Unterhaltung und Vergnügen: Lebensstile und Werbung der neunziger Jahre vor dem Hintergrund der Erlebnis-, Freizeit- und Konsumgesellschaft


Hausarbeit, 2006

24 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Die Erlebnisgesellschaft
2.1. Charakterisierung der Erlebnisgesellschaft
2.2. Der neue Konsum
2.3. Freizeit als Bestandteil der Erlebnisgesellschaft

3. Aspekte der Erlebnisgesellschaft: Einkaufen als Zeitvertreib
3.1. Shopping
3.2. Manifeste der Erlebnisgesellschaft: Shopping Malls und künstliche Erlebniswelten

4. Werbung in der Erlebnisgesellschaft
4.1. Die Voraussetzungen
4.2. Die Reaktion der Werbemacher

5. Ausblick und Fazit

1. Einleitung

„Erlebnisorientierung ist die unmittelbarste Form der Suche nach Glück.“[1]

Dieses Zitat des Soziologen Gerhard Schulze enthält ein wesentliches Element unserer momentanen gesellschaftlichen Situation: die Erlebnisorientierung.

Vergleicht man die kulturellen und sozialen Tendenzen beispielsweise der 50er Jahre in Deutschland mit den neunziger Jahren bzw. heute, wird ein grundlegender Wandel sichtbar. Allein die Wert- und Moralvorstellungen scheinen sich im Laufe der Jahrzehnte kontinuierlich verschoben zu haben. Neue Lebensorientierungen führten zu neuen Konsumgewohnheiten; unsere Gesellschaft wurde zur Wohlstandsgesellschaft, unser Konsum zum Erlebniskonsum.

Gegenstand dieser Hausarbeit ist es, genannte Wandelprozesse vor allem im Zeitraum der neunziger Jahre zu beleuchten, und zwar im Hinblick auf soziologisch-kulturelle Entwicklungen einerseits und deren Einfluss auf die Werbung andererseits.

Dabei sollen Ursachen für die Herausbildung der sogenannten Erlebnisgesellschaft benannt und deren Wesen charakterisiert werden, um abschließend diese Merkmale an Werbebeispielen der neunziger Jahre nachzuweisen.

Das Interesse meiner Arbeit begründet sich vor allem in der Aktualität der Problematik, denn die „Erlebnisgesellschaft“ ist kein Phänomen der Vergangenheit, sondern eher ein gesellschaftlicher Wandelprozess, der bis heute andauert.

Mein Ziel ist es, einen Überblick über den Zusammenhang zwischen Erlebnisorientierung und veränderten Konsumgewohnheiten zu verschaffen, um eventuell zukünftige Tendenzen im Sinne von „Wird sich der Erlebnistrend in Gesellschaft und Werbung fortsetzen?“ bzw. „Welche Trends herrschen Anfang des 21. Jahrhunderts vor?“ aufzeigen zu können.

2. Die Erlebnisgesellschaft

2.1. Charakterisierung der Erlebnisgesellschaft

Bei dem Versuch, das Wesen unserer gegenwärtigen Gesellschaft zu beschreiben, tauchen seit den neunziger Jahren immer wieder Prädikate wie „Erlebnis-“, „Konsum-“ oder „Freizeitgesellschaft“ auf.

Man sollte sich hierbei jedoch vor Augen halten, dass man Gesellschaften nie als Ganzes erfassen, sondern immer nur Fragmente ihrer selbst analysieren kann. Gerhard Schulze bemerkt in seiner Studie „Erlebnisgesellschaft“ dazu: „Der Titel besagt nicht: diese Gesellschaft ist eine Erlebnisgesellschaft, sondern: sie ist es mehr als andere, und zwar in einem Ausmaß, dass es sich lohnt, ihre soziologische Analyse auf diesen Aspekt zu fokussieren.“[2]

Trotzdem lässt sich das Phänomen Erlebnisgesellschaft an wesentlichen Veränderungen in fast allen Bereichen des Alltagslebens nachweisen. Mit den rapiden technischen und ökonomischen Fortschritten, die sich während der letzten Jahrzehnte vollzogen haben, wurde der Wandel von der sogenannten Mangelwirtschaft – bedingt durch Ressourcenknappheit – hin zur Überflussgesellschaft immer offensichtlicher. Während in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts fast alle Güter des täglichen Gebrauchs für den Großteil der Bevölkerung schwer erhältlich waren, stehen uns heute sozusagen alle Türen offen, ganz nach dem Motto: „Nichts ist unmöglich!“.

Der Soziologe Gerhard Schulze betrachtet diese Entwicklung unter dem Gesichtspunkt der „Vorstellung über die Beziehung von Ich und Welt“: in der früheren Überlebenswirtschaft mussten sich die Menschen an die gegebenen Umweltbedingungen – also die Welt – anpassen, um zu überleben. Es standen nur wenige Möglichkeiten zur Verfügung, mit denen man sich eben abfinden musste. Heute ist dies genau umgekehrt. Mit den unzähligen Optionen, die die Erlebnisgesellschaft offeriert, hat sich das Paradigma verändert: die Welt soll sich dem Individuum anpassen. Der Autor bezeichnet diesen Wandel „vom weltbezogenen Subjekt zur subjektbezogenen Welt“ als „den großen kulturgeschichtlichen Einschnitt in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts“.[3]

