Euphemismen und Politik


Hausarbeit, 2006

35 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Einleitung

1. Der Tabubegriff
1.1. Etymologische Rückverfolgung und Definitionsversuch
1.2. Motivationen zur Entstehung

2. Der Euphemismus
2.1. Etymologische Rückverfolgung
2.3. Kommunikative Funktionen der Euphemismen
2.3.1.Verhüllende Euphemismen
2.3.2.Verschleiernde Euphemismen
2.4. Euphemismen in langue und parole
2.5. Bildungsweisen der Euphemismen
2.5.1.Metapher
2.5.2.Litotes und Hyperbel
2.5.3.Verallgemeinernde, vage und mehrdeutige Ausdrücke, Leerformeln
2.5.4.Fremdwörter
2.5.5.Auslassungen und Nulleuphemismen
2.5.6.Abkürzungen

3. Euphemismen und Politik
3.1. Die Politik und ihre Sprache
3.2. Manipulation durch Sprache
3.3. Inhaltliche Gruppierung der politischen Euphemismen
3.3.1.Innenpolitik
3.3.2.Außenpolitik
3.3.3.Wirtschaftspolitik
3.3.4.Militär und Krieg
3.3.5.Energie und Umwelt
3.3.6.Exkurs zum Euphemismengebrauch im III. Reich

4. Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

0. Einleitung

Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen sind den Themen Tabu und Euphemismus gewidmet. Mit ihrer Hilfe soll in der vorliegenden Arbeit der Euphemismus als sprachliches Gebilde erklärt werden. Dabei wird sein Aufkommen in der Sprache, anhand von Beispielen aus der deutschen und englischen Sprache untersucht. Weiterer Gegenstand dieser Untersuchung sind die Sprecherintentionen, die dem Gebrauch von Euphemismen in der Umgangsprache und im Bereich der Politik zugrunde liegen.

Die Arbeit ist in drei größere Kapitel unterteilt. Das Erste Kapitel beschäftigt sich mit dem Ursprung des Tabubegriffs. Dabei werden vier Arten von Tabus unterschieden, die unterschiedlich motiviert sind. Diese Unterteilung zeigt, dass Tabus nicht nur aus dem Verhalten der Naturvölker erklärt werden können. Des Weiteren wird der enge Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen Tabus und der Entstehung von Euphemismen aufgezeigt.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Euphemismusbegriff. Da über viele Aspekte Uneinigkeit besteht, steht eine praktikable Definition, die alle wichtigsten Merkmale des Euphemismus beinhaltet noch aus. Aus diesem Grund werden verschiedene Euphemismusdefinitionen aus wissenschaftlichen Arbeiten und verschiedenen Lexika untersucht und anhand dieser werden die wichtigsten Merkmale des Euphemismus zusammengetragen. Bei der Untersuchung dieser Euphemismusdefinitionen wird deutlich wie komplex dieses sprachliches Gebilde ist. Im weiteren Verlauf des zweiten Kapitels werden die sprachlichen Funktionen des Euphemismus untersucht, die verschleiernde und die verhüllende. Dabei wird klar, dass der Euphemismus nicht nur als Konsequenz bestehender gesellschaftlicher Tabus und Normen angesehen werden muss, und dass auch andere Motive beim Gebrauch ausschlaggebend sein können. Des Weiteren wird in diesem Kapitel die euphemistische Wirkung eines sprachlichen Ausdrucks auf die Ebenen der langue und der parole untersucht. Diese Untersuchung zeigt, dass obwohl alle Euphemismen auf der Ebene der parole zu betrachten und zu beurteilen sind, es doch auch solche gibt, die bereits auf der Ebene der langue eine euphemistische Wirkung haben können. Schließlich werden Bildungsweisen aufgezeigt, die sich im besonderen Maß für Euphemismen eignen.

Das dritte Kapitel beschäftigt sich unter anderem mit den Begriffen Politik und Sprache der Politik. Im weiteren Verlauf wird gezeigt wie geschickt Politiker die Sprache zur Beeinflussung des Denkens, Verhaltens und Handelns von Menschen benutzen. In diesem Zusammenhang werden die Begriffe Sprachpolitik, Sprachlenkung, Sprachregelung und Sprachmanipulation näher erklärt, wobei der enge Zusammenhang zwischen Sprachmanipulation und Euphemismen deutlich wird. Im Anschluss daran erfolgt eine inhaltliche Gruppierung der politischen Euphemismen und ein kleiner Exkurs zum Euphemismusgebrauch im III. Reich.

1. Der Tabubegriff

1.1. Etymologische Rückverfolgung und Definitionsversuch

Der Ursprung des Terminus Tabu geht auf die polynesische Tonga-Sprache zurück. Das Wort fand über James Cook Eingang in die englische Sprache, von wo aus es sich schnell in andere europäischen Sprachen verbreitete. In den Aufzeichnungen seiner Dritten Reise (1776 – 1779) beschrieb Cook kultische Gebote, die das religiöse, soziale und politische Leben der Polynesier und Melanesier stark beeinflussten und gab die Bedeutung des Wortes als „gekennzeichnet, heilig, unberührbar“ wieder (vgl. Zöllner 1997:15). Webster (nach Balle 1990:17) leitet tapu ab von ta „markieren“ und pu, einem Adverb der Intensität. Als Tabu bezeichneten die Polynesier also etwas, was sie als stark markiert empfunden haben, etwas was sich vom Gewöhnlichen abhebt, etwas was sie aus religiösem Aberglauben heraus nicht anfassen oder benennen durften.

Diese ursprüngliche Definition von Tabu hat und musste mit der Zeit eine inhaltliche Erweiterung erfahren, da bei ihr alle anderen Motivationen für das Entstehen eines Tabus unberücksichtigt blieben und sie in der Form nicht mehr, oder schwer auf die moderne Gesellschaft von heute angewandt werden konnte.

Seither gibt es in der Tabuliteratur eine Vielfalt von Definitionen, oder besser gesagt Definitionsversuche, bei denen die heutigen Tabus berücksichtigt werden, wo aber das religiöse Element immer noch eine zentrale Rolle spielt (vgl. Bohlen 1992:82f). Diesbezüglich ist Bohlen (ebd.) der Meinung, dass man den Tabubegriff

nicht zu eng fassen sollte und schließt sich der Definition Luchtenbergs an, die den Tabubegriff generalisiert. Unter Tabu versteht sie:

„mit Denk-, Anfass-, oder Nennverbot belegte Gegenstände, Vorgänge oder

Gedanken, was als gesellschaftlicher Prozess begriffen werden muss, d.h.

jedes Tabu entsteht in einer bestimmten Gesellschaft und ist durch ihre

Besonderheiten bedingt“ (s. Luchtenberg 1985:24).

Aus dieser Definition lässt sich auch das abergläubisch-religiöse Tabu verstehen, ohne das es erwähnt wird, denn auch dieses ist Resultat menschlichen Zusammenlebens.

Freud zum Beispiel sieht das Tabu als den ältesten „ungeschriebenen Gesetzkodex“ des Menschen an und ist der Meinung, dass jeder Mensch im Unterbewusstsein eine Neigung verspürt das Tabu zu brechen (nach Zöllner 1997:23).

Beim Tabu werden grundsätzlich zwei Typen unterschieden: das verbale und das nonverbale Tabu. Beim nonverbalen Tabu handelt es sich um alle Gegenstände, Situationen oder Handlungen, die tabuisiert werden und beim verbalen Tabu sind es die Wörter, die mit einem Tabu belegt sind. Wobei zwischen beiden Tabutypen ein enger Zusammenhang besteht, „da Worttabus oft nur die sprachlichen Konsequenzen nonverbaler Tabus sind“ (vgl. Balle 1990:15).

1.2. Motivationen zur Entstehung

In den unterschiedlichen menschlichen Gesellschaften und Zeitperioden unserer Geschichte findet sich eine Vielfalt von Motivationen eine Sache oder ein Wort zu tabuisieren.

Bei den Naturvölkern war es die Ehrfurcht vor Dämonen und anderen übernatürlichen und überirdischen Kräfte, die dazu geführt hat. Sie konnten sich die Erscheinungen der Natur nicht mit Hilfe des Ursache-Wirkung-Prinzips erklären, weswegen sie in ihrer Vorstellung Uhrheber (Dämonen, Götter, Geister) schufen, die viel mächtiger waren als sie selbst, und die für das was in der Natur passierte, verantwortlich gemacht wurden (vgl. Zöllner 1997:16).

Bei vielen Völkern galt als Tabu „das Betreten bestimmter heiliger Stätten, die Berührung und der nähere Kontakt mit Königen, Fremdlingen, Häuptlingen, manchen Priestern, Menstruierenden, Wöchnerinnen, das Anfassen von Götterbildern“(Brockhaus nach Zöllner 1997:18), als auch das direkte Benennen von Gottheiten, Dämonen, bestimmten Tieren, sowie Krankheiten und bestimmten Körperteilen. Das Berührungsverbot hing mit der Vorstellung zusammen, dass bestimmte Dinge und Menschen über besonders starke Seelenkräfte verfügen. Sie waren mana, d. h. mit magischen Kräften geladen. Daher war es gefährlich, sie zu berühren (vgl. Balle 1990:18f). Die Menschen glaubten sogar, dass das bloße Benennen von Gottheiten und Dämonen, diese erzürnen könnte und sie infolge

