Löffingen: Stadt auf der Baar im Umbruch? - Eine Lokaluntersuchung


Magisterarbeit, 2003

129 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

Verzeichnis der Abbildungen

Verzeichnis der Photos

Verzeichnis der Tabellen und Karten

I. Einleitung

II. Ziele, Methoden und Quellen der Untersuchung
II.A Ziele der Untersuchung
II.B Methoden und Quellen der Untersuchung
II.B.1 Methoden-Mix quantitativer und qualitativer Vorgehensweisen
II.B.2 Quellen der Untersuchung

III. Einordnung der Untersuchung und theoretischer Hintergrund

IV. Locality Study - Löffingen
IV.A Löffingen - Kleinstadt auf der Westbaar
IV.A.1 Naturraum, großräumige Lage
IV.A.2 Historische Entwicklung
a.) Die Anfänge der Siedlungstätigkeit auf der Westbaar
b.) Löffingen als Siedlung der alemannischen Landnahme und fränkischer Zentralort
c.) Blühende Handels- und Ackerbürgerstadt des Hochmittelalters und der frühen Neuzeit
d.) Abschwung wegen verpasster Industrialisierung
e.) Die Situation nach dem 2. Weltkrieg
IV.B Bevölkerung
IV.B.1 Entwicklung der Bevölkerung
IV.B.2 Erwerbsstrukturen und Pendlerverhalten
a.) Erwerbsstrukturen
b.) Pendlerverhalten
IV.C Wirtschaftlicher Wandel
IV.C.1 Fördermaßnahmen
IV.C.2 Industrie und Handwerk
a.) Entwicklung von Industrie und Handwerk im Überblick
b.) Niedergang Studer-Revox/ IMS Connector Systems
c.) Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt
d.) Interkommunales Gewerbegebiet B
IV.C.3 Dienstleistungen - innerstädtischer Einzelhandel
IV.C.4 Fremdenverkehr
IV.C.5 Landwirtschaft
IV.C.6 Forstwirtschaft
IV.D Jüngere städtebauliche und infrastrukturelle Maßnahmen
IV.D.1 Veränderung der Stadt
a.) Gliederung des Stadtgebietes
b.) Altstadtsanierung und Umgestaltung der Innenstadt
c.) Neubaugebiete
d.) Gemeinbedarfseinrichtungen
IV.D.2 Verkehrssituation
a.) Straßenverkehr
b.) Öffentlicher Personen Nahverkehr (ÖPNV)
IV.D.3 Energiestadt Löffingen?

V. Stärken-Schwächen-Analyse
V.A Polaritätsprofil und Stärken-Schwächen Analyse Löffingens:Befragungsergebnisse
V.A.1 Polaritätsprofil
V.A.2 Stärken
a.) Hohe Lebensqualität
b.) Großräumige Verkehrslage
c.) Erschließung durch Öffentlichen Personen Nahverkehr
d.) Finanzkraft der Stadt
e.) Sozial-/ Bildungs- und Kultureinrichtungen
V.A.3 Schwächen
a.) Stadtimage
b.) Fehlende Entwicklungsziele
c.) Lokale Arbeitsmarktsituation
d.) Zusammenarbeit Verwaltung, Gemeinderat und Bürgerschaft
V.B Die Rolle der kommunalen und regionalen Akteure

VI. Zusammenfassung und Ausblick

VII. Literatur

VIII. Anhang
VIII.A GesprächspartnerInnen

Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 1 Bevölkerungsentwicklung Gesamtstadt Löffingen 1871 -2002

Abb. 2 Bevölkerungsentwicklung Löffinger Ortsteile1980 - 2002

Abb. 3 Bevölkerungsbilanzen Löffingen 1991 - 2002

Abb. 4 Bevölkerungsentwicklung ausgewählter Gemeinden 1950 -2002

Abb. 5 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Wirtschaftssektoren in Löffingen 1960 - 2001

Abb. 6 Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Löffingen 1975 -2001

Abb. 7 Zielorte der Auspendler (1999)

Abb. 8 Herkunftsorte der Einpendler (1999)

Abb. 9 Handwerksunternehmen nach Gewerbezweigen (1995)

Abb. 10 Arbeitslose in Löffingen 1992 - 2002 (jeweils zum 30. Juni)

Abb. 11 Hebesätze Grund- und Gewerbesteuer im Vergleich (2001)

Abb. 12 Ankünfte und Übernachtungen in Löffingen 1984 - 1997(ohne Dittishausen)

Abb. 13 Bettenauslastung und Aufenthaltsdauer (1999)

Abb. 14 Ankünfte und Übernachtungen ausländischer Gäste (2001)

Abb. 15 Anteil landwirtschaftlich genutzter Fläche (2001)

Abb. 16 Anteil landwirtschaftlich genutzter Fläche - Ortsteile im Vergleich (2001)

Abb. 17 Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe 1960 - 2001

Abb. 18 Entwicklung der Betriebsgrößen 1991 -2001

Abb. 19 Anbau nach Fruchtarten 1979 -1999

Abb. 20 Bewaldungsgrad 1965 und 1989

Abb. 21 Waldbesitzverteilung auf Löffinger Gebiet 1975 - 2002

Abb. 22 Entwicklung der Baumartenmischung 1875 -2002

Abb. 23 Baugenehmigungen Löffingen 1979 -2001

Abb. 24 Schuldenstand Löffingen 1960 -2001

Verzeichnis der Photos

Photo 1 Typische Baarlandschaft nordwestlich von Löffingen am Ochsenberg

Photo 2 Muschelkalkwand in der Wutachschlucht

Photo 3 Maienländer Tor

Photo 4 Verkehrsberuhigende Maßnahmen in der Kirchstraße im Rahmen der Altstadtsanierung

Photo 5 Durch MEKA-Gelder unterstützte Offenhaltung der Landschaft und Heckenpflege nördlich von Löffingen im Gewann Bannholz

Photo 6 Teile des ehemaligen Benzgeländes im Jahr

Photo 7 Die Betriebsgebäude von Studer-Revox im Schlempental

Photo 8 Von IMS Connector Systems genutztes ehemaliges Studer-Revox Betriebsgebäude

Photo 9 IKG B 31 - geplanter zweiter Bauabschnitt zwischen Bebauung und B

Photo 10 Betriebsgebäude der Firma Föhrenbach mit Photovoltaikanlage in Unadingen

Photo 11 Blick aus der Vogelperspektive über die Altstadt nach Süden

Photo 12 Die Untere Hauptstraße in der Löffingen Innenstadt

Photo 13 Blick über Dittishausen nach Norden

Photo 14 Modernisiertes landwirtschaftliches Anwesen mit Ferienwohnungen in Reiselfingen

Photo 15 Landwirtschaftliche Nutzflächen im Gewann Aschbühlzwischen Löffingen und Unadingen

Photo 16 Landwirtschaftliche Betriebsgebäude auf der “grünen Wiese” im Gewann Hohwangen südöstlich von Löffingen

Photo 17 Fichtenwald im Wuchsbezirk “Baar-Schwarzwald” Distrikt Balzwald

Photo 18 Junger Mischwald im Wuchsbezirk “Baar-Schwarzwald” Gewann Sandwiesen

Photo 19 Der Stadtteil Maienland

Photo 20 Blick über den Reichberg

Photo 21 Kultur- und Fremdenverkehrszentrum

Photo 22 Potentielles Wohngebiet in den Gewannen Hofäcker und Oberwiesen im Löffinger Nordwesten

Photo 23 Drei-Schluchten-Halle Bachheim

Photo 24 Bahnhof Löffingen - zukünftige Mobilitätszentrale?

Photo 25 Der Aschbühl - potentieller Standort für einen Windpark

Verzeichnis der Tabellen

Tabelle 1 Vergleich quantitativer und qualitativer Methoden

Tabelle 2 Wichtige Daten der Löffinger Stadtgeschichte

Tabelle 3 Polaritätsprofil Löffingen

Tabelle 4 Stärken-/ Schwächenbewertung

Tabelle 5 Liste der GesprächspartnerInnen

Verzeichnis der Karten

Karte 1 Großräumige Lage Löffingens

Karte 2 Innerstädtischer Einzelhandel

Karte 3 Innerstädtischer Einzelhandel

Karte 4 Naturräumliche Gliederung der Westbaar

Karte 5 Gliederung des Stadtgebietes

I. Einleitung

Obwohl Löffingen zu den größeren Gemeinden des Landkreises Breisgau- Hochschwarzwald zählt, fehlt bis heute eine geographische Gesamtbetrachtung. Zwar wurden Teilaspekte der Entwicklung Löffingens nach dem 2. Weltkrieg von BRITTINGER (1975) in einer Dissertation beleuchtet, doch scheint es interessant zu sein die Weiterentwicklung der Stadt in jüngerer Zeit zu beobachten, und zu untersuchen inwiefern sich Löffingen aktuell im Umbruch befindet.

Dass sich Löffingen im Umbruch befinden könnte, lassen Überschriften wie “Einstieg in die Stadtzukunft?”, “IMS Connector Systems baut erneut massiv Stellen ab”, “B 31 Ausbau kommt 2004" oder “mehr Schwung für den Tourismus?” in der lokalen Presse erahnen. Ein Stadtrundgang durch die sanierte Altstadt, die schnell wachsenden Neubau- und Gewerbegebiete und eine Fahrt durch die Ortsteile bestätigen dies als ersten Eindruck.

Deshalb verfolgt die vorliegende Arbeit vor allem zwei Ziele. Zum einen soll eine umfangreiche Bestandsaufnahme, in welche die historische Entwicklung, die einzelnen Wirtschaftssektoren, sowie bauliche Veränderungen in der Stadt Löffingen einfließen, vorgenommen werden. Zum anderen sollen auf dieser Grundlage dann Stärken und Schwächen der Stadt aufgezeigt werden. In diese Analyse fließen auch Bewertungen kommunaler und regionaler Experten mit ein. Am Ende soll dann ein kleiner Ausblick auf die mögliche weitere Entwicklung Löffingens gegeben, und Perspektiven für die Kleinstadt aufgezeigt werden.

Die Arbeit stellt somit eine “locality study” im Rahmen der “new regional geography” dar.

II. Ziele, Methoden und Quellen der Untersuchung

II.A Ziele der Untersuchung

Am Anfang der Untersuchung erscheint es sinnvoll die Wahl der Methoden zu begründen und verwendete Quellen aufzulisten (Kapitel II.B).

Im theoretischen Teil werden zunächst kurz verschiedene Aspekte regionaler und kommunaler Entwicklungskonzepte vorgestellt, sowie eine Einordnung der Arbeit vorgenommen (Kapitel III).

Wie in der Einführung angedeutet, bietet die Kleinstadt Löffingen mehrere unter geographischen Gesichtspunkten interessante Untersuchungsansätze. Da der Fokus der Arbeit auf der Stadt Löffingen und ihren Ortsteilen liegt, bietet sich die Form einer umfangreichen Lokaluntersuchung (locality study) an, um möglichst viele die Entwicklung der Stadt beeinflussende Teilbereiche miteinzubeziehen (Kapitel IV).

Der wirtschaftliche Wandel ist dementsprechend genauso Thema, wie Veränderungen in der Bevölkerung und im Städtebau. Wo es sinnvoll erscheint, werden benachbarte Gemeinden und Städte zum Vergleich herangezogen. Ziel ist, ein umfangreiches aktuelles Bild der Stadt unter Miteinbeziehung sich gerade vollziehender Prozesse zu vermitteln. Eine solche Gesamtbetrachtung des Naturraums Westbaar, welchen Löffingen vollständig abdeckt, fehlte bislang. Auch aus diesem Grund scheint diese Vorgehensweise sinnvoll zu sein.

Die Lokaluntersuchung dient als Grundlage, um eine Stärken-Schwächen Analyse der Stadt vorzunehmen, um anhand dieser konkrete Entwicklungsperspektiven und Chancen Löffingens aufzuzeigen (Kapitel V). Eine kurze Zusammenfassung und ein Ausblick runden die Arbeit ab (Kapitel VI).

II.B Methoden und Quellen der Untersuchung

Die große Bandbreite verschiedener methodischer Ansätze macht eine Begründung der gewählten Vorgehensweise notwendig. Eher traditionellen, quantitativen Vorgehensweisen stehen neuere, qualitative Vorgehensweisen gegenüber (Tab. 1). Sinn und Zweck dieser Arbeit kann freilich nicht sein, alle Aspekte der aktuellen Diskussion zu beleuchten (dazu NIEDERMEYER 2000: 60).

Tabelle 1: Vergleich quantitativer und qualitativer Methoden

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellen: verändert nach Lamnek (1993: 244), Niedermeyer (2000: 60-70) und Wessel (1996: 40-46)

II.B.1 Methoden-Mix quantitativer und qualitativer Vorgehensweisen

Das Ziel dieser Arbeit, eine “locality study” der Kleinstadt Löffingen vorzunehmen, erfordert sowohl quantitative als auch qualitative Methoden (record-linkage), die aufeinander aufbauen und sich gegenseitig erweitern WESSEL 1996: 152).

Zuerst wurde vor allem quantitativ analytisch gearbeitet, um die Grundstruktur der Stadt zu erarbeiten, sowie zeitlich bedingte Veränderungen offenzulegen. Dazu wurden vor allem Struktur- und Entwicklungsdaten aus sekundärstatistischen Quellen zusammengetragen und ausgewertet. Ein weiterer Schritt in der Anfangsphase der Untersuchung waren strukturierte Beobachtungen, wie etwa die Kartierung des innerstädtischen Einzelhandels oder ausgewählter Gewerbegebiete. Für die beiden Teilaspekte Nahverkehr und Stadtimage lagen bereits aktuelle Erhebungen (Fahrgastbefragung im ÖPNV durch den Regio Verkehrsverbund Freiburg) und Einschätzungen (Einstieg in das Stadtmarketing durch die Steinbeiß-Stiftung) vor, so dass auf eine teure, standardisierte, breitangelegte Primärerhebung bewusst verzichtet wurde. Expertengespräche in verschiedenen kommunalen und regionalen Institutionen, Unternehmen und mit Ortskundingen begleiten diese erste Phase, um das Problembewusstsein für lokale Aspekte zu schärfen.

In einer zweiten eher qualitativ ausgerichteten Phase wurden dann vertiefende Leitfadengespräche geführt, um beispielsweise jüngere Entwicklungen und Entwicklungsprozesse zu ergründen und mit den Ergebnissen der ersten Phase zu verknüpfen. Ein weiteres Ziel der Gespräche war die Aufdeckung von Verhaltensweisen, Bewertungen und Strategien der Akteure. Des weiteren wurden die Gesprächspartner standardisiert zu Problemfeldern und Potentialen befragt und um ihre Einschätzung gebeten, so dass ein Stärken- Schwächen-Profil der Stadt erstellt werden konnte, aus welchem am Schluss der Arbeit Strategien zur weiteren Entwicklung abgeleitet wurden.

II.B.2 Quellen der Untersuchung

Zur Durchführung der Studie wurde auf folgende Quellen zurückgegriffen:

- Sekundärdaten der offiziellen Statistik (Statistisches Landesamt,Landratsamt, Arbeitsamt, Forstamt)
- Sekundärdaten unveröffentlichter Statistiken (Stadtverwaltung,Fahrgastbefragung zum ÖPNV)
- Primärdaten eigener Befragung von Experten zur Erstellung eines Stärken-Schwächen-Profils
- Auswertung offizieller, kommunaler und regionaler Planungsunterlagen (Flächennutzungsplan, Regionalplan, Bebauungspläne, Gutachten)
- Auswertung und Analyse “grauer Literatur”
- Analyse der Lokalpresse, vor allem der Badischen Zeitung
- Leitfadeninterviews und Expertengespräche mit regionalen und kommunalen Akteuren
- Teilnahme an Bürgerkonferenzen, Gemeinderatssitzungen und Versammlungen von Bürgerinitiativen (teilnehmende, begleitende Beobachtung)
- strukturierte Beobachtungen, während zahlreicher Aufenthalte im Ort

III. Einordnung der Untersuchung und theoretischer Hintergrund

“Stadtforschung ist im wesentlichen immer Großstadtforschung gewesen. Diese Aussage schließt auch die Geographie mit ein.” (LICHTENBERGER 1991: 16; Hervorhebung im Original). Speziell in den alten Bundesländern war die Thematik Kleinstadt in der Wirtschafts- und Stadtgeographie seit Mitte der 70er Jahre wenig gefragt. Vielmehr rückten spezifische Betrachtungen etwa zu städtebaulicher Erneuerung vermehrt in den Mittelpunkt.

In der ehemaligen DDR gab es hingegen ab Mitte der 70er Jahre eine regelrechte Welle kleinstädtischer Untersuchungen, was WERLER (1990: 35) in der dortigen siedlungsgeographische Schwerpunktsetzung begründet sieht. Nach der Wiedervereinigung wurde durch die sich verändernden Raumstrukturen vermehrt neues Interesse an der Untersuchung von Kleinstadtsystemen geweckt (NIEDERMEYER 2000: 89).

Im Gegensatz dazu wurde bei der vorliegenden Arbeit die Untersuchungsmethode der Einzelfallanalyse gewählt, um die Besonderheiten der untersuchten Kleinstadt detaillierter herausarbeiten zu können. Freilich wurde dabei die Kleinstadt Löffingen nicht isoliert betrachtet, da auch Entwicklungen der Nachbarstädte in die Untersuchung miteinbezogen wurden. Dabei wurden wirtschafts- und siedlungsgeographische Fragestellungen berücksichtigt.

Der postmoderne Ansatz der regionalen Geographie oder der “new regional geography” scheint dazu geeignet, die methodischen Extrempositionen qualitiativer und quantitativer Vorgehensweisen unter ein Dach zu bringen (BATHELT 1994). Dabei soll die endogene Entwicklungsfähigkeit der Kleinstadt betont, aber auch Beeinflussungen von außen (Land, Staat, EU) Rechnung getragen werden (MAYER 1996). Die sich ergebenden endogenen und exogenen Entwicklungsstrategien können durch eine “record-linkage” qualitativer und quantitativer Methoden (siehe S. 4) erfasst und einer Bewertung unterzogen werden.

Um die für eine Kleinstadt in Frage kommenden Entwicklungsstrategien umzusetzen, scheint die Erarbeitung eines kommunalen Entwicklungskonzepts der erste Schritt zu sein. Um möglichst viele Akteure in den Entwicklungsprozess einzubinden, ist eine kooperative anstatt einer hierarchischen Steuerung des Prozesses sinnvoll. Konkret heißt das, dass nicht nur Verwaltung und Stadtrat bestimmen und entscheiden, sondern auch verschiedenste Bürger- und Interessengruppen wie Wirtschaftsverbände, Vereine, Kirchen und andere “Mitspieler in einem Netz von Handelnden” (KNIELING 2002: 7 nach FÜRST 1987: 266) werden.

In Bezug auf die thematische Schwerpunktsetzung sollten Elemente der strategischen Planung eingesetzt werden. Dazu ist die Analyse der Stärken und Schwächen der Stadt in Zusammenarbeit mit den Akteuren ein wichtiges Instrument. Somit können endogene Potentiale auch besser aufgedeckt und umgesetzt werden. Im Mittelpunkt stehen die Stärken, die es auszubauen bzw. zu erhalten gilt und ausgewählte Schwächen, welche die Entwicklung der Stadt behindern und somit mit Blick auf die Zukunft behoben werden sollten (KNIELING 2001: 12). Den kommunalen Akteuren fällt somit eine zentrale Rolle bei der Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für Innovationsprozesse zu (FÜRST 1996: 93).

Inwiefern ein kommunales Entwicklungskonzept erfolgreich ist, hängt sehr stark von der Umsetzung konkreter Projekte ab (KNIELING 2002: 11). Für alle beteiligten Akteure ist es entscheidend zu sehen, dass sich ihr Einsatz lohnt. Zu diesem Zweck sollten möglichst früh im Prozess relativ leicht umsetzbare Pilotprojekte angestrebt werden. Werden diese erfolgreich umgesetzt, wird die Motivation der Beteiligten erhöht und sogleich Innovationsfähigkeit gezeigt. In diesem Zusammenhang ist auch die Erarbeitung von Leitbildern, mit denen sich die am Prozess Teilnehmenden identifizieren können, äußerst wichtig. Diese Leitbilder können (falls sie erfolgreich umgesetzt werden) zur Visitenkarte einer Stadt werden und ein erfolgreiches Außenmarketing einleiten (KNIELING 2001: 34).

