Zensur als Mittel gegen die geistige Entfaltung


Hausarbeit, 2004

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. anstatt eines Vorwortes

2. Ein historischer Abriss
2.1. Verbrennung katholischer Schriften
2.2. Die Bücherverbrennung Martin Luthers
2.3. Die Bücherverbrennung beim Burschenschaftsfest auf der Wartburg

3. Die Bücherverbrennung am 10.Mai 1933
3.1. Die schwarzen Listen
3.2. Die verbotenen Autoren

4. Autoren im Exil

5. Lion Feuchtwanger im Exil
5.1. Biographischer Abriss
5.2. Der Roman- Zyklus „Der Wartesaal“
5.3. Lion Feuchtwangers „Exil“
5.4. Zusammenfassung

6. Verbrannt, verboten, verbannt. Vergessen?

7. anstatt eines Schlusswortes

Literaturverzeichnis

1. anstatt eines Vorwortes

Bertolt Brecht

Die Bücherverbrennung[1]

Als das Regime befahl, Bücher mit schädlichem Wissen

Öffentlich zu verbrennen, und allenthalben

Ochsen gezwungen wurden, Karren mit Büchern

Zu den Scheiterhaufen zu ziehen, entdeckte

Ein verjagter Dichter, einer der besten, die Liste der

Verbrannten studierend, entsetzt, dass seine

Bücher vergessen waren. Er eilte zum Schreibtisch

Zornbeflügelt, und schrieb einen Brief an die Machthaber.

Verbrennt mich! schrieb er mit fliegender Feder, verbrennt mich!

Tut mir das nicht an! Lasst mich nicht übrig! Habe ich nicht immer die Wahrheit berichtete In meinen Büchern?

Und jetzt

Werd ich von euch wie ein Lügner behandelt!

Ich befehle euch,

Verbrennt mich!

1. Ein historischer Abriss der Bücherverbrennung in Deutschland vor 1933

Literatur ist ein Ausdruck der Gesellschaft, der Politik und vor allen Dingen eine Reflektion der Zeit. Sie soll Menschen bewegen und hat Einfluss auf die Meinung ihrer Leser. Die Gedanken der Schriftsteller können sich bedingungslos verbreiten. Und das macht sie in den Augen einiger Menschen gefährlich. Es musste also ein Weg gefunden werden, diese Gefahr so gut wie möglich einzudämmen. Die Zensur war geboren und ist seit jeher mit der Literatur verbunden. Folgt man einem Zitat Erich Kästners, so kann man behaupten, dass die Zensur so alt sei wie die Literatur:

„ Seit es die Erstgeburt gibt, gibt es, als Antwort den Hass. Und weil Geist, Glauben und Kunst nicht verkauft werden können, nicht für ein Linsengericht und um keinen Preis, wird Esau zum Kain, und Jakob stirbt als Abel. Der Neid, der keinen Weg sieht, begibt sich auf den einzigen Ausweg: ins Verbrechen.“[2]

1.1. Verbrennung der Schriften Martin Luthers 1520

Während der Reformation waren Bücherverbrennungen ein weit verbreitetes Mittel konfessioneller Auseinandersetzungen.[3]

In Löwen, Köln und Mainz wurden 1520 Luthers Schriften von papsttreuen Gläubigen öffentlich verbrannt. Vor dem Reichstag in Worms verteidigte Luther 1521 seine Thesen und verweigerte erneut deren Widerruf. Aus diesem Grund kam es zum „Wormser Edikt“. Gegen Luther wurde die Reichsacht verhängt und seine Lehren wurden verboten.

1.2. Verbrennung katholischer Schriften am 10. Dezember 1520

- Die Bücherverbrennung Martin Luthers

Nach einem Aufruf Philipp Melanchthons wurden vor den Toren der Stadt Wittenberg Bücher des päpstlichen Rechts und der scholastischen Theologien öffentlich verbrannt.[4]

Am 10. Dezember 1520 verbrannten Luthers Anhänger einige Ausgaben des kanonischen Rechts, ein katholisches Beichthandbuch sowie einige Bücher der Luthergegner Eck und Emser.[5]

Der Verbrennungsakt sollte vollzogen werden, weil, so die Begründung Melanchthons, „die Frechheit der Feinde des Evangeliums so weit gegangen“ sei, „Luthers fromme und evangelische Bücher zu verbrennen“.[6]

Luther selbst hat in einer kurzen Notiz festgehalten, er sei „zitternd und betend“ an das Feuer herangetreten und habe ein Exemplar der Bannandrohung hineingeworfen.[7]