2.2. Der neue Konsum

Im Zuge des neuen Bewusstseins haben sich Alltagsorganisation und Prioritäten der Menschen stark verändert: Irmgard Voglmayr spricht von einem „erlebnisorientierten Gesellschaftscharakter“[4], d.h. Konsum und Unterhaltung stehen auf jedem Lebensstandardniveau im Vordergrund des Handelns. Im allgemeinen versteht man unter dem Begriff Erlebnis „ein stark gefühlsbetontes und unmittelbares Ergriffenwerden anlässlich eines Ereignisses oder einer Begegnung“[5], also eine zumeist positive Erfahrung, die als Bereicherung des eigenen Lebens empfunden wird. Der Erlebnisgehalt einer Aktivität oder eines Produktes ist wesentliches Kriterium: je unterhaltsamer, aufregender oder neuartiger die Erfahrung, desto größer der Zuspruch des Konsumenten. Längst werden Produkte nicht mehr nur zur Funktionserfüllung angeboten und nachgefragt; der Konsument erwirbt beispielsweise mit einem Stück Seife neben der Reinigungsfunktion auch „erlebnisorientierte Zusatzqualitäten: ...wilde Frische, cremige Zartheit, erotische Formgebung, Naturbelassenheit usw.“[6]

Konsum ist immer weniger „Notwendigkeitskonsum“, sondern in zunehmendem Maße „Wunschkonsum“[7], d.h. man deckt durch Verbrauch nicht mehr nur Grundbedürfnisse wie Hunger ab, sondern befriedigt in der Maslowschen Hierarchie höher stehende Bedürfnisse wie Aufmerksamkeit und Anerkennung. Zu diesen Bedürfnissen zählt auch „das Streben nach sinnlicher und emotionaler Stimulierung“, ein Hauptmerkmal des erlebnisbetonten Konsumenten.[8]

Synonym zum Begriff der Erlebnisorientierung muss der Begriff der Innenorientierung angeführt werden: Kauft man z.B. eine Brille um damit besser zu sehen, handelt man außenorientiert. Möchte man sich mit der Brille aber vor allem schön fühlen, ist man ein innenorientierter Konsument.[9] Diese Hinwendung zu subjektiven Prozessen bzw. emotionalen Erlebnissen hat in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen: „Marlboro rauchen heißt, Gefühle des Abenteuers erleben, MM-Sekt trinken heißt, erotische Gefühle erleben, Mercedes fahren heißt Prestige erleben usw.“[10] Die meisten Produkte und Dienstleistungen werden mittlerweile fast ausschließlich über die Vermittlung eines emotionalen Zusatzerlebnisses, das mit den funktionellen Produkteigenschaften wenig oder nichts zu tun hat, abgesetzt. „Appelle an Erotik, soziale Anerkennung, Freiheit und Abenteuer, Natur und Gesundheit, Genuss, Lebensfreude und Geselligkeit“9 sind besonders verbreitet und stellen oft den eigentlichen Konsumanreiz dar.

2.3. Freizeit als Bestandteil der Erlebnisgesellschaft

Ein wesentlicher Grund für die starke Erlebnisorientierung lässt sich u.a. in der stetigen Zunahme an Freizeit finden. Der Begriff Freizeit beschreibt einen Bereich, „in dem potentiell mehr Raum für Eigenes zur Verfügung steht und soziale Kontrolle gelockert ist, wenn auch vielleicht nur im subjektiven Empfinden“.[11]

Im Rahmen der Arbeitszeitverkürzungen der letzen dreißig Jahre hat sich der Anteil der so definierten Freizeit im Vergleich zur Arbeitszeit stark erhöht: beispielsweise wurde 1995 die 35-Stunden-Woche eingeführt, die der Automobilkonzern Volkswagen AG noch durch seine intern realisierte 28,8-Stunden-Woche toppte.[12]

Verglichen mit der Lebensarbeitszeit von 1871 macht die „Arbeitsphase“ statt zwei Dritteln nur noch etwa die Hälfte des Lebens aus: Arbeit ist nur noch das halbe Leben.[13]

[...]


[1] Schulze (1993). Erlebnisgesellschaft, S.14.

[2] Schulze (1993). Erlebnisgesellschaft, S.15.

[3] Schulze: Was wird aus der Erlebnisgesellschaft.

[4] Voglmayr: Erlebnisgesellschaft – Freizeit – Gender.

[5] Stihler (1998), S.106.

[6] Schulze (1993). Erlebnisgesellschaft, S.59.

[7] Schulze (1993). Erlebnisgesellschaft, S.186.

[8] vgl. Kroeber-Riel / Weinberg (2003), S.124.

[9] vgl. Schulze (1993), S.427.

[10] Kroeber-Riel / Weinberg (2003), S.115.

[11] Rastetter (1996), S.47.

[12] vgl. Stihler (1998), S.110.

[13] vgl. Opaschowski (1995), S.14.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Unterhaltung und Vergnügen: Lebensstile und Werbung der neunziger Jahre vor dem Hintergrund der Erlebnis-, Freizeit- und Konsumgesellschaft
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Veranstaltung
Wirtschaftsbezogene Kulturgeschichte Deutschlands
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
24
Katalognummer
V59566
ISBN (eBook)
9783638534710
ISBN (Buch)
9783638677554
Dateigröße
844 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unterhaltung, Vergnügen, Lebensstile, Werbung, Jahre, Hintergrund, Erlebnis-, Freizeit-, Konsumgesellschaft, Wirtschaftsbezogene, Kulturgeschichte, Deutschlands
Arbeit zitieren
Katja Friedrich (Autor:in), 2006, Unterhaltung und Vergnügen: Lebensstile und Werbung der neunziger Jahre vor dem Hintergrund der Erlebnis-, Freizeit- und Konsumgesellschaft , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59566

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Unterhaltung und Vergnügen: Lebensstile und Werbung der neunziger Jahre vor dem Hintergrund der Erlebnis-, Freizeit- und Konsumgesellschaft



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden