Nachhilfeunterricht. Ein kritischer Überblick über den außerschulischen Förderunterricht


Forschungsarbeit, 2006

53 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Plötzlich geht’s bergab – ein Teufelskreis

Nachhilfeunterricht – ein Phänomen
Verteilung des Nachhilfeunterrichts auf Schultypen und Klassen
Welche Fächer sind favorisiert?
Wieviel wird für Nachhilfe ausgegeben?
Belastung der Eltern bei der Finanzierung des Nachhilfeunterrichts
Wie häufig bekommen die Kinder Nachhilfe?
Gründe für die Inanspruchnahme von Nachhilfeunterricht
Wer erteilt Nachhilfeunterricht?
Wie finden Eltern den Nachhilfelehrer bzw. das Nachhilfeinstitut?
Sind Kinder durch Nachhilfeunterricht (zu stark) belastet?
Wieviel Erfolg bringt der Nachhilfeunterricht?
Nachteile des Nachhilfeunterrichts

Durchführung der eigenen Forschung

Ergebnisse der Forschung
Alter- & Geschlechterverteilung
Schulformenverteilung
Klassenverteilung
Fächerverteilung
Kosten und Finanzierung der Nachhilfe
Häufigkeit, Dauer und Zeitraum der Nachhilfe
Gründe für die Inanspruchnahme von Nachhilfe
Ausbildung und Vorgehensweise der Nachhilfelehrer
Aufmerksam geworden durch
Zusätzliche Belastung der Kinder?
Erfolge
Vorteile und Nachteile von Nachhilfe
Zukunftsaussichten und gesellschaftliche Aspekte
Probleme (in) der Schule
Ursachen des enormen Anstiegs von Nachhilfeinstituten

Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Plötzlich geht’s bergab – ein Teufelskreis

Schon in der Weimarer Republik haben die Bildungsschichten mehr Bildung für sich erschlossen als für andere. Die PISA-Studie, die beispielsweise sagt, dass ein Viertel der deutschen Jugendlichen nicht richtig lesen und rechnen können, zeigt uns, dass uns andere Gesellschaften überlegen sind. Viele Jugendliche haben es schwer eine Arbeit oder eine Ausbildung zu finden (Hendricks, 2004).

„Sitzen bleiben – jeder Dritte kennt es aus eigener Erfahrung“ (Kowalczyk & Ottich, 2003, S. 5).

Die ehemalige Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, Entertainer Harald Schmidt, Bayerns Ministerpräsident Dr. Stoiber und etliche andere Zeitgenossen wurden diesem Schicksal zuteil. Der Bielefelder Jugendforscher Klaus Hurrelmann schließt aus der Tatsache, dass jeder fünfte Schüler zwischen 12 und 17 Jahren Nachhilfe bekommt, dass die Intensität der pädagogischen Arbeit nicht so ist, wie sie sein müsste. Die durchschnittliche Nachhilfe umfasst einen Zeitraum von neun Monate mit zwei Stunden pro Woche. Da die Schule den einzelnen Schüler nur noch sehr begrenzt individuell fördern kann, ist auch die „Dicke des Portemonnaies“ der Eltern hilfreich beim Schulerfolg. Eine Frage, die man sich dabei stellt ist, ob man Hilfe in Anspruch nehmen sollte (Kowalczyk & Ottich, 1999).

