Abbaubare Kunststoffe


Seminararbeit, 2000

25 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


I. Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG

2 ARTEN DER ABBAUBARKEIT VON POLYMEREN
2.1 Wasserlösliche Kunststoffe
2.2 Photochemisch abbaubare Polymere
2.3 Biologisch abbaubare Polymere

3 BIOLOGISCH ABBAUBARE KUNSTSTOFFE
3.1 Rohstoffe zur Herstellung von bioabbaubaren Kunststoffen
3.2 Verarbeitung von biologisch abbaubaren Werkstoffen
3.3 Einsatzbereiche biologisch abbaubarer Kunststoffe
3.4 Marktpotential für biologisch abbaubare Produkte
3.5 Rechtliche Rahmenbedingungen

4 ZUSAMMENFASSUNG

5 ANLAGEN
5.1 Anlage: Analoge chemische Strukturen natürlicher und synthetischer bioabbaubarer Polymere
5.2 Anlage: Wesentliche Parameter , die die Fähigkeit zum biologischen Abbau beeinflussen
5.3 Anlage: Rohstoffbasis zur Herstellung biologisch abbaubarer Polymere
5.4 Anlage: Überblick über die heute verfügbaren BAW-Werkstoffgruppen
5.5 Anlage: Kreislaufwirtschaft mit BAW- Produkten auf Basis nachwachsender Rohstoffe
5.6 Anlage: Anwendungsbereiche von biologisch abbaubaren Kunststoffen
5.7 Anlage: Produktpreise und Gesamtpreise für biologisch abbaubare Polymere
5.8 Anlage: Produktbeispiele für einige bekannte biologisch abbaubare Werkstoffe
5.9 Anlage: Rechtliche Rahmenbedingungen für biologisch abbaubare Verpackungen
5.10 Anlage: Der Weg biologisch abbaubarer Verpackungen in die Biotonne
5.11 Anlage: Kompostlogo nach DIN CERTCO

6 LITERATURVERZEICHNIS

7 GLOSSAR

1 Einleitung

In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts stieg die Produktion von Kunststoffen und synthetischen Fasern rapide, so dass das gesamte weltweite Produktionsvolumen von Kunststoffen das von Stahl heute überschreitet //Guillet 1997//. Kunststoffe wurden zum wesentlichen Material des industriellen Fortschritts und des modernen Konsums, beispielsweise bei Elektrogeräten, im Flugzeugbau, bei Haushaltsgeräten, Tragetaschen, Containern und verdrängten zum Teil gleichzeitig traditionellere Werkstoffe wie Stahl, Aluminium, Papier und Glas.

Der heutige Konsument ist informiert über Umweltprobleme, wobei unter den verschiedenen Themen des Umweltschutzes die Abfallwirtschaft in der Öffentlichkeit als eines derjenigen wahrgenommen wird, das scheinbar noch nicht über durchweg günstige und gesellschaftlich konsensfähige Lösungen verfügt. Die Öffentlichkeit möchte umweltgerechte recyclingfähige oder abbaubare Materialien, wobei als besonderes Problemfeld die Fülle an Kunststoffabfällen erscheint. In Westeuropa machen heute Kunststoffe im Haushaltsabfall zwar lediglich ca. 5 Gew.% aus, dies entspricht aber immerhin 25-30 Vol.% des Abfallstroms //C.A.R.M.E.N. 1998//, folglich also einen gut sichtbaren Anteil, wobei es sich vorwiegend um kurzlebige Verpackungsmaterialien handelt.

Mit der Bereitstellung von gezielt abbaubaren Werkstoffen wurde erstmals im Lauf der industriellen Entwicklung eine Werkstoffgruppe direkt im Hinblick auf ihre Entsorgbarkeit entwickelt. //Schroeter 1997//. Abbaubare Kunststoffe sind heute aus wirtschaftlicher Sicht noch weitgehend unbedeutend, bergen aber ein großes Potential, da sie einerseits aus Sicht der Abfallwirtschaft geeignet sind, Stoffkreisläufe zu schließen und andererseits dem Konsumenten ein gutes Gefühl vermitteln.

2 Arten der Abbaubarkeit von Polymeren

Bei Kunststoffen war die Eigenschaft der Abbaubarkeit ursprünglich unerwünscht, da sie ja gerade mit der Zielsetzung einer möglichst hohen Beständigkeit gegenüber Umwelteinflüssen wie Feuchtigkeit, Wärme, UV-Licht, entwickelt wurden. Testmethoden zur Kunststoffprüfung zielten primär auf den Nachweis ihrer Resistenz gegenüber Mikroorganismenbefall. Ein Abbau wurde negativ besetzt mit dem Begriff der „Biokorrosion“, der herangezogen wurde zur Beschreibung von mikrobiellem Bewuchs, aber auch von physikalischen Veränderungen des Materials, beispielsweise Verfärbung, Versprödung, Verminderung der mechanischen Festigkeit //Witt 1997//.

Bei allen Abbauvorgängen erfolgt eine Zerlegung der Originalsubstanz in kleinere Bruchstücke bzw. eine Änderung der ursprünglichen Materialstruktur. Als grundsätzliche Mechanismen kommen in Betracht: a) biotische Abbauvorgänge infolge mikrobieller Aktivität und b) abiotische Abbauvorgänge beruhend auf chemischem Ursprung (z.B. chemische Hydrolyse), photochemischer Oxidation (Lichteinfluss), thermooxidativem Ursprung (Temperatureinfluss), physikalischem Zerfall (mech. Einflüsse, z.B. Abrieb infolge Reibung) //Streff 1998//. In der Regel ist eine eindeutige Trennung der Mechanismen in der Praxis nicht möglich.

Die Klassifizierung von unter natürlichen Bedingungen abbaubaren Kunststoffen kann wie folgt in Anlehnung an die den Abbau auslösenden Einflüsse erfolgen //nach Utz 1991; Gotzmann 1998//:

- wasserlöslich
- photochemisch abbaubar
- biologisch abbaubar

2.1 Wasserlösliche Kunststoffe

Wasserlösliche Kunststoffe lösen sich im Wasser auf. Dabei können die Polymerketten erhalten blei- ben, durch Hydrolyse gespalten werden oder biologisch abgebaut werden. Die Bedingungen einer biologischen Kläranlage reichen häufig nicht für einen vollständigen Abbau aus //Gotzmann 1998//, wobei ein weiterer Abbau im Klärschlamm, z.B. bei einer anschließenden Behandlung, oder im Boden erfolgen kann, wenn dieser als Dünger ausgebracht wird //Witt 1997//.

Basis für wasserlösliche Kunststoffe sind Acrylate, Alkohole, Hydroxy-Propyl- oder Ethyl-Cellulose und Polyethylenoxid //Gotzmann 1998//. Von Mikroorganismen abgebaut werden kann beispielsweise Polyvinylalkohol //Utz 1991//. Wasserlösliche Polymere findet man in Bereichen, in denen genau diese Eigenschaft erwünscht ist, beispielsweise als Folie um WC-Steine, Badeperlen, Wattestäbchen. Beim Umgang mit Chemikalien und Pestiziden muss so die direkte Verpackung der Dosiereinheit nicht entfernt werden, wodurch ein unmittelbarer Kontakt mit diesen Chemikalien vermieden wird. Allerdings ist immer eine zusätzliche Verpackung zum Schutz vor Feuchtigkeit nötig.

2.2 Photochemisch abbaubare Polymere

Bei photochemisch abbaubaren Polymeren werden die Polymerketten durch Sonnenlicht (UV-Strah- lung) zu kürzeren Molekülketten abgebaut, die weiter zersetzt werden können durch Mikroorganismen (biologischer Abbau) oder fortschreitenden Photoabbau. Die den Abbau initiierenden Gruppen befinden sich entweder in der Polymerkette (Copolymere, z.B. Ethylen/ Kohlenmonoxid, Ethylen/- Vinylketone, Styrol/Vinylketone), oder es erfolgt ein Zusatz von Additiven, die einen Photoabbau be- wirken(z.B. Polyolefine mit Additiven) //Utz 1991//. Während des Gebrauchs muss ein vorzeitiger Abbau verhindert werden. Zu beachten ist auch, dass in Mülldeponien kein Zerfall erfolgen kann.

Photochemisch abbaubare Polymere werden zum Beispiel in der Landwirtschaft eingesetzt (Mulch- folien), aber auch als Tragetaschen und Gebindehalter für Getränkedosen in den USA //Utz 1991//. Bereits Mitte der 70er Jahre wurden in den USA die ersten abbaubaren Mulchfolien auf der Basis von Stärke entwickelt //Streff 1998//, heute finden sie breiten Einsatz in der Landwirtschaft. Entstehende Spaltprodukte sollten biologisch abbaubar sein. Ein weiteres sehr erfolgreiches Beispiel aus den USA ist der Gebindehalter Hi-ConeTM für sechs konventionelle Getränkedosen. Seit ungefähr zehn Jahren verlangen einige US Staaten, z.B. Kalifornien, dass solche Gebindehalter für Six-packs aus photoab- baubarem Material bestehen, da sie häufig unkontrolliert in die Umwelt gelangen und außerdem Vögel gefährden, die sich in den Ringen verfangen. Bei dem photoabbaubaren Gebindehalter handelt es sich um ein Copolymer aus Ethylen mit ca. 1% Kohlenmonoxid, der nach ungefähr 3 Wochen Tageslicht in kleine Teile zerfällt, von denen angenommen wird, dass sie biologisch abbaubar sind //Guillet 1997//.

2.3 Biologisch abbaubare Polymere

Biologisch abbaubare Stoffe sind dadurch charakterisiert, dass sie aufgrund enzymatischer Reaktionen durch Mikroorganismen abgebaut werden können. Seitens der Mikrobiologie ist unter „Biologischer Abbaubarkeit“ generell die Umsetzung energiereicher, hochmolekularer Verbindungen in nieder- molekulare, energiearme Produkte, infolge des Einsatzes von Enzymen des abbauenden Organismus, zu verstehen //Streff 1998//. In der Praxis und Literatur des Ingenieurs und Naturwissenschaftlers gibt es jedoch je nach Disziplin, Forschungsrichtung und Land eine Vielzahl von verschiedenen weiteren Definitionen zu Begriffen wie „biologisch abbaubar“, „Bioabbau“, „biologischer Abbau“ (siehe hierzu auch im