Arbeitsschutzmanagement-Systeme. Anpassung an die Bedürfnisse eines Unternehmens


Diplomarbeit, 2001

131 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungen und Tabellen

1. Zusammenfassung

2. Einleitung
2.1 Ziel der Arbeit
2.2 Methode und Vorgehensweise
2.3 Europäische und nationale Rechtsgrundlagen des Arbeitsschutzes
2.3.1 Der Artikel 138 des EWG-Vertrages
2.3.2 Die Arbeitsschutzrahmenrichtlinie 89/391/EWG
2.3.3 Das Arbeitsschutzgesetz
2.4 Das Arbeitsschutzsystem in Deutschland
2.4.1 Modelle des betrieblichen Arbeitsschutzes
2.4.1.1 Regelbetreuung für Arbeitssicherheit
2.4.1.2 Der überbetriebliche Dienst
2.4.1.3 Das Unternehmermodell
2.5 Lohnkosteneinschätzung in Deutschland
2.6 Unmittelbare und mittelbare Folgen von Arbeitsunfällen

3. Arbeitsschutzmanagement-Systeme
3.1 Einleitung
3.2 Normung von Arbeitsschutzmanagement-Systemen
3.3 Darstellung von ausgewählten Arbeitsschutzmanagement-Systemen
3.3.1 Arbeitsschutz und sicherheitstechnischer Check in Anlagen (ASCA)
3.3.2 Occupational Health and Risk-Managementsystem (OHRIS)
3.3.3 Safety-Checklist-Contractors (SCC)
3.3.4 Britische Norm „Occupational Health and Safety Management System“ (BS 8800)
3.3.5 Spezifikation zur freiwilligen Einführung, Anwendung und Weiterent-
wicklung von Arbeitsschutzmanagement-Systemen (LV 21)
3.3.6 Weitere Arbeitsschutzmanagement-Systeme
3.4 Bewertung der Management-Systeme
3.5 Managementvarianten
3.5.1 Verwendung mehrerer autarker Systeme im Betrieb
3.5.2 Integrierte Managementsysteme

4. Untersuchung des zu betrachtenden Unternehmens
4.1 Vorstellung des Unternehmens
4.1.1 Geschichte
4.1.2 Produktpalette
4.1.3 Betriebliche Besonderheiten
4.1.4 Unternehmenspolitik
4.1.5 Organisationsstrukturen
4.1.5.1 Betriebsorganisation
4.1.5.2 Organisation des Arbeitsschutzes
4.2 Erfassung des Ist-Zustandes hinsichtlich des Arbeitsschutzes
4.2.1 Einbindung des Arbeitsschutzes in betriebliche Belange
4.2.2 Die Rolle der Abteilungsleiter und Meister im Arbeitsschutz
4.2.3 Die Pflichten der Mitarbeiter im Arbeitsschutz
4.2.4 Gruppenarbeit unter dem Aspekt des Arbeitsschutzes
4.2.5 Unfallzahlen der letzten Jahre im Vergleich zur BG
4.2.5.1 Unfallschwerpunkte
4.2.5.2 Unfallursachen
4.2.6 Betrachtung der erstatteten Beiträge der BG der letzten Jahre
4.2.7 Betriebliche Krankenstände der letzten 15 Jahre
4.2.8 Maßnahmen des präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutzes
4.2.8.1 Initiativen des Arbeitsschutzes
4.2.8.2 Betrieblicher Arbeitskreis Gesundheit der AOK
4.2.8.3 Fachausschüsse des Betriebsrates
4.2.8.4 Vorbeugende Instandhaltung
4.2.8.5 Vorgaben für Fremdfirmen

5. Ableitung eines Managementsystems für den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz im Unternehmen
5.1 Spezielle Anforderungen an ein AMS für das Unternehmen
5.2 Erarbeitung eines Konzeptvorschlages für das Unternehmen
5.3 Vorstellung der Ausarbeitung des Konzeptes zur Umsetzung der LASI- Spezifikation im Unternehmen
5.4 Anwendbarkeit des Arbeitsschutzmanagement-Systems auf die Unternehmens-gruppe
5.5 Betriebswirtschaftliche Bewertbarkeit des Arbeitsschutzmanagement-Systems

6. Diskussion und Ausblick

7. Literaturnachweis

8. Anhang
8.1 Definitionen der im AMS-Konzept verwendeten Begriffe nach LV 21
8.2 Verknüpfbarkeitstabellen der Systemelemente der LASI-Spezifikation zu DIN EN ISO 9001 und DIN EN ISO 14001
8.3 Inhaltsverzeichnis des erarbeiteten AMS nach LV 21
8.4 Fragenkatalog zur Befragung der Meister und Abteilungsleiter

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungen und Tabellen

Abbildung 1: Harmonisierungsrichtlinien der EU und ihre Umsetzung in Deutschland.

Abbildung 2: Duales Arbeitsschutzsystem der Bundesrepublik Deutschland.

Abbildung 3: Arbeitskosten je Arbeiterstunde ausgewählter Länder in der ver- arbeitenden Industrie im Jahr 1998.

Abbildung 4: Auswirkungen von krankheits- oder unfallbedingten Fehlzeiten auf ein Unternehmen

Abbildung 5: Übersicht über die Systemelemente des OHRIS.

Abbildung 6: Normative Handlungsfelder der obersten Leitung in Bezug auf Arbeits- schutz

Abbildung 7: Übersicht über die Systemelemente der LASI-Spezifikation

Abbildung 8: Integration von QMS, AMS und UMS in einem einzigen System

Abbildung 9: Einbaufertiger Türschließer

Abbildung 10: Eingebaute Automatik-Schiebetür

Abbildung 11: Türterminal für die Rettungswegtechnik

Abbildung 12: Darstellung der drei Produktionsebenen

Abbildung 13: Blick auf einen Verkehrsweg zwischen Galvanik und Presserei mit Abzweigung nach rechts.

