Das Assessment Center - Anspruch und Wirklichkeit im Spiegel der Validitätsdebatte


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

23 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Assessment-Center
2.1 Definition des Assessment-Centers
2.2 Validitätsproblematik

3 Validitätsarten
3.1 Kriteriumsvalidität
3.2 Inhaltsvalidität
3.3 Konstruktvalidität

4 Resümee

5 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Das Assessment-Center sei eines der teuersten eignungsdiagnostischen Verfahren, die es zurzeit auf dem Markt gebe. Ist es denn neben der teuersten Methode auch die effizienteste, um die fähigsten Bewerber aus einer Gruppe auszuwählen? Um diese Tatsache zu überprüfen, sei es erforderlich, das Assessment-Center einer systematischen Güteprüfung zu unterziehen, um Informationen über die Qualität der Auswahlprozesse zu erhalten. Denn nur wenn sichergestellt ist, dass das Assessment-Center anderen Verfahren überlegen ist, seien die zusätzlich entstehenden Kosten gerechtfertigt.[1]

Die Frage nach der Gültigkeit bzw. Validität im Assessment-Center ist Gegenstand dieser Arbeit. Zunächst wird definiert, welchen Anspruch das Assessment-Center an sich selbst stellt und im Folgenden wird allgemein auf die Validitätsproblematik eingegangen. Im Mittelpunkt des dritten Kapitels stehen die einzelnen Validitätsarten. Angefangen mit der Kriteriumsvalidität, zu der auch die prognostische Validität zählt, über die Inhaltsvalidität bis hin zur Konstruktvalidität.

Zu Beginn des dritten Kapitels wird die Kriteriumsvalidität definiert und es wird veranschaulicht, welche Probleme sich in Bezug auf das Assessment-Center ergeben. Im weiteren Verlauf wird die prognostische Validität, welche eine Unterkategorie der Kriteriumsvalidität ist, erklärt. Infolgedessen werden wiederum die Schwierigkeiten dieser Validitätsform bezüglich des Assessment-Centers dargelegt. Im weiteren Verlauf werden Studien herangezogen, die den Grad der Validität im Hinblick auf das Assessment-Center geprüft haben.

Das Kapitel beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Inhaltsvalidität, welche wiederum definiert, veranschaulicht und anhand von Studien geprüft wird.

Die Konstruktvalidität bildet den Kern des letzten Kapitels. Zuerst wird eine Begriffserklärung vorgenommen und im Folgenden werden die Probleme benannt, welche sich bei der Konstruktvalidierung ergeben und anhand des Multitrait-Multimethod-Ansatzes (kurz: MTMM-Ansatz) näher beleuchtet.

2 Das Assessment-Center

2.1 Definition des Assessment-Centers

Die immer schneller fortschreitende Entwicklung habe die Anforderung an die Mitarbeiter stark erhöht und verändert. Sei es in der Vergangenheit ausreichend gewesen eine hohe fachliche Qualifikation zu besitzen, so fordere der Markt heute weitere Eignungen wie Kommunikationsfähigkeit, Kreativität, Flexibilität, Überzeugungsfähigkeit und Durchsetzungsvermögen. Fehleinstellungen gelten in Unternehmungen heutzutage als unternehmerisches Wagnis und seien durch die umfangreichen arbeitsrechtlichen Bestimmungen nur schwer wieder zu beheben. Dies treffe vor allem auf die Besetzung einer Führungsposition zu, da man erkannt habe, dass der Erfolg eines Unternehmens entscheidend vom Leistungsvermögen der Führungskraft abhänge und eine Fehlbesetzung mit einem großen Risiko für das Unternehmen verbunden sei. Die bisher eingesetzten Instrumente zur Auswahl von Bewerber/innen lieferten nur unzureichende und unbefriedigende Ergebnisse, da ihre Vorhersagen in Bezug auf die Leistungsfähigkeit und –bereitschaft der Bewerber weder valide noch reliabel waren, so Fecker.[2] Um diese Risiken für die Unternehmen zu verringern, wurde das Assessment-Center eingeführt. Die Assessment-Center-Methode fasse die gebräuchlichen Beurteilungsmethoden wie Interview, Fragebogen und Tests zusammen und ergänze diese durch eignungsdiagnostische Verfahren mit dem Ziel, möglichst zutreffende Aussagen über das Potenzial der Teilnehmer/innen zu erhalten.[3] Zu den typischen Assessment-Center-Übungen zählen unter anderem der Postkorb, vorbereitete Reden, Rollenspiele oder führerlose Gruppendiskussionen.[4]

Es existiere keine allgemeine Definition des Assessment-Centers, weil es nicht das Assessment-Center gebe, sondern nur eine bunte Palette von Spielarten, die unter dem Oberbegriff Assessment-Center bekannt seien, so Kompa.[5] Eine sehr verbreitete Begriffsbestimmung des Assessment-Centers formulierte Jeserich, welcher den Begriff Assessment-Center als ein „[…] systematisches Verfahren zur qualifizierten Feststellung von Verhaltensleistung bzw. Verhaltensdefiziten, das von mehreren Beobachtern gleichzeitig für mehrere Teilnehmer in Bezug auf vordefinierte Anforderungen angewendet wird“[6], definiert. Jeserich zieht eine Erklärung von Finkle dazu, die das Assessment-Center als eine „[…] gruppenorientierte, standardisierte Folge von Aktivitäten, die die Grundlage für Beurteilungen oder Prognosen von menschlichem Verhalten ergeben, von denen man glaubt oder weiß, daß sie für die Arbeitsleistung in Organisationen wichtig sind.“[7] Eine weitere Begriffsbestimmung stammt von Kitzmann, welcher wesentliche Punkte von Jeserich wieder aufgreift und das Assessment-Center als ein systematisches Verfahren zur Auswahl und Entwicklung von Führungskräften sowie zur Personalbeurteilung, -auswahl und –förderung erklärt. Es handle sich um ein zwei- bis dreitägiges Auswahlseminar, in dem das Führungspotenzial der Teilnehmer festgestellt werde. Darüber hinaus ermittle das Assessment-Center den Bildungs- und Entwicklungsbedarf der Teilnehmer. Mehrere Beobachter beurteilen die Teilnehmer in realitätsbezogenen Situationen gleichzeitig, indem sie vorher definierte Verhaltensbereiche beobachten, erfassen und beurteilen. Der Ablauf eines Assessment-Centers sei vorher festgelegt und solle bis zum Gesamturteil für alle Beteiligten transparent sein.[8] Das Assessment-Center diene zweierlei Hauptzwecken: Zum einen der Gewinnung einer im Vergleich zu den anderen Vorgehensweise verlässlichen Grundlage für Ausleseentscheidungen sowohl interner als auch externer Bewerber, zum anderen werde die Eignungsbeurteilung im Assessment-Center und die damit aufgedeckten Stärken und Schwächen der Beurteilten als Ausgangsgrundlage für Ausbildungs- und Förderungsmaßnahmen verwendet. Das Assessment-Center-Verfahren solle die Eignung der Teilnehmer für eine bestimmte Zielstelle bzw. Zielstellengruppe ermitteln. Das Anforderungsprofil der zu besetzenden Position stelle daher die Grundlage der Beurteilung dar.[9]

Neubauer gibt zu bedenken, dass das Assessment-Center-Verfahren zwar unterschiedliche Zwecke verfolgen kann, es allerdings nie ein Assessment-Center geben könne, welches gleichzeitig Auswahl- und Entwicklungsinstrument sei. Da ein Auswahl-Assessment-Center auf eine maximale Chancengleichheit bedacht sei, stehe bei einem Entwicklungs-Assessment-Center ein größtmögliches Feedback im Vordergrund.[10]

Das Assessment-Center diene zum einen der Potenzialanalyse von internen und externen Kandidaten und zur Feststellung des Bildungs- und Entwicklungsbedarfs der Teilnehmer, zum anderen der Potenzialanalyse, welche auf der Zusammenfassung von gebräuchlichen Beurteilungsmethoden basiert und das Risiko von Fehlentscheidungen für das Unternehmen minimiert. In der wissenschaftlichen Diskussion des Assessment-Centers stehen methodische Probleme im Mittelpunkt. Man beschäftigt sich vor allem mit der Frage nach der Güte der Auswahlentscheidungen, welche mit der Assessment-Center-Methode getroffen werden.[11] Die Frage der Validität spielt dabei eine große Rolle und soll im Folgenden näher beleuchtet werden.

2.2 Validitätsproblematik

Das Assessment-Center fungiert als Ausleseinstrument, welches aus externen und internen Bewerbern für eine Stelle die geeignetsten herausfiltert. Dabei werden die gebräuchlichen eignungsdiagnostischen Methoden, wie dem Postkorb, Rollenspielen oder Gruppendiskussionen zusammengefasst. Das Assessment-Center zähle zu den aufwendigsten Auswahlinstrumenten von Führungskräften. Sein Einsatz könne demnach nur als positiv eingestuft werden, wenn es im Vergleich zu den anderen Auswahlmethoden eine deutlich höhere Gültigkeit aufweise. Demnach sei es notwendig, die Gültigkeit bzw. Validität des Verfahrens zu überprüfen.[12] Zur Definition von Validität zieht Neuberger die Begriffsbestimmung der American Psychological Association heran, die Validität als Angemessenheit, Bedeutung, Sinnhaftigkeit und Nützlichkeit der Schlüsse, welche aus Testwerten gezogen werden, definiert.[13] Man unterscheide zwischen externer (Übereinstimmungs- und Vorhersagevalidität), inhaltlicher Validität sowie Konstruktvalidität. Bei der externen Validität wird ein äußeres Kriterium zur Überprüfung herangezogen, welches im Falle des Assessment-Centers beispielsweise der Einkommenszuwachs, die Hierarchieebene oder die Zahl der Beförderungen sein könne. Bei der Bestimmung der externen Kriterien ergeben sich oftmals Schwierigkeiten, da auch nicht zu beeinflussende äußere Faktoren die Kriterien kontaminieren.[14] Die drei Validitätsarten können nicht gegeneinander ausgespielt werden oder sich untereinander ersetzen. Alle drei spiegeln für sich genommen eine Problemfacette wieder. Des Weiteren stellen diese nur die Oberflächlichkeit der Dinge dar und ersparen nicht die Auseinandersetzung mit den inhaltlichen Vorentscheidungen.[15]

Die Frage nach der Validität bringe allerdings einige Probleme mit sich. Es sei wichtig zu fragen, für welche Art von Kriterien das Assessment-Center gültige Vorhersagen liefern solle. Da Selektionsinstrumente eingesetzt werden, um unter einer Vielzahl von Kandidaten den Fähigsten auszuwählen, müssen Selektionsinstrumente danach beurteilt werden, in welchem Maße sie sich an Leistungs- und Erfolgskriterien halten.[16] Das Assessment-Center sage den Erfolg eines Bewerbers vorher, allerdings sei teilweise unklar, ob tatsächlich Kompetenzen und Effizienz und überlegene Fähigkeiten reflektiert werden, so Kitzmann.[17] Ein weiteres Problem der Messung der Validität liege darin, dass sie durch Kriteriumskontamination erheblich verfälscht werden könne. Werden die Ergebnisse des Assessment-Centers beispielsweise bekannt gegeben oder als Grundlage von Auswahl- bzw. Beförderungsentscheidungen zu Rate gezogen, so werde keine sachgerechte Messung der Validität, speziell der prognostischen Validität, mehr möglich sein, da die Vorgesetzten sich bei Beförderungsentscheidungen auf die Assessment-Center-Urteile berufen können und somit werde die individuell erbrachte Leistung außer Acht gelassen.[18] Darüber hinaus sei das Abschneiden im Assessment-Center in hohem Maße von den Fähigkeiten der Beurteiler abhängig, welche die Bewerber während der verschiedenen Übungen beobachten und in vorher definierte Dimensionen einordnen.[19] Ein weiteres Problem der Validitätsüberprüfung besteht darin, dass Standardverfahren, wie das Assessment-Center, aufgrund ihrer breiten Anwendungsmöglichkeit stark von den Unternehmensgegebenheiten abweichen. Da die Anforderungen an eine bestimmte Mitarbeitergruppe von Unternehmen zu Unternehmen, wie auch von Hierarchieebene zu Hierarchieebene differenzieren, könne mit solchen Standardverfahren kaum hinreichend valide Ergebnisse erzielt werden, es sei denn, man erhebe für jeden Auswahlprozess die Anforderungen erneut, damit man den spezifischen Gegebenheiten gerecht werde.[20] Außerdem reiche die Validitätsuntersuchung alleine nicht aus, um den Wert eines Verfahrens zu erfassen, da unterschiedliche externe Parameter mit in die Situation einbezogen werden müssen, um die Brauchbarkeit des Verfahrens zu bestimmen. Die Nützlichkeit eines Verfahrens hänge nicht nur von der Validität ab, sondern auch von den Kosten, der Standardabweichung der Kriterienwerte und von der Teilnehmeranzahl.[21]

[...]


