlich), Oliver Neiss (2000), Helmut Volpers und Hans-Jürgen Weiss (1992) sowie die Kulturstudien von ARD und ZDF 1989 (Frank 1991) und 1999 (Dubrau 2000).

[11] Der Marktanteil von 3sat lag im Jahr 1994 bei 1 Prozent, von arte bei 0,2 bis 0,5 Prozent (vgl. Krüger 1995:194). Im Jahr 2006 konnten sich beide Sender nicht wesentlich steigern. 3sat lag gleich bleibend bei 1,0 Prozent, arte bei 0,5 Prozent. Innerhalb dieses Zeitverlaufes gab es keinerlei größere Schwankungen (Gerhard 2006).

[12] Der Anteil von kulturellen Informationssendungen an der Gesamtsendezeit im Jahre 1990 betrug bei ARD 2,5 Prozent, beim ZDF 4,1 Prozent (Krüger 1991:301). Bis zum Jahre 2000 reduzierte sich dieser Anteil bei ARD auf 1,9 Prozent, beim ZDF auf 2,1 Prozent (Krüger 2001:335). Im Jahre 2005 betrug der Anteil von Kultur/Wissenschaft/Religion (diese drei Sachbereiche wurden zusammengefasst) an der Gesamtsendezeit bei ARD 7,2 Prozent, beim ZDF 8,3 Prozent (Krüger 2006a:211). Die relativ hohen Werte kommen zustande, weil kulturelle Informationssendungen nicht mehr separat erfasst wurden.

[13] Eine Vorstellung verschiedener Studien zur Kulturberichterstattung durch Kulturmagazine findet sich in Kapitel 5.3.

[14] Fensterprogramme müssen bisher nur RTL und Sat.1 ausstrahlen.

[15] Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland §25 Abschnitt 4.

[16] Im Vergleich dazu erreichten die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF Anteile in Höhe von 7,2 bzw. 8,3 Prozent (Krüger 2006a:211).

[17] Dazu zählen im engeren Sinne die Magazine 10 vor 11 bei Sat.1 sowie das Mitternachtsmagazin bei VOX.

[18] In der Vergangenheit verzichteten einige Magazine auf den Einsatz eines Moderators (das Kulturmagazin titel thesen temperamente von der Einführung bis zum Jahre 2006) oder nutzen einen computeranimierten Moderator, wie das Lifestyle-Magazin Traugott auf VOX. Die Kulturmagazine Metropolis und Capriccio werden heute ebenfalls ohne Moderator gesendet.

[19] Im Folgenden abgekürzt mit ttt. Das Magazin ttt wird vom ersten Fernsehprogramm der ARD – Erstes Deutsches Fernsehen – gesendet. Im Folgenden wird der Sender der Einfachheit halber nur als ARD bezeichnet.

[20] Das Magazin aspekte wurde beispielsweise von Januar 1992 bis Oktober 1993 nur noch vierzehntägig ausgestrahlt.

[21] Siehe dazu Tabelle 1 auf Seite 47: Überblick über die derzeit existierenden und in die Analyse aufgenommenen Kulturmagazine der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender.

[22] In zwei qualitativen Ted-Quotenuntersuchungen wurde eine höhere Zuschauerzahl, nämlich 500.000, ermittelt. Die Messungen der Quote bei Minderheitenprogrammen durch die GfK sind, so Gerd Scobel, nur bedingt zuverlässig (7/2001).

[23] Neiss analysierte 147 Beiträge aus insgesamt 33 Sendungen von 13 verschiedenen Kulturmagazinen, wobei das Magazin Kulturzeit aufgrund seiner täglichen Ausstrahlung gut ein Drittel aller analysierten Beiträge lieferte. Der Untersuchungszeitraum betrug 13 Tage (2000:125ff.).

[24] Klein macht jedoch keine Angaben dazu, in welchem Zeitraum diese Zunahme stattfand.

[25] Nach Herbert P. Grice (1979) sind die klassischen Ansprüche für Informationskommunikation Informativität (Aktualität/Neuigkeitswert), Fundiertheit (Objektivität), Wahrhaftigkeit (Zuverlässigkeit), Relevanz (Nachrichtenwert) sowie Klarheit (Verständlichkeit); vgl. Klein 1998:103.

[26] Die Studie des Südwestrundfunks und die des Freizeit-Forschungsinstituts der British American Tobacco sind nur eingeschränkt vergleichbar, da in beiden Befragungen unterschiedliche Zeiträume für das Ausführen kultureller Freizeitaktivitäten angegeben wurden (Häufigkeit einer kulturellen Freizeitaktivität in einer Woche bzw. in einem Monat; daraus wurde das allgemeine Interesse an Kultur abgeleitet). Die Tendenz, dass Kultur auf dem untersten Rang der Interessen liegt, ist jedoch eindeutig.

[27] In den folgenden Ausführungen wird auf die Angabe von Quellen weitestgehend verzichtet, da diese schon im theoretischen Teil der Arbeit aufgeführt wurden.

[28] 3sat ist eine Gemeinschaftseinrichtung der Sender ZDF, ORF, SRG (vertreten durch das Schweizer Fernsehen) und den Fernsehanstalten der ARD. Am Kulturkanal arte sind arte France und die arte Deutschland GmbH beteiligt, an der wiederum ARD und ZDF je zur Hälfte Anteile besitzen.

[29] Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle angemerkt, dass die Personalisierung innerhalb der Nachrichtenwerttheorie nach Winfried Schulz einen Indikator für den Nachrichtenfaktor Identifikation darstellt (Schulz 1990:34).

[30] Der Aufnahmerhythmus der täglichen Magazine erfolgte als fiktive Woche, also in Woche 1 Aufzeichnung am Montag, in Woche 2 Aufzeichnung am Dienstag,…, in Woche 5 Aufzeichnung am Freitag.

[31] Ursprünglich war nicht vorgesehen, das Magazin arte Kultur mit in die Analyse aufzunehmen, da es täglich nur zehn Minuten Sendezeit umfasst. Um jedoch zumindest einen ersten Eindruck von möglichen Eigenheiten der beiden einzigen existierenden täglichen Kulturmagazine zu erhalten, wurde es nachträglich mit in die Analyse aufgenommen. Dadurch wurde – aufgrund des unterschiedlichen Untersuchungszeitraumes – zwar erneut die Vergleichbarkeit eingeschränkt. Die Analyse dieses Magazins ergab jedoch interessante Erkenntnisse, sodass es trotz der genannten Problematik mit in die Arbeit aufgenommen wurde.

Ende der Leseprobe aus 202 Seiten

Details

Titel
Kultur im Programm. Kulturmagazine im öffentlich-rechtlichen Fernsehen
Untertitel
Eine inhaltsanalytische Untersuchung
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft)
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
202
Katalognummer
V75944
ISBN (eBook)
9783638728072
ISBN (Buch)
9783638730419
Dateigröße
1550 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Mit Bestnote bewertet.
Schlagworte
Kultur, Programm
Arbeit zitieren
Magister Artium Heike Barth (Autor:in), 2007, Kultur im Programm. Kulturmagazine im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75944

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