Das Konzept der sozialen Marktwirtschaft


Studienarbeit, 2001

27 Seiten, Note: 2+


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Ausgangslage nach dem Zweiten Weltkrieg

2. Ursprünge der Sozialen Marktwirtschaft
2.1 Der Liberalismus
2.2 Die Zentralverwaltungswirtschaft
2.3 Erste Gedanken zur Sozialen Marktwirtschaft

3. Der ideengeschichtliche Hintergrund der Sozialen Marktwirtschaft
3.1 Das Konzept von Walter Eucken
3.1.1 Die konstituierenden Prinzipien
3.1.2 Die regulierenden Prinzipien
3.1.3 Die Interdependenzen der Wirtschaftsordnungspolitik
3.2 Die Soziale Marktwirtschaft von Müller-Armack
3.3 Vergleich zwischen Eucken und Müller-Armack

4. Zusammenfassung

Schlussfolgerungen

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die Soziale Marktwirtschaft beruht auf Ansichten einer Reihe von Wissenschaftlern, die diese in den 30er und 40er Jahren entwickelten und die unter dem Begriff Neoliberalismus zusammengefasst werden können. In Deutschland spielte der Ordoliberalismus der Freiburger Schule eine besondere Rolle. Wichtigster Vertreter war der Wirtschaftswissenschaftler Walter Eucken. Eucken unterschied zwei gegensätzliche Lenkungssysteme: Die Zentralverwaltungswirtschaft und die Wettbewerbswirtschaft. Die Entscheidung Euckens fiel zugunsten der Wettbewerbswirtschaft, da diese größere Effizienz leiste und auch die Lösung sozialer Probleme erlaube.

Kritiker Euckens und des Ordoliberalismus stellten dagegen, dass die Unterscheidung in Zentralverwaltungswirtschaft und Wettbewerbswirtschaft zu grob und ein Modell der vollständigen Konkurrenz unrealistisch sei.

Die Soziale Marktwirtschaft geht von den Vorstellungen des Neoliberalismus aus, legt aber stärkere Betonung auf die Sozialpolitik.

Der Begriff Soziale Marktwirtschaft wurde von Alfred Müller-Armack geprägt. Dieser sah in der Sozialen Marktwirtschaft eine neue Synthese, „deren Ziel es ist, auf der Basis der Wettbewerbswirtschaft die freie Initiative mit einem gerade durch marktwirtschaftliche Leistung gesicherten sozialen Fortschritt zu verbinden.“[1]

Das Wort sozial wurde von linken Kritikern nur als dekoratives Feigenblatt und von den Liberalen als mögliches Einfallstor der Interventionen angesehen.[2]

Auch kann das Adjektiv sozial inhaltlich verschieden interpretiert werden:

1. Die Produktion kann in der Marktwirtschaft nach den Wünschen der Verbraucher gesteuert werden, dies stellt an sich eine soziale Leistung dar.
2. Produktivitätssteigerungen.
3. „Der marktwirtschaftliche Einkommensprozess bietet der Sozialpolitik ein tragfähiges Fundament für eine staatliche Einkommensumleitung, die in Form von

Fürsorgeleistungen, Renten- und Lastenausgleichszahlungen, Wohnzuschüssen, Subventionen usw. die Einkommensverteilung korrigiert.“[3]

Für Müller-Armack zählte die 3. Definition.

Die Durchsetzung der Sozialen Marktwirtschaft erfolgte fast zeitgleich mit der Währungsreform, wobei Ludwig Erhard, damals Direktor des Bizonen Wirtschaftsrates, eine Schlüsselrolle spielte. Er hob mit dem „Gesetz über die Leitsätze für die Bewirtschaftung und Preispolitik nach der Geldreform“ viele der bestehenden Bewirtschaftungs- und Preiskontrollen auf.

Erhard trug auch wesentlich dazu bei, dass sich die Soziale Marktwirtschaft in Programm der CDU 1949 durchsetzte („Düsseldorfer Leitsätze“).