[1] Vgl. Fecker, T.: Möglichkeiten und Grenzen einer Kontrolle der Beurteilungsqualität im Assessment Center mit Hilfe statistischer Verfahren. Münster 1989. S. 216

[2] Vgl. Fecker, T.: Möglichkeiten und Grenzen einer Kontrolle der Beurteilungsqualität im Assessment-Center mit Hilfe statistischer Verfahren. S. 5ff

[3] Vgl. Kewitsch, M.: Optimierung der Beurteilung im Assessment-Center für Personalentwicklung. Diplomarbeit vorgelegt dem Prüfungsausschuss für die Diplomprüfung der Psychologen. Bochum 1991. S. 17

[4] Vgl. Lattmann, C.: Das Assessment-Center-Verfahren als Mittel zur Beurteilung der Führungseignung. In: Lattmann, C.(Hrsg.): Das Assessment-Center-Verfahren der Eignungsbeurteilung – Sein Aufbau, seine Anwendung und sein Aussagegehalt. Heidelberg 1989. S. 31ff

[5] Vgl. Kompa, A.: Assessment-Center – Bestandsaufnahme und Kritik. 6. Auflage. München/Mering 1999. S. 64

[6] Jeserich, W.: Mitarbeiter auswählen und fördern. Das Assessment-Center-Verfahren. München 1981.
S. 33

[7] Jeserich, W.: Mitarbeiter auswählen und fördern. Das Assessment-Center-Verfahren. S. 33

[8] Vgl. Kitzmann, A.: Assessment-Center – Personalförderung und Personalauswahl. 3. Auflage. Bamberg 1990. S. 28ff

[9] Vgl. a.a.O. Lattmann, C.: Das Assessment-Center-Verfahren als Mittel zur Beurteilung der Führungseignung. S. 27f

[10] Vgl. a.a.O. Fecker, T.: Möglichkeiten und Grenzen einer Kontrolle der Beurteilungsqualität im Assessment-Center mit Hilfe statistischer Verfahren. S. 36

[11] Vgl. Neuberger, O.: Führen und führen lassen. Ansätze, Ergebnisse und Kritik der Führungsforschung. 6. Auflage. Stuttgart 2002. S. 261

[12] Vgl. a.a.O. Fecker, T.: Möglichkeiten und Grenzen einer Kontrolle der Beurteilungsqualität im Assessment-Center mit Hilfe statistischer Verfahren. S.91

[13] Vgl. a.a.O. Neuberger, O.: Führen und führen lassen. S. 264

[14] Vgl. a.a.O. Kitzmann, A.: Assessment-Center – Personalförderung und Personalauswahl. S. 34

[15] Vgl. a.a.O. Neuberger, O.: Führen und führen lassen. S. 271

[16] Vgl. a.a.O. Kompa, A.: Assessment-Center – Bestandsaufnahme und Kritik. S. 71

[17] Vgl. a.a.O. Kitzmann, A.: Assessment-Center – Personalförderung und Personalauswahl. S.36

[18] Vgl. a.a.O. Fecker, T.: Möglichkeiten und Grenzen einer Kontrolle der Beurteilungsqualität im Assessment-Center mit Hilfe statistischer Verfahren. S.94

[19] Vgl. ebd. Fecker, T.: Möglichkeiten und Grenzen einer Kontrolle der Beurteilungsqualität im Assessment-Center mit Hilfe statistischer Verfahren. S.37

[20] Vgl. ebd. Fecker, T.: Möglichkeiten und Grenzen einer Kontrolle der Beurteilungsqualität im Assessment-Center mit Hilfe statistischer Verfahren. S.49

[21] Vgl. a.a.O. Kitzmann, A.: Assessment-Center – Personalförderung und Personalauswahl. S.37

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Das Assessment Center - Anspruch und Wirklichkeit im Spiegel der Validitätsdebatte
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Pädagogisches Institut)
Veranstaltung
Führung in Organisationen
Note
2,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V51313
ISBN (eBook)
9783638473217
ISBN (Buch)
9783638683142
Dateigröße
754 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In dieser Arbeit ird zunächst definiert was das Assessment-Center ist und welche Validitätsanspruch es an sich selbst stellt. Im Weiteren werden die drei Validitätsarten (Inhalts-,Kriterium- und Konstruktvalidität) definiert. Darüber hinaus geprüft inwieweit das Assessment-Center seinen Validitätsanspruch gelten macht.
Schlagworte
Assessment, Center, Anspruch, Wirklichkeit, Spiegel, Validitätsdebatte, Führung, Organisationen
Arbeit zitieren
Britta Wertenbruch (Autor:in), 2006, Das Assessment Center - Anspruch und Wirklichkeit im Spiegel der Validitätsdebatte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51313

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