Regulierungsbehörden als neutrale Schiedsrichter im Wettbewerb oder politisch eingebundene Staatsverwaltung


Seminararbeit, 2004

31 Seiten, Note: 13


Leseprobe


Gliederungsverzeichnis

A. Einleitung und Fragestellung

B. Zwischen Wirtschaft und Verwaltung: Regulierungsbehörden im Spannungsfeld der unterschiedlichsten Anforderungen
I. Regulierungsbehörden als politisch eingebundene Verwaltung
II. Regulierungsbehörden als Schiedsrichter im Wettbewerb

C. Zwischen Unabhängigkeit und Eingebundenheit: Beispiel Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation (RegTP)
I. Rechtliche Rahmenbedingungen und gesetzliche Vorgaben
1. Vorgaben des Rechts der Welthandelsorganisation (WTO)
2. Vorgaben des Europarechts
3. Vorgaben des Verfassungsrechts
a) Demokratie- und Sozialstaatsprinzip (Art. 20 GG)
b) Telekommunikation und Post (Art. 87 f GG)
4. Ausgestaltung im Telekommunikationsgesetz (TKG)
a) Rechtsstellung
b) Aufgabenzuweisung
(a) Quasi-richterliche Aufgaben
(b) Quasi-legislative Aufgaben
(c) Administrative Aufgaben und Aufgaben der Gefahrenabwehr
c) Weisungsrechte des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi)
II. Das Kernproblem der Unabhängigkeit der RegTP
1. Organisationsrechtliche Unabhängigkeit
a) Funktionell-institutionelle Unabhängigkeit
b) Personelle Unabhängigkeit
2. Politische Unabhängigkeit in der inneradministrativen Praxis

D. Rechtsvergleichende Betrachtungen und Anregungen aus den USA
I. Telekommunikationsregulierung in den USA
1. Verfassungsrechtliche Ausgangslage und Regulierungsansatz
2. Die Federal Communications Commission (FCC)
II. Anregungen für die deutsche Telekommunikationsregulierung

E. Schlussfolgerungen und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. Einleitung und Fragestellung

In Europa und auch in Deutschland sind seit einiger Zeit unabhängige Regulierungsbehörden als ein neues Modell der Staats- und Verwal- tungsorganisation anzutreffen und verstärkt auch in der öffentlichen Dis- kussion. Diese Entwicklung findet vor dem Hintergrund der Privatisie- rung und Marktöffnung auf dem Gebiet vormaliger Infrastrukturmonopo- le des Staates wie der Telekommunikation, der Post, des Verkehrs- und Energiesektors im Zuge der angestrebten Modernisierung von Verwal- tungsstrukturen statt.1

Das Modell der unabhängigen Regulierungsbehörde steht in diesem Um- feld im Konflikt zwischen der Eingebundenheit klassischer politischer Staatsverwaltung und den Anforderungen an Unabhängigkeit und Neut- ralität als Schiedsrichter im Wettbewerb. Dieser Ziel- und Interessens- konflikt wird in dieser Arbeit untersucht (Teil B) und Lösungsmöglich- keiten in der Praxis, exemplarisch am Beispiel der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation und dem Kernproblem der Unabhän- gigkeit, verdeutlicht (Teil C). Ein rechtsvergleichender Bezug zur Tele- kommunikationsregulierung in den USA soll dabei Anregungen für eine kritische Betrachtung und Fortentwicklung der deutschen Regulierungs- organisation beisteuern (Teil D).

B. Zwischen Wirtschaft und Verwaltung: Regulierungsbehörden im Spannungsfeld der unterschiedlichsten Anforderungen

In das nach Ordnungs- und Leistungsverwaltung sowie Planender Ver- waltung klassifizierte System der Verwaltung lassen sich Regulierungs- behörden nicht einordnen. Sie stellen einen neuen Typus der Verwaltung, die regulierende Verwaltung dar.2 Die diesen neuen Typus kennzeich- nende historische Entwicklung ist der Übergang von der leistungsgewäh- renden Leistungsverwaltung zur leistungsgewährleistenden Regulie- rungsverwaltung.3

Regulierungsbehörden stehen in einem Spannungsfeld der unterschied- lichsten Anforderungen und haben einen gewaltenüberschreitenden Auf- trag.4 Auf der einen Seite agieren sie quasi-richterlich als Schiedsrichter im Wettbewerb auf privatisierten Märkten gegenüber den im Wettbewerb stehenden Marktteilnehmern. Auf der anderen Seite sind sie als Teil der Staatsverwaltung administrativ tätig und dabei nicht nur an Recht und Gesetz gebunden, sondern müssen sich auch den Anforderungen der Po- litik zur Steuerung und Regulierung der Märkte zur Erreichung unter- schiedlichster Regulierungsziele stellen, nehmen zum Teil sogar quasi- gesetzgeberische Aufgaben wahr.5

I. Regulierungsbehörden als politisch eingebundene Verwaltung

Als Teil der Staatsverwaltung müssen Regulierungsbehörden gegensätz- liche öffentliche Interessen miteinander ausgleichen. Die gesetzlichen und politisch vorgegebenen Ziele, die durchaus auch miteinander im Konflikt stehen können, müssen abgewogen und umgesetzt werden.6 So sollen Regulierungsbehörden z. B. sicherstellen, dass bestimmte Basis- dienstleistungen ausreichend und zu angemessenen Konditionen angebo- ten werden, ein chancengleicher Wettbewerb hergestellt und gefördert wird und müssen Aufgaben im Bereich der Gefahrenabwehr wahrneh- men.7 Bei der Abwägung dieser unterschiedlichen Ziele in einem Ent- scheidungsprogramm und der Entwicklung der Regulierungspolitik üben Regulierungsbehörden quasi-gesetzgeberische Verantwortung aus.

In diesem Bereich besteht ein unmittelbares Einwirkungsinteresse der übergeordneten Ministerialverwaltung und Politik auf Regulierungsbe- hörden, denn die Abwägung der unterschiedlichen Ziele ist natürlich immer auch eine politische Frage. Da die einzelnen Ziele z. T. widersprüchlich sind, lassen sie sich auch nicht einfach den Regulierungsbehörden gesetzlich vorgeben.

Soweit dem Staat in dem Bereich der Zuständigkeit der Regulierungsbe- hörde sogar verfassungsrechtlich Aufgaben auferlegt sind, wie insbeson- dere im Bereich der Daseinsvorsorge, entsteht auch hier ein Interesse an Steuerung zur Sicherstellung dieser Ziele und Aufgaben.8 Nicht zuletzt sind Regulierungsbehörden zuletzt, wie jeder Teil der Verwaltung, an allgemeine Vorgaben, wie das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwal- tung, gebunden.

II. Regulierungsbehörden als Schiedsrichter im Wettbewerb

Um strittige Fragen zwischen den auf dem jeweiligen Markt tätigen Un- ternehmen zu entscheiden, werden Regulierungsbehörden als Schieds- richter im Wettbewerb tätig. Ziel ist hierbei nicht primär das Verfolgen bestimmter Regulierungsziele, sondern vor allem die Vermeidung eines komplizierten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die schnellst- mögliche Schaffung von Rechtssicherheit für die beteiligten Unterneh- men. Diese Tätigkeiten sind quasi-richterlich und die Regulierungsbe- hörden müssen daher in die Lage versetzt werden unparteiisch, unabhän- gig von tagespolitischen Einflüssen finanz-, verteilungs- und industriepo- litischer Art9, zu entscheiden.10 Dazu bedürfen Regulierungsbehörden der notwendigen technisch-wissenschaftlichen Expertise die ihnen die ent- sprechende fachliche Autorität verleihen. Diese Rolle der Regulierungs- behörden erinnert an die außergerichtliche Streitbeilegung durch Schiedsgerichte oder das Verfahren vor Kartellbehörden und erfordert ähnliche Voraussetzungen, wobei die Streitbelegung durch die Regulie- rungsbehörde nur komplementär ist, denn der Weg vor die Verwaltungs- gerichte steht weiterhin offen.11

Die Ähnlichkeit der Regulierungsbehörden in ihrer Rolle als Wettbe- werbsbehörden zu den Kartellbehörden liegt auch darin begründet, dass z. B. das TKG sich insoweit an das Muster des GWB angelehnt hat.12 Kartellbehörden sind eigentlich eine spezielle Ausprägung einer Regulie- rungsbehörde, mit einem weiteren Zuständigkeitsbereich, als die „klassi- schen“ Regulierungsbehörden die sektorspezifisch arbeiten (Telekom- munikation, Post, Eisenbahn, Energie) mit einem Ansatz der über die Ex- post-Missbrauchsaufsicht, wie sie im GWB angelegt ist, hinausgeht.13 Wobei aus der Sicht der Marktteilnehmer gerade dieser unterschiedliche Ansatz der sektorspezifischen und asymmetrischen Regulierung kritisch beurteilt wird.14 Er wurde jedoch vom Gesetzgeber für erforderlich gehalten, weil in traditionell monopolistisch geprägten Märkten (wie z. B. der Telekommunikation) die grundsätzliche Existenz funktionsfähigen Wettbewerbs nicht unterstellt werden kann.15

Obwohl es zwischen Kartell- und speziellen Regulierungsbehörden daher immer wieder zu Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der Zuständigkeit kommt16, lassen sich die Aufgabenstellung und Anforderungen an Regu- lierungsbehörden als Schiedsrichter im Wettbewerb auch anhand der Kartellbehörden beobachten. Daher stammt auch das entscheidende Kri- terium der funktionellen Unabhängigkeit. Eine Kartellbehörde kann nur dann faire Entscheidungen zwischen den Marktteilnehmern treffen, wenn sie von diesen funktionell unabhängig ist und den Anschein der instituti- onellen Befangenheit vermeiden kann. Für die Marktteilnehmer sind da- bei schnelle und einfache Verfahren wichtig, denn diese stellen auch im- mer eine Kostenfrage dar. Nicht zuletzt haben alle Marktteilnehmer - zumindest in der Theorie - ein Interesse daran, dass der Markt insgesamt funktioniert und es zu fairem Wettbewerb kommt.

C. Zwischen Unabhängigkeit und Eingebundenheit: Beispiel Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation (RegTP)

Im Folgenden soll nun beispielhaft anhand der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation (RegTP) untersucht werden, welche institutionelle Stellung die RegTP in der Staatsverwaltung zwischen Unabhängigkeit und Eingebundenheit im Rahmen der in Teil B aufgezeigten unterschiedlichen Anforderungen einnimmt.

I. Rechtliche Rahmenbedingungen und gesetzliche Vorgaben

Die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation unterlag von vornherein einer Reihe rechtlicher Vorgaben die ihre Position und Stellung bestimmen und zunächst zu untersuchen sind.

1. Vorgaben des Rechts der Welthandelsorganisation (WTO)

Ein Gebot zur Errichtung einer unabhängigen Regulierungsbehörde fin- det sich zunächst im WTO-Recht. Im Vierten Protokoll zum General Agreement on Trade in Services (GATS) vom 15.4.199417 verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten, darunter auch die Bundesrepublik, zu Li- beralisierungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Basistelekommunikations- dienstleistungen. In der Liste der spezifischen Verpflichtungen der Euro- päischen Gemeinschaften und ihrer Mitgliedstaaten zum Vierten GATS Protokoll finden sich in Nr. 5 auch Anforderungen an die Regulierungs- behörde:

„Die Regulierungsbehörde ist getrennt von jedem Anbieter von Basistelekommunikationsdienstleistungen und ist diesem nicht verantwortlich. Die Entscheidungen und Verfahren der regulie- renden Stellen sind im Hinblick auf die Marktteilnehmer unpartei- isch.“18

Somit fordert das WTO-Recht auf der einen Seite eine organisatorische Trennung und betriebliche Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde von den zu regulierenden Marktteilnehmern, also eine Trennung der Regulie- rungs- und der Eigentümerfunktion und auf der anderen Seite unparteii- sche Entscheidungen und ein unparteiisches Verfahren.19 Diese Anforde- rungen müssen bei der Anwendung und Auslegung des europäischen Rechts nach dem Prinzip der „consistent interpretation“ (gemeinschafts- rechtskonformen Auslegung) beachtet werden.20 Im nationalen Recht fin- den die Vorgaben darüber hinaus direkt über das Zustimmungsgesetz Anwendung. Im Ergebnis setzt somit schon das Völkerrecht einen ersten Rahmen für die Ausgestaltung der Regulierungsbehörde.