Durch das Wirtschaftswunder wuchs die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft, so dass sich 1959 auch die SPD zu ihr bekannte.

Die „Soziale Marktwirtschaft“ habe ich mir als Thema für meine 1. Studienarbeit ausgesucht, da ich daran interessiert bin, mehr darüber zu erfahren.

Der Grund dafür ist, dass die Soziale Marktwirtschaft auch heute noch aktuell ist und in den letzten Jahren, insbesondere seit der Wiedervereinigung und unter Bezugnahme auf das Staatsdefizit, wieder sehr viel in der Öffentlichkeit diskutiert wird.

Im ersten Kapitel beschäftige ich mich mit der Ausgangslage nach dem Zweiten Weltkrieg. Inhalt dieses Kapitels ist die Alliierten-Politik nach dem Zweiten Weltkrieg, sowie die deutsche Entwicklung bis 1960.

Das zweite Kapitel habe ich die „Ursprünge der Sozialen Marktwirtschaft“ genannt. Darin beschreibe ich den Liberalismus und die Zentralverwaltungswirtschaft als Denkanstoß zur Sozialen Marktwirtschaft.

Im dritten Kapitel, welches den Titel „Der ideengeschichtliche Hintergrund der Sozialen Marktwirtschaft“ trägt, gehe ich auf Walter Euckens konstituierende- und regulierende

Prinzipien ein, sowie auf die Soziale Marktwirtschaft von Alfred Müller-Armack. Diese beiden Konzepte stelle ich dann in einen Vergleich.

Das vierte Kapitel enthält eine kurze Zusammenfassung der Entwicklung hin zur Sozialen Marktwirtschaft. Den Schlussteil bildet meine Stellungnahme und ein allgemeiner Ausblick auf die heutige Lage.

Zielsetzung meiner Studienarbeit ist es einen Überblick über die verschiedenen Denkrichtungen nach dem Zweiten Weltkrieg zu bekommen und die Soziale Marktwirtschaft einordnen zu können.

1. Die Ausgangslage nach dem Zweiten Weltkrieg

Deutschland wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Die Politik der Besatzungsmächte (USA, Großbritannien, Frankreich und Sowjetunion) prägten zunächst die Gedanken der Vergeltung und der wirtschaftlichen und politischen Entmündigung. Zu diesem Ziel wurden Industrieanlagen demontiert, Schlüsselindustrien zerstört und die Produktion bestimmter Produkte verboten (z.B. Benzin und Gummi) oder beschränkt (z.B. Stahl und Textilien). Die Rationierung von Lebensmitteln und knappen Verbrauchsgütern, behördliche Zuteilung von Roh- und Betriebsstoffen, die Preis- und Lohnstoppverordnung sowie die staatliche Kontrolle der Ein- und Ausfuhr wurden von den Alliierten fortgeführt.

Die Reichsmark hatte ihren Stellenwert verloren. Geld war im Überfluss vorhanden. Dies führte zur Wertlosigkeit der Währung und dazu, dass die notwendigen Güter des menschlichen Bedarfs mit Geld alleine nicht mehr erworben werden konnten. An die Stelle des Geldes rückten Tauschgüter, wie zum Beispiel Zigaretten. Schwarze Märkte boomten, Schleichhandel, Horten von Waren und Korruption kennzeichneten den Warentausch. In allen Bereichen herrschte eine Mangelsituation.

Dies veranlasste viele Menschen wieder auf die früher übliche Selbstversorgung zurückzugreifen und die lebenswichtigen Güter selbst anzubauen.

Gustav Stolper beschrieb Deutschland 1947, als „eine biologisch verstümmelte, intellektuell verkrüppelte, moralisch ruinierte Nation ohne Nahrung und Rohstoffe, ohne funktionierendes Verkehrssystem und gültige Währung, als Nation, deren soziales Gefüge durch Massenflucht und Vertreibung zerrissen war, als ein Land, wo Hunger und Angst die Hoffnung erstarb.[4]

Doch dieses Bild wurde nicht von allen geteilt, denn Deutschland sollte in den kommenden Jahren einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung erleben, mit dem niemand wirklich gerechnet hatte.

Ab 1946 verdeutlichte sich, dass die ordnungspolitische Konzeption der Sowjetunion und die der drei westlichen Alliierten im Widerspruch standen, was die zukünftige Gestaltung des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems in Deutschland betraf.

Im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands wurde schon ab 1945 durch die Bodenreform, die Beschlagnahmung des Bankvermögens, die Verstaatlichung wesentlicher Teile der Industrie, den Parteienzusammenschluss und die von der Militäradministration gebildeten Gemeinde-, Kreis- und Länderverwaltungen die Voraussetzung für eine zentrale Planung und Lenkung des Wirtschaftsprozesses nach sowjetischem Vorbild geschaffen.

Anders verlief die Entwicklung in den drei westlichen Besatzungszonen. Die angelsächsischen Alliierten und die Amerikaner hielten nicht länger fest an Demontage, Reparation und straffer Produktionskontrolle.

Die Amerikaner und die Briten schafften im Mai 1947 für ihre Besatzungszonen ein vereinigtes Wirtschaftsgebiet, welches durch deutsche Persönlichkeiten verwaltet wurde. Dies war nach Kriegsende das erste Mal, dass Deutsche offiziell an wirtschaftlichen und sozialen Belangen beteiligt wurden.

Später verständigten sich Amerikaner und Briten darauf, einen selbständigen, demokratischen deutschen Staat aufzubauen. Damit begann die Rückübertragung politischer und wirtschaftlicher Entscheidungsbefugnisse auf demokratisch gewählte Gremien im westlichen Besatzungsgebiet.

1948 kam die Währungsreform, die zusammen mit dem Leitsätzegesetz (dieses Gesetz handelte über die Bewirtschaftungs- und Preispolitik) und dem Korea-Boom wichtige Eckpunkte für die Entstehung des Wirtschaftswunders darstellte.

Mit der Währungsreform erhielten die Deutschen wieder Leistungsmotivation. Sie stattete jeden Bundesbürger mit einem Startgeld von 40 DM aus, dazu kamen zwei Monate später noch mal 20 DM hinzu. Den Arbeitgebern wurde pro Beschäftigten 60 DM ausgezahlt. Die übrigen Geldbestände wurden umgestellt im Verhältnis von 6,50 DM für 100 Reichsmark. Durch diese Umstellung wurden Sachwertbesitzer begünstigt, indem deren Besitz nicht entwertet wurde.[5]

Mit der Währungsreform trat das Leitsätzegesetz in Kraft.

Angesichts der im Sommer 1948 noch unzureichenden Produktion waren hohe Preissteigerungen zu erwarten. Deshalb gab es viele Menschen, die gegen die Bewirtschaftungs- und Preisaufhebung plädierten.

Erhard, damals Direktor für Wirtschaft im Wirtschaftsrat der Bizone, dachte aber, dass nur durch die Preisbindungsaufhebung die Produktion schnell genug wachsen würde.

Aufgrund dessen fielen schon am Tag der Währungsreform die Bewirtschaftung von 400 Warenarten weg.

Die Amerikaner reagierten darauf verärgert, da eine Änderung der Preisbindung von alliierter Genehmigung abhing. Doch Erhard setzte sich darüber hinweg.

Die Preise für Waren des Grundbedarfs (Nahrungsmittel, Textilien und Rohstoffe) blieben aber vorerst staatlich kontrolliert.

Noch ein wichtiger Punkt war der Marshallplan, der die Erstausstattung an Rohstoffen und Wiederaufbauhilfe für Westdeutschland lieferte. Durch die Marshall-Plan-Mittel und die Lebensmittelhilfen wurden 1948 fast zwei Drittel der Gesamteinfuhr der Westzonen durch die USA finanziert. 1952 endeten die Marshall-Plan-Hilfen, da sie bereits zuvor durch den von Westdeutschland erwirtschafteten Außenhandelsüberschuss unnötig geworden waren.[6]

Damit wurde verdeutlicht, dass die DM im Vergleich zum Dollar unterbewertet war. Doch alle Interessengruppen wollten eine Aufwertung so spät wie möglich, da das Exportgeschäft zusätzliche Gewinne und Arbeitsplätze mit sich brachte.