Die Bücherverbrennung durch Luther, die als symbolischer Gegenakt zu der Verbrennung seiner Schriften gilt, wird bis heute aufgrund ihrer oppositionellen und reformatorischen Motivation noch immer moralisch aufgewertet.[8]

1.3. Verbrennung mehrerer „undeutscher“ Werke auf dem Wartburgfest

Auf dem Wartburgfest am 19. Oktober 1817 bildet die Bücherverbrennung in Anwesenheit von 600 Burschenschaftern einen erklärten Höhepunkt. Anlässlich des 200. Reformationsjubiläums in Berufung auf Luthers Bücherverbrennung sowie des vierjährigen Siegestages über Napoleon werden symbolische mehrere Dutzend als reaktionär, antinational und undeutsch eingestufter Bücher den Flammen übergeben. Dazu gehören u.a. Werke von August von Kotzebue, Karl Leberecht Immermann und dem jüdischen Schriftsteller Saul Ascher.[9]

2. Die Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933

Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde die Zensur in Deutschland wieder eingeführt. Ein Höhepunkt der Ausübung von Zensur im Dritten Reich war die 1933 praktizierte Bücherverbrennung.

Von den Nationalsozialisten wurde am 10. Mai 1933 eine landesweite Bücherverbrennung zelebriert. Zuvor war als Auftakt einer ganzen Reihe Schwarzer Listen in der Nachtausgabe, einem Organ der Hugenberg-Gruppe, die Titelsammlung „verbrennungswürdiger” Literatur erschienen. Damals vernichtete die Deutsche Studentenschaft unter dem Motto „Deutsche Studenten marschieren wider den undeutschen Geist” Schriften von marxistischen, pazifistischen, jüdischen und als „dekadent” gebrandmarkten Autoren. In straff organisierten und ritualisierten Feiern, bei denen u. a. Joseph Goebbels und prominente Germanistikprofessoren auftraten, wurde u.a. Literatur von Lion Feuchtwanger, Sigmund Freud, Erich Kästner, Heinrich Mann, Kurt Tucholsky und Arnold Zweig „den Flammen übergeben”.

Einige Tage später erschien im Börsenblatt des deutschen Buchhandels eine Auflistung mit 131 Autoren, deren Werke aus den Bibliotheken und Buchhandlungen entfernt werden mussten. Diese Liste wurde regelmäßig aktualisiert und perfektioniert.[10]

Die damaligen Politiker, die ihre Position in Gefahr sahen, und nicht zulassen wollten, dass ihnen „undeutsches“ Gedankengut den Weg zur absoluten Machtergreifung erschweren könnten, reagierten mit einer gut strukturierten und vor allem organisierten Zensur.

Über 25.000 Bücher wurden in Berlin und anderen deutschen Hochschulstädten verbrannt.

3.1. Die Schwarzen Listen

Den Bücherverbrennungen gingen in fast allen Universitätsstädten „Sammelaktionen“ voraus, die in ihrer Einheitlichkeit auf „Schwarze Listen“ zurückzuführen sind.

Die Schwarzen Listen wurden von dem Berliner Bibliothekar Dr. Wolfgang Herrmann in enger Zusammenarbeit mit dem preußischen Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung unter dem Minister Bernhard Rust erstellt.[11]

Ihre Aufgabe bestand in erster Linie darin, Schwarze Listen mit sog. volksfremder und marxistischer Literatur zu erstellen, die den einzelnen Berliner Stadt- und Volksbüchereien mit der Anordnung zugeleitet wurden, die entsprechende Literatur aus ihren Beständen zu entfernen oder vom einfachen Verleih auszuschließen. Gleichzeitig erhielten die Büchereien Listen mit Werken, deren Anschaffung anstelle der ausgesonderten Literatur empfohlen wurde.[12]

Jede Besprechung eines Buches oder Würdigung des Schriftstellers hatte die Beantwortung der Frage vorauszugehen, ob Werk und Autor mit der Ideenwelt des Nationalsozialismus konform gingen und ob das vom Nationalsozialismus zu erziehende Volk schädlich beeinflusst werden könnte. Abgelehnt wurden z.B. Romane, die einen kranken Protagonisten darstellen, politische Satire, eigenwillige Deutung historischer Vorgänge oder aber auch die Verbreitung einer kriegsgegnerischen Haltung.[13]

Im April 1933 lag eine erste Schwarze Liste vor, die Bibliothekaren als Meßlatte diente, wie ich es schon erwähnt habe. Überall zeigten die Bibliothekare aber auch eigene Initiative. In Hamburg z.B. erläuterte der Leiter der Volksbücherei am 18. März 1933 seinen Mitarbeitern die einzuschlagende Politik des Hauses:

„ Der politische Umbruch vom 5. März erfordert eine Entlastung des Bücherbestandes von solchen Werken, die dem neuen Willen der Nation abträglich sein können.“[14]

Gegenstand der “Aktion wider den undeutschen Geist“ war jedoch nicht nur belletristische Literatur. Auch Werke aus den Bereichen Kunst, Politik, Pädagogik, Geschichte, Sozialwissenschaften, Religion, Philosophie und Literaturgeschichte standen auf den Schwarzen Listen.[15]

3.2. Die verbotenen Autoren

Der nationalsozialistischen Führung genügte es nicht, die politische Opposition und die kritische Presse auszuschalten. Sie versprach eine "geistige Erneuerung" der deutschen Kunst und Literatur.

Eine ganze Generation von Autorinnen und Autoren litt unter Berufsverbot und Zensur.
In öffentlichen Inszenierungen wurden unter anderem Werke von Bertolt Brecht, Alfred Döblin, Sigmund Freud, Erich Kästner, Heinrich Mann, Erich-Maria Remarque, Kurt Tucholsky und Stefan Zweig verbrannt. Künstler und Autoren, deren Ansichten und Werke nicht ins NS-Weltbild passen, erhielten Berufsverbot.[16]

Einige der Schriftsteller, deren Werke im Mai 1933 verbrannt wurden, waren bereits verhaftet bzw. in Konzentrationslagern interniert worden. Viele hatten sich ins Ausland in Sicherheit gebracht. Die Verbote und Zensurmaßnahmen gefährdeten allerdings ihre Lebensgrundlage, da ihre Bücher in Deutschland nicht mehr verkauft bzw. gelesen werden durften.

So war es den Nationalsozialisten vorerst gelungen geistige Entfaltung zu hemmen. Will Vesper schreibt dazu in seiner von ihm herausgegebenen Zeitschrift „Die Neue Literatur“:

„Das große Reinemachen, für das wir seit Jahren kämpfen, hat begonnen. [] Gewiss, wir brauchen schleunigst und endlich eine berufene und umfassende Organisation des deutschen Schrifttums, in der jeder deutsche Schriftsteller Mitglied sein muss, nicht nur zur Wahrung seiner Interessen und seines Standes, sondern zum gemeinschaftlichen Dienst an Volk und Staat.“[17]

[...]


[1] Vgl. http://www.exil-club.de/dereferrer.asp?url=http%3A%2F%2Fwww%2Eyolanthe%2Ede%2Flyrik%2Fbrecht05%2Ehtm

[2] Vgl. http://www.exil-club.de/dereferrer.asp?url=http%3A%2F%2Fwww%2Eyolanthe%2Ede%2Flyrik%2Fbrecht05%2Ehtm

[3] Vgl. Treß, Wider den undeutschen Geist, Berlin 2003, S.14.

[4] Vgl. Verweyen, Bücherverbrennungen, Heidelberg 2000, S. 84.

[5] Vgl. http://www.hausarbeiten.de

[6] Vgl. Verweyen, Bücherverbrennungen, Heidelberg 2000, S. 85.

[7] Ebd., S. 87.

[8] Vgl. Treß, Wider den undeutschen Geist, Berlin 2003, S. 14.

[9] Vgl. http://www.hausarbeiten.de

[10] Vgl. Microsoft® Encarta® Enzyklopädie Professional 2003. © 1993-2002 Microsoft Corporation.

[11] Vgl. Verweyen, Bücherverbrennungen, Heidelberg 2000, S. 168.

[12] Vgl. Treß, Wider den undeutschen Geist, Berlin 2003, S. 94.

[13] Vgl. http://www.hausarbeiten.de

[14] Vgl. Benz, Kulturskandal, S. 30f.

[15] Vgl. Verweyen, Bücherverbrennungen, Heidelberg 2000, S. 174.

[16] Vgl. http://www.exil-club.de/dyn/9.asp?Aid=4&Avalidate=132274806&cache=61043&url=50389%2Easp

[17] Ebd.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Zensur als Mittel gegen die geistige Entfaltung
Hochschule
Universität Potsdam
Veranstaltung
'Brennende Bücher- Bücherverbrennung 1933'
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
23
Katalognummer
V58452
ISBN (eBook)
9783638526418
ISBN (Buch)
9783638665995
Dateigröße
525 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zensur, Mittel, Entfaltung, Bücher-, Bücherverbrennung
Arbeit zitieren
Monique Schwertfeger (Autor:in), 2004, Zensur als Mittel gegen die geistige Entfaltung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58452

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