Abbildung 14: Montage der Antriebseinheit einer Automatiktür

Abbildung 15: Organigramm des Unternehmens am Standort Ennepetal

Abbildung 16: Darstellung der Häufigkeit der Inanspruchnahme einer Beratung durch die Stabsstelle des Arbeitsschutzes bei der Planung und Gestaltung von Arbeitsplätzen und Produktionsprozessen

Abbildung 17: Die zentrale Rolle der Vorgesetzten im Arbeitsschutz

Abbildung 18: Darstellung des Wissens der Abteilungsleiter und Meister um und über ihre Mitarbeiter

Abbildung 19: Grad der Teilnahme der Meister und technischer Führungskräfte an Schulungen und Seminaren der BG

Abbildung 20: Häufigkeit der Einbeziehung der Stabsstelle für Arbeitssicherheit in die Planung und Gestaltung von Arbeitsplätzen

Abbildung 21: Entwicklung der Anzahl der betrieblichen Arbeitsunfälle und deren durchschnittliche Ausfallzeit in den Jahren 1995 – 1999

Abbildung 22: Vergleich des prozentualen Anteils der durch Arbeitsunfälle im gewerblichen Bereich verlorengegangenen Arbeitsstunden im Vergleich zur MMBG

Abbildung 23: Verteilung unfallbedingter Ausfalltage in den einzelnen Abteilungen innerhalb des betrachteten Zeitraumes

Abbildung 24: Darstellung der Häufigkeit verletzter Körperteile der letzten Jahre im Unternehmen

Abbildung 25: Entwicklung des von der MMBG gewährten prozentualen Beitragsaus- gleichs bezogen auf den berücksichtigungsfähigen Beitrag

Abbildung 26: Entwicklung der Abwesenheitsquote und der Mitarbeiterzahl im gewerb- lichen Bereich in den letzten 15 Jahren

Abbildung 27: Entwicklung der Abwesenheitsquote und der Mitarbeiterzahl im gewerb- lichen Bereich der letzten vier Jahre im Vergleich zum Zeitraum 1985 – 1995 verteilt über die Monate

Tabelle 1: Bewertung der vorgestellten AMS unter Berücksichtigung bestimmter Kriterien

1. Zusammenfassung

Seit mehreren Jahren werden auf nationaler und internationaler Ebene eine ganze Reihe von Arbeitsschutzmanagement-Systemen (AMS) erarbeitet. Bei deren Entwicklung spielen vor allem auf internationaler Ebene unterschiedliche Motive eine Rolle. Das Ziel aller in dieser Arbeit vorgestellten AMS ist die Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in den Unternehmen. Der Gesundheitsschutz spielt bei einigen AMS aber nur eine sekundäre Rolle. Durch eine zusammenfassende Bewertung wird gezeigt, ob das Ziel der Verbesserung der Arbeits- und Gesundheitsschutzsituation in den Betrieben durch die einzelnen Systeme erreicht werden kann.

Für die Auswahl eines geeigneten Systems für das Unternehmen steht im Wesentlichen die Qualität des AMS im Vordergrund. Zusätzlich sind auch Faktoren wie Aktualität und Integrationsfähigkeit des AMS in das vorhandene QMS (Qualitätsmanagement-System) ausschlaggebend.

Bevor jedoch ein AMS für ein Unternehmen entwickelt werden kann, ist es unerlässlich, die betriebliche Organisation zu analysieren und das Unternehmen hinsichtlich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu bewerten. Weiterhin wird das Unternehmen bezüglich seiner Unfallhäufigkeit und der krankheitsbedingten Fehltage analysiert. Als Grundlage für die Analyse des betrieblichen Krankenstandes dienen die Ergebnisse des Arbeitskreises Gesundheit der AOK und die Krankheitsstatistik des Unternehmens.

Auf der Basis der Ergebnisse der Untersuchungen wird ein Konzept für ein AMS erarbeitet, welches den Anforderungen des in dieser Arbeit betrachteten Unternehmens gerecht werden soll. In dem AMS sind ebenso Aspekte enthalten, mit denen eine Verbesserung des betrieblichen Gesundheitsschutzes erzielt werden kann.

Abschließend werden Möglichkeiten zur betriebswirtschaftlichen Bewertung des AMS aufgezeigt. Sie werden anhand bestimmter Kriterien bezüglich ihrer Anwendbarkeit innerhalb des Unternehmens diskutiert.

2. Einleitung

Deutschland verfügt über ein effektives Arbeitsschutzsystem. Jedoch ist in den letzten Jahren der Rückgang der Unfallzahlen nicht mehr so stark. Aus diesem Grund und um den Arbeitsschutzes besser in die Unternehmen integrierbar zu machen, hat man in Deutschland bereits mehrere AMS erarbeitet. Auch auf internationaler Ebene wurden AMS entwickelt; die Gründe dafür liegen aber mehr oder weniger in der mangelnden Akzeptanz der Unternehmen in Bezug auf den Arbeitsschutz und den teilweise hohen Unfallzahlen der einzelnen Länder.

In den letzten Jahren wurden in Deutschland mehrere AMS entwickelt, die helfen sollen, die Arbeits- und Gesundheitsschutzsituation in den Unternehmen zu verbessern. Ein anderer Grund für die Entwicklung von AMS ist die Tatsache, dass Deutschland damit versucht, ein normungsfähiges AMS zu entwickeln. Bereits mehrere Länder haben in der Vergangenheit Vorschläge für normungsfähige AMS erarbeitet. Somit hätte Deutschland, wenn es wirklich zur Normung von AMS kommen sollte, bereits ein System, welches als Normvorschlag eingebracht werden könnte. Grundsätzlich besteht in Deutschland aber keine Verpflichtung für die Unternehmen, AMS in ihrer Organisation einzuführen.

Die Fachwelt vertritt einheitlich die Meinung, dass die in Deutschland entwickelten AMS geeignet sind, die Eigenverantwortung der Betriebe bezüglich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu stärken und die Transparenz im Unternehmen zu verbessern.

2.1 Ziel der Arbeit

Im Rahmen dieser Arbeit soll das Konzept eines AMS für einen international operierenden und sehr erfolgreichen Hersteller für Türschließsysteme, Zutrittskontrollsysteme und Rettungswegtechnik entwickelt werden. Bei der Auswahl des geeigneten AMS soll besonderer Wert auf die Aktualität und die Anwendbarkeit des Systems im Unternehmen gelegt werden. Dazu muss eine Analyse und Bewertung des aktuellen Standes der Entwicklung von AMS auf nationaler und internationaler Ebene erfolgen. Auch die aktuelle und zukünftige Entwicklung des Unternehmens soll Berücksichtigung finden. Zusätzlich spielen organisatorische Schwachpunkte der aktuellen Arbeits- und Gesundheitsschutzorganisation eine wichtige Rolle, denn sie sollen durch das AMS behoben werden.

2.2 Methode und Vorgehensweise

Bevor eine Auswahl von AMS vorgestellt und bewertet wird, sollen zunächst die heute gültigen europäischen Rechtsgrundlagen (Kap. 2.3) und anschließend das Arbeitsschutzsystem in Deutschland in seinen Grundzügen erläutert werden (Kap. 2.4).

Daran anknüpfend wird ein kurzer Überblick über die aktuellen nationalen und internationalen AMS gegeben. Sie werden anschließend anhand von 15 Kriterien bewertet. Außerdem werden Möglichkeiten vorgestellt und diskutiert, die die Integration des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in bereits bestehende Management-Systeme erlauben (Kap. 3.5).

Weil ein AMS an die betrieblichen Organisationsstrukturen angepasst werden muss, damit das System möglichst effektiv angewendet werden kann, wird das Unternehmen hinsichtlich seiner betrieblichen Organisation und Besonderheiten untersucht (Kap. 4.1.3).

Außerdem ist es für die Erarbeitung eines AMS-Konzeptes wichtig, den momentanen Ist-Zustand des Unternehmens bezüglich der Arbeits- und Gesundheitsschutzorganisation zu analysieren, damit Schwachstellen innerhalb dieser Organisation beseitigt werden können. Um das Ziel der Arbeit zu erreichen, ist die Analyse der Einbindung des Arbeitsschutzes in der Abteilungsleiter- und Meisterebene ebenso wichtig. Hierzu wird ein Fragenkatalog entwickelt, mit dessen Hilfe der Umgang der Meister und Abteilungsleiter mit dem Arbeitsschutz untersucht werden soll (Kap. 4.2.1).

Auf der Grundlage der Bewertung der vorgestellten AMS wird ein bestimmtes ausgewählt und ein Konzept für ein mögliches AMS für das Unternehmen entwickelt (Kap. 5). Dabei müssen auch die Erkenntnisse, die bei der Untersuchung des Unternehmens gesammelt werden, in das Konzept einfließen. Nur so kann der Aufbau eines AMS im Unternehmen erfolgversprechend realisiert werden.

2.3 Europäische und nationale Rechtsgrundlagen des Arbeitsschutzes

In den folgenden Kapiteln soll die Rechtslage des Arbeitsschutzes kurz vorgestellt werden. Die nachstehende Abbildung 1 soll einen Überblick über die für die vorliegende Arbeit relevanten Beziehungen der Gesetze und Verordnungen zur EU (Europäische Union) vermitteln.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Harmonisierungsrichtlinien der EU und ihre Umsetzung in Deutschland.

Es wird deutlich, dass die in Deutschland gültigen Gesetze und Verordnungen des Arbeitsschutzes aus zwei unterschiedlichen Harmonisierungsrichtlinien stammen. Einerseits wird eine Harmonisierung des Binnenmarktes durch Produktspezifikationen angestrebt. Andererseits soll ein Mindeststandard im Bereich des Arbeitsschutzes erreicht werden. Dabei wird entweder eine 1 zu 1 Umsetzung oder eine Umsetzung gefordert, bei der die Harmonisierungsrichtlinie als Minimum der Forderungen gesetzt ist. Aus beiden Harmonisierungsrichtlinien resultieren Gesetze und Verordnungen, die für den Arbeitsschutz in Deutschland verbindlich sind.

Bis heute sind eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen für bestimmte Themenbereiche des Arbeitsschutzes in nationales Recht umgesetzt worden.

2.3.1 Der Artikel 138 des EWG-Vertrages

In diesem Artikel werden die Mitgliedstaaten der EU verpflichtet, insbesondere in der Arbeitsumwelt Verbesserungen zu fördern, um die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen. Durch den Artikel 138 sollen die Bedingungen der einzelnen Mitgliedstaaten bezüglich der Arbeitssicherheit harmonisiert werden. Generell wird die Hinwirkung auf Verbesserungen gefordert. Aus diesem Artikel resultieren Richtlinien, die in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten als Mindestvorschriften schrittweise in nationales Recht umzusetzen sind.

Im Text dieses Artikels wird keine Einführung von AMS in die Unternehmen gefordert.

2.3.2 Die Arbeitsschutzrahmenrichtlinie 89/391/EWG

Diese Richtlinie legt verbindliche Mindestvorschriften für die Mitgliedstaaten der EU in bezug auf Sicherheit, Gesundheitsschutz und bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen durch Arbeitnehmer bei der Arbeit fest. Weiterhin werden die Pflichten der Arbeitgeber im Arbeitsschutz definiert. Alle Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft müssen diese Richtlinie als Gesetz in nationales Recht umsetzen. In Deutschland geschah das im August 1996 mit dem „41. Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG)“. Mit Verkündung des Bundesgesetzblattes Nr. 43 Teil 1 von 1996 trat es in Kraft.

2.3.3 Das Arbeitsschutzgesetz

Das Gesetz soll dazu dienen, Maßnahmen des Arbeitsschutzes nach allgemeinen Grundsätzen umzusetzen. Ziel des Gesetzes soll es sein, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern.

Es werden sowohl die Rechte als auch die Pflichten der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer definiert. So hat der Arbeitgeber unter anderem die Pflicht, Arbeitsbedingungen und die mit der Arbeit verbundene Gefährdung für die Beschäftigten zu beurteilen (§ 5). Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung sind zu dokumentieren. Des weiteren muss er geeignete Maßnahmen ergreifen, um eine Verbesserung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten anzustreben. Die Wirksamkeit der Maßnahmen ist zu überprüfen und erforderlichenfalls neuen Anforderungen anzupassen. Somit ergibt sich ein Kreislaufprozess, mit dessen Hilfe die Unternehmer das Ziel des Gesetzes erreichen sollen.

Nach § 3 Absatz 2 des Arbeitsschutzgesetzes muss der Unternehmer auch für eine geeignete Organisation des Arbeitsschutzes sorgen. Wie eine solche Organisation auszusehen hat, wird im Gesetzestext nicht näher erläutert. Auf diesen Sachverhalt soll in Kapitel 3.1 noch näher eingegangen werden.

Außerdem muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmern ermöglichen, sich je nach den Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit regelmäßig arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Jeder Arbeitnehmer muss entsprechend seinen Fähigkeiten bezüglich seines Arbeitsplatzes und den dort herrschenden Gefahren unterwiesen werden. Der Arbeitgeber hat das Recht, zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich zu beauftragen, die ihm obliegenden Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen.

Die Arbeitnehmer haben das Recht, dem Arbeitgeber Vorschläge zu Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit zu machen. In besonderen Fällen dürfen sie sich an die zuständige Behörde wenden. Die Beschäftigten müssen nach ihren Möglichkeiten und gemäß der Unterweisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit Sorge tragen und dürfen nur die ihnen zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel und persönliche Schutzausrüstung verwenden. Jede von den Arbeitnehmern festgestellte, unmittelbare und erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit ist von den Arbeitnehmern unverzüglich zu melden. Außerdem müssen sie den Arbeitgeber in der Erfüllung seiner Pflichten unterstützen.

2.4 Das Arbeitsschutzsystem in Deutschland

Der Grundstein für die staatliche Überwachung der Unternehmen in Deutschland wurde 1839 gelegt. Elf Jahre zuvor hatte das Militär bemängelt, dass die Untauglichkeitsquote junger Männer beunruhigend hoch sei. Den Grund für die schlechte körperliche Konstitution der Wehrpflichtigen sah man in der Kinderarbeit. Die Männer waren bereits im Kindesalter zur Arbeit (bis zu elf Stunden täglich) herangezogen worden. Daraufhin wurde Kinderarbeit in den Fabriken staatlich überwacht.

Erst 1884 trat das Unfallversicherungsgesetz in Kraft und die Zwangsmitgliedschaft der Unternehmer wurde eingeführt (vgl. Mertens 1978, S. 5 ff.)

Diese Entwicklung hat zu dem noch heute existierenden Dualismus in der Rechtssetzung und der Überwachung zwischen staatlicher Aufsicht und den Unfallversicherungsträgern geführt.

Die Bundesrepublik Deutschland verfügt als einziger europäischer Staat über ein so genanntes duales Arbeitsschutzsystem. Die nachfolgende Abbildung soll diesen Sachverhalt verdeutlichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Duales Arbeitsschutzsystem der Bundesrepublik Deutschland. (Quelle: BMAS 1999a,
S. 11.)

Die Berufsgenossenschaften erarbeiten Berufsgenossenschaftliche Vorschriften (BGVen), die von Bund und Ländern genehmigt werden müssen. Die Überwachung der Gesetze und Verordnungen erfolgt durch die Staatlichen Ämter für Arbeitsschutz, während die Überwachung der Einhaltung der BGVen den Unfallversicherungsträgern obliegt.

2.4.1 Modelle des betrieblichen Arbeitsschutzes

Damit das ArbSchG in allen Betrieben umgesetzt werden kann, müssen die Unternehmen je nach Betriebsgröße verschiedene Möglichkeiten zur Umsetzung wählen. Diese Möglichkeiten werden nun kurz beschrieben.

2.4.1.1 Regelbetreuung für Arbeitssicherheit

Ab einer bestimmten Mindesteinsatzzeit pro Jahr, die von der betreuenden Berufsgenossenschaft des Betriebs ermittelt wird, bestellen die Unternehmen eine Sicherheitsfachkraft (vgl. Schulte 1999, S. 21). In Konzernen können somit mehrere Sicherheitsfachkräfte bestellt werden. Ist die Einsatzzeit jedoch so bemessen, dass kein voller Arbeitsplatz geschaffen wird, werden die Fachkräfte für Arbeitssicherheit oft auch mit anderen Aufgaben (z. B. im Gefahrgut- oder Umweltschutzbereich) betraut.

2.4.1.2 Der überbetriebliche Dienst

In Klein- und Mittelbetrieben werden häufig Dienstleister beauftragt, die die Aufgaben einer Fachkraft für Arbeitssicherheit zu übernehmen. Diese Regelung gilt für Betriebe ab einem Mitarbeiter. Der Vorteil dieser Lösung liegt darin, dass die Unternehmen keinen Mitarbeiter des Betriebes für die Ausbildung und Wahrnehmung der Aufgaben abstellen müssen. Allerdings haben die betreuenden Sicherheitsfachkräfte oft nicht das betriebsspezifische Wissen, da sie nur die festgelegte Zeit vor Ort sind. Somit besteht die Gefahr, dass Arbeitsschutz in Klein- und Mittelbetrieben oft nur oberflächlich betrieben wird, um der Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen. In den letzten Jahren sind sehr viele überbetriebliche Dienste gegründet worden. Angesichts dieser Tatsache fordert Schulte (2000) eine Qualitätskontrolle für diesen Dienstleistungsbereich.

2.4.1.3 Das Unternehmermodell

Seit Inkrafttreten des ArbSchG gibt es auch eine Betreuungspflicht für Betriebe bis etwa 30 Mitarbeiter. Etwa 93% der Unternehmen in Deutschland fallen in diese Kategorie und waren vor Inkrafttreten des Gesetzes nicht betreuungspflichtig (vgl. Jäck 1999, S. 7)

Den Kleinbetrieben wird freigestellt, ob sie sich durch einen überbetrieblichen Dienst betreuen lassen oder ob der Unternehmer selbst die Aufgaben einer Fachkraft für Arbeitssicherheit übernehmen will. Wird das Unternehmermodell gewählt, muss sich der Unternehmer durch den zuständigen Unfallversicherungsträger ausbilden lassen. Da der Unternehmer sich quasi selbst in Angelegenheiten des Arbeitsschutzes berät, ist es fraglich, ob ein Kleinunternehmer schon allein aus Kostengründen den bestmöglichen Schutz vor Gefahren, die sich während der Arbeit ergeben, anstrebt.

2.5 Lohnkosteneinschätzung in Deutschland

Die Diskussionen um den Industriestandort Deutschland werden in den letzten Jahren immer heftiger geführt. Als besonders belastend werden von den Unternehmen die hohen Arbeitskosten genannt. In dem nachfolgenden Diagramm (Abbildung 3) sind Arbeitskosten ausgewählter Nationen dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Arbeitskosten je Arbeiterstunde ausgewählter Länder in der verarbeitenden Industrie im Jahr 1998 (Quelle: IWD (Institut der deutschen Wirtschaft) 1999).

Der internationale Vergleich zeigt, dass Westdeutschland bezüglich der Arbeitskosten mit 47,96 DM an der Spitze liegt (vgl. IWD 1999). In Ostdeutschland betragen die Arbeitskosten nur knapp 63% des Westniveaus. Die Schweiz belegt mit einem höheren Stundenlohn aber niedrigeren Personalzusatzkosten den zweiten Platz.

Die menschliche Arbeit stellt also für die Betriebe einen kostenintensiven und damit wertvollen Produktionsfaktor dar. Der deutschen Wirtschaft gehen jährlich Beträge in Milliardenhöhe durch Arbeitsunfälle verloren (vgl. Zwingmann 1995, Baum et al. 1995 und Bakkum 1995). Allerdings gehen die Zahlen der schweren Unfälle in der westlichen Welt stark zurück (vgl. Saloniemi und Oksanen 1998).

2.6 Unmittelbare und mittelbare Folgen von Arbeitsunfällen

Unfälle haben sowohl Folgen für die Verunfallten als auch für das Unternehmen. Die humanitären Folgen für Unfallopfer wie z. B. physische Beeinträchtigungen oder der Verlust an Lebensqualität sind nur schwer zu ermitteln. Jedoch wird in Großbritannien versucht, diese Faktoren in die Unfallkostenrechnung mit einzubeziehen (vgl. Baum und Schulz 1995, S. 55).

Neben dem rechtlichen und ethischen Aspekt ist der Arbeits- und Gesundheitsschutz somit auch ein ökonomischer Faktor, weil mit seiner Hilfe die Humanressourcen erhalten werden sollen und die Verluste durch krankheits- und unfallbedingte finanzielle Folgen der Unternehmen reduziert werden sollen. Jeder Arbeitstag, der durch einen Arbeitsunfall verloren geht, kostet dem Betrieb im Durchschnitt 1.000 DM (vgl. Harren 1995, S. 54). Allerdings gehen den deutschen Unternehmen im Schnitt nur noch ca. 0,3 % der vertraglichen Arbeitszeit durch Unfälle verloren (vgl. Krüger et al. 2000, S. 9 und Thiehoff 1995, S. 5).

Die Personalzusatzkosten (dazu gehören u. a. Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber und Entgeldfortzahlung im Krankheitsfall) im produzierenden Gewerbe sind zwar in den letzten Jahren weitgehend auf dem gleichen Niveau geblieben, jedoch ist die Wertschöpfung pro Mitarbeiter durch z. B. Rationalisierungen gestiegen. Der krankheits- oder unfallbedingte Ausfall eines Mitarbeiters wirkt sich somit nicht mehr nur direkt monetär aus, sondern es können durchaus auch Störungen im Betrieb (z. B. durch Flexibilitätsverlust oder Qualitätsmängel) auftreten (vgl. Freigang-Bauer 1995, S. 40 ff.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Auswirkungen von krankheits- oder unfallbedingten Fehlzeiten auf ein Unternehmen.
(nach Freigang-Bauer 1995, S. 43.)

Fehlzeiten können sich also primär und sekundär auf ein Unternehmen auswirken.

Einerseits lassen sich die Fehlzeiten direkt in den Kosten für Lohnfortzahlung, Personalgemeinkosten, Ersatzkosten und den Beiträgen für Versicherungen messen.