Wolfgang Bergmann schreibt in seinem Buch, dass die Bildungschancen für junge Menschen noch nie so gut waren wie heute. Dies habe mit den Bildungsreformen in den 70er Jahren zu tun. Dennoch hat der „Bildungsboom“ auch negative Seiten. Die Bildungschancen von Migrantenkindern sind erheblich schlechter, als die deutscher Kinder. Die Chancen auf Bildung von Arbeiterkindern sind ebenfalls erheblich schlechter als die von Beamten- bzw. Akademikerkindern. Zudem haben sozialwissenschaftliche Untersuchungen ergeben, dass für viele Familien die Schule und die dazugehörigen Schulnoten zu einem großen Problem geworden sind. Das Ergebnis, dass 80% der Eltern nichts so sehr Angst macht und den Familienfrieden beeinträchtigt wie die Schule, lässt einen nachdenklich stimmen. Trotz aller Reformpädagogik hat sich nichts daran geändert. Schlechte Noten und schlechte Zeugnisse wurden zu einem Dauerstörenfried in den Familie. Die Eltern sind hilflos, reagieren mit Vorwürfen manchmal sogar mit Strafen. Durch den Druck verlieren die Kinder den Spaß am Lernen verlieren, was wiederum zu schlechten Noten führt – ein Teufelskreis (Bergmann, 1995). Wollen die Eltern doch nur deswegen gute Leistungen, da Schulnoten nun mal über die Schullaufbahn und über berufliche Chancen entscheiden. Guter Rat ist dann oft teuer, denn stures „Pauken“ hilft selten und Unterstützungsversuche enden meist mit Streit und Tränen. Ist in solchen Fällen Nachhilfe sinnvoll? (Kowalczyk & Ottich, 2002).

Die Bildungschancen und der Bildungsehrgeiz sind nicht nur bei den Eltern, sondern auch bei den Schülern erheblich gewachsen. So besuchten 1950 noch 80% der 14jährigen die Hauptschule. Von den Eltern der Schüler, die 1995 die Hauptschule besuchten, welche 30% ausmachten, geben nur 10% an, dass sie mit einem Hauptschulabschluss zufrieden seien. Dabei muss man sich nicht wundern, dass viele Kinder geistig und seelisch schlichtweg überfordert werden, wenn die Mehrzahl aller Eltern ihr Kind lieber auf der Realschule und am liebsten auf dem Gymnasium sehen wollen. Doch auch viele Jugendliche haben die Werte der Schulleistung verinnerlicht – sie teilen die allgemeine Hochschätzung von Schulbildung durchaus mit den Eltern. Das zeigen Untersuchungen der Bielefelder Universität aus dem Jahr 1990. Für viele Kinder ist der Schulerfolg eine wichtige Vorraussetzung ihres Selbstbewusstseins geworden. Bleibt der Erfolg aus, fühlen sie sich in ihrem Selbstwertgefühl getroffen und seelische Probleme, bis hin zu psychischen Erkrankungen, treten immer häufiger auf (Bergmann, 1995).

Dieses Bündel von Entwicklungen hat dazu geführt, dass Nachhilfe zu einem immer wichtigeren Thema in unserer Bildungslandschaft geworden ist und weiter bleiben wird. In einer Woche erhalten etwa 2 Millionen Schüler Nachhilfeunterricht. Professor Klaus Hurrelmann fand 1995 in einer Untersuchung heraus, dass umgerechnet ca. 15 Millionen Euro pro Woche für Nachhilfeunterricht in Deutschland ausgegeben werden. Neben Nachhilfeinstituten gibt es eine ganze Palette von Nachhilfeangeboten privater Art, Hausaufgabenhilfen, Kurse für die Leistungsförderung in Schulen etc. die in diesen Zahlen nur zum Teil berücksichtigt wurden (Bergmann, 1995). Man könnte jedoch annehmen, dass diese Zahl in den letzten 10 Jahren noch stark gewachsen ist.

Wenn man die Werbeanzeigen von meist privaten Anbietern mit Namen wie „Studienkreis“, „Schülerhilfe“, „Abacus“, u.a. in der Presse betrachtet, scheint es leicht, tatsächliche und vermeintliche Lerndefizite von Schülerinnen und Schülern aller Altersstufen und Schulformen zu beheben: „Durch Motivation und Leistungswillen zum Erfolg“. Dies und mehr versprechen Nachhilfeeinrichtungen (Rudolph, 2002). Zudem ist auffällig, dass Nachhilfe zwar ein großes Thema der Bildungswirklichkeit ist, jedoch kaum darüber gesprochen – eher schamhaft geschwiegen wird - wogegen es endlose Kontroversen und Debatten um Schulformen und Lehrpläne gibt.