Der Marshall-Plan, die Währungsreform und die Aufhebung der Bewirtschaftungs- und Preisbindungsvorschriften brachten so das Wirtschaftswunder mit ins Rollen.

Die Amerikaner stellten zum einen die Marshall-Plan-Mittel zur Verfügung, weil sie eine weitere Ausbreitung des Kommunistischen Machtbereichs verhindern wollten und zum anderen, weil ein wirtschaftlich ruiniertes Europa kein Absatzmarkt für amerikanische Produkte sein konnte.

Nach der Währungsreform sank die Arbeitslosigkeit, die Preise blieben stabiler als vorher gedacht, fast für ein ganzes Jahrzehnt.

Damit wurde die Demokratie nicht nur mit politischer Freiheit, sondern auch mit wirtschaftlichem Wohlstand verbunden.

Verglichen wurde die Lage nicht nur mit der Nachkriegszeit, sondern auch mit der Weimarer Republik, die gekennzeichnet war durch Inflation, unzureichendes Wachstum und Arbeitslosigkeit. Zuvor im Kaiserreich gab es relativen Wohlstand, doch die Weimarer Republik verstand es nicht, den Bürgern einen bescheidenen Wohlstand zu geben. Die Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg bot der Bevölkerung Erfolgschancen.

Das Wirtschaftswachstum war so hoch, dass auch die große Zahl der Zuwanderer und Flüchtlingen aus der DDR und den ehemaligen Ostgebieten (von 1949-59 ca. 2Mio.), den Rückgang der Arbeitslosenzahlen nicht unterbrachen.[7]

Anfang 1948 lag die Industrieproduktion der Westzone bei 53% des Standes von 1936, in der zweiten Hälfte bei 73% und gegen Ende 1949 erreichte sie wieder den vollen Stand von 1936.[8]

Doch wie konnte sich eine Produktionsexplosion nach dem Zweiten Weltkrieg überhaupt entwickeln?

Weitaus weniger Teile der Industrie, als vorher gedacht, hatte der Krieg zerstört. In der Rüstungsindustrie waren zu Zeiten des Nationalsozialismus gewaltige Investitionen durchgeführt worden.

Die Aufgabe nach dem Zweiten Weltkrieg bestand darin, die Rüstungsindustrie auf Investitionsgüter und Konsumgüterproduktion umzustellen. Dafür gab es auch genügend qualifizierte Arbeitskräfte.

[...]


[1] Müller-Armack, Alfred (1976): Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik. Studien und Konzepte zur Sozialen Marktwirtschaft und zur europäischen Integration, Bern, S. 249.

[2] vgl. Andersen / Woyke (Hrsg.) (2000): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, 4.Aufl., Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, S. 530.

[3] Müller-Armack, Alfred (1976): Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik. Studien und Konzepte zur Sozialen Marktwirtschaft und zur europäischen Integration, Bern, S. 246.

[4] Stolper, G. (1949): Die deutsche Wirklichkeit, Hamburg , S. 159f.

[5] vgl. Grosser et al (1990): Soziale Marktwirtschaft – Geschichte-Konzeption-Leistung, 2.Aufl.,Verlag Kohlhammer, S. 82.

[6] vgl. ebd.

[7] vgl. a.a.O., S. 80.

[8] vgl. a.a.O., S. 81.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Das Konzept der sozialen Marktwirtschaft
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Institut für Politikwissenschaft)
Note
2+
Autor
Jahr
2001
Seiten
27
Katalognummer
V812
ISBN (eBook)
9783638105200
ISBN (Buch)
9783638690751
Dateigröße
462 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Studiengang Dipl. Sozialwissenschaften.
Schlagworte
Konzept, Marktwirtschaft
Arbeit zitieren
Claudia Werner (Autor:in), 2001, Das Konzept der sozialen Marktwirtschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/812

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