Auf der anderen Seite entstehen im Unternehmen Probleme, deren monetäre Wirkung nicht unmittelbar messbar ist. Sie sind in den beiden mittleren Kästen der Grafik genannt. Ihre Folgen können sich durchaus erst nach längerer Zeit bemerkbar machen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Beseitigung der Ursachen der Fehlzeiten ebenfalls erst nach einiger Zeit einen positiven Einfluss auf diese Themenbereiche zeigt.

Aus diesem Zusammenhang wird deutlich, dass die Minimierung der krankheits- und unfallbedingten Fehlzeiten eine strategisch wichtige Maßnahme für ein Unternehmen ist.

3. Arbeitsschutzmanagement-Systeme

In den folgenden Kapiteln sollen bereits etablierte Arbeitsschutzmanagement-Systeme vorgestellt und kurz bewertet werden. Auch Ansätze zu integrierten Managementsystemen sollen erläutert und diskutiert werden.

3.1 Einleitung

Nach Jäck (1999, S. 6) verbirgt sich hinter dem Begriff Management „eine moderne, eher modische Bezeichnung für die sach- und personalbezogene Gesamtführung eines Unternehmens oder eines sonstigen Kollektivs. Gemeint ist das dispositive Handeln der Entscheidungsträger auf allen Leitungsebenen.“

Als Arbeitsschutzmanagement-Systeme (AMS) bezeichnet man „systematisierte und formalisierte Führungskonzepte in mittleren und großen Unternehmen, die durch geeignete Maßnahmen zur Verbesserung des betrieblichen Arbeitsschutzes beitragen“ (vgl. Schmauder/Braun 1999, S. 8). Aber auch für Kleinbetriebe werden AMS entwickelt (vgl. HVBG 1999).

Unter Arbeitsschutz wird ein umfassender Schutz der Beschäftigten bei ihrer Arbeit im Betrieb verstanden. Er umfasst die Sachverhalte Sicherheit und Gesundheit (vgl. Schmauder/Braun 1999, S. 7).

Nach § 3 Abs. 1 ArbSchG ist unmittelbar und in erster Linie der Arbeitgeber verpflichtet, Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu ergreifen, die die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit positiv beeinflussen.

Damit der Arbeitgeber seine oben genannten Grundpflichten wahrnehmen kann, muss er nach § 3 Abs. 2 ArbSchG für eine geeignete Organisation und die Bereitstellung der erforderlichen Mittel sorgen. Zusätzlich müssen Vorkehrungen getroffen werden, damit die Maßnahmen bei allen Tätigkeiten und in die betrieblichen Führungsstrukturen eingebunden werden.

Eine genaue Vorgabe, wie § 3 Abs. 2 ArbSchG betrieblich umzusetzen ist, wird vom Gesetzgeber nicht festgelegt. Somit steht es den Unternehmen frei, wie sie ihren Arbeitsschutz organisieren und in die Betriebsstrukturen einbinden. Nur die Mitwirkungspflicht der Beschäftigten muss als einzige Einschränkung gewahrt bleiben.

Auf Grund der Tatsache, dass der Unfallversicherungsträger im Falle eines Organisationsverschuldens die zivilrechtliche Haftung einfordern kann, wird der Aufbau einer geeigneten Arbeitsschutzorganisation innerhalb der Unternehmen gefördert (Schmauder/Braun 1999,
S. 11 f.).

Die Forderungen für AMS bestehen bereits seit den 70er Jahren (vgl. Hale 1995, S. 234). Neben dem AMS haben sich schon vor Jahren zuerst das Qualitätsmanagement- und später das Umweltschutzmanagement-System innerhalb der Unternehmen etabliert. Beim QMS standen im wesentlichen Wettbewerbsvorteile (z. B. Forderung des Systems von den Kunden oder Werbung mit dem erlangten Zertifikat) als Grund für die Einführung im Vordergrund. UMS führen die Firmen ein, um dem wachsenden Interesse der Gesellschaft an einer intakten Umwelt gerecht zu werden.

Für die Etablierung von AMS in die Unternehmen spricht aus ökonomischer Sicht in erster Linie die erhoffte Einsparung von finanziellen Aufwendungen für unfall- und krankheitsbedingte Fehlzeiten. Aber auch der (ethische) Aspekt der Schonung von Humanressourcen spielt eine Rolle. Bedenkt man, dass der Anteil der älteren Erwerbstätigen in Deutschland weiter wächst und über eine Erhöhung des Rentenalters nachgedacht wird (vgl. Zangemeister/Nolting 1997, S. 6), erscheint ein AMS strategisch sinnvoll. Aber auch die Tatsache, dass Deutschland im Vergleich zu anderen EU-Ländern bezüglich der Häufigkeit von Arbeitsunfällen (Zahl der Unfälle bezogen auf 100.000 Erwerbstätige) weit über dem Durchschnitt liegt (Reim 1999), zeigt die Notwendigkeit zu Neuerungen für den deutschen Arbeitsschutz.

Auch die von Krüger et al. (2000, S. 154 f.) vorgeschlagenen externen Anreize wie z. B. die Umgestaltung des Beitragssystems der Berufsgenossenschaften oder wirksame Drohungen der BGen mit Regreß könnten in Zukunft die Verbreitung von AMS fördern, wenn sie umgesetzt werden.

3.2 Normung von Arbeitsschutzmanagement-Systemen

Im Bereich der Qualitätssicherung und des Umweltschutzes haben sich mittlerweile internationale Normenreihen (z. B. ISO 9000 ff. und 14001 ff.) in den Unternehmen etabliert. Die Briten waren dabei die ersten, die ISO 9000 und ISO 14000 maßgeblich auf den Weg gebracht haben (vgl. Ritter/Langhoff 1998, S. 21).

Im Arbeitsschutz wird bislang eine Normung oder gar Zertifizierung von den Sozialpartnern, den staatlichen Arbeitsschutzbehörden und den Unfallversicherungsträgern abgelehnt. Es wird befürchtet, dass die Freiräume der Unternehmen zur Organisation des Betriebes bezüglich des Arbeitsschutzes reguliert und damit eingeengt werden (MMBG 6/1999).