dessen die Schuldigen mit dem Tod, einer Krankheit oder verschiedenen Naturkatastrophen bestraffen würden. Aus Angst wurde auch das Aussprechen von bestimmten Tiernamen gemieden. Man ging davon aus, dass die Tiere, genau wie Dämonen, unsere Sprache verstehen und sie durch ihre direkte Benennung entweder herbeigerufen werden würden oder bei der Jagd gewarnt werden könnten. In manchen Kulturen hatten verschiedene Tiere sogar einen Kultstatus erreicht und die Einheimischen glaubten, dass durch das Aussprechen des Tiernamens das jeweilige Tier beleidigt werden könnte(vgl. Zöllner 1997:40). So suchte man Ersatzbezeichnungen oder Fremdwörter, die unter dem Begriff des Euphemismus zu fassen sind. Fremdwörter benutzten die Einheimischen, weil sie davon ausgingen, dass sie von den Dämonen und der Geister der Tierwelt, der Krankheiten etc. nicht verstanden werden würden, da diese nur die lokale Sprache verstanden. Und die Ersatzbezeichnungen waren dafür bestimmt um die mächtigeren Wesen zu besänftigen (vgl. Havers 1946:25). Die prominentesten Beispiele dafür sind The Lord, Seigneur, der Herr, für den Namen Gottes, der Leibhaftige, Böse, Gottseibeiuns für den Teufel und der Honigesser, das Honigschwein, der Braune für den Bären (vgl. Danninger 1982:237ff).

Wie schon weiter oben erwähnt, unterscheiden sich die tabuisierten Bereiche von Kultur zu Kultur, aber manchmal auch von Geschlecht zu Geschlecht, von Gesellschaftsschicht zu Gesellschaftsschicht und sogar auch von Situation zu Situation. Laut Bonfante (nach Havers1946:16) waren manche Wörter nur unter

bestimmten Umständen und nur bei gewissen Festen Tabu, sonst aber nicht. Es gab auch solche, deren Gebrauch nur für bestimmte Personen oder für bestimmte soziale Gruppen (z. B. Priester und Frauen) verboten war. Ein Tier, dessen Name bei einem bestimmten Stamm Tabu war, stand z.B. bei einem benachbarten Stamm außerhalb solcher Gesetze. Der Name der Schlange und anderer gefährlicher Tiere wurde nur bei Nacht gemieden, nicht aber bei Tage.

Stephen Ullmann (nach Danninger 1982:237) unterscheidet neben dem oben genannten Tabu aus Ehrfurcht (taboo of fear), zwei weitere Motivationen für die Existenz von Tabus: aus Takt (taboo of delicacy) und aus Rücksicht auf die Anstandsnormen (taboo of propriety). Das Tabu aus Furcht, das für die Naturvölker charakteristisch ist, spielt in der modernen westlichen Gesellschaft nur noch eine geringe Rolle, da unsere Weltvorstellung fast gar nicht mehr auf Mystik, Magie, Geisterbeschwörung und Dämonenaustreibung beruht. In der heutigen Gesellschaft sind Takt und Anstand wichtiger. Laut Zöllner (1997:51) fallen unter den Tabus aus Takt die Bezugsfelder Tod, Krankheit und körperliche Unvollkommenheiten. Die Tabus aus Anstand betreffen Körperteile, Körperausscheidungen, Körperfunktionen und die Sexualität.

Danninger (1982:238), die der Ansicht ist, dass die drei von Ullmann angeführten Tabutypen „nur Teilaspekte eines komplexen Phänomens“ sind, erkennt bei der Untersuchung gegenwärtiger Euphemismen eine weitere Motivation zur Tabubildung, die ideologische, die „auf der Idee des Fortschritts und der Gleichheit zurückzuführen ist“. Sie stellt ferner fest, dass solche Euphemismen sich in der Sprache der Politiker, Militärs, Psychologen, Soziologen und Journalisten finden, die sie zu Beeinflussung der öffentlichen Meinung und zu Schonung der Gefühle Betroffener nutzen (ebd.). In Anlehnung daran fügt Zöllner (1997:52) einen weiteren Tabutyp zu den drei von Ullmann hinzu. Sie nennt ihn „Tabu aus sozialem Takt“, im Unterschied zu anstandsgeprägtem Takt, und stellt ihn in einen engen Zusammenhang mit dem, was heute in den U.S.A. als political correctness bezeichnet wird.

Es fällt auf, dass egal aus welcher Motivation heraus verschiedene Bereiche des menschlichen Lebens mit einem Tabu belegt werden, das Bedürfnis eine

verhüllende Umschreibung, einen Euphemismus, dafür zu finden bei allen Kulturen und in allen Zeitperioden universell ist (s. Danninger 1982:237).

[...]

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Euphemismen und Politik
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Germanistisches Institut)
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
35
Katalognummer
V64489
ISBN (eBook)
9783638572927
ISBN (Buch)
9783638688727
Dateigröße
600 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Euphemismen, Politik
Arbeit zitieren
Petia Trojca (Autor:in), 2006, Euphemismen und Politik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64489

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