Dr. Margitta Rudolph geht in ihrem Buch „Nachhilfe – gekaufte Bildung? Empirische Untersuchung zur Kritik der außerschulischen Lernbegleitung“ unter anderem der Grundüberlegung nach, welche Faktoren und Ursachen dazu geführt haben, warum sich seit 1974 in unserer öffentlichen Schullandschaft außerschulische institutionelle Förderanbieter an dieser Größenordnung etablieren können.

In dieser Untersuchung soll herausgefunden werden, in welchen Jahrgängen und in welchen Fächern Nachhilfe eigentlich aktuell ist – inklusive einer Häufigkeitsverteilung an den unterschiedlichen Schulstufen, wieviel Geld im Schnitt dafür ausgegeben wird, weswegen Eltern ihre Kinder zur Nachhilfe schicken und ob sich bereits Erfolge gezeigt haben. Zudem soll auch auf die Qualifikation der Lehrkräfte eingegangen werden. Weiterhin wird erforscht, ob Eltern finden, dass die Kinder durch den Nachhilfeunterricht belastet werden und mit welchem Grund, in Hinsicht auf die Zukunft des Kindes, Eltern den Nachhilfeunterricht bezahlen, den sich viele eigentlich nicht leisten können. Am Ende der Forschung soll noch genauer auf die Problematik der Schule und die Meinungen der Befragten hierzu eingegangen werden.

Nachhilfeunterricht – ein Phänomen

Nachhilfe hat sich zu einem Phänomen entwickelt. Die den Schulunterricht ergänzende Form des Übens und Wiederholens, welche inzwischen in allen Altersstufen und Schulformen vorzufinden ist, hat seinen Ursprung nahe an der Problematik der Hausaufgaben. Die Hausaufgaben, welche die Selbstständigkeit entwickeln und die Persönlichkeit des Schülers erziehen soll, können meist nicht mehr ohne fremde Hilfe von den Schülern gelöst werden. Wenn nicht einmal mehr die Hilfe von Eltern und Geschwistern weiterhilft, wenden sich viele Eltern an kommerzielle professionelle Institute, in welchen vorwiegend Lehrer, Studenten und Schüler den Kindern helfen sollen, die Hausaufgaben und mehr zu verstehen. Jedoch muss beachtet werden, dass es klare Unterschiede zwischen einer Hausaufgabenbetreuung und einem Nachhilfeunterricht gibt. Um klare Begrifflichkeiten in dieser Untersuchung zu gewähren, wird der Untersuchungsgegenstand Nachhilfeunterricht klar definiert:

„Eine den Schulunterricht ergänzenden Form des Übens und Wiederholens, der Aufarbeitung von Wissenslücken und des Erlernens von Arbeitstechniken, die in allen Altersstufen und Schulformen vorzufinden ist und zum Zweck der Leistungsverbesserung von SchülerInnen bei bestimmten Personengruppen oder außerschulischen Instituten – in Abgrenzung zu schulisch installierten Silentien oder Förderangeboten – nachgefragt und bezahlt wird. Sie kann von freien Trägern, kommerziellen Anbietern auf dem freien Markt wie auch von Privatpersonen angeboten werden. Sie fokussiert primär auf die Bearbeitung von Hausaufgaben und die Vorbereitung auf schulische Leistungstests“ (Rudolph, 2002, S. 20).

Es wurde somit in dieser Forschung darauf geachtet, dass unsere Untersuchung an einem Nachhilfeinstitut durchgeführt wurde, welches nicht – wie beispielsweise die Schülerhilfe oder der Studienkreis – hauptsächlich darauf abzielt, die Kinder beim Erledigen der Hausaufgaben zu betreuen, sondern versucht erkannte Wissenslücken aufzuarbeiten und Arbeitstechniken zu vermitteln.

Bevor die Ergebnisse dieser Untersuchung dargestellt werden, soll ein grober Überblick über die bisherige Forschung helfen, später bessere Vergleiche ziehen zu können. Hierfür werden Untersuchungen von Rudolph (2002), Behr (1992), Langenmeyer-Krohn/ Krohn (1987), Krüger (1977), Adam (1960) und Statistiken eines etablierten Nachhilfeinstituts aus den Schuljahren 2004/2005 und 2005/2006 herangezogen.

Rudolph führte ihre Fragebogen-Untersuchungen in Niedersachsen durch und befragte 1195 Eltern von Nachhilfeschülern und 179 Fachlehrer. Mit 10 Nachhilfelehrern an Nachhilfeinstituten führte sie ein Leitfadeninterview. Behr (1992) untersuchte die Nachhilfesituation im Ruhrgebiet ebenfalls per Fragebögen.

Exakte Vergleiche zu unserer Studie kann man jedoch nicht vornehmen, da das Schulsystem in Deutschland von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt ist. In Niedersachsen wird die 6. Klasse als Orientierungsstufe angesehen, da die Schüler sich erst danach auf die verschiedenen Schularten aufteilen. Ebenso erfolgt in der Orientierungsstufe eine Schullaufbahnempfehlung durch die Lehrer. Die im Folgenden gezeigten Statistiken des Nachhilfeinstituts wurden aufgrund einer vom Institut selbst durchgeführten Umfrage mit unbekannter Methode erstellt.

Verteilung des Nachhilfeunterrichts auf Schultypen und Klassen

Im Bezug auf die Frage, auf welche Schulstufen sich der Nachhilfeunterricht am häufigsten verteilt, kam Rudolph (2002) zu dem Ergebnis, dass der größte Anteil in der 7. Klasse (22,8%) anzufinden ist. Diese Anzahl lässt sich dadurch erklären, dass sich in Niedersachsen in der 7. Klasse entscheidet, ob das Kind in der gewählten Schulform bleiben darf oder zurück wechseln muss. Allgemein, findet man ab der 6. Klasse (14%) einen deutlichen Anstieg an Nachhilfe, was auf die bevorstehende Schullaufbahnempfehlung zurückzuführen ist.

Widersprüchlich ist allerdings, dass Eltern in der 7.Klasse am häufigsten bei den Hausaufgaben helfen (68,5%) und zudem am häufigsten Nachhilfe in Anspruch nehmen. Anschließend sinkt die elterliche Hilfe wieder kontinuierlich (9.Klasse: 40,6%). Als möglichen Grund sieht Rudolph den Besuch höhere Schulen von Schülern, welche entgegen ihren Empfehlungen trotzdem auf diese gehen.

Adam (1960), Krüger (1977), Langenmeyer-Krohn/Krohn(1987) und Behr (1990) stellten ebenfalls fest, dass in der Mittelstufe über die Jahre der meiste Nachhilfeunterricht in Anspruch genommen wurde (1960: 27%; 1977: 21%; 1987: 18%; 1990: 17%).

Doch wie sieht es in mit den bayrischen Schülern aus? In den internen Statistiken eines Nachhilfeinstituts verteilen sich die Nachhilfeschüler wie folgt: Der Großteil der Schüler, die hier im Schuljahr 2005/2006 bisher Nachhilfe nahmen, kam vom Gymnasium (36,61%). 29,02% kamen von der Realschule, 14,29% von der Hauptschule und nur 12,50% kamen von der Grundschule. Die restlichen 7,59% verteilen sich auf die Berufsschule, die Berufsoberschule und die Fachoberschule (siehe Graphik 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Graphik 1: Schulformenverteilung 2005/2006

Dieses Ergebnis ist mit dem Betrachtungszeitraum des Schuljahres 2004/2005 mit nur minimalen Abweichungen ungefähr vergleichbar. Insgesamt (alle Schultypen miteinander) wurde der Nachhilfeunterricht am Häufigsten von Schülern in den Jahrgangsstufen 8, 9 und 10 besucht.

Welche Fächer sind favorisiert?

Es stellt sich die Frage, wie sich die Schüler nun auf die verschiedenen Fächer aufteilen lassen, in denen sie Nachhilfeunterricht bekommen. Sind eher die Fremdsprachen für Nachhilfeunterricht favorisiert oder stellen mathematische Fächer den Schülern mehr Probleme?

Der Fächerbericht des Nachhilfeinstituts im Schuljahr 2005/2006 zeigt auf den ersten Blick, dass die Mehrzahl der Schüler eine Schwäche in Mathematik besitzt. Mit 42,15% führt das Fach Mathematik vor den Fächern Englisch (19,56%) und Deutsch (15,70%). Die Fächer Rechnungswesen, Physik, Französisch und Latein hingegen haben alle einen ungefähren Anteil von 5% (Graphik 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Graphik 2: Fächerspezifika 2005/2006

Auch bei der Fächerverteilung gibt es zum Schuljahr 2004/2005 keine erwähnenswerten Unterschiede.

Bei der Untersuchung von Behr im Jahr 1990 teilten sich die Fächer Englisch und Mathematik mit jeweils 31% den ersten Platz und bei Rudolph’s Studie (2002) lag Mathematik mit 52,2% weit vorne (Englisch: 51,6%, Deutsch: 29,8%).

Wieviel wird für Nachhilfe ausgegeben?

Wie bereits erwähnt, fand der Pädagoge Klaus Hurrelmann heraus, dass sich die Kosten bei 750.000 Schülern der Sekundarstufe I, die einmal pro Woche Nachhilfeunterricht bekommen, auf etwa 15 Millionen Mark belaufen. Durchschnittlich werden 20 Euro pro Woche pro Schüler ausgegeben – das heißt, dass in der gesamten Bundesrepublik knapp über eine Milliarde Euro pro Jahr den Besitzer wechselt (Kowalczyk & Ottich, 2002). Das Einkommen der Eltern spielt anscheinend eine große Rolle. Jedoch beißen viele Eltern in den sauren Apfel und zahlen ihrem Kind, mit vielen Hoffnungen verbunden, den Nachhilfeunterricht. Das Nachhilfeinstitut gab an, dass pro Schüler circa 900€ jährlich ausgegeben werden. Ob und wie sehr die Eltern finanziell dadurch belastet werden, soll in dieser Untersuchung auch herausgefunden werden.

Belastung der Eltern bei der Finanzierung des Nachhilfeunterrichts

Da 84% aller befragten Väter und 78% aller befragten Mütter von Nachhilfeschülern in einem Arbeitsverhältnis stehen, sollte die Finanzierung des Nachhilfeunterrichte keine Belastung für die Eltern darzustellen. Dennoch kam Rudolph (2002) zu dem Ergebnis, dass knapp 1/3 aller Befragten die Finanzierung nicht als ein Problem empfindet, für 37% stellt sie nur eine mäßige Belastung dar. Ein Großteil dieser Eltern empfindet die außerschulische Lernbegleitung als eine große (21,2%) bzw. sehr große (27,4%) Belastung. Besonders hoch ist sie bei alleinerziehenden Eltern und/oder bei Nachhilfe in Instituten.

Der finanzielle Aufwand steigt mit Eintritt des Nachhilfeangebots in den kommerziellen Markt. Nachhilfeunterricht ist also ein Privileg für bestimmte Gesellschaftsgruppen (Rudolph, 2002).

Wie häufig bekommen die Kinder Nachhilfe?

Nachhilfeunterricht sollte nicht zum Dauerzustand werden, da die Gefahr der Gewöhnung an eine Unterstützung beim Lernen mit zunehmender Dauer größer wird. Nach Möglichkeit sollte Nachhilfe nur eine kurze Verweildauer haben, in der Wissenslücken geschlossen werden sollen – man sollte sie jedoch nicht als langfristige Maßnahme benutzen. Dennoch besucht nach Rudolph (2002) mehr als die Hälfte der Nachhilfeschüler den Zusatzunterricht ganzjährig, für 63% aller Kinder ist der Nachhilfeunterricht zu einer Dauereinrichtung und somit auch Dauerbelastung geworden. Die Hauptabnehmer von Nachhilfe, die Realschule und das Gymnasium, fallen in den Bereich 1-2 Stunden pro Woche. Dennoch bekommen 23,4% aller Gymnasiasten dreimal pro Woche Nachhilfe und noch öfter sogar 26,3% (Rudolph, 2002). Die Schüler im Ruhrgebiet scheinen den Zusatzunterricht weniger in Anspruch zu nehmen, denn die Mehrzahl (71%) bekommt viermal Nachhilfe im Monat – also einmal wöchentlich (Behr, 1990).