Vor dem Hintergrund dieser Vorgabe wurde in der Vergangenheit immer wieder von den USA argumentiert die Unabhängigkeit der RegTP sei nicht gegeben, so lange der Bund noch einen großen Anteil an der Deutsche Telekom AG halte.21

2. Vorgaben des Europarechts

Weitere Anforderungen ergeben sich auch aus dem Europarecht. Zur Verwirklichung des gemeinsamen Binnenmarktes gem. Art. 14 EG und Stärkung der wirtschaftlichen und sozialen Zusammenarbeit gem. Art. 158 EG werden der EG in den Artikel 154 ff. EG Kompetenzen zum Aufbau und zur Schaffung transeuropäischer Netze im Bereich Verkehr, Telekommunikation und Energie zugewiesen.22 Nach Art. 155 I EG er- lässt die EG zur Erfüllung dieser Aufgaben Leitlinien. Der Rechtscharak- ter der Leitlinien ist umstritten, in der bisherigen Praxis ist dies allerdings unproblematisch, da sie immer in den Formtypen des Art. 249 EG erlassen wurden23.

Auf der Grundlage der Art. 95 und 155 EGV haben das Europäische Parlament und der Rat am 7.2.2002 die Rahmenrichtlinie 2002/21/EG24 erlassen, die das bisherige Sekundärrecht in diesem Bereich weitgehend ersetzt und einen einheitlichen Rechtsrahmen für die europäische Telekommunikationsinfrastruktur setzen soll.25

Damit wurden auch Anforderungen an die nationalen Regulierungsbehörden gestellt. So gewährleisten die Mitgliedstaaten gem. Art. 3 II der Rahmenrichtlinie

„die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden, indem sie dafür sorgen, dass sie rechtlich und funktional von allen Unternehmen unabhängig sind, die elektronische Kommunikationsnetze, -geräte oder -dienste anbieten“.

Wenn Mitgliedstaaten weiterhin an entsprechenden Unternehmen beteiligt sind müssen sie „eine wirksame strukturelle Trennung der hoheitlichen Funktion von Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Eigentum oder der Kontrolle sicherstellen“.

Außerdem haben gem. Art. 3 III der Rahmenrichtlinie die Mitgliedstaaten auch dafür zu sorgen, „dass die nationalen Regulierungsbehörden ihre Befugnisse unparteiisch und transparent“ ausüben.

3. Vorgaben des Verfassungsrechts

Das Grundgesetz gibt den Rahmen vor, in dem die Regulierungsbehörde schließlich einfachgesetzlich durch das TKG errichtet wurde.

a) Demokratie- und Sozialstaatsprinzip (Art. 20 GG)

Den weitesten verfassungsrechtlichen Rahmen bilden zunächst die in Art.

20 GG niedergelegten Prinzipien der Demokratie und des Sozialstaats.

Teil des in Art. 20 GG niedergelegten Sozialstaatsprinzips ist auch der Begriff der Daseinsvorsorge. Dieser bezieht sich auf alle Aktivitäten des Staates, die mit der Schaffung von Infrastrukturen zu tun haben.26 Aller- dings ist das Sozialstaatsprinzip auf Grund lückenhafter Konkretisierung in den Detailartikeln des GG nicht extensiv verfassungsrechtlich ausleg- bar und seine Umsetzung damit vor allem eine politische Ermessensent- scheidung, die nur noch negativ begrenzt ist.27 In der Konsequenz haben auch das Bundesverfassungs- und Bundessozialgericht in diesem Zu- sammenhang deutlich gemacht, dass sich keine direkten konkret einklag- baren Rechtsansprüche ableiten lassen.28

Das in Art. 20 GG niedergelegte Demokratieprinzip verlangt die Bindung hoheitlicher Gewalt an demokratische Legitimation über Verfassung und Parlament.29 Ganz oder weitestgehend (weisungs-)unabhängige Verwal- tungsbehörden sind unter dem Gesichtspunkt der demokratischen Legi- timation daher nicht unproblematisch und bedürfen spezieller verfas- sungsrechtlicher Absicherung.30 Wobei es unter dem Gesichtspunkt de- mokratischer Legitimation nur auf eine strukturelle Steuerung nachge- ordneter Organe ankommt, die nicht notwendigerweise ausschließlich durch das Instrument des Weisungsrechts erfolgen muss.31

Teil des Demokratieprinzips ist auch der das Verhältnis zwischen Legis- lative und Exekutive betreffende Vorbehalt des Gesetzes der zum umfas- senden Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aus Art. 20 III GG gehört. Aus diesem Grundsatz ergibt sich für Verwaltungsbehörden, die als Teil der Exekutive an Recht und Gesetz im Sinne des Art. 20 III

GG gebunden sind auch die Pflicht innerdienstliche Normen bis hin zu

Weisungen der Bundesregierung zu beachten32.

b) Telekommunikation und Post (Art. 87 f GG)

Die doppelte Schutzrichtung des Art. 87 f GG kennzeichnet einen we- sentlichen Konflikt der Vorgaben für die Regulierung auf dem Gebiet der Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, denn Abs. 1 legt dem Bund eine Gewährleistungsverantwortung in Form einer Staatszielbe- stimmung auf33 während gemäß Abs. 2 S. 1 an Stelle der staatlichen Leistungsverwaltung privatwirtschaftliche Unternehmen treten.34 Zwar sichern Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 die Verwaltungskompetenz des Bundes, doch ist dieser auf die Markbeeinflussung mit regulativen Mitteln ver- wiesen. Die hoheitlichen Instrumente des Staates werden nur zur „Sys- temsteuerung“ eingesetzt, der Staat darf nicht mehr selbst als Leistungs- erbringer handeln (Abs. 2 S. 1).

Verfassungsrechtliche Schranken für die Regulierungsbehörde ergeben sich wie folgt: Gemäß Abs. 2 S. 2 müssen Hoheitsaufgaben im Bereich der Telekommunikation in bundeseigener Verwaltung ausgeführt wer- den.35 Nach strittiger, aber herrschender Auffassung erfordert dies bun- deseigene Verwaltung im engeren Sinne, also unmittelbare Staatsverwal- tung auf der Stufe des Bundes.36 Unzulässig ist demnach die Errichtung einer Regulierungsbehörde als mittelbare Bundesverwaltung, also bun- deszugehörige öffentlich-rechtliche Rechtsperson (z. B. öffentlich- rechtliche Anstalt) sowie die Verwaltung in privatrechtlicher Form. The- oretisch möglich wäre hingegen sowohl die Schaffung der Regulierungs- behörde als abhängige Bundesoberbehörde (diese Form hat der Gesetz- geber der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation letzt- endlich gegeben) oder auch als fachlich unabhängige oberste Bundesbe- hörde, da beides vom Begriff der bundeseigenen Verwaltung (i. e. S.)

[...]


1 Bullinger, Regulierung, S. 1355.

2 So die Konsequenz des Versuchs der systematischen Einordnung in das allgemeine Verwaltungsrecht bei Ruffert, Regulierung, 244.

3 Dazu Schuppert in: König/Benz, Privatisierung, 551 und zur Gewährleistungsverant- wortung als Konnotation des Gewährleistungsstaates, Franzius, Gewährleistungsstaat, 504.

4 Bullinger, Regulierung, S. 1358.

5 Die Begriffe der quasi-gesetzgeberischen und quasi-richterlichen Tätigkeiten für die unterschiedlichen Aufgaben der Regulierungsbehörden finden sich bei Bullinger, Regu- lierung, 1359.

6 Vgl. beispielhaft für unterschiedliche miteinander im Konflikt stehende Regulierungszwecke und -ziele die §§ 1, 2 TKG.

7 So die drei Intentionen der regulierenden Verwaltung bei Ruffert, Regulierung, 246- 248.

8 So im Bereich der sog. Infrastrukturverantwortung, vgl. Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 26 II.

9 Paulweber, Regulierungszuständigkeiten, S. 84.

10 Vgl. Bullinger, Regulierung, 1359.

11 Dafür sind meist kollegiale Beschlusskörper, die außerhalb der behördeninternen Hie- rarchielinie stehen, eingerichtet. Als Beispiele lassen sich die Beschlusskammern der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation (§§ 73 ff. TKG), die Beschluss- abteilungen des Bundeskartellamtes (§ 48 Abs. 2 ff. GWB) und die Sortenausschüsse des Bundessortenamtes (§§ 17, 18 Bundessortengesetz) anführen. Vgl. auch Döhler, Regulierungsbehörde, S. 71; Ulmen/Gump, Regulierungsbehörde, S. 400.

12 Eschweiler, Regulierungsbehörde, S. 238.

13 Scheurle/Mayen/Ulmen, § 66, Rdnr. 4.

14 Hefekäuser/ Wehner, Regulierungsrahmen, S. 699.

15 Koenig/Vogelsang/Kühling/Loetz/Neumann, Wettbewerb, S. 78.

16 Vgl. Kämmerer, Privatisierung, S. 445 f. und S. 517 für die Kompetenzabgrenzungsschwierigkeiten zwischen der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post und dem Bundeskartellamt. Im Ergebnis ist das Bundeskartellamt nur subsidiär Zuständig, Paulweber, Regulierungszuständigkeiten, S. 57.

17 BGBl. II 1994, 1643 ff.

18 Das entsprechende Zustimmungsgesetz, das Gesetz zu dem Vierten Protokoll vom 15 April 1997 zum Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen vom 20.11.1997 ist am 27.11.1997 in Kraft getreten, BGBl. II 1997, 1990 ff.

19 Vgl. Paulweber, Regulierungszuständigkeiten, S. 96.

20 So für die EU auch der EuGH in Slg. 1996 I-3989 (Kommission/Bundesrepublik Deutschland, U. v. 10.9.1996 betreffend die Auslegung des GATT-Übereinkommens über Milcherzeugnisse). Vgl. auch Paulweber, Regulierungszuständigkeiten, S. 97.

21 So der US-Trade Representative der nach Abschnitt 1377 des Omnibus Trade and Competitivness Act jährlich feststellt, ob ausländische Regierungen ihren Verpflichtungen aus internationalen Handelsabkommen nachkommen. Siehe auch Eschweiler; Regulierungsbehörde, 239.

22 Ukrow in: Callies/Ruffert, EUV/EGV, Art. 154, Rn. 8, 9.

23 Der Begriff der Leitlinien ist im Europarecht nicht näher bestimmt. Dazu Lecheler in: Grabitz/Hilf, EU, Art. 155, Rn. 2-5 und Schäfer in: Streintz, EUV/EGV, Art. 155.

24 ABlEG 2002 Nr. L 108, S. 33.

25 Lecheler in: Grabitz/Hilf, EU, Art. 155 Rn. 26. Keine Verbindlichkeit kommt damit nunmehr den Richtlinien 90/387/EWG, 92/44/EWG, 95/47/EG, 97/13/EG, 97/33/EG, 97/66/EG, 98/10/EG, 90/388/EWG, 97/51/EG und den Entscheidungen 91/387/EWG und 91/396/EWG zu.

26 Herzog in: Maunz/Düring, Art. 20, VIII, Rdnr. 12,13.

27 Herzog in: Maunz/Düring, Art. 20, VIII, Rdnr. 18 - 28.

28 BSozGE 6, 213 ff. (219); 10, 97 ff. (100); 19, 88 ff. (92); BVerfGE 27, 253 ff. (283); 39, 302 ff. (315)

29 Herzog in: Maunz/Düring, Art. 20, II, Rdnr. 74.

30 Kämmerer, Privatisierung, S. 193.

31 Trute, Regulierung, S. 187.

32 Herzog in: Maunz/Düring, Art. 20, VI, Rdnr. 32, 39.

33 So im Ergebnis Freund, 56.

34 Lerche in: Maunz/Düring, Art. 87 f, Rdnr. 2.

35 Lerche in: Maunz/Düring, Art. 87 f, Rdnr. 6.

36 Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 87 f, Rdnr. 1; vgl. auch Scheurle/Mayen/Ulmen, TKG, § 66, Rdnr. 9-11.

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Regulierungsbehörden als neutrale Schiedsrichter im Wettbewerb oder politisch eingebundene Staatsverwaltung
Hochschule
Bucerius Law School - Hochschule für Rechtswissenschaften in Hamburg
Veranstaltung
Seminar Konzepte der Wirtschaftsregulierung durch unabhängige Regulierungsbehörden
Note
13
Autor
Jahr
2004
Seiten
31
Katalognummer
V25260
ISBN (eBook)
9783638279383
ISBN (Buch)
9783638648615
Dateigröße
610 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schwerpunkt der Arbeit ist eine Untersuchung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP)
Schlagworte
Regulierungsbehörden, Schiedsrichter, Wettbewerb, Staatsverwaltung, Seminar, Konzepte, Wirtschaftsregulierung, Regulierungsbehörden
Arbeit zitieren
Jan Erik Spangenberg (Autor:in), 2004, Regulierungsbehörden als neutrale Schiedsrichter im Wettbewerb oder politisch eingebundene Staatsverwaltung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25260

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