Freilich wird die Erstellung eines kommunalen Entwicklungskonzeptes in der nicht konfliktfrei ablaufen, weil die Interessen verschiedener Akteursgruppen aufeinander treffen. Konflikte müssen in einem solchen Prozess jedoch nicht zwangsläufig negativ bewertet werden, sondern können auch dazu beitragen, überkommene Akteursstrukturen und Machtgefüge zu öffnen. Letztendlich sollte eine Konsensorientierung höchste Priorität haben, da im Endeffekt das Gemeinwohl und die positive Weiterentwicklung der Stadt im Mittelpunkt stehen sollen.

Die Aktivierung endogener Potentiale muss freilich nicht auf das kommunale Entwicklungskonzept einer Stadt beschränkt bleiben. Im Gegenteil können Lerneffekte, während des Erstellens eines Konzepts, zum Entstehen kommunaler oder gar regionaler Entwicklungsnetze führen (FÜRST 1994: 185). Beispielhaft ist hier etwa das Entstehen einer Zusammenarbeit in den Bereichen Tourismus (siehe S. 60) und Landwirtschaft in Löffingen (siehe S. 68).

Oft wird “Stadtmarketing” als Allheilmittel für die Probleme von Städten angesehen. Dies mag vielleicht für größere Städte auch seine Richtigkeit haben, doch ist es fraglich, ob sich der (finanzielle) Aufwand für Kleinstädte lohnt. De facto beinhaltet ein gut durchdachtes Stadtmarketing alle Ansätze kommunaler Entwicklungskonzepte, nur fehlt oft die Bürgerbeteiligung. Zwar entscheiden sich auch viele Kleinstädte für Stadtmarketing, doch steigen über die Hälfte spätestens nach der Leitbildentwicklungsphase, also vor der Strategie- und Maßnahmenplanung wieder aus (BORNEMEYER/DECKER 2001). Speziell für kleinere Städte ist es aus organisatorischen und finanziellen Gründen äußerst schwierig Personal für ein eigenes “Stadtmarketing” abzustellen. In der Regel ist der Bürgermeister einer Kleinstadt Verfechter des Stadtmarketing, Eintreiber von Fördermitteln und Wirtschaftsförderer in einer Person.

Durch die Erstellung eines kommunalen Entwicklungskonzepts unter breiter Beteiligung verschiedener Akteursgruppen und der Bündelung aller Kräfte einer Kleinstadt können ähnliche und vielleicht sogar intensivere Marketingeffekte für eine Stadt bzw. ein Städtenetz erreicht werden.

IV. Locality Study - Löffingen

Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln die Vorgehensweise, die Wahl der Methoden und die theoretische Einordnung vorgenommen wurde, soll dieses Kapitel eine umfangreiche Bestandsaufnahme der Stadt Löffingen geben. Dabei sollen zuerst der Naturraum Westbaar und die historische Entwicklung Löffingens im Fokus stehen, da diese Aspekte wichtige Grundlagen für die folgenden Kapitel darstellen. Im Weiteren wird dann auf die Bevölkerungsentwicklung Löffingens, sowie den wirtschaftlichen Wandel eingegangen. Die Erläuterung jüngerer städtebaulicher und infrastruktureller Maßnahmen steht am Ende des Kapitels.

IV.A Löffingen - Kleinstadt auf der Westbaar

Die Stadt Löffingen besteht heute aus der Kernstadt Löffingen, sowie den Ortsteilen Seppenhofen, Dittishausen, Unadingen, Bachheim, Reiselfingen und Göschweiler, die sich mit Ausnahme von Seppenhofen in einem Halbkreis von Norden über Osten bis zum Südwesten um den Kernort anordnen. Mit einer Gesamtfläche von 8.803 ha ist Löffingen nach Titisee-Neustadt (8.966 ha) die zweitgrößte Gemeinde des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald. Die Stadt hat aktuell rund 7.800 Einwohner und wurde im Regionalplan 1995 als Kleinzentrum ausgewiesen (REGIONALVERBAND 1995).

IV. A.1 Naturraum, großräumige Lage

Löffingen liegt im äußersten Osten des Landkreises BreisgauHochschwarzwald zwischen Schwarzwaldostabdachung und Donauquellgebiet. Die Luftlinienentfernungen in westlicher Richtung nach Freiburg betragen 40 km und nach Neustadt 10 km, in nordöstlicher Richtung nach Villingen-Schwenningen 25 km und nach Donaueschingen 15 km. Das schweizerische Schaffhausen liegt 25 km südöstlich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Karte 1: Großräumige Lage Löffingens (eigene Darstellung)

Als einzige Gemeinde des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald hat Löffingen Anteil an der naturräumlichen Einheit Baar (siehe Karte 4: S. 70). Der plötzliche Übergang vom dicht bewaldeten Hochschwarzwald zum weitgehend offenen Land der Baar wird dem auf der B 31 von Freiburg nach Donaueschingen fahrenden Beobachter bei Rötenbach deutlich vor Augen geführt, wo der Buntsandstein in Muschelkalk übergeht. Der Großteil der Naturraumeinheit Baar liegt freilich im sich nach Norden und Osten anschließenden Landkreis Schwarzwald-Baar, von dem Löffingen durch die Gauchach abgetrennt wird. Die südlich und westlich der Gauchach gelegenen von Muschelkalk- und Keuperschichten geprägten Gebiete werden heute zweckmäßig als “Westbaar” (LIEHL 1988 b: 497) beziehungsweise “Löffinger Muschelkalkhochland” (LIEHL 1988 a: 16) bezeichnet. Im Süden bildet die Wutachschlucht eine weitere natürliche Leitlinie, die gleichzeitig die Grenze zum Landkreis Waldshut-Tiengen bildet. Die Schluchten beider Gewässer waren (Gauchach) bzw. sind (Wutach) vor allem bei winterlicher Witterung wirksame Verkehrsschranken (LIEHL 1988 b: 497). Weitere kleinere Bachläufe durchfließen das Gebiet der Stadt Löffingen vor allem von Nordwest nach Südost.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Photo 1: Typische Baarlandschaft nordwestlich von Löffingen am Ochsenberg (eigene Aufnahme)

Auch wenn die Westbaar im Vergleich zum Schwarzwald auf den ersten Blick eher sanft wellig erscheint gibt es markante Höhenunterschiede. Der höchste Punkt wird mit 935 m im Nordosten des Stadtgebiets am Hochmoos an der Gemarkungsgrenze zu Friedenweiler erreicht. Von dort fällt die Gemarkung relativ gleichmäßig nach Süden und Westen ab bis sie den Rand der Gauchach/-Wutachschlucht erreicht. Am Zusammenfluss von Gauchach und Wutach, wo die Grenzen der Landkreise Breisgau-Hochschwarzwald, Schwarzwald-Baar und Waldshut-Tiengen aufeinander treffen, wird mit 574 m der tiefste Punkt Löffingens erreicht.

Entlang beider Schluchten, sowie im Norden der Löffinger Gemarkung sind große Flächen bewaldet, während auf der Hochfläche der Westbaar landwirtschaftliche Nutzung vorherrscht. Der Waldanteil von 45,4 % ist aber im Vergleich zu den dem Naturraum Schwarzwald zugehörigen westlich gelegenen Nachbargemeinden Eisenbach (66,0 %), Lenzkirch (70,1 %) und Friedenweiler (77,5 %) deutlich geringer. Der Bewaldungsgrad der beiden südlich und nordöstlich gelegenen Nachbarstädte Bonndorf und Bräunlingen liegt mit 55,1 % bzw. 50,9 % etwas über dem Wert Löffingens.

Auf Löffinger Gemarkung befinden sich Teile des Natur- und Landschaftsschutzgebietes “Wutachschlucht”. Im Jahr 1991 wurde südwestlich der Kernstadt das Natur- und Landschaftsschutzgebiet “Ochsenberg- Litzelstetten” ausgewiesen, um die wenigen dort noch vorhandenen Quellsümpfe, Feuchtgebiete mit Streuwiesen, und für die Westbaar typischen Heckenlandschaften zu erhalten (HOFFRICHTER 1988: 108). Durch einen Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 1992 wurde für die unbebauten Teile der Gemarkungen Löffingen und Seppenhofen ein Biotopvernetzungskonzept erstellt (VERWALTUNGSGEMEINSCHAFT 1998: 78).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Photo 2: Muschelkalkwand in der Wutachschlucht (Aufnahme: M. Manchego)

IV. A.2 Historische Entwicklung

Tabelle 2: Wichtige Daten der Löffinger Stadtgeschichte

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellen: eigene Darstellung nach HASENFUSS und BRITTINGER, sowie mündlichen Quellen

a.) Die Anfänge der Siedlungstätigkeit auf der Westbaar

Wie Funde in Bachheim und Unadingen zeigen, wurde die Westbaar wohl schon in der jüngeren Steinzeit landwirtschaftlich genutzt (BRITTINGER 1975: 9). Im Raum Löffingen zeugen von dieser ersten Besiedlung etwa 2500 zum Teil gut erhaltene Steinhügel. Die Kelten benutzten diese Grabhügel wohl um 500 v.Chr. zu Nachbestattungen. Ein Fernhandelsweg führte schon damals aus dem Neckarraum zum Hochrhein. Die Wutach wurde auf Löffinger Gebiet beim Stallegg gequert.

Aus römischer Zeit gibt es auf Löffinger Gemarkung kaum Funde. Eine heute noch sichtbare Römerstraße im Fürstenbergischen Wald südlich von Unterbränd, die wohl einen Teil der Verbindung des Römerkastells “Brigobannis” (die erhaltene Römerbadruine bei Hüfingen ist Teil davon) mit dem römischen Siedlungsgebiet im Dreisamtal bildete, zeigt, dass der Raum Löffingen Durchzugsgebiet der Römer war. Reste von römischen Siedlungen wurden jedoch nicht gefunden, jedoch eine Münze mit dem Abbild des Kaisers Domitian (81-96 n.Chr.), der während seiner Regierungszeit den rechtsrheinischen Limes bauen ließ (HASENFUSS 1980: 6).

b.) Löffingen als Siedlung der alemannischen Landnahme und fränkischer Zentralort

Im Vergleich zum Nachbarraum Schwarzwald verfügt die Westbaar über relative Klimagunst und Flächen mit guten Böden auf Muschelkalk, sowie über ein ruhiges Relief und ausreichende Wasserversorgung. Diese Faktoren machten Löffingen zu einem günstigen Ort für eine neue Siedlung.

Die älteste nachgewiesene dauerhafte Siedlungsschicht fällt in die Zeit der alemannischen Landnahme (4.-6. Jh.). Merowingische Gräberfelder wurden in Löffingen und allen Ortsteilen nachgewiesen. Nach der Vertreibung der Alemannen durch die Franken wird in Löffingen wohl um 700 eine der Urkirchen der Baar errichtet, die dem Heiligen der Franken St. Martin geweiht war. 819 wurde die Siedlung erstmals als “Villa Leffinga” erwähnt. Zur Deutung des Namens Löffingen gibt es viele verschiedene Theorien, auf die im Rahmen dieser Arbeit aber nicht eingegangen werden kann (mehr dazu bei BADER 1956: 26 oder HASENFUSS 1980: 4). Auch die heutigen Ortsteile Bachheim, Unadingen und Reiselfingen wurden wohl in dieser Epoche gegründet, während es sich bei Göschweiler, Dittishausen und Seppenhofen um spätere Gründungen handelt.

c.) Blühende Handels- und Ackerbürgerstadt des Hochmittelalters und der frühen Neuzeit

Löffingen hatte aufgrund seiner Lage am wichtigen Ost-West Handelsweg (Bodensee - Rheinebene) gewissermaßen Etappenfunktion bei der Besiedlung des Hochschwarzwaldes (BRITTINGER 1975: 11), was der damals eher unbedeutenden Siedlung einen ersten Aufschwung brachte. Im 13. Jahrhundert entwickelte sich Löffingen schließlich zum zentralen Ort der Westbaar und bekam um 1270 durch das Adelsgeschlecht der Fürstenberger die Stadtrechte verliehen. Die Fürstenberger förderten die Stadt als Wirtschafts- und Handelszentrum, wodurch sich die Stadt bald als regional bedeutsamer Vieh- und Kornmarkt etablierte. Der Großmark Löffingen wurden Rötenbach, Seppenhofen, Göschweiler, Bachheim, Weiler und Dittishausen zugeschlagen. Dieser Zusammenschluss über mehrere Jahrhunderte hindurch könnte durchaus auch den relativ problemlos verlaufenden, verwaltungstechnischen Zusammenschluss ab 1970 erleichtert haben (VERWALTUNGSGEMEINSCHAFT 1998: 13-14).

Die wachsende Bevölkerung in der blühenden Stadt führt 1485 zu einer Stadterweiterung (BRITTINGER 1975: 15). Die zentrale Lage am wichtigen Handelsweg bringt aber ab dem 16. Jahrhundert auch Kriegswirren, Not und Vernichtung nach Löffingen. Die Bauernaufstände von 1524/25, sowie der erste große Stadtbrand 1535 führten zu enormen Zerstörungen. Im Dreißigjährigen Krieg tyrannisierten abwechselnd Schweden, Württemberger, Franzosen und Kaiserliche die Bevölkerung. Die zerstörten der Großmark Löffingen zugehörigen Siedlungen Litzelstetten, Mauchen, Hartheim und Künsingen wurden nach dem Krieg nicht wieder aufgebaut und fielen wüst. Trotzdem stieg die Bevölkerung der Stadt Löffingen während des Krieges von 448 (1618) auf 697 (1648) Bürger (HASENFUSS 1980).

Obwohl Löffingen ab 1680 unter den Einfluss der Obervogtei Neustadt gerät, prosperiert die Stadt weiter. Auch weitere Kriegszerstörungen und Einquartierungen, während des Spanischen Erbfolgekrieges, in den Koalitionskriegen gegen Frankreich und den Napoleonischen Kriegen führen nur zu kurzen Krisen. Die Erwerbsstruktur ist im 18. Jahrhundert von wohlhabendem Bauerntum und Handel geprägt. Ein Indiz für das Selbstbewusstsein der Bürger ist der mit großer Standhaftigkeit gegen die Fürstenberger geführte Waldprozess (1728 - 1772), dem Löffingen heute einen Großteil seines Stadtwalds zu verdanken hat (siehe S. 70).

In dieser Zeit wurde die Stadt auch zu einem bedeutenden Wallfahrtsort, da Prozessionen zur Wallfahrtkirche Witterschnee nordwestlich von Löffingen mit Wunderheilungen in Verbindung gebracht wurden. 19 Gasthöfe, die es Mitte des 19. Jahrhunderts in Löffingen gab, sind Indiz für ein intaktes Beherbungsgewerbe. Aufgrund der ausreichenden Lebensgrundlage blieb Löffingen im 19. Jahrhundert von der großen Auswanderungswelle, die Teile des Hochschwarzwalds und der ärmeren Ostbaar erfasste, nahezu unberührt (BRITTINGER 1975: 22).

d.) Abschwung wegen verpasster Industrialisierung

Aufgrund der weiterhin guten wirtschaftlichen Lage verpasst Löffingen jedoch den Übergang zu anderen neuen Wirtschaftszweigen (BRITTINGER 1975: 18-19). Eine Industrialisierung erfolgt in der beschaulichen Ackerbürgerstadt bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts nicht. Erst 1911/12 lässt sich der erste größere Industriebetrieb - eine holzverarbeitende Fabrik - nieder. Der Anschluss an die Höllentalbahn 1901 erfolgt zu spät, um die zentrale Marktfunktion zu erhalten. Löffingen wird zum reinen Agrarort, die Bevölkerung stagniert und die Getreideverkaufshallen veröden. Die Zahl der von der Landwirtschaft unabhängigen Bürger war sehr gering. Obwohl die Stadt vorerst kaum über die Stadtmauer des 15. Jahrhunderts hinaus wächst, werden im 19. Jahrhundert zwei der drei Stadttore abgerissen.

Ein weiterer Großbrand im Sommer 1922 zerstört große Teile der Altstadt. Doch die Stadt verliert auch nach dem Wiederaufbau nicht ihr von Stilelementen der Gotik und Renaissance geprägtes Gesicht (REICHELT 1990: 74). Die beiden Weltkriege ziehen die Stadt, von vereinzelten Beschädigungen abgesehen, kaum in Mitleidenschaft. Nur der Bahnhof als zentrale Verladestelle wird Ziel von alliierten Luftangriffen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Photo 3: Maienländer Tor (eigene Aufnahme)

e.) Die Situation nach dem 2. Weltkrieg

Zwischen 1950 und 1970 siedelten sich in Löffingen zahlreiche Betriebe der Textil-, Feinmechanik- und Elektrobranche an, die vor allem das aus der Landwirtschaft freigesetzte Arbeitskraftpotential nutzten. In derselben Zeit ging zwar das Großsägewerk zugrunde, der Verlust an Arbeitsplätzen wurde aber durch die 1964 erfolgte Niederlassung eines Zweigwerks der Schweizer Elektrotechnikfirma Studer (später Revox) mehr als wettgemacht. Diese Firma sollte auch bis zu ihrem Niedergang Ende der 80er Jahre das gewerbliche Strukturmuster Löffingens dominieren (siehe S. 39). Die Arbeitsstättenstruktur Löffingens änderte sich innerhalb weniger Jahre zugunsten des industriellen Sektors nachhaltig (VERWALTUNGSGEMEINSCHAFT 1998: 14).

Weiterhin bedeutsam sind in Löffingen traditionell Handwerk, Handel, Fremdenverkehr und Forstwirtschaft. Diese Bereiche entwickelten sich aber deutlich langsamer als die Industrie. Durch den Neubau eines Kultur- und Fremdenverkehrszentrums im Kern der Stadt wurden 1989 Touristikinformation, Bibliothek, Heimatmuseum, städtische Galerie, Stadtarchiv, sowie attraktive Veranstaltungsräume unter einem Dach vereint. Die historische Altstadt erfuhr durch umfangreiche Sanierungsmaßnahmen eine deutliche Aufwertung (siehe S. 81). Die Eröffnung des Schwarzwaldparks Ende der 70er Jahre markiert einen Meilenstein für die Entwicklung des Fremdenverkehres.

Dem allgemeinen Trend folgend, nahm auch die Bedeutung der Landwirtschaft in der Stadt Löffingen ab. Doch spielt die Landwirtschaft sowohl in Löffingen als auch in den Ortsteilen noch heute eine nicht zu vernachlässigende Rolle (siehe S. 62).

Neben der Kernstadt verfügt von den Ortsteilen nur das verkehrsgünstig an der B31 gelegene Unadingen über größere gewerbliche Ansiedlungen. In das 1997 eröffnete “interkommunale Gewerbegebiet an der B31" setzten sowohl Löffingen als auch die daran beteiligten Nachbargemeinden große Hoffnungen, neue Arbeitsplätze zu schaffen und einheimischen Betrieben bessere Entwicklungschancen zu bieten (siehe S. 43 f).

IV.B Bevölkerung

IV.B.1 Entwicklung der Bevölkerung

Bei der Betrachtung der Bevölkerungsentwicklung scheint es für jüngere Entwicklungen sinnvoll, die Kernstadt und die Ortsteile getrennt zu betrachten. Als Kernstadt werden im Folgenden Löffingen und der Ortsteil Seppenhofen bezeichnet, da diese im Rahmen der Erschließung des Wohngebietes “Reichberg” ab Ende der 60er Jahre zusammengewachsen sind. Der Vergleich mit Entwicklungen in den Nachbargemeinden Bonndorf, Lenzkirch und Bräunlingen wird anhand der Daten für die Gesamtstadt Löffingen vorgenommen.