Auch das BMAS (Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung) hat zu diesem Thema mit den obersten Arbeitsschutzbehörden der Bundesländer, den Trägern der Unfallversicherung und den Sozialpartnern einen gemeinsamen Standpunkt erarbeitet. Eine Normung im Bereich des betrieblichen Arbeitsschutzes wird abgelehnt. Ritter und Langhoff (1998, S. 102) sind der Meinung, dass ein einziger AMS-Standard wegen der Vielfalt betrieblicher Bedingungen wenig konkret sein kann. Grundsätzlich wird aber die Anwendung von AMS befürwortet und die Erarbeitung eines europäischen Handlungskonzeptes vorangetrieben (BMAS 1997).

1999 hat das BMAS seinen Standpunkt zur Normung von AMS nochmals bekräftigt und Eckpunkte als abgestimmte deutsche Position für die Entwicklung und Bewertung von AMS-Konzepten formuliert (BMAS 1999). Ein AMS-Konzept soll sich demnach an folgenden Kernelementen und –prozessen bezüglich der betrieblichen Aufbau- und Ablauforganisation orientieren:

1. Arbeitsschutzpolitik und –strategie,
2. Verantwortung, Aufgaben und Befugnisse,
3. Aufbau des AMS,
4. Interner und externer Informationsfluss und Zusammenarbeit,
5. Verpflichtungen,
6. Einbindung von Sicherheit und Gesundheitsschutz in betriebliche Prozesse,
7. Dokumentation und Dokumentenlenkung und
8. Ergebnisermittlung, -bewertung und Verbesserung des AMS.

Eine Zertifizierungspflicht kann aus der Anwendung der Eckpunkte nicht abgeleitet werden.

Auch die EU-Kommission beabsichtigt, Leitlinien für AMS zu entwickeln, damit eine einheitliche Grundlage für die Verbesserung des Arbeitsschutzes in Europa geschaffen wird (vgl. Bayerisches Staatsministerium 1998, S. 3). Die KAN (Kommission für Arbeitsschutz und Normung) lehnt die Normung von AMS ab und verweist dabei auf den Artikel 138 des EWG-Vertrages, in dem auf den Erlass von Mindestvorschriften hingewiesen wird – eine Konkretisierung dieses Artikels in nationales Recht soll nicht durch eine Norm erfolgen (vgl. ebd. S. 37).

Seit September 1999 beschäftigt sich auch die ILO (International Labour Organisation) mit der Erarbeitung eines Leitfadens „Code of Practice“ für AMS, der 2001 veröffentlicht werden soll (Landesanstalt für Arbeitsschutz 1998). Im Hinblick auf die fortschreitende Globalisierung der Unternehmen werden auch in Deutschland die Forderungen nach internationalen Standards zu AMS immer lauter (Sicherheitsingenieur 1999).

Bevor in den nachfolgenden Kapiteln eine Auswahl verschiedener AMS vorgestellt wird, sollte noch erwähnt werden, dass verschiedene private Zertifizierungsgesellschaften eine normähnliche Publikation (OHSAS (Occupational Health & Safety Assessment Series 18001: 1999 „Arbeitsschutzmanagement – System-Beschreibung“) erarbeitet haben (MMGB 6/1999). Da es bisher noch keine gültige Norm zu AMS gibt, würde eine Zertifizierung nach OHSAS 18001 wohl nur den Zertifizierungsgesellschaften einen Nutzen bringen.

3.3 Darstellung von ausgewählten Arbeitsschutzmanagement-Systemen

In den folgenden Kapiteln sollen nationale und internationale AMS-Standards vorgestellt werden, die in Form von Normentwürfen oder Leitfäden vorliegen. Bis Dezember 1998 sind weltweit über zwanzig AMS-Modelle entwickelt worden (Richthofen 1999), auf die im Einzelnen aber nicht eingegangen werden soll. Ritter und Langhoff (1998) haben in ihrer Studie drei nationale und sechs internationale AMS-Standards hinsichtlich ihrer Praktikabilität und Anwendbarkeit untersucht. Dieser Forschungsbericht soll als Grundlage für die Betrachtung der internationalen AMS-Standards dieser Arbeit dienen.

3.3.1 Arbeitsschutz und sicherheitstechnischer Check in Anlagen (ASCA)

Im Frühjahr 1993 wurde das ASCA-Programm „Arbeitsschutz und sicherheitstechnischer Check in Anlagen“ von der hessischen Landesregierung als Reaktion auf die Serie schwerer Betriebsstörungen in der in Hessen ansässigen chemischen Industrie initiiert (Ritter 1999, S. 36 und Ritter/Langhoff 1998, S. 29 f.).

Dementsprechend wurde dieses AMS zuerst in der chemischen Industrie angewendet und später auch auf andere Industriezweige abgestimmt.

Ziel dieses AMS ist es, eine ständige Verbesserung des betrieblichen Arbeitsschutzes zu gewährleisten und durch die Einbeziehung aller Mitarbeiter eine verbesserte Akzeptanz der Arbeitsschutzregelungen herbeizuführen (Hessisches Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung 1997, S. 9).

Das System präsentiert sich in Form eines Handbuches mit drei Hauptkapiteln (allgemeiner Teil, Aufbauorganisation und Ablauforganisation) mit insgesamt 18 Systemelementen, die bezüglich der Gliederung stark an der Normenreihe ISO 9000 ff. angelehnt sind. Schwerpunkt mäßig werden der Ablauforganisation 23 Unterkapitel gewidmet. Damit sollen systematisch alle Betriebsprozesse abgedeckt werden. Dabei wird zwischen den zu regelnden phasenübergreifenden und phasenabhängigen Prozessen unterschieden. Zu den phasenübergreifenden Regelungen der Aufbauorganisation gehören

- Führungspflichten der Unternehmensleitung,
- Strategische Zielsetzungen,
- Zuständigkeiten und Verantwortung der Führungskräfte und
- Aufgaben von besonderen Funktionsträgern, Beauftragten und Arbeitsgruppen im Arbeitsschutz.

Unter phasenübergreifende ablauforganisatorische Regelungen werden

- Regelungen zur Einhaltung externer Vorgaben,
- Regelungen zur Sicherstellung erforderlicher Qualifikationen,
- Regelungen zum Informationsfluss und zur Zusammenarbeit sowie
- Regeln zur Optimierung des Zusammenwirkens von Mensch und Arbeit

verstanden (vgl. ebd. S. 33 ff.).

Nutznießer dieses Systems sollen alle Beteiligten im Arbeitsschutz (Unternehmer, Betriebsräte, Mitarbeiter, betriebliche Experten und die Aufsichtsbehörden) sein. Den das System anwenden Unternehmen werden weniger intensive Überwachungen seitens der staatlichen Aufsicht in Aussicht gestellt – allerdings nur im Bundesland Hessen (vgl. Ritter/Langhoff 1998, S. 34).

In dem ASCA-Programm werden folgende Stärken gesehen:

- explizite Thematisierung von Aspekten der Gesundheitsförderung,
- hohe Bedeutung der Mitarbeiterbeteiligung am System,
- sehr detaillierte Darstellung des AMS-Handbuches,
- analoge Struktur zu bereits bekannten QM-Systemen,
- Einbeziehung aller am Arbeitsschutz beteiligten
- Revisionsmöglichkeit.

Zu den Schwächen des Systems gehören:

- Aspekt der kontinuierlichen Verbesserung wird nicht genügend implementiert,
- weniger geeignet für kleine und mittlere Unternehmen,
- dokumentationsintensiv.

Durch eine Revision des Systems ist die Möglichkeit der Systembewertung gegeben. Neben dem Leitfaden wurden zusätzlich ein Arbeitsschutzmanagement-Handbuch und eine Beispielsammlung erarbeitet, die die betriebliche Umsetzung des Systems erleichtern sollen (Lenhard 1999, S. 59). Mittlerweile ist das System nicht nur national verbreitet. So überlegt z. B. Österreich, Teile des ASCA zu übernehmen (vgl. Hutterer 1999, S. 224 f.).

3.3.2 Occupational Health and Risk-Managementsystem (OHRIS)

Aufbauend auf den Gedanken Umweltpakt Bayern hat das bayerische Arbeitsministerium ein „Occupational Health and Risk-Managementsystem“ entwickelt. Vorrangig soll mit diesem System der Verpflichtung der Unternehmen zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten und der Anwohner im Bereich von Industrieanlagen Rechnung getragen werden. Die Verfasser dieses Managementsystems sind der Auffassung, dass das Arbeitsschutzsystem in Deutschland an gewisse Grenzen stößt. Die Ursachen dafür sind ihrer Meinung nach in der mangelnden Integration des Arbeitsschutzes in die Unternehmensziele der Betriebe begründet. Immer häufiger treten Unfallursachen, die auf die Organisation der Unternehmen und das Verhalten der Beschäftigten und der Führungskräfte zurückführbar sind, an die Stelle der technischen Unfallursachen (vgl. Hale 1995, 1997 und 1998 und Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit 1998, S. 3).

Deshalb soll es das Ziel des OHRIS sein, den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten als Unternehmensziel zu etablieren.

In zehn Systemelementen wird detailliert ein „Idealkonzept“ skizziert, welches nach Ansicht der Autoren auch als Arbeitsgrundlage eines deutschen Normentwurfes in die europäische Diskussion eingebracht werden könnte (vgl. Ritter/Langhoff 1998, S. 29).

In dem System wird besonders die Eigenverantwortung der Unternehmer (self responsible care) betont und damit eine weniger intensive Überwachung der Unternehmen durch die staatlichen Aufsichtsbehörden – allerdings nur in Bayern - in Aussicht gestellt (vgl. Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit 1998, S. 13 und Wienhold 1999, S. 44). Das System ist primär nach innen gerichtet und soll nach dem PDCA-Prinzip (Plan-Do-Check-Act-Prinzip) sowohl die betriebliche Organisation als auch sich selbst durch regelmäßige Selbstbewertung verbessern (vgl. Ritter/Langhoff 1998, S. 29).

Unter dem PDCA-Prinzip wird eine Kreisabfolge von Aktivitäten verstanden, mit dem Ziel etwas zu verbessern. Dabei wird auf der Grundlage der derzeitigen Situation ein Verbesserungsplan für vorhandene Arbeitsmethoden erstellt, der umgesetzt wird. Die Umsetzung wird an Hand der erwarteten Verbesserung überprüft. Bei positivem Ergebnis werden die neuen Methoden übernommen und dienen erneut als Grundlage für weitere Verbesserungspläne (Adams 1995, S. 189 f.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 131 Seiten

Details

Titel
Arbeitsschutzmanagement-Systeme. Anpassung an die Bedürfnisse eines Unternehmens
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal  (Systematische Sicherheitswissenschaften)
Note
2,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
131
Katalognummer
V11634
ISBN (eBook)
9783638177436
ISBN (Buch)
9783638698313
Dateigröße
1270 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Anpassung, Arbeitsschutzmanagement-Systems, Bedürfnisse, Unternehmens
Arbeit zitieren
Ulrich Hückinghaus (Autor:in), 2001, Arbeitsschutzmanagement-Systeme. Anpassung an die Bedürfnisse eines Unternehmens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11634

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