Eine Nachhilfestunde dauert im Schnitt 90 Minuten (41,8%), bei 38,2% dauert diese nur 60 Minuten. In wenigen Fällen nimmt eine Nachhilfestunde mehr oder weniger Zeit in Anspruch (Rudolph, 2002). In Nachhilfeinstituten wird eine Nachhilfestunde meist mit 90 Minuten gewertet, was vergleichsweise 2 reguläre Schulstunden sind. Bei Privaterteilern variiert die Zeit je nach Person in der Regel zwischen 45-90 Minuten.

Gründe für die Inanspruchnahme von Nachhilfeunterricht

Gründe für die Inanspruchnahme von Nachhilfe kann es viele geben: Überforderung durch das schnelle Fortschreiten des Schulstoffes, der Lehrer hat zu wenig Zeit zum Einüben der Lerninhalte, die Schwierigkeiten bei der Bearbeitung der Hausaufgaben sind erhöht, zunehmende fehlende Hilfeleistung durch die Eltern, Lern- und Konzentrationsschwächen, längere Krankheit des Kindes oder Lehrers, der damit verbundene Unterrichtsausfall, persönliche und familiäre Probleme und/oder die schlichte „Faulheit“ der Schüler (Hardt, 1978). Sicherlich gibt es hierbei noch eine Vielzahl an weiteren Gründen, es wurden nur einige aufgezählt. Doch welche Gründe geben die Eltern bzw. die Schüler bei Befragungen an?

Nahezu 40% aller Schüler, die Nachhilfe erhalten, haben mit der Bearbeitung der Hausaufgaben ein großes Problem. Dass in der Schule zu wenig geübt wird, tritt eklatant bei befragten Orientierungsstufeneltern mit 53,8% hervor. Besonders in der Orientierungsstufe beklagen 48% der Eltern, dass die Lehrenden sich zu wenig Zeit bei der Bearbeitung der Lehrinhalte nehmen – insgesamt sind 1/3 aller befragten Eltern mit dem Lerntempo unzufrieden. Die Hauptgründe für die Inanspruchnahme von Nachhilfeunterricht sind zum einen leistungsbezogene Erwartungen – die Schüler wollen den Schulabschluss bzw. die Versetzung schaffen (13%), Wissenslücken füllen (13%), bessere Noten schreiben (13%) und/oder bestimmte Leistungsniveaus erreichen. Zum anderen spielen schulische und häusliche Rahmenbedingungen eine große Rolle – die Eltern sind berufstätig (10%), die Hausaufgaben sind zu schwierig (20%), es wird zu wenig in der Schule geübt (3%) und der Stoff wird zu schnell durchgenommen (17%). Weitere Gründe können Krankheit (10%), ein Schulwechsel (3%) und/oder ein persönliches Lernproblem (7%) sein (Rudolph, 2002).

[...]

Ende der Leseprobe aus 53 Seiten

Details

Titel
Nachhilfeunterricht. Ein kritischer Überblick über den außerschulischen Förderunterricht
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Pädagogische Psychologie)
Veranstaltung
Einführung in die quantitativen Forschungsmethoden
Note
1,0
Autoren
Jahr
2006
Seiten
53
Katalognummer
V64191
ISBN (eBook)
9783638570695
ISBN (Buch)
9783638710510
Dateigröße
732 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nachhilfeunterricht, Investition, Förderunterricht, Einführung, Forschungsmethoden
Arbeit zitieren
Dr. Stephanie Sasse (Autor:in)Manuela Woßler (Autor:in), 2006, Nachhilfeunterricht. Ein kritischer Überblick über den außerschulischen Förderunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64191

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