Speziell im 18. und frühen 19. Jahrhundert erfuhr Löffingen ein starkes Bevölkerungswachstum. Im Gegensatz zu größeren Städten hatte dieser Anstieg aber nichts mit einer einsetzenden Industrialisierung zu tun, sondern mit Löffingens herausragender Stellung als regional bedeutender Kornmarkt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellen: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg und Einwohnermeldeamt Löffingen (eigene Darstellung)

Die Kernstadt hatte Mitte des 19. Jahrhunderts mehr als 2.000 Einwohner. Nimmt man die heutigen Ortsteile hinzu, so lag die Einwohnerzahl 1880 gar bei über 4.000. Mit dem Verlust der zentralen Handelsfunktion Ende des 19. Jahrhunderts sank diese aber bis zum Ende des Jahrhunderts auf rund 3.700 Einwohner. Von dieser negativen Entwicklung waren die Kernstadt und die Ortsteile in gleichem Maße betroffen, da die Ortsteile stark von der Marktstadt Löffingen abhängig waren.

Trotz des anfänglichen Schocks über den Bedeutungsverlust gewinnt Löffingen ab der Jahrhundertwende schnell wieder an Bevölkerung. Die Orientierung hin zur Landwirtschaft wird noch stärker; der Fokus liegt jetzt nahezu ausschließlich auf der Produktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Die Handelsfunktion erlischt völlig. Das Löffingen zwischen den beiden Weltkriegen ist ein nahezu reiner Agrarort am Westrand der “Kornkammer Badens”. Der Bevölkerung bietet die Landwirtschaft ein ausreichendes Einkommen, so dass es kaum zur Abwanderung in die Städte kommt. Vor Beginn des 2. Weltkriegs liegt die Einwohnerzahl bei knapp 4.300.

Aufgrund der geringen Industrialisierung wird Löffingen im 2. Weltkrieg nur wenig, die Ortsteile gar nicht bombardiert. Der Bevölkerungsrückgang durch Gefallene wird durch Heimatvertriebene ausgeglichen. Diese machen 1950 etwa 8 % der auf über 4.500 Einwohner angewachsenen Gesamtbevölkerung aus. Der durch den Krieg ausgelöste Strukturwandel in der Landwirtschaft spielt für die Bevölkerungsentwicklung eine große Rolle. Ein großes, früher in der Landwirtschaft angesiedeltes Arbeitskräftepotential, wird freigesetzt, und steht jetzt dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Speziell die holzverarbeitende Fabrik - einziger größerer Arbeitgeber Löffingens in den 50er Jahren - ist auf solche Arbeitskräfte angewiesen. Mit der Ansiedlung von Studer-Revox 1964 gewinnt die Stadt weiter an Attraktivität (siehe S. 39). Durchweg positive Wanderungsbilanzen (Ausnahmen sind die Krisenjahre 1966/67) zwischen 1950 und 1972 belegen dies. Ein rasantes Bevölkerungswachstum ist die Folge, und 1963 wird die 5.000-Einwohnermarke durchbrochen.

Doch anfangs leiden vor allem die Ortsteile Göschweiler, Reiselfingen und Bachheim unter dieser Entwicklung. Sie verlieren auf Kosten Löffingens Einwohner und können als “stagnierende, ländlich geprägte Siedlungen” charakterisiert werden. Aufgrund der Nähe zu Löffingen (Seppenhofen), der Funktion als Ferienort (Dittishausen) und des sich schnell entwickelnden Gewerbes (Unadingen) können Seppenhofen, Dittishausen und Unadingen schon um 1960 nicht mehr zu dieser Kategorie gezählt werden. Vielmehr zählen sie zu den “wachsenden Wohn- und Gewerbesiedlungen” (SICK 1999: 151).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Einwohnermeldeamt Löffingen (eigene Darstellung)

Folge der steigenden Einwohnerzahlen sind neue Wohngebiete in allen Ortsteilen. Ab den frühen 70er Jahren profitieren auch die oben als stagnierend bezeichneten Ortsteile von der boomenden Industrie der Kernstadt, da die wachsende Motorisierung das Pendeln erleichtert. 1980 wohnen über 6.000 Menschen in Löffingen. Davon gut 55 % in der Kernstadt Löffingen und Seppenhofen.

Zwar stieg von 1980 bis heute die Einwohnerzahl in allen Ortsteilen, doch gibt es große Unterschiede. So nahm von 1980 bis 1990 beispielsweise nur in Löffingen die Einwohnerzahl ab, während sie in allen Ortsteilen stieg. Grund dafür sind neu ausgewiesene, attraktive Wohngebiete in den Ortsteilen. Solche Neuausweisungen fehlten in der Kernstadt Löffingen in diesem Zeitraum. Mit Ausnahme des Krisenjahrs 1992 (Schließung von Studer-Revox) wuchs aber die Einwohnerzahl der Gesamtstadt beständig (siehe Abb. 3, S. 22). Für dieses Wachstum ist, neben einem stabilen Geburtenüberschuss, vor allem auch der positive Wanderungssaldo verantwortlich (Ausnahme jeweils 1992).

Bei der Betrachtung der Ortsteile fällt auf, dass das Wachstum stark unterschiedlich ausfällt. Von den um 1960 “stagnierenden” Gemeinden verfügen Bachheim und Reiselfingen weiterhin (trotz neuer Wohngebiete) nur über ein geringes Wachstum. Die Einwohnerzahlen der letzten Jahre stagnieren beziehungsweise sind zum Teil rückläufig. Dieser Trend wird sich in Bachheim auf jeden Fall fortsetzen, da dort schon heute keine Bauplätze mehr zur Verfügung stehen. Im Gegensatz zu Bachheim und Reiselfingen nahm Göschweiler in den letzten 20 Jahren eine positive Entwicklung. Die Einwohnerzahl stieg mit kurzen Unterbrechungen stark an. Göschweiler kann somit nicht mehr zu den stagnierenden ländlichen Gemeinden gezählt werden, auch wenn der Ortsteil nur dünn mit Arbeitsplätzen ausgestattet ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Einwohnermeldeamt Löffingen (eigene Darstellung)

Die Entwicklung in Dittishausen und Unadingen ist weiterhin positiv. Dittishausen profitiert von seinem Prädikat als Luftkurort und kleineren Gewerbeansiedlungen am Ortsrand. Das Dorf fungiert zunehmend als Altersruhesitz, indem Ferienhäuser zum Dauer- oder Zweitwohnsitz umfunktioniert werden.

Neben Löffingen ist Unadingen der einzige Ortsteil, der an der Entwicklungsachse Freiburg - Donaueschingen liegt, und der für größere gewerbliche Ansiedlungen bis zu 30 ha ausgewiesen ist (REGIONALVERBAND 1995: 49). Das starke Wachstum Unadingens ist sicher auch auf die positive Gewerbeentwicklung zurückzuführen. Eine als Mischgebiet (Wohn- und Gewerbefunktion möglich) erschlossene Fläche am Ortsrand musste bereits mehrfach erweitert werden.

Wie oben erwähnt, muss man spätestens seit Ende der 60er Jahre Löffingen und Seppenhofen gemeinsam betrachten, da die Ortsteile im Wohngebiet “Reichberg” zusammenwuchsen (siehe Photo 20, S. 80). Die Bevölkerungsgewinne der Kernstadt seit 1980 sind zum größten Teil auf das Wachstum des Reichbergs zurückzuführen. Von 1980 bis 1990 sank die Einwohnerzahl im Ortsteil Löffingen sogar leicht. Es war populär, aus alten Löffinger Wohngebieten in das neue (eigentlich auf Seppenhofer Gemarkung liegende) Wohngebiet zu ziehen. In den 90er Jahren stieg die Bevölkerung aber auch im “alten” Löffingen wieder stark.

Die Bevölkerung in Löffingen wuchs sogar so stark, dass die im Jahr 1992 getroffene Prognose des den Flächennutzungsplan erstellenden Planers von 7.485 Einwohnern für das Jahr 2005 (VERWALTUNGSGEMEINSCHAFT 1998: 49) schon Ende 1999 übertroffen wurde. Aufgrund dieser Fehlplanung, die auf ein “time-lack” zurückzuführen ist (es vergingen acht Jahre zwischen dem Beschluss zur Neuaufstellung des Plans und seiner Veröffentlichung), könnte in den nächsten Jahren Bauland (wie in Bachheim) knapp werden. Momentan sind aber noch ausreichend Flächen vorhanden.

Aktuell hat Löffingen rund 7.800 Einwohner. Die Altersstruktur entspricht dem Durchschnitt des Landkreises. Im Vergleich zu den benachbarten Schwarzwaldgemeinden ist in Löffingen aber der Anteil jüngerer Menschen höher, der der Älteren geringer. Der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung liegt seit 10 Jahren konstant zwischen 5 und 6 %. 69 % der Löffinger sind katholisch, 15 % evangelisch, knapp 4 % muslimisch oder Anhänger anderer Gemeinschaften. 12 % sind konfessionslos.

Neben Lenzkirch verfügt Löffingen heute über das stärkste Bevölkerungswachstum vergleichbarer Gemeinden in der Region Hochschwarzwald/Baar. Während das Wachstum Lenzkirchs durch die ausgezeichnete wirtschaftliche Lage erklärt werden kann, gibt es keine offensichtliche Erklärung für den Bevölkerungsrückgang Bonndorfs im letzten Jahr. Dort stieg jedoch die Bevölkerung seit der letzten Volkszählung 1987 mit 27,3 % am stärksten. In Löffingen nahm die Bevölkerung im gleichen Zeitraum um 22,2 %, in Lenzkirch um 19,7 % und in Bräunlingen um 16,9 % zu. In den beiden Mittelzentren der Region, Neustadt (+11,5 %) und Donaueschingen (+14,4 %) war das Bevölkerungswachstum geringer.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (eigene Darstellung)

Bräunlingen erlebte durch die rasche Industrialisierung und die Nähe zu Donaueschingen nach dem Krieg ein rasantes Wachstum, welches aber bereits in den 70er Jahren in eine Stagnation überging. Seither entwickelt sich die Stadt deutlich langsamer. Trotzdem liegt Bräunlingen mit einem Bevölkerungswachstum von 80,0 % seit 1950 an der Spitze der verglichenen Orte. Löffingen (+68,7 %) wuchs im Vergleich zu Bräunlingen langsamer, aber gleichmäßiger. Auch gab es in Löffingen im Gegensatz zu Bräunlingen keine markanten Bevölkerungsrückgänge über mehrere Jahre gesehen. Bonndorf (+64,7 %) durchschritt eine ähnliche Entwicklung wie Löffingen. Die Entwicklung der Einwohnerzahlen in Lenzkirch war ebenfalls stark schwankend. Besonders in der ersten Phase nach dem zweiten Weltkrieg bis 1960 war die Einwohnerzahl rückläufig. In jüngerer Zeit wächst Lenzkirch stärker, so dass eine Bevölkerungszunahme von 53,2 % seit 1950 zu verzeichnen ist.

IV.B.2 Erwerbsstrukturen und Pendlerverhalten

a.) Erwerbsstrukturen

Durch den Bedeutungsverlust der Landwirtschaft und die einsetzende “Industrialisierung” Löffingens Ende der 50er Jahre veränderten sich auch die Erwerbsstrukturen der Stadt innerhalb kürzester Zeit radikal. 1951 sind beispielsweise jeweils ein Drittel der Beschäftigten in der Landwirtschaft und im produzierenden Gewerbe beschäftigt. 10 Jahre später liegt der Anteil der Beschäftigten im sekundären Sektor schon bei knapp 55 %, obwohl das Beschäftigtenvolumen im selben Zeitraum nur um 10 % zugenommen hatte (BRITTINGER 1975: 42). Die Beschäftigung im tertiären Sektor wuchs deutlich langsamer und lag 1960 bei knapp unter 20 %.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellen: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg und Bundesanstalt für Arbeit Zweigstelle Titisee-Neustadt (eigene Darstellung) Vor allem Anfang der 60er Jahren sorgten Ansiedlungen der Textil-, Feinmechanik- und Elektrobranche für ein Ansteigen der Arbeitsplätze in Löffingen auf 1200. Diese neuen Arbeitsplätze glichen die durch den Konkurs eines Holzindustriewerks verloren gegangenen mehr als aus. Neben dem sekundären ist aber auch der langsam und stetig wachsende tertiäre Sektor für diesen Anstieg verantwortlich.

[...]

Ende der Leseprobe aus 129 Seiten

Details

Titel
Löffingen: Stadt auf der Baar im Umbruch? - Eine Lokaluntersuchung
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Institut für Kulturgeographie)
Note
1,5
Autor
Jahr
2003
Seiten
129
Katalognummer
V25870
ISBN (eBook)
9783638283786
ISBN (Buch)
9783638713542
Dateigröße
19432 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit verfolgt vor allem zwei Ziele. Zum einen soll eine umfangreiche Bestandsaufnahme, in welche die historische Entwicklung, die einzelnen Wirtschaftssektoren, sowie bauliche Veränderungen in der Stadt Löffingen (Südbaden) einfließen, vorgenommen werden. Zum anderen sollen auf dieser Grundlage dann Stärken und Schwächen der Stadt aufgezeigt werden. In diese Analyse fließen auch Bewertungen kommunaler und regionaler Experten mit ein.
Schlagworte
Löffingen, Stadt, Baar, Umbruch, Eine, Lokaluntersuchung
Arbeit zitieren
Magister Artium Andreas Fritsche (Autor:in), 2003, Löffingen: Stadt auf der Baar im Umbruch? - Eine Lokaluntersuchung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25870

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