Ein Vergleich der Sprachpolitik in der Comunitat de Catalunya und der Comunitat Valenciana


Magisterarbeit, 2006

169 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1.Einleitung

2.Sprachpolitik
2.1.Formen von Sprachpolitik
2.2.Motive für Sprachpolitik
2.3.Objekte von Sprachpolitik
2.4.Definitionen
2.4.1. Sprachlenkung
2.4.2. Sprachplanung
2.4.3. Sprach- / Sprachenpolitik
2.4.4. Das Verhältnis von Sprachplanung und Sprachpolitik
2.4.5. Begrifflichkeiten anderer Sprachen
2.5.Europäische Sprachpolitik als Rahmen
2.6.Der sprachpolitische Rahmen in Spanien

3.Die externe Sprachgeschichte des Katalanischen

4.Katalonien und Valencia: Sprachen, Sprachpolitik und Sprachverhalten
4.1.Katalonien
4.1.1. Comunitat de Catalunya
4.1.1.1. politisch
4.1.1.2. geographisch
4.1.1.2. soziologisch
4.1.1.3. wirtschaftlich
4.1.2. Die Bedeutung der Sprache in Katalonien
4.1.3. Die Sprachpolitik seit
4.1.4. Die Llei de política lingüística, Llei 1/1998
4.1.4.1. Präambel
4.1.4.2. Grundsatzbestimmungen
4.1.4.3. Öffentliche Verwaltung und Justiz
4.1.4.4. Namenskunde
4.1.4.5. Bildungssystem
4.1.4.5.1. Nicht-universitäre Ausbildung
4.1.4.5.2. Universitäre Ausbildung
4.1.4.5.3 Erwachsenenbildung
4.1.4.6. Massenmedien und Kulturgewerbe
4.1.4.7. Sozioökonomie
4.1.4.8. Institutionelle Unterstützung
4.1.5. Die Auswirkungen der Llei de política lingüística auf Sprachkompetenz und Sprachverhalten in Katalonien
4.1.5.1 Sprachkompetenz
4.1.5.2. Sprachverhalten
4.1.6. Das neue Autonomiestatut von 2006 und seine Auswirkung auf die Sprachpolitik
4.2.Valenzianisch: Eigene Sprache oder Dialekt des Katalanischen?
4.3.Valencia
4.3.1. Comunitat Valenciana
4.3.1.1. politisch
4.3.1.2. geographisch
4.3.1.3. soziologisch
4.3.1.4. wirtschaftlich
4.3.2. Die Sprachpolitik seit
4.3.3. Die Llei d’ ús i ensenyament del valencià, Llei 4/1983
4.3.3.1. Präambel
4.3.3.2. Grundsatzbestimmungen
4.3.3.3. Valenzianisch in der Öffentlichkeit und im privaten Bereich
4.3.3.4. Valenzianisch im Bildungswesen
4.3.3.5. Valenzianisch in den Massenmedien
4.3.3.6. Handlungsweise der Behörden
4.3.3.7. Überwiegend valenzianischsprachige und spanischsprachige Gebiete
4.3.4. Die Auswirkungen der Llei d’ ús i ensenyament del valencià auf Sprachkompetenz und Sprachverhalten in Valencia
4.3.4.1 Sprachkompetenz
4.3.4.2. Sprachverhalten
4.4.Vergleich
4.4.1. Vergleich der Sprachpolitik in Katalonien und der Comunitat Valenciana
4.4.2. Vergleich der Sprachkompetenz und des Sprachverhaltens der Bevölkerungen Kataloniens und Valencias
4.4.2.1. Sprachkompetenz
4.4.2.2. Sprachverhalten
4.4.3. Schlussfolgerungen

5.Katalanischkenntnisse und Sprachverhaltens lateinamerikanischer Einwanderer in Katalonien und Valencia
5.1.Migrationsbewegungen und ihr Einfluss auf die sprachliche Situation in Katalonien und Valencia
5.2.Immigration in Katalonien
5.3.Untersuchung der Katalanischkenntnisse und des Sprachverhalten lateinamerikanischer Einwanderer in Katalonien und Valencia
5.3.1. Der Fragebogen
5.3.2. Katalanischkenntnisse der lateinamerikanischen Einwanderer in Katalonien und Valencia
5.3.3. Sprachverhalten der lateinamerikanischen Einwanderer in Katalonien und Valencia
5.3.4. Haltung der lateinamerikanischen Einwanderer in Katalonien und Valencia gegenüber dem Katalanischen
5.4.Ergebnis

6.Schlussfolgerungen

Anhang
1.Ley 1/1998, de 7 de enero, de política lingüística
2.Ley 4/1983, de 23 de noviembre, de Uso y Enseñanza del Valenciano

Bibliographie
1.Druckmedien
2.Elektronische Medien

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Competencia activa y pasiva del catalán nach Griley

Tabelle 2: Katalanischkenntnisse der katalanischen Bevölkerung im Jahr

Tabelle 3: Gegenüberstellung des Artikel 3 des katalanischen Autonomiestatuts von 1979 und des Artikels 6 des katalanischen Autonomiestatuts von

Tabelle 4: Valenzianischkenntnisse der Bevölkerung der überwiegend valenzianischsprachigen Regionen 1989, 1992, 1995 und

Tabelle 5: Valenzianischkenntnisse der Gesamtbevölkerung Valencias in den Jahren 1992, 1995 und

Tabelle 6: Sprachkompetenz der Bevölkerung Valencias im Jahr 2005, aufgeführt nach Alter und Geschlecht (prozentual)

Tabelle 7: Sprechverhalten der Valenzianischsprecher in den Jahren 1989, 1992, 1995 und 2005 (prozentual)

Tabelle 8: Gebrauch des Valenzianischen durch Valenzianischsprecher in den Jahren 1989, 1992, 1995 und 2005 (prozentual)

Tabelle 9: Gegenüberstellung der Katalanischkenntnisse in den Bevölkerungen Kataloniens und Valencias nach Daten der Generalitat de Catalunya

Tabelle 10: Katalanischkenntnisse in den Bevölkerungen Kataloniens und Valencias (prozentual)

Tabelle 11: Katalanischkenntnisse in der Bevölkerung Kataloniens und Valencias in den Jahren 1991 und 1992 sowie 1996 und 1995 (prozentual)

Tabelle 12: Sprechverhalten in Alltagssituationen in Katalonien und Valencia

Tabelle 13: Einschätzung des gegenwärtigen Gebrauchs des Katalanischen in Katalonien und Valencia

Tabelle 14: Immigranten in Katalonien und in Valencia

Tabelle 15: Herkunftsländer lateinamerikanischer Einwanderer in Katalonien und in Valencia

Tabelle 16: Bei der Secretaria per a la Immigració gemeldete Einwanderer, aufgeführt nach Herkunftsregionen

Tabelle 17: Charakteristika der Befragten

Tabelle 18: Katalanischkenntnisse der befragten lateinamerikanischen Einwanderer in Katalonien und Valencia

Tabelle 19: Sprachenwahl der lateinamerikanischen Einwanderer in ihrem engeren Umfeld

Tabelle 20: Der Einfluss der Sprache auf die Wahl der Freunde

Tabelle 21: Erfordernis von Katalanischkenntnissen in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens in Katalonien und in Valencia

Tabelle 22: Sprachenwahl beim Gebrauch verschiedener Medien durch lateinamerikanische Einwanderer in Katalonien und in Valencia

Tabelle 23: Ansicht über das linguistische Verhältnis zwischen dem Katalanischen und dem Valenzianischen

Tabelle 24: Einschätzung der Wichtigkeit von Katalanischkenntnissen in Katalonien und in Valencia

Tabelle 25: Erfahrungen mit dem Sprachverhalten der Katalanen bzw. der Valencianer

Tabelle 26: Einfluss der Zweisprachigkeit der neuen Heimat auf die Migration der Befragten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Organigramm der Objekte sprachpolitischer Maßnahmen

Abbildung 2: Sprachraum des Katalanischen

Abbildung 3: Flagge Kataloniens

Abbildung 4: Provinzen (kat.: províncies) Kataloniens

Abbildung 5: Kreise (kat.: comarques) Kataloniens

Abbildung 6: Lage Kataloniens in Spanien

Abbildung 7: Entwicklung der Katalanischkenntnisse der katalanischen Bevölkerung von 1996 bis 2001 (numerisch)

Abbildung 8: Entwicklung der Katalanischkenntnisse der katalanischen Bevölkerung von 1996 bis 2001 (prozentual)

Abbildung 9: Entwicklung der Katalanischkenntnisse in der katalanischen Bevölkerung von 1986 bis

Abbildung 10: Kreise (val.: c omarques) der Comunidad Valenciana

Abbildung 11: Flagge der Comunidad Valenciana

Abbildung 12: Lage der Comunidad Valenciana in Spanien

Abbildung 13: Valenzianischkenntnisse der Bevölkerung der überwiegend valenzianischsprachigen Regionen 1989, 1992, 1995 und

Abbildung 14: Valenzianischkenntnisse der Gesamtbevölkerung Valencias in den Jahren 1992, 1995 und

Abbildung 15: Sprachkompetenz der Bevölkerung Valencias im Jahr 2005, aufgeführt nach Alter

Abbildung 16: Gebrauch des Valenzianischen durch Valenzianischsprecher in den Jahren 1989, 1992, 1995 und

Abbildung 17: Gebrauch des Spanischen durch Valenzianischsprecher in den Jahren 1989, 1992, 1995 und

Abbildung 18: Gebrauch des Valenzianischen durch Valenzianischsprecher in den Jahren 1989, 1992 und

Abbildung 19: Einschätzung der Valenzianischsprecher bezüglich des Gebrauchs des Valenzianischen in den Jahren 1992, 1995 und

Abbildung 20: Katalanischkenntnisse in den Bevölkerungen Kataloniens und Valencias nach Daten der Generalitat de Catalunya

Abbildung 21: Katalanischkenntnisse in der Bevölkerung Kataloniens und Valencias

Abbildung 22: Katalanischkenntnisse in der Bevölkerung Kataloniens und Valencias in den Jahren 1991 und 1992 sowie 1996 und 1995 (prozentual)

Abbildung 23: Verwendung des Katalanischen in Katalonien und Valencia

Abbildung 24: Verwendung des Spanischen in Katalonien und Valencia

Abbildung 25: Einschätzungen zum gegenwärtigen Gebrauch des Katalanischen in Katalonien und Valencia

Abbildung 26: Immigranten in Katalonien, aufgeführt nach ihrer Herkunft

Abbildung 27: Immigranten in Valencia, aufgeführt nach ihrer Herkunft

Abbildung 28: Aufteilung der Herkunft lateinamerikanischer Einwanderer in Katalonien

Abbildung 29: Aufteilung der Herkunft lateinamerikanischer Einwanderer in Valencia

Abbildung 30: Entwicklung der ausländischen Bevölkerung in Katalonien, aufgeführt nach ihrer Herkunft

Abbildung 31: Entwicklung der Anzahl ausländischer Schüler in Katalonien (2000-2005)

Abbildung 32: Katalanischkenntnisse der ausländischen Bevölkerung Kataloniens in den Jahren 1996 und 2001 (numerisch)

Abbildung 33: Katalanischkenntnisse der ausländischen Bevölkerung Kataloniens in den Jahren 1996 und 2001 (prozentual)

Abbildung 34: Druckversion des Fragebogens

Abbildung 35: Katalanischkenntnisse in der Kategorie „Verstehen“ (prozentual)

Abbildung 36: Katalanischkenntnisse in der Kategorie „Lesen“ (prozentual)

Abbildung 37: Katalanischkenntnisse in der Kategorie „Sprechen“ (prozentual)

Abbildung 38: Katalanischkenntnisse in der Kategorie „Schreiben“ (prozentual)

Abbildung 39: Sprachenwahl der lateinamerikanischen Einwanderer Kataloniens in ihrem engeren Umfeld

Abbildung 40: Erfordernis von Katalanischkenntnissen in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens in Katalonien und in Valencia

Abbildung 41: Gebrauch verschiedener Medien durch lateinamerikanische Einwanderer ,in Katalonien und in Valencia auf Katalanisch

Abbildung 42: Gebrauch verschiedener Medien durch lateinamerikanische Einwanderer ,in Katalonien und in Valencia gleichermaßen auf Katalanisch und Spanisch

Abbildung 43: Gebrauch verschiedener Medien durch lateinamerikanische Einwanderer in Katalonien und in Valencia auf Spanisch

Abbildung 44: Erfahrungen mit dem Sprachverhalten der Katalanen bzw. der Valencianer

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

In einer beständig weiter zusammenwachsenden Welt werden Sprache und die damit verbundenen Barrieren oftmals als Problem empfunden. Die neuen Technologien, insbesondere das Internet, erlauben es uns, in Sekundenschnelle mit Personen in Kontakt zu treten, die auf der anderen Seite der Erde leben. Die Vielzahl der Sprachen, die im internationalen Kommunikationsnetz vertreten sind, verleitet dazu, eine oder einige wenige Sprachen zu einer lingua franca zu erheben. So hat sich das Englische in vielen Bereichen als eine Art „kleinster gemeinsamer Nenner“ als Kommunikationsbasis durchgesetzt. In diesem Zeitalter der Globalisierung, in der die Welt zusammenwachsen soll, scheint es widersprüchlich, Sprachen erhalten und verbreiten zu wollen, die als Minderheitensprachen gelten. Im Falle des Katalanischen kommt erschwerend hinzu, dass seine Sprecher meist zweisprachig sind. In Katalonien und Valencia haben diese neben dem Katalanischen mit dem Spanischen eine zweite Muttersprache, die eine der drei meistgesprochenen Sprachen der Welt ist. Ausländische Besucher der dortigen Touristenregionen beschweren sich, dass sie ihr mühsam erlerntes Urlaubsspanisch oftmals nicht anbringen können. Aus pragmatischer Sicht gibt es einige Argumente gegen sprachpolitische Maßnahmen zur Verbreitung des Katalanischen, die vielfach und vielerorts thematisiert werden. Auch der erfolgreiche französische Film L’aubèrge espagnole enthält eine Szene, in der die aus allen Teilen Europas stammenden Erasmus-Studenten in Barcelona im Gespräch mit Katalanen den Zweck katalanischsprachigen Unterrichts an der Universität in Frage stellen. Dort wird als Motiv dafür angegeben, dass die katalanische Sprache ein Ausdruck katalanischer Identität sei, ein Argument, das in diesem Kontext häufig angebracht wird. Kaum eine Sprachpolitik wird so diskutiert und ist so umstritten wie die katalanische. Einigen Nationalisten geht sie nicht weit genug und außerhalb Kataloniens stößt sie oft auf Unverständnis. Dies ist nur eines der zahlreichen Beweggründe für eine Auseinandersetzung mit dieser Thematik. Beschäftigt man sich nämlich näher mit der Sprachpolitik der Katalanen, wächst das Verständnis für ihr zum Teil sehr rigoros wirkendes Verhalten in Bezug auf ihre Sprache. Dabei wird deutlich, dass Sprache neben ihrer pragmatischen Komponente als Kommunikationsmittel auch weitere Funktionen hat und jede Sprache schützenswert ist. Ein Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, wie das Katalanische in Katalonien und wie in der Comunidad Valenciana geschützt und verbreitet werden soll.

Die Idee zum Vergleich der katalanischen Sprachpolitik mit der der Comunidad Valenciana, die gemeint ist, wenn in dieser Arbeit von Valencia gesprochen wird, geht auf meinen einjährigen Aufenthalt als Erasmus-Stipendiatin in Valencia zurück, wo ich erstmals bewusst mit dem Katalanischen in Berührung gekommen bin. Die sehr unterschiedlichen Erfahrungen, die ich in Katalonien und Valencia in Bezug auf das Katalanische und dessen Verwendung durch seine Sprecher gemacht habe, weckte in mir das Interesse an einem Vergleich der sprachpolitischen Situation der beiden Regionen.

Diese Arbeit handelt von verschiedenen Sprachen, wie diese in Kontakt treten und den Beziehungen, in den sie zueinander stehen. Vorwegzunehmen ist dabei, dass unter der Bezeichnung „Spanisch“ grundsätzlich die kastilische Sprache gemeint und damit keine Wertung, sondern nur eine Erleichterung für das Lesen dieser Arbeit bezweckt ist. Der Sprachkontakt von Spanisch und Katalanisch wird in dieser Arbeit nicht sprachintern betrachtet, sondern es wird vielmehr untersucht, wie die beiden Sprachen in Bezug auf ihren Status und ihre Verbreitung in Katalonien und Valencia zueinander stehen und welchen Einfluss die Sprachpolitik darauf hat.

Bevor man einen Vergleich der Sprachpolitiken Kataloniens und Valencias durchführen kann, müssen einige Grundlagen erarbeitet werden. So wird zunächst das Thema der Sprachpolitik theoretisch angegangen, Konzepte dargelegt und Begriffe definiert. Katalonien wie auch Valencia sind zwar autonome Regionen, beide aber Teil des spanischen Staates, welcher Mitglied der Europäischen Union ist. Deshalb muss geklärt werden, ob es eine sprachpolitische Rahmengesetzgebung der EU oder Spaniens gibt und welche Vorgaben diese machen. Von Bedeutung für die Erarbeitung des Themas ist jedoch nicht nur der juristische Rahmen, sondern auch die externe Sprachgeschichte des Katalanischen, die in Kapitel 3 kurz dargelegt wird. Im darauf folgenden Kapitel wird zunächst Katalonien als autonome Region vorgestellt, dann die Bedeutung der Sprache in Katalonien dargestellt, bevor daraufhin die sprachpolitische Entwicklung Kataloniens seit Francos Tod beschrieben wird. Dabei wird das Sprachgesetz Llei de política lingüística aus dem Jahr 1998 sowie dessen Auswirkungen auf die Sprachkompetenz und das Sprachverhalten der katalanischen Bevölkerung eingehender betrachtet. Ein aktueller Ausblick folgt im Anschluss und befasst sich mit den für die Sprachpolitik belangreichen Aspekten des neuen Autonomiestatuts von 2006. Bevor eine zu der Kataloniens analoge Präsentation Valencias und seiner Sprachpolitik unter besonderer Berücksichtigung der Llei d’ús i ensenyament del valencià aus dem Jahr 1983 durchgeführt werden kann, wird unter 4.2. die Frage erörtert, ob das Valenzianische eine eigene Sprache ist oder als katalanischer Dialekt zu gelten hat. Nach der Beantwortung dieser Frage und der Darstellung der allgemeinen wie auch der sprachpolitischen Situation Valencias, werden die Sprachkompetenz und das Sprachverhalten der valenzianischen Gesellschaft beleuchtet. Die analoge Betrachtung der Sprachpolitik sowie der sprachlichen Situation Kataloniens und Valencias bereiten den Vergleich in Kapitel 4.4 vor. Dort werden die sprachpolitischen Gesetze, die Sprachkompetenz und das Sprachverhalten der Bevölkerung in Katalonien und in Valencia einander gegenübergestellt, verglichen und ausgewertet. Das Ergebnis dieses Vergleichs soll eine möglichst umfassende Abwägung der beiden Sprachpolitiken sein, die deutliche Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeit hervorhebt.

Interessant für die sprachliche Situation in Valencia und insbesondere in Katalonien ist der Einfluss der Immigration auf die angestrebte Katalanisierung der Gesellschaft. Dieser Aspekt wird in Kapitel 5 betrachtet, wo zunächst allgemeine Überlegungen angestellt werden zur Bedeutung der wachsenden Einwanderungsraten auf die sprachliche Entwicklung Kataloniens und Valencias. Dieser theoretische Teil sollen die Basis für eine eigene Datenerhebung bilden, welche sich mit den Katalanischkenntnissen und dem Sprachverhalten lateinamerikanischer Immigranten in Katalonien und Valencia befasst. Wenn von Lateinamerika oder lateinamerikanischen Immigranten die Rede ist, müssten genauer genommen die Termini „Hispanoamerika“ und „hispanoamerikanisch“ gewählt werden, da diese Arbeit die portugiesischsprechenden Amerikaner gänzlich außer Acht lässt. Diese spielen für das in dieser Arbeit behandelte Thema keine Rolle, weshalb die beiden Begriffe im Folgenden sinngleich verwendet werden. Ausschlaggebend für diese Definition waren der häufig synonyme Gebrauch beider Ausdrücke in der Literatur sowie der Umstand, dass der Begriff „lateinamerikanisch“ gebräuchlicher ist. Aus der heterogenen Gruppe der Einwanderer wurde die der Lateinamerikaner aus zweierlei Motiven ausgesucht. Zum einen ist die sprachliche Situation der Lateinamerikaner als Spanischmuttersprachler unter den Immigranten in Katalonien und Valencia eine besondere, die ausnehmend interessante Ergebnisse in Bezug auf die Untersuchung ihres Sprachverhaltens verspricht; zum anderen lagen dieser Auswahl pragmatische Überlegungen zugrunde. Um eine Umfrage anhand eines E-Mail-Fragebogens durchführen zu können, muss man Personen kennen, die die notwendigen Kriterien erfüllen und die man zum zu untersuchenden Thema befragen kann. Da ich viele lateinamerikanische Freunde und seit meiner Heirat auch Familie in Kolumbien habe, lag es nahe, zu ermitteln, wie viele davon in Katalonien oder Valencia leben oder Personen kennen, auf die dies zutrifft. Die Untersuchung der Katalanischkenntnisse, des Sprachverhaltens und der Stellung der in Katalonien und Valencia lebenden Lateinamerikaner gegenüber dem Katalanischen bietet, wenn sie auch nicht repräsentativ ist, die Möglichkeit, aus ihren Ergebnissen Rückschlüsse auf die Sprachpolitik der beiden autonomen Regionen zu ziehen. Die Erläuterung des Fragebogens und die Auswertung der Rückläufe wird in Kapitel 5.3 vorgenommen werden. Die Erkenntnisse werden unter 5.4. zusammengefasst und zu einem Ergebnis formuliert werden. Danach wird in Kapitel 6 abschließend ein Gesamtergebnis für die durchgeführten Untersuchungen formuliert.

2. Sprachpolitik

Die Beschäftigung mit Sprache im Allgemeinen oder mit einer oder mehreren Sprachen im Besonderen sollte nicht unabhängig von anderen gesellschaftlichen Aspekten erfolgen. Bereits Wilhelm von Humboldt erkannte, dass Sprache untrennbar mit anderen Charakteristika einer Gesellschaft verbunden ist und schrieb dazu, „daß der Bau der Sprachen im Menschengeschlechte darum und insofern verschieden ist, weil und als es die Geisteseigenthümlichkeit der Nationen selbst ist“[1]. Den Zusammenhang von Sprache und Nation präzisiert er wie folgt: „In den Sprachen also sind, da dieselben immer eine nationelle Form haben, die Nationen, als solche, eigentlich und unmittelbar schöpferisch.“[2]. Die hier vorausgesetzte Abhängigkeit „erst Nation – dann Sprache“ entspricht in einigen Fällen dem tatsächlichen Entwicklungsablauf, nicht aber in allen. Der wesentliche Aspekt bei Humboldts Überlegungen ist die Erkenntnis, dass Sprache eines der bedeutsamsten Merkmale für die Einheit und Eigentümlichkeit einer Nation ist. Allerdings kann Sprache weder als notwendige noch als hinreichende Bedingung für das Bestehen einer Nation oder eines Staates gelten[3]. Dies wird deutlich, wenn man an mehrsprachige Staaten wie beispielsweise Belgien, Luxemburg oder die Schweiz denkt. Sprache kann auch Ausdrucksform einer eigenen kulturellen und historischen Identität einer Volksgruppe sein, ohne dass dieser der Status einer Nation oder eines Staates zukommt. Dies ist z. B. beim Katalanischen der Fall, dem Gegenstand dieser Arbeit. Sprache und Nation bzw. Sprache und Volk stehen demnach stets in Beziehung zueinander, die Art der Verbindung ist jedoch für jeden Fall individuell zu bestimmen. Grundsätzlich gültig ist jedoch Humboldts Qualifizierung der Sprache als Symbol einer Volksgemeinschaft, was er folgendermaßen ausdrückt: „Die Sprache ist gleichsam die äußerliche Erscheinung des Geistes der Völker; ihre Sprache ist ihr Geist und ihr Geist ihre Sprache; man kann sich beide nie identisch genug denken“[4]. Die Anerkennung einer Sprache bezieht sich in den meisten Fällen nicht auf die Sprache selbst, vielmehr wird dadurch die Anerkennung der jeweiligen Sprachgemeinschaft oder des einzelnen Sprechers ausgedrückt[5].

Charakteristisch für eine Gesellschaft ist aber nicht nur die Art der Verbindung zu ihrer jeweiligen Sprache bzw. ihren jeweiligen Sprachen, sondern auch ihr Umgang mit ihr bzw. mit ihnen. In der Vergangenheit ist Sprache oft missbraucht worden, um bestimmte Ziele zu erreichen. Vor allem totalitäre Regime bedienten sich sprachpolitischer Maßnahmen, um ihre Ziele und Ideologien zu propagieren und durchzusetzen. Der deutsche Sprachraum bietet im 20. Jahrhundert gleich zwei Beispiele für diese Art der psychologischen Beeinflussung der Bevölkerung durch die Sprache. Die Nationalsozialisten ersetzten beispielsweise den Begriff „Völkermord“ durch den der „ethnischen Säuberung“, der wesentlich weniger negativ konnotiert ist und somit das volle Ausmaß des Genozids verschleiert. Stattdessen werden mit dem Begriff „Säuberung“ der Akt der Reinigung und das Ergebnis „sauber“ verbunden, was allgemein als positiv empfunden wird. So haben die Nationalsozialisten durch den bloßen Austausch eines Begriffs durch einen anderen einen Massenmord in den Köpfen der Menschen verharmlosen können. Auf geradezu lächerliche Art und Weise hat auch die Regierung der DDR versucht, auf die Sprache Einfluss zu nehmen. So wurden Nikolausfiguren aus Schokolade nicht wie im Westen Deutschlands „Schokoladennikolaus“, sondern „Jahresende-Schokoladenhohlkörper“ und Weihnachtsengel „Jahresendflügelfiguren“ genannt, um jeglichen Bezug zu christlichen Traditionen zu verbergen. Sicherlich schlägt sich die jeweilige Weltanschauung in der Sprache jeder Gesellschaft nieder, mitunter setzen politische Systeme sprachpolitische Maßnahmen jedoch gezielt zur Beeinflussung ihres Volkes ein. Sprachpolitisch motiviert sind aber auch Wortschöpfungen, die meist als positive Veränderung wahrgenommen werden. So wurden in den letzten Jahrzehnten diskriminierende sprachliche Ausdrücke durch so genannte „politisch korrekte“ Bezeichnungen ersetzt[6]. Diese Entwicklung ging vom amerikanischen Englisch aus und kann inzwischen auch in den meisten europäischen Sprachen beobachtet werden. So bezeichnet die englische Gesellschaft beispielsweise ehedem „Farbige“, „Schwarze“ oder gar „Nigger“ genannte Personen inzwischen als „afroamerikanische Mitbürger“. Im Deutschen wird das Wort „Altersheim“ heute meist durch den Begriff „Seniorenwohnheim“ ersetzt. Und das Spanische hat seine ältere Bezeichnung für behinderte Menschen, die als minusválidos - wörtlich übersetzt also als „weniger wert“ - bezeichnet wurden, durch die Begriffe discapacitado und impedido ersetzt.

2.1. Formen von Sprachpolitik

Nicht nur die Intention von Sprachpolitik kann verschiedenartig sein, sondern auch ihre Ausprägung. Dabei werden zwei Arten von Sprachpolitik unterschieden, die Kremnitz als „explizite“ und „implizite Sprachpolitik“ bezeichnet[7]. Explizit ist diejenige Sprachpolitik, die ihre sprachlichen Absichten ausdrücklich benennt, wohingegen implizite Sprachpolitik keine primäre sprachpolitische Absicht verfolgt, jedoch Auswirkungen auf die Sprache hat. So haben beispielsweise politische Entscheidungen zur Zuwanderung fremdsprachiger ethnischer Gruppen, die primär wirtschaftliche oder andere Ziele verfolgen, oftmals sprachpolitische Folgen, ohne dass diese bedacht oder beabsichtigt sind.

2.2. Motive für Sprachpolitik

Allen sprachpolitischen und sprachplanerischen Maßnahmen ist gemein, dass sie auf der Annahme beruhen, dass eine Beeinflussung sprachlicher Entwicklung möglich ist[8] sowie auf einer Vorstellung dessen, was insoweit als erstrebenswert zu erachten ist[9]. Ohne die Überzeugung von ihrer Nützlichkeit würden sprachpolitische Konzepte erst gar nicht entworfen und entsprechende Maßnahmen erst gar nicht initiiert. Als Argumente gegen Sprachplanung wird vorgebracht, dass diese überflüssig und zudem insofern unmöglich sei, als Sprachen keine planbaren Objekte seien[10]. Allein das Volk entscheide, wann, wie und in welchen Situationen es welche Sprache spricht und wie die jeweilige Sprache ausgebildet sein soll. Dem ist entgegenzusetzen, dass die Festschreibung der Sprache generelle Anerkennung genießt. So ist beispielsweise in Spanien das von der Real Academia Española herausgegebene Diccionario de la lengua española allgemeine Richtlinie für ein korrektes Spanisch und wird vom Volk als Norm anerkannt. Aber nicht alle sprachplanerischen Ausprägungen werden anerkannt, da von den Sprechern nur das akzeptiert wird, was sie selbst produzieren, was wiederum unabhängig von jeder Planung geschieht[11]. So argumentieren auch diejenigen, die Sprachplanung für überflüssig erachten. Sie sehen Sprache als natürlich gewachsene und selbstregulative Systeme, die keiner Planung oder Eingriffe von außen bedürfen. Coulmas schränkt diese Annahme folgendermaßen ein: „Normen können nur bestehen, wenn sie von einer Sprachgemeinschaft akzeptiert werden, aber von naturwüchsig entstandenen Konventionen unterscheiden sie sich dadurch, dass sie ein Moment der Setzung enthalten“[12]. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Sprachnormierung und Sprechverhalten sich gegenseitig beeinflussen[13]. Im genannten Beispiel der Real Academia Española richtet sich die Aufnahme neuer Wörter in das Diccionario de la lengua española in vielen Fällen nach dem Sprachverhalten der Bevölkerung. Ist ein bisher als vulgär eingestufter und im Wörterbuch nicht erfasster Begriff „salontauglich“ geworden, kann er in den Wörterkatalog aufgenommen werden. Genauso können veraltete Wörter, die nicht oder kaum mehr verwendet werden, aus dem Wörterbuch gestrichen werden. Eine Beeinflussung findet aber nicht nur vom allgemeinen Sprachgebrauch auf die Sprachkodifizierung statt, sondern auch umgekehrt. Maßstab dafür, ob die individuelle Sprachanwendung einer Person als „gutes“ und korrektes Spanisch gilt, ist das Diccionario de la lengua española.

2.3. Objekte von Sprachpolitik

Sprachpolitische Eingriffe haben verschiedene Objekte, d.h. sie regeln unterschiedliche Aspekte von Sprache[14]. Dabei wird zwischen der Reglementierung des Status von Sprache und der Reglementierung deren Form unterschieden. Die Form einer Sprache wird durch die Fixierung bestimmter innersprachlicher Vorschriften, d.h. durch die Kodifizierung der Sprache reglementiert. Dagegen ist der Status der Sprachen eines Staates betroffen, wenn dieser entscheidet, ob er sich einsprachig organisiert oder die Existenz mehrerer Sprachen anerkennt. Im Fall der Mehrsprachigkeit sind wiederum mehrere Varianten zu unterscheiden. Eine Möglichkeit besteht darin, dass mehrere Sprachen gleichberechtigt nebeneinander existieren und gleiche Verwendungsrechte im öffentlichen und privaten Bereich haben. Weiterhin kann der Staat eine offizielle Sprache festsetzen und daneben weitere Sprachen dulden. Dabei kann er nach zwei Arten vorgehen, nach dem Territorialitäts- oder dem Personalitätsprinzip. Das Territorialitätsprinzip wendet der Staat an, wenn er den weiteren Sprachen in bestimmten Regionen seines Territoriums ebenfalls den Status als offizielle Sprachen zugesteht. Demgegenüber beschreibt das Personalitätsprinzip das Zugeständnis des Staates, dass die Sprecher einer nicht offiziellen Sprache diese bei gewissen offiziellen Anlässen benutzen dürfen.

Schematisch lässt sich die genannte Untergliederung folgendermaßen darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Organigramm der Objekte sprachpolitischer Maßnahmen[15].

2.4. Definitionen

Bei der Beschäftigung mit Maßnahmen, die die Sprache bzw. Sprachen eines Staates betreffen, begegnet man mehreren Begriffen, die einer Definition und einer Klärung ihres Verhältnisses zueinander bedürfen. Unklarheiten und definitorische Überschneidungen erschweren das Verständnis und verhindern eine erfolgreiche Verständigung über die Thematik. Deshalb sollen hier zunächst die Begriffe „Sprachlenkung“, „Sprachplanung“, „Sprachpolitik“ und „Sprachenpolitik“ für das Deutsche geklärt werden, um dann einen Blick auf die diesbezüglichen begrifflichen Regelungen anderer Sprachen zu werfen.

2.4.1. Sprachlenkung

Unter Sprachlenkung versteht Glück „gezielte Maßnahmen zur Einflussnahme auf den herrschenden (öffentl.) Sprachgebrauch, vor allem durch (staatl.) Institutionen“[16]. Dabei führt er vor allem Beispiele an, bei denen politische Systeme ihre jeweilige Ideologie durch bestimmte sprachlenkerische Maßnahmen im Volk implementieren und festigen wollten, wie z. B. das Regime der Nationalsozialisten im sog. Dritten Reich oder der SED-Regierung der DDR. Dabei handelt es sich um eine punktuelle Beeinflussung des Sprachgebrauchs, was den Unterschied zu Sprachplanung sowie Sprach- und Sprachenpolitik ausmacht, die auf die jeweilige Sprache oder Sprachen als System Einfluss ausüben.

Bußmann verwendet den Begriff der Sprachlenkung als „Sammelbegriff für unterschiedliche Formen der Einflussnahme auf die Sprache“[17]. Sprachplanung wie auch Sprach- und Sprachenpolitik können danach also neben weiteren Formen der Steuerung von Sprache unter den Oberbegriff der Sprachlenkung subsumiert werden.

2.4.2. Sprachplanung

Coulmas sieht die Aufgabe von Sprachplanung in der Gestaltung dessen, „was echt und natürlich ist“ sowie darin, „sich auf das Genuine und Alte zu besinnen und dabei ein Instrument für moderne Ansprüche zu schaffen“[18]. In den meisten Lexika werden das Wesen und die Funktion von Sprachplanung von einer weniger philosophischen Warte aus erläutert. So definiert Glück Sprachplanung als den „Versuch der bewussten Gestaltung von Spr. im Hinblick auf übergeordnete Zielsetzungen“[19]. Bußmann deutet Sprachplanung als „soziolinguistische bzw. politische Maßnahmen zur Lösung von Kommunikationsproblemen“[20]. Beide Autoren weisen darauf hin, dass zwischen den zwei Arten von Sprachplanung „Statusplanung“ und „Korpusplanung“ unterschieden wird. Die Korpusplanung zielt auf die Gestaltung der Struktur einer Sprache ab und regelt sprachinterne Fragen wie z. B. Orthografie oder Grammatik. Demgegenüber zielt Statusplanung auf sprachexterne Belange wie beispielsweise die Rolle und die Funktion der Sprache oder Sprachen in der Gesellschaft[21]. Für den Erfolg von Sprachplanung ist es unabdingbar, dass Korpus- und Statusplanung aufeinander abgestimmt und nicht unabhängig voneinander implementiert werden.

Sprachplanung ist ein Prozess, der in Schritten abläuft. Haugen unterscheidet dabei vier Phasen: selection, codification, implementation und elaboration[22]. In der Phase der Auswahl werden das Problem dargelegt und prinzipielle Entscheidungen bezüglich der anzuwendenden Vorschriften getroffen. Die zweite Phase, die Kodifizierung, legt die Regeln für die Festschreibung von Orthographie, Grammatik und Lexik fest. Die Phase der Implementierung befasst sich mit der Schaffung von Regelungen zur Förderung der Verbreitung und des Gebrauchs der zuvor festgelegten Norm. Die letzte Phase ist die des Ausbaus; sie hat die beständige Weiterentwicklung und Aktualisierung der Sprache zum Ziel.

2.4.3. Sprach- / Sprachenpolitik

Die Begriffe „Sprachpolitik“ und „Sprachenpolitik“ tauchen in der einschlägigen Literatur oftmals in willkürlicher Anwendung und als Synonyma auf. Einige Autoren verwenden ausschließlich die Bezeichnung „Sprachpolitik“. Hinter diesen Begriffen verbergen sich jedoch zum Teil verschiedene Konzepte, was zu Missverständnissen führen kann. Deshalb erscheint es sinnvoll, sich zunächst der begrifflichen Klärung zu widmen.

Die wohl am allgemeinsten gehaltene Definition stammt von Coulmas, der als Sprachpolitik „die zielgerichtete Intervention in die Entwicklung der Sprache(n) einer Gesellschaft“[23] bezeichnet.

In ihrem sprachwissenschaftlichen Standardwerk bietet Hadumod Bußmann folgende Definition des Begriffs der Sprachpolitik an:

„Sprach(en)politik.

(1) Politische Maßnahmen, insbes. in multilingualen Staaten, die auf die Einführung, Entwicklung und Durchsetzung einzelner Sprachen zielen […].
(2) Kontrolle und Beeinflussung des öffentlichen Sprachgebrauchs, auch durch Vorschriften und Sanktionen […].“[24]

Dieser Definitionsansatz ist allgemein gehalten und zielt darauf ab, das breite Feld der Sprach- und Sprachenpolitik in seinen Kernpunkten zu umschreiben. Dies zeigt sich auch in der sinngleichen Verwendung der Begriffe Sprach- und Sprachenpolitik in der aufgeführten Definition. Der synonyme Gebrauch der beiden Begriffe verkennt aber wesentliche Unterscheidungsmerkmale, die von anderen Autoren aufgezeigt werden. So differenziert beispielsweise Glück deutlich zwischen Sprach- und Sprachenpolitik, indem er deren Unterschiede hervorhebt:

„Während sich Sprachpolitik auf polit. Maßnahmen innerhalb einer Einzelspr. bezieht (z.B. das Verbot bestimmter Wörter), richtet sich Sprachenpolitik auf das Verhältnis zwischen verschiedenen Spr“[25].

Diese Unterscheidung wird bei Bußmann durch die Untergliederung zwar ebenfalls aufgegriffen, sie trennt die unterschiedlichen Bedeutungen aber nicht ausdrücklich durch zwei verschiedene Begriffe wie Glück es tut. Sprachenpolitik zielt demnach darauf ab, entweder zwei oder mehr Sprachen in einem Staat in ein Gleichgewicht zueinander zu bringen oder zumindest nicht eine oder mehrere Sprachen völlig auszuschließen. Sprachpolitik widmet sich dagegen der politischen Reglementierung der Sprachverwendung einer einzigen Sprache eines Staates. Glück definiert Sprachpolitik als den Versuch, „durch Verbot oder Vorschrift bestimmter Wörter und Wendungen das Bewusstsein der Sprecher zu beeinflussen“[26].

Ebenso gut wie Sprachpolitik und Sprachenpolitik begrifflich zu differenzieren könnte man politische Maßnahmen innerhalb einer Einzelsprache auch als „interne Sprachpolitik“ und das Verhältnis zwischen mehreren Sprachen regelnde Bestimmungen als „externe Sprachpolitik“ bezeichnen[27], was die inhaltlichen Unterschiede verdeutlichen würde. Bochmann und Brumme sehen kaum noch Sinn in der begrifflichen Unterscheidung zwischen Sprach- und Sprachenpolitik und führen dazu aus: „Da es sich um eine Unterscheidung allein auf der Ebene der sprachpolitischen Praxis handelt, deren gesellschaftlicher Kausalnexus aber grundsätzlich identisch ist, kann man allein in den Domänen der Anwendung von Sprachpolitik beide Erscheinungen voneinander trennen“[28]. Begriffliche Feinheiten verlieren allerdings auch dann an Bedeutung, wenn man Sprachpolitik im multilingualen Kontext betrachtet. Dabei wird nämlich deutlich, dass die genannte begriffliche Unterscheidung zwischen Sprachpolitik und Sprachenpolitik zumindest in den romanischen Sprachen keine Rolle spielt. So spricht man im Französischen von politique linguistique und im Spanischen und Katalanischen von política lingüística.

Unabhängig davon, ob man zwischen den Begriffen Sprach - und Sprachenpolitik unterscheidet oder nicht, wird im engeren Sinne jeweils „der politisch motivierte Eingriff“ eines Staates „in die sprachlichen Belange von Gemeinschaften“[29] bezeichnet, was zum Beispiel gegeben ist, wenn sich der Staat für eine oder mehrere offizielle Sprachen entscheidet. Zwar betreibt jeder Staat bis zu einem gewissen Grad Sprachenpolitik, in das Blickfeld einer näheren Betrachtung fällt diese aber vor allem dann, wenn die Sprachenpolitik eines Staates mehrere Sprachen berücksichtigt[30]. Dabei müssen alle die Sprachen betreffenden Faktoren in die Betrachtung einbezogen werden, wie beispielsweise die regionale Verbreitung der Sprachen, die Geschichte der einzelnen Sprachen sowie die Frage, ob es sich um Minderheitensprachen handelt.

Diese Arbeit behandelt das Verhältnis zwischen Katalanisch und Spanisch auf einer sprachexternen Ebene, d. h. es werden Vorschriften behandelt, die die Anwendung der einen oder der anderen Sprache betreffen, nicht aber solche, die beispielsweise auf die Wortwahl oder orthographische Fragen innerhalb einer dieser Sprachen abzielen. Diese Thematik ist nach der Definition von Glück unter den Begriff der Sprachenpolitik zu fassen; eine definitorische Unterscheidung ist hier allerdings nicht notwendig.

2.4.4. Das Verhältnis von Sprachplanung und Sprachpolitik

Die Frage nach dem Verhältnis von Sprachplanung und Sprachpolitik greift Arntz auf. Danach schafft die Sprachpolitik „die Voraussetzungen dafür, dass Sprachplanung in sinnvoller Weise stattfinden kann“[31]. Die Sprachplanung kann sich also erst entfalten, wenn die Grundlagen dafür geschaffen sind. Das ist dann der Fall, wenn das Sprachrecht seiner Aufgabe entsprechend sprachpolitische Entscheidungen in entsprechende Gesetze umsetzt und diese gemäß der sprachplanerischen Intention auslegt. Die Sprachplanung gibt also die ideelle Richtung vor, die von der Sprachpolitik umgesetzt wird, was auf eine Einordnung der Sprachplanung zur Theorie und der Sprachpolitik zur Praxis hinausläuft. Allerdings findet in der Realität ein Wechselprozess statt, indem auch der Sprachplanungsprozess von der Politik mehr oder weniger beeinflusst wird, was eine exakte Trennung von Sprachplanung und Sprachpolitik erschwert.

2.4.5. Begrifflichkeiten anderer Sprachen

Eine klare begriffliche Trennung der verschiedenen Formen politischer Einflussnahme auf die Sprache ist im Deutschen, wie oben dargelegt, nicht einheitlich erfolgt. Das hat zur Folge, dass auch die Übertragung dieser Begriffe in andere Sprachen Schwierigkeiten bereitet, zumal diese ebenfalls über mehrere unterschiedliche Begriffe verfügen. So kennt das Englische die drei sich ergänzenden Begriffe language planning, language policy und language politics, während das Französische ursprünglich nur zwischen planification linguistique und politique linguistique unterschied, wobei letztere sowohl dem englischen language policy als auch language politics entspricht[32]. Im Französischen ist man inzwischen dazu übergegangen, die Begriffe planification linguistique und politique linguistique unter der Bezeichnung aménagement linguistique zusammenzufassen. Diese spricht nicht nur sprachpolitische und sprachplanerische Aspekte an, sondern enthält auch die Bedeutung eines „sprachlichen Haushalts“. Aménagement linguistique ist damit der wohl modernste europäische Begriff im Rahmen dieser Thematik[33].

2.5. Europäische Sprachpolitik als Rahmen

Es wird viel gesprochen und geschrieben über die europäischen Sprachen, die Sprachen Europas und die Sprache Europas. Es erscheint sinnvoll, den Unterschied zwischen diesen ähnlich klingenden Bezeichnungen nicht etwa nur in der Wortstellung oder dem Numerus zu suchen, sondern auch eine Differenzierung auf inhaltlicher Ebene vorzunehmen. Zweckmäßigerweise wird deshalb an dieser Stelle eine Prüfung der Bedeutungsunterschiede durchgeführt. Demnach sind die europäischen Sprachen diejenigen, die sich auf dem Territorium des europäischen Kontinents herausgebildet haben, also Französisch, Dänisch, Deutsch, Englisch etc. Diese haben sich in der Vergangenheit vornehmlich durch Kolonialisierung auch auf andere Kontinente ausgedehnt und tun dies auch heutzutage noch, nun allerdings meist als Folge der Globalisierung. Der Begriff der Sprachen Europas bezeichnet diejenigen Sprachen, die in Europa gesprochen werden. Wenn von der Sprache Europas die Rede ist, dreht sich die Diskussion meist darum, welche Sprache eine Leitfunktion als Kommunikationsmedium in Europa und insbesondere in der Europäischen Union übernehmen soll. Von diesen drei Konzepten ist für die Sprachpolitiken Kataloniens und Valencias, welche Gegenstand dieser Arbeit sind, aber nur der sprachpolitische Rahmen der Europäischen Union von Bedeutung, da nur die EU (begrenzt) befugt ist, für die Mitgliedstaaten bindende Weisungen zu erteilen und Richtlinien zu erlassen.

Die Europäische Union basiert auf der Idee der „Einheit in Vielfalt“, wobei letztere sich in unterschiedlichen Ethnien, Kulturen, Sitten und Gebräuchen, Überzeugungen sowie nicht zuletzt Sprachen manifestiert[34]. Diesem Gedanken folgend verpflichtete sich die EU in Artikel 22 ihrer Grundrechtscharta aus dem Jahr 2000 zur Achtung der Sprachenvielfalt und verbot in Artikel 21 die Diskriminierung u. a. aufgrund der Sprache.

Gegenwärtig verfügt die EU über 20 offizielle Amtssprachen, was bedeutet, dass alle EU-Organe in jeder dieser Sprachen kontaktiert werden können. Neben den Amtssprachen existieren zahlreiche Minderheitensprachen. Mit der Anzahl der 45 Regional- und Minderheitensprachen in der EU und der ihrer Sprecher beschäftigt sich die im Jahr 1992 von der EU in Auftrag gegebene Euromosaic-Studie, die 1996, 1999 und 2004 aktualisiert wurde[35]. Demnach beherrschen die meisten Sprecher von Regional- oder Minderheitensprachen gleichzeitig auch eine oder mehrere Amtssprachen der EU.

Die von den Kritikern der Mehrsprachigkeit der EU erhobene Forderung, eine einzige Sprache als offizielle Sprache der EU und als deren Arbeitssprache zu bestimmen, kann keinen Bestand haben, da die EU-Verordnungen für die Bürger aller Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht sind und nicht erwartet werden kann, dass die Bürger Rechtsvorschriften befolgen, die sie nicht verstehen. Deshalb ist es zwingend notwendig, die erlassenen EU-Vorschriften in alle Sprachen der Union zu übertragen. Zudem haben die Unionsbürger ein Recht auf Information darüber, was in ihrem Namen entschieden wird und auch ein Recht auf Mitgestaltung der Union mit ihren eigenen Ideen, sodass die Verständigung zwischen den Institutionen der EU und ihren Bürgern in deren Sprachen erfolgen muss. Doch nicht nur die Kommunikation der EU mit ihren Bürgern ist ein wichtiger Aspekt für die Wahl der Sprachen, sondern auch die Effizienz der Arbeitsweise innerhalb der Institutionen der EU. Schon vor der Osterweiterung der EU im Jahr 2004 wurde die Mehrsprachigkeit sowohl in den Institutionen als auch die der Gemeinschaft der Unionsbürger als Problem bezeichnet. Durch die Erweiterung nahm das Problem zu, da sich die Zahl der Amtssprachen von 11 auf 20 erhöhte, was eine beachtliche Mehrung an Personal, Kosten, bürokratischem und Zeitaufwand mit sich brachte[36]. Wenn am 1. Januar 2007 Gälisch als 21. Amtssprache hinzukommt, erweitern sich die Kombinationsmöglichkeiten von Sprachpaarungen auf 21 mal 20 und somit auf 420, die durch den Sprachendienst der EU abgedeckt werden müssen. Eine ausgesprochene Herausforderung stellt aber nicht nur die große Zahl zum Teil ausgefallener Sprachkombinationen dar, sondern auch das breite Spektrum an Fachvokabular, das für die Verständigung über die zum Teil sehr spezifischen Arbeitsthemen aus Bereichen wie Kultur, Technik und Wissenschaft oder Wirtschaft und Politik benötigt wird[37]. Dabei muss auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass auch gute Übersetzungen Interpretationslücken offen lassen, was zu Missverständnissen und Uneinigkeit führen kann, wenn der Ausgangstext in 21 verschiedene Sprachen übersetzt wird. Die Gesetzgebung der Europäischen Union gerät oftmals ins Stocken aufgrund von Diskussionen über sprachliche Feinheiten einzelner Sprachen und die exakte Formulierung von Entscheidungen.

Diese viel diskutierten und kritisierten Probleme, die die Mehrsprachigkeit mit sich bringt, fallen aber kaum ins Gewicht, betrachtet man die Vorzüge und Vorteile, die daraus entstehen. Neben der erhöhten Transparenz und der größeren Nähe der EU zu den Unionsbürgern ist es auch aus anderen Gründen von Nutzen, der Mehrsprachigkeit Tribut zu zollen und insbesondere den so genannten kleinen Sprachen ihren Platz in der EU einzuräumen. Bestrebungen zum Erhalt und zur Pflege der „kleinen Sprachen“ hat die EU bereits im Jahr 1987 durch die Einrichtung des Europäischen Büros für Sprachminderheiten in Dublin angestellt[38]; vollends hat der Wert der Mehrsprachigkeit für ein effektives Funktionieren der EU erst in jüngerer Zeit Einzug in das Denken der Europäischen Kommission gefunden. Das Umdenken in der EU gründet in der Überzeugung, dass sprachliche Kontroversen eng mit sozioökonomischen Konflikten zusammenhängen und diese sich gegenseitig bedingen[39]. Die Forderungen nach Einführung einer Plansprache wie Esperanto, Übernahme einer lingua franca als internationale Verkehrssprache oder Bevorzugung weniger Hauptsprachen[40] sind zwar nicht vollends verstummt, die Mehrsprachigkeit der Union ist inzwischen aber überwiegend anerkannt. Ihre klare Entscheidung für die Mehrsprachigkeit hat die EU mit der Entscheidung des Rates der Europäischen Union vom 21. 11. 1996 über die Annahme eines mehrjährigen Programms zur Förderung der sprachlichen Vielfalt der Gemeinschaft in der Informationsgesellschaft[41] manifestiert. Zwei Jahre später festigte die EU diesen Beschluss in ihrer Wiener Deklaration zu Multikulturalität und Multiethnizität in Mittel-, Ost- und Südeuropa[42]. Darin wird das grundsätzliche Verständnis von Sprache folgendermaßen beschrieben: „Sprache ist nicht alleine Kommunikationsmittel, sondern zugleich wesentlicher Ausdruck von Identität und Kultur“. Derselbe Absatz enthält den Grundsatz der Gleichberechtigung: „Im Sinne der Normen der Europäischen Union ist die grundsätzliche Gleichberechtigung aller Sprachen sicherzustellen“. Ebenfalls 1998 trat die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen[43] in Kraft, die einen Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Stellung der Regional- oder Minderheitensprachen in den Bereichen Bildungswesen, Justiz, Verwaltung und öffentliche Dienstleistungsbetriebe, Medien, kulturelle Tätigkeiten und Einrichtungen, wirtschaftliches und soziales Leben sowie grenzüberschreitender Austausch enthält. Das spanische Parlament ratifizierte die Charta im Jahr 2001, woraufhin sie noch im selben Jahr in Spanien in Kraft trat. Artikel 1 bestimmt den Gegenstand der Charta und definiert somit den Begriff „Regional- oder Minderheitensprache“ folgendermaßen:

„Im Sinne der Charta:

a. bezeichnet der Ausdruck „Regional- oder Minderheitensprachen“ Sprachen,

i. die herkömmlicherweise in einem bestimmten Gebiet eines Staates von Angehörigen dieses Staates gebraucht werden, die eine Gruppe bilden, deren Zahl kleiner ist als die der übrigen Bevölkerung des Staates, und
ii. die sich von der (den) Amtssprache(n) dieses Staates unterscheiden;
iii. er umfaßt weder Dialekte der Amtssprache(n) des Staates noch die Sprachen von Zuwanderern “[44].

Diese Definition wird kontrovers diskutiert, da ihre Kritiker bemängeln, dass „den Minderheitenstatus de facto nur jene historisch-regionalen Gruppen genießen, die in ihren Staaten offiziell als Minderheiten genannt und geschützt werden“[45]. Das Katalanische kann indessen problemlos unter diese Definition von Regional- oder Minderheitensprachen subsumiert werden. Allerdings wird von Gegnern der Einordnung des Katalanischen als Minderheitensprache angeführt, dass es in der EU mehr Katalanischsprecher gibt als Sprecher des Dänischen, wobei aber Dänisch offizielle Amtssprache der EU ist[46]. Die kontinuierlichen Bemühungen der katalanischsprachigen Länder um eine Anerkennung des Katalanischen als offizielle Amtssprache haben dazu geführt, dass Katalanisch vom 1. Januar 2007 an als halboffizielle Sprache in der EU gilt, d. h., dass die wichtigsten Entscheidungen und Verträge auch auf Katalanisch erscheinen werden[47].

2.6. Der sprachpolitische Rahmen in Spanien

Mit Ausnahme des Baskischen haben alle Sprachen der Iberischen Halbinsel ihren Ursprung im Lateinischen, welches die ursprünglichen Sprachen der Iberer allmählich verdrängte und schließlich ersetzte. Aus der Zeit vor der Latinisierung hat allein die baskische Sprache überlebt[48]. Der Sprachkontakt mit anderen Sprachen wie beispielsweise dem Arabischen, dem Französischen und dem Italienischen, aber auch der Kontakt der Sprachen der Iberischen Halbinsel untereinander haben die einzelnen Sprachen geprägt, Gemeinsamkeiten geschaffen und Unterschiede aufgetan. Aus diesen Entwicklungen sind die heute in Spanien gesprochenen Sprachen hervorgegangen. In der Gegenwart werden in Spanien vier verschiedene Sprachen gesprochen: Am weitesten verbreitet ist das Kastilische, welches gemeint ist, wenn von der spanischen Sprache gesprochen wird. Die weiteren Sprachen auf spanischem Territorium sind Katalanisch, Galizisch und Baskisch. Als Varietäten des Spanischen gelten Aranesisch, Aragonesisch und Asturisch-Leonesisch.

Diese Vielzahl an Sprachen und Sprachvarietäten, wie sie beispielsweise auch aus anderen europäischen Ländern wie etwa der Schweiz, Belgien oder Luxemburg bekannt ist, wirft die Frage auf, wie diese Sprachen zueinander stehen. Eine solche „Vielsprachensituation“ macht sprachpolitische Maßnahmen erforderlich. Eine sprachpolitische Regelungsmöglichkeit ist die so genannte Sprachenautonomie, für die Spanien das deutlichste Beispiel innerhalb der EU bietet[49].

Die derzeitige Verfassung Spaniens vom 27. Dezember 1978 ist das erste Regelwerk gesetzlich verankerter Sprachpolitik in Spanien[50]. Darin legt Artikel 3 sind sprachpolitische Grundsätze fest:

„1. El castellano es la lengua española oficial del Estado. Todos los españoles tienen el deber de conocerla y el derecho a usarla.
2. Las demás lenguas españolas serán también oficiales en las respectivas Comunidades Autónomas de acuerdo con sus Estatutos.
3. La riqueza de las distintas modalidades lingüísticas de España es un patrimonio cultural que será objeto de especial respeto y protección.”[51]

Die offizielle Übersetzung ins Deutsche lautet[52]:

„1. Das Kastilische ist die offizielle spanische Amtssprache. Alle Spanier haben die Pflicht, sie zu kennen, und das Recht, sie zu benutzen.
2. Die weiteren spanischen Sprachen sind in den Autonomen Gemeinschaften und gemäß ihren jeweiligen Statuten ebenfalls offiziell.
3. Der Reichtum der sprachlichen Verschiedenheiten Spaniens ist ein Kulturgut, das besonders zu achten und zu schützen ist.“

Damit hat sich der spanische Staat für ein dominant einsprachiges Modell mit regionaler Mehrsprachigkeit entschieden[53]. Spanisch, d.h. Kastilisch soll im gesamten Staatsgebiet benutzt werden, und daneben kann in den entsprechenden autonomen Gemeinschaften die jeweilige Regionalsprache oder Varietät des Spanischen gelten. Andere Autoren bewerten die Regelungen des Artikels 3 der spanischen Verfassung als Mischform aus Territorialitäts- und Personalitätsprinzip und begründen diese Haltung damit, dass innerhalb der zweisprachigen Territorien jeder Bürger frei zwischen den Amtssprachen wählen kann[54]. Arntz räumt aber ein, dass auf nationaler Ebene das Territorialitätsprinzip dem Personalitätsprinzip übergeordnet ist und somit die Rechte, die sich aus letzterem ergeben, nur innerhalb der zweisprachigen Regionen wahrgenommen werden können[55].

Mit den im 2. Absatz erwähnten „weiteren spanischen Sprachen“ sind das Katalanische, das Galizische und das Baskische gemeint. Daneben bestehen in Spanien aber noch weitere Sprachgruppen wie das Aragonesische und das Asturisch-Leonesische und das Aranesische. Die Formulierung des 1. Absatzes stellt einen Kompromiss im Streit um die Bezeichnung des Kastilischen als eine spanische Sprache oder als die spanische Sprache dar[56]. Sie unterstreicht das Bestehen mehrerer spanischer Sprachen, stellt das Kastilische aber deutlich an oberste Stelle. Aber auch die begriffliche Unterscheidung zwischen dem in Absatz 1 explizit genannten Kastilischen und den im 2. Absatz nicht namentlich aufgeführten weiteren spanischen Sprachen sowie den in Absatz 3 behandelten sprachlichen Varietäten machen eine Hierarchie sichtbar, die durch die Unterteilung in drei Absätze weiter verdeutlicht wird. An oberster Stelle steht das Kastilische, das alleinige offizielle Amtssprache Spaniens ist und das dementsprechend als Spanisch bezeichnet wird. Darunter stehen die weiteren spanischen Sprachen, die in den jeweiligen autonomen Gemeinschaften gemäß deren Statuten ebenfalls offiziell sein können. Zuletzt werden die sprachlichen Varietäten genannt und unter Schutz gestellt, ohne dass präzisiert wird, wie dieser Schutz geartet sein soll[57].

Die durch die Verfassung ermöglichte territoriale Mehrsprachigkeit muss in den Autonomiestatuten der jeweiligen Autonomen Gemeinschaft verankert sein. Damit wird die Kompetenz zur Errichtung expliziter sprachpolitischer Regelungen auf die autonomen Gemeinschaften übertragen[58]. Der spanische Staat ist laut Artikel 137 der Verfassung in Gemeinden (span. municipios), Provinzen (span. provincias) und Autonome Gemeinschaften (span. comunidades autónomas) untergliedert. Gemäß Artikel 143 können sich aneinander grenzende Provinzen mit gemeinsamen historischen, kulturellen oder wirtschaftlichen Wurzeln zu einer Autonomen Gemeinschaft zusammenschließen[59]. Seit 1983 ist das gesamte Staatsgebiet Spaniens in 17 politisch autonome Gemeinschaften unterteilt. Diese föderale Gliederung macht Spanien zu einem Autonomiestaat und findet ihren Ursprung in den regionalen Autonomiebestrebungen, insbesondere des Baskenlandes und Kataloniens nach dem Tod Francos im Jahr 1975. Durch die autonomen Gemeinschaften soll die regionale Vielfalt Spaniens politisch-institutionell verankert werden[60].

Drei der Autonomen Gemeinschaften nennen sich Comunidades Históricas: das Baskenland, Katalonien und Galizien. Sie eint das Bestehen einer jeweils eigenen kulturellen Tradition und einer eigenen Sprache. Zur Zeit der II. Republik wurden in diesen drei Regionen Autonomiestatute durch Plebiszite angenommen. Während des Francoregimes haben sie jedoch ihre darin zugestandene politische Sonderstellung wieder eingebüßt, und ihre sprachlich-kulturelle Identität, eine der Grundlagen ihres Autonomiebestrebens, wurde durch zahlreiche Repressalien zu vernichten versucht. Schon bald nach dem Tod Francos wurden in den Historischen Autonomen Gemeinschaften Bestrebungen zur Wiedererlangung der politischen Sonderstellung und zur Anerkennung ihrer kulturellen Identität laut. Die parallel zur Bezeichnung als Comunidades Históricas verwendete Benennung als Naciones Históricas führte in der Vergangenheit zu kontroversen Diskussionen und ist auch heute noch ein Streitthema, das sowohl das spanische Parlament in Madrid als auch die Parlamente der Gemeinschaften untereinander entzweit.

Den Autonomen Gemeinschaften Spaniens werden durch die Verfassung umfassende Selbstbestimmungsrechte eingeräumt, die ihnen unter anderem eigene sprachpolitische Zuständigkeiten übertragen. So verleiht Artikel 148 Unterpunkt 17 der Verfassung den Autonomen Gemeinschaften die Zuständigkeit zur „Förderung der Kultur, der Forschung und gegebenenfalls der Lehre der Sprache der Autonomen Gemeinschaft“[61].

3. Die externe Sprachgeschichte des Katalanischen

Die Sprachgeschichte des Katalanischen ist mit der politischen Geschichte Kataloniens und der weiteren katalanischsprachigen Länder eng verbunden[63]. Sprache und Politik beeinflussen sich gegenseitig und dienen dem jeweils anderen Bereich als Argumentationsstütze, wodurch sie gerade in den Països Catalans, den katalanischsprachigen Ländern, eng miteinander verwoben sind.[62]

Schon Ende des 8. Jahrhundert hatten sich die Grafschaften im östlichen Pyrenäenraum zu einer politischen Einheit, der Hispanischen Mark, zusammengeschlossen. Als sich 1137 die Markgrafschaft Barcelona mit dem Königreich Aragonien vereinigte, wurde der neu entstandene katalanisch-aragonesische Staat zur vorherrschenden Macht im westlichen Mittelmeerraum. Zeitweise reichte er bis nach Süditalien. In diesem nationalen Zeitalter, der so genannten Periode nacional, fand neben der räumlichen Expansion auch eine zunehmende Verbreitung und Ausbildung der katalanischen Sprache statt. Das Katalanische entwickelte sich zu einer funktionstüchtigen Nationalsprache, die sowohl in Bereichen der Kultur als auch in der Verwaltung Anwendung fand. Es entstanden bedeutende Werke der Literatur und Philosophie in katalanischer Sprache. Die katalanische Sprache galt zu jener Zeit als die einheitlichste und am besten kodifizierte romanische Schriftsprache.

Die Blütezeit des Katalanischen ging mit der Eheschließung des aragonesischen Thronerben Ferdinand mit Isabella von Kastilien im Jahr 1469 zu Ende. Durch die Heirat der Katholischen Könige, der Reyes Católicos, war ein gesamtspanischer Staat geschaffen worden, in dem Kastilien die führende Stellung einnahm. Der politische Machtgewinn Kastiliens brachte auch eine Ausdehnung des Einflusses seiner Sprache mit sich. Obwohl Katalonien auch in dieser Zeit seine Unabhängigkeit behielt und das Katalanische weiterhin Staatssprache des katalanisch-aragonesischen Territoriums war, verlor dieses dennoch gegenüber dem Kastilischen allmählich an Ansehen. Die katalanische Aristokratie wurde kastilianisiert, was schließlich zum Niedergang des Katalanischen als Literartensprache führte und dieser Zeit den Namen Decadència verlieh.

Während des 1701 ausgebrochenen Spanischen Erbfolgekriegs kämpfte Katalonien gegen die Bourbonen, die den Krieg 1714 letztlich für sich entscheiden konnten. Als die Bourbonen daraufhin einen modernen spanischen Zentralstaat errichteten, nahm der Einfluss Kataloniens und der katalanischen Sprache weiter ab. Katalonien verlor seine politische Sonderstellung und das Kastilische löste das Katalanische als Staatssprache ab. Repressive sprachpolitische Maßnahmen drängten das Katalanische weitgehend in den privaten Bereich zurück und verbannten es nahezu gänzlich aus der Öffentlichkeit.

Nach zwei Jahrhunderten der Unterdrückung erlebte das Katalanische ab Mitte des 19. Jahrhunderts eine Wiedergeburt. Die so genannte Renaixença nahm ihren Anfang in der Literatur, manifestierte sich aber bald auch in Kultur und Politik. Besonders das neu entstandene Bürgertum Kataloniens, das durch die Industrialisierung an Macht und Einfluss gewonnen hatte, brachte diese Entwicklung voran, indem es seinem ausgeprägten katalanischen Nationalbewusstsein durch die Pflege und den öffentlichen Gebrauch der katalanischen Sprache Ausdruck verlieh. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts galt das Katalanische als moderne Kultsprache, die nach und nach Einzug in die wichtigsten Bereiche des Lebens hielt. 1879 erschien die erste katalanischsprachige Tageszeitung, fünfzig Jahre darauf wurden im Jahr etwa 1000 Titel auf Katalanisch veröffentlicht. Der katalanische Grammatiker Pompeu Fabra und das 1907 gegründete Institut d’Estudis Catalans hatten maßgeblichen Einfluss auf den Prozess der Standardisierung des Katalanischen, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts initiiert wurde. 1932 wurde das katalanische Autonomiestatut verabschiedet, das die Emanzipation des Katalanischen gesetzlich regelte. Katalanisch war nun neben Kastilisch gleichberechtigte Amts- aber auch Unterrichtssprache im Bildungswesen. Im kurz darauf ausbrechenden Spanischen Bürgerkrieg stellte sich Katalonien wie auch das Baskenland gegen Franco, der nach der Niederlage der Republik den Autonomiestatus Kataloniens beendete. Damit begann eine Ära der Unterdrückung der katalanischen Kultur und Sprache sowie der katalanischen Bestrebungen nach Selbstbestimmung. Alleinige Amtssprache in ganz Spanien war Kastilisch. Durch repressive Maßnahmen wurden die Herausgabe von Zeitungen und Büchern auf Katalanisch, die Führung katalanischer Namen und selbst der bloße Gebrauch der katalanischen Sprache in der Öffentlichkeit unterbunden. Das Schlagwort der Faschisten „Bell’ nicht wie ein Hund, sprich wie ein Mensch! Sprich Spanisch!“[64] bringt deutlich zum Ausdruck, wie offensiv die katalanische Sprache bekämpft wurde. Das ausgeprägte katalanische Identitäts- und Selbstbewusstsein verhinderte jedoch die gänzliche Vernichtung der katalanischen Sprache und Kultur. Die Proteste waren so hartnäckig, dass die Regierung auch im Bereich der Sprachpolitik Kompromisse eingehen musste und die diskriminierenden Regelungen allmählich lockerte. Dennoch wurde das Katalanische noch bis zu Francos Tod im Jahr 1975 unterdrückt und zensiert. Erst danach konnten die Katalanen ihrem Nationalbewusstsein wieder Ausdruck verleihen, ihre politische Sonderstellung zurückerlangen sowie ihre kulturelle und sprachliche Identität pflegen.

Sprachgrenzen decken sich nicht immer mit politischen Grenzen[65]. In der heutigen Zeit erstreckt sich der Sprachraum des Katalanischen nicht nur auf drei autonome Regionen Spaniens, sondern er reicht über die spanischen Staatsgrenzen hinaus: Katalanisch wird auch im französischen Département Pyrénées -Orientales (kat.: Catalunya del Nord) , in der sardischen Stadt Alghero (kat.: L’Alguer) in Italien und in Andorra gesprochen. Im Fürstentum Andorra ist Katalanisch sogar offizielle Amtssprache. In Spanien wird Katalanisch in den Autonomen Gemeinschaften Katalonien, Valencia und Balearen sowie in den östlichen Randgebieten Aragoniens (kat.: Franja de Ponent) gesprochen[66]. Die Gesamtheit der katalanischsprachigen Regionen wird oftmals als Països Catalans bezeichnet[67], wobei neben der Beheimatung der katalanischen Sprache auch der ehemaligen Zugehörigkeit zur katalanisch-aragonesischen Krone Tribut gezollt wird. Der Name Països Catalans wird aber nicht im gesamten durch diesen Begriff bezeichneten Raum befürwortet. Vor allem in der Region Valencia und auf den Balearen wird ein katalanischer Führungsanspruch innerhalb der katalanischsprachigen Regionen befürchtet und deshalb diese Benennung weitgehend abgelehnt und vermieden[68].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung 2: Sprachraum des Katalanischen[69].

4. Katalonien und Valencia: Sprachen, Sprachpolitik und Sprachverhalten

4.1. Katalonien

4.1.1. Comunitat de Catalunya

Die Autonome Gemeinschaft Katalonien heißt auf Spanisch Comunidad de Cataluña und auf Katalanisch Comunitat de Catalunya. Sie verfügt über eigene Nationalsymbole wie die katalanische Hymne Els Segadors, den Nationalfeiertag La Diada am 11. September und La Senyera, die Flagge Kataloniens[70].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Flagge Kataloniens[71].

4.1.1.1. politisch

Die Comunitat Autònoma de Catalunya (spanisch: Comunidad Autónoma de Cataluña) ist eine von 17 Autonomen Gemeinschaften und eine der drei Historischen Autonomen Gemeinschaften Spaniens. Kataloniens Sonderstellung als Comunidad Histórica gründet auf ihrer eigenen sprachlichen und kulturellen Identität, die sich von der des restlichen Spanien unterscheidet. Katalonien besitzt ein eigenes Parlament, den Consell Executiu und eine eigene Landesregierung, welche zusammen mit dem Präsidenten die Generalitat bilden.

Die Hauptstadt Kataloniens ist Barcelona, Hafenstadt und mit über 1,6 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt Spaniens. Sie ist nicht nur der Sitz der katalanischen Regierungs- und Verwaltungsinstitutionen, sondern auch wirtschaftliches und kulturelles Zentrum Kataloniens.

Katalonien besteht aus den vier Provinzen (kat.: províncies) Barcelona, Tarragona, Lleida (spanisch: Lérida) und Girona (spanisch: Gerona). Außerdem ist das Land in insgesamt 41 Kreise ( kat.: comarques) und 946 Gemeinden (kat.: municipis) eingeteilt[72].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Provinzen (kat.: províncies) Kataloniens[73].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Kreise (kat.: comarques) Kataloniens[74].

Katalanische Nationalisten streben an, die Provinzen durch sieben so genannte vegueries zu ersetzen, da sie die Provinzeinteilung für ein Relikt des nationalspanischen Zentralismus halten. Die Vegueries sind Gebietskörperschaften, in die Katalonien seit dem XII. Jahrhundert ursprünglich einmal eingeteilt war und die 1716 von König Felipe V. durch das Decreto de Nueva Planta aufgehoben wurden.

4.1.1.2. geographisch

Katalonien grenzt im Norden, durch die Pyrenäen getrennt, an Frankreich und Andorra, im Osten an das Mittelmeer, im Südwesten an die Region Valencia und im Westen an Aragonien.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Lage Kataloniens in Spanien[75].

Das Territorium Kataloniens erstreckt sich auf einer Fläche von etwa 32.000 km² mit einer ca. 580 km langen Küste zum Mittelmeer[76].

4.1.1.2. soziologisch

Die Comunidad de Cataluña zählt derzeit fast 7 Millionen Einwohner. 70 % der Bevölkerung leben in den 45 einwohnerstärksten Gemeinden mit jeweils mehr als 20.000 Einwohnern[77]. Die Bevölkerungsdichte Kataloniens beträgt 212 Einwohner pro Quadratkilometer.

Katalonien hat zwei große Migrationswellen erlebt. Während der ersten, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stattfand, strömten Einwanderer aus anderen Teilen Spaniens, hauptsächlich aus den südlichen Regionen Andalusien, Extremadura und Murcia nach Katalonien. Der zweite Einwanderungsstrom begann in den 90-er Jahren des 20. Jahrhunderts und hält weiterhin an[78]. Die Gruppe der Migranten ist diesmal wesentlich heterogener als bei der ersten Einwanderungswelle. So kamen die Zuwanderer des Jahres 2005 aus nahezu allen Kontinenten, die meisten von ihnen aus Afrika und Südamerika. Große Migrationsströme kommen vor allem aus Marokko, Ekuador, Kolumbien, China, Peru und Rumänien. Aus diesen Ländern sind im Jahr 2005 laut offizieller Zuwanderungsstatistik jeweils mehr als 24.000 Menschen nach Katalonien eingewandert[79].

4.1.1.3. wirtschaftlich

Katalonien verfügt über fast keine Bodenschätze, profitiert jedoch von seiner privilegierten Lage am Mittelmeer. Seine Landwirtschaft erzeugt vorwiegend Wein und Sekt sowie Obst und Fleischprodukte. Von wesentlich größerer Bedeutung sind die verarbeitenden Industrien, insbesondere die traditionelle Textil-, Schiffbau- und Nahrungsmittelindustrie sowie seit einigen Jahrzehnten auch die Automobil- (Seat) und die chemische Industrie. Von wachsender Bedeutung für die Region sind der Gerätebau mit Schwerpunkt bei den Haushaltsgeräten sowie neuerdings die Informationstechnologie und die Telematik. Auch das Verlagswesen und der Buchdruck sind wichtige Faktoren für die Wirtschaft Kataloniens. Einen nicht unerheblichen Anteil an der katalanischen Wirtschaft hat auch die Bauwirtschaft. Den größten Anteil am katalanischen Bruttoinlandsprodukt hat jedoch der Dienstleistungssektor, vor allem der Tourismus sowie das Finanz- und Kreditwesen. Die katalanische Wirtschaft gilt als eine der stärksten und am besten integrierten Europas[81][80].

4.1.2. Die Bedeutung der Sprache in Katalonien

Während der Francodiktatur waren alle Regionalsprachen Spaniens geächtet und nur das Kastilische als Landes-, Amts- und Umgangssprache erlaubt, was fast zu einem gänzlichen Verschwinden der katalanischen Sprache aus dem öffentlichen Leben geführt hatte[82]. In den 80-er Jahren konnten die Katalanen eine merkliche Wende feststellen, die vor allem von der katalanischen Tageszeitung AVUI und der Generalitat durch permanente Kampagnen und merkliche Änderungen im täglichen Leben getragen wurde. Unter dem Motto „El català es cosa de tots“ (deutsch: „Katalanisch ist die Sache aller“) wurde für die Rückkehr des Katalanischen in den Alltag geworben. Im Kampf um die Wiedererlangung der Autonomie Kataloniens wurde die katalanische Sprache aber auch schon vorher als Mittel eingesetzt; nach ihrer Wiedergeburt wurde sie gar zu einer Art Symbol der katalanischen Identität[83]. Die enormen Anstrengungen, die unternommen wurden, um das Katalanische wieder zur selbstverständlichen Sprache des täglichen Lebens zu erheben, verfolgen zwei Zielsetzungen: Einerseits geht es dabei um die Aufwertung der katalanischen Sprache, besonders im Konflikt mit dem Kastilischen; andererseits bezwecken diese Anstrengungen eine Aufwertung der eigenständigen Geschichte und Kultur Kataloniens, besonders im Konflikt mit den Inhalten der nationalen spanischen Einheit und Identität. Wie in kaum einer anderen Region ist die Sprache in Katalonien ein bedeutendes und zudem wirksames politisches Werkzeug:

[...]


[1] Humboldt (1998): 172.

[2] Humboldt (1998): 167.

[3] Coulmas (1985): 12.

[4] Humboldt (1998): 171.

[5] Kraus (2004): 102f.

[6] Braselmann (1999): 267.

[7] Kremnitz (2001a): 493.

[8] Arntz (1998): 17; vrgl. Coulmas (1985): 260ff.

[9] Coulmas (1985): 76.

[10] Coulmas (1985): 78f.

[11] Coulmas (1985): 79; Kremnitz (2001b): 167.

[12] Coulmas (1985): 86f.

[13] Vrgl. Christ (1998): 338f; Czernilofsky (2001): 169.

[14] Vrgl. zu diesem Absatz: Kremnitz (2001a): 495 – 498.

[15] Eigener Entwurf

[16] Glück (2005): 621.

[17] Bußmann (2002): 626.

[18] Coulmas (1985): 67.

[19] Glück (2005): 625.

[20] Bußmann (2002): 628.

[21] Vrgl. Glück (2005): 625 und Bußmann (2002): 628.

[22] Haugen (1987): 59ff.; vergl. auch Arntz (1998): 18.

[23] Coulmas (1985): 260.

[24] Bußmann (2002): 619.

[25] Glück (2005): 612.

[26] Glück (2005): 626.

[27] Vorschlag der Autorin

[28] Bochmann/Brumme (1993): 13.

[29] Bochmann/Brumme (1993): 3.

[30] Glück (2005): 612.

[31] Arntz (1998): 17.

[32] Strubell (1999): 237.

[33] Nelde (2001): 26.

[34] http://europa.eu/languages/de/chapter/5 (18.11.2006)

[35] Nelde (2003): 15.

[36] http://www.uebersetzerportal.de/nachrichten/n-archiv/2004/2004-02/2004-02-18.htm (16.11.2006)

[37] Vergl. Arntz (1998): 63.

[38] Vergl. Arntz (1998): 60.

[39] Nelde (2001): 26.

[40] Aufzählung nach Nelde (1999): 42.

[41] Abgedruckt in: Ohnheiser / Kienpointner / Kalb (1999):493 – 503.

[42] Eingesehen auf: http://www.civic-edu.net/main.php?themesdir=default&modul=modNews&ID=hued98ef527b781e9b5f69ed8df10d5ac0&par=newsID;491 (16.11.2006).

[43] Eingesehen auf: http://conventions.coe.int/Treaty/ger/Treaties/Html/148.htm (16.11.2006).

[44] http://conventions.coe.int/Treaty/ger/Treaties/Html/148.htm (17.11.2006).

[45] Rindler Schjerve (2002): 27.

[46] Generalitat de Catalunya (2004/2005): 1.

[47] http://europa.eu/languages/de/document/59 (18.11.2006).

[48] Etxebarria (2002): 77 f.

[49] Siguan (2001b): 66.

[50] Braselmann / Hinger (1999): 284.

[51] http://www.congreso.es/constitucion/constitucion/indice/titulos/articulos.jsp?ini=1&fin=9&tipo=2 (10.11.2006)

[52] http://www.congreso.es/constitucion/ficheros/c78/cons_alem.pdf (22.08.2006).

[53] Berschin /Fernández-Sevilla/Felixberger (2005): 42.

[54] Arntz (1998): 95; Blas Arroyo (2005): 525ff; Brumme (2005): 948f.

[55] Arntz (1998): 95.

[56] Vergl.: Berschin /Fernández-Sevilla/Felixberger (2005): 42.

[57] Vrgl.: Bierbach (2000): 18.

[58] Lamuela (1994): 118; vergl. auch Vernet (2003): 130.

[59] http://www.congreso.es/constitucion/ficheros/c78/cons_alem.pdf (22.08.2006).

[60] Hildenbrand (2004): 145.

[61] http://www.congreso.es/constitucion/ficheros/c78/cons_alem.pdf (10.11.2006)

[62] Zu diesem Kapitel: Lüdtke (1984): 17 – 25; Lüdtke (1991): 232 - 242;Arntz (1998): 93 – 95; Berschin /Fernández-Sevilla/Felixberger (2005): 48 – 49.

[63] Vrgl. Gugenberger (2003): 53.

[64] Vrgl. Genzmer (2004): 13.

[65] Vrgl. Jütte (1995): 21.

[66] Martinell (2004): 545.

[67] Lebsanft (2002): 121.

[68] Gergen (2000): 4.

[69] Quelle: http://www6.gencat.net/llengcat/socio/mapa.htm (20.11.2006).

[70] Schröder (2003): 23.

[71] Quelle: http://es.wikipedia.org/wiki/Imagen:Escudo_de_Catalu%C3%B1a.svg (20.11.2006).

[72] http://www.gencat.net/catalunya/cas/territori.htm (20.11.2006).

[73] Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Catalunya%2BProv%2BCatal%C3%A0.jpg (20.11.2006).

[74] Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Catalunya%2BComarques%2BCatal%C3%A0.jpg (20.11.2006).

[75] Quelle:http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/18/Locator_map_of_Catalonia.png (06.08.2006).

[76] http://www.gencat.net/catalunya/cas/territori.htm (20.11.2006).

[77] http://www.gencat.net/catalunya/cas/territori.htm (20.11.2006).

[78] http://www.gencat.net/catalunya/cas/poblacio.htm (20.11.2006).

[79] http://www.idescat.net/cat/idescat/publicacions/anuari/aec_pdf/aec-cap2.pdf (20.11.2006).

[80] http://www.gencat.net/catalunya/cas/economia.htm (20.11.2006).

[81] Berger (2001): 60.

[82] Etxebarria (2002): 114.

[83] Vrgl. Ros (2000): 33.

Ende der Leseprobe aus 169 Seiten

Details

Titel
Ein Vergleich der Sprachpolitik in der Comunitat de Catalunya und der Comunitat Valenciana
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
169
Katalognummer
V72210
ISBN (eBook)
9783638625630
ISBN (Buch)
9783638675314
Dateigröße
1647 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vergleich, Sprachpolitik, Comunitat, Catalunya, Comunitat, Valenciana
Arbeit zitieren
Katharina Kirsch de Fernandez (Autor:in), 2006, Ein Vergleich der Sprachpolitik in der Comunitat de Catalunya und der Comunitat Valenciana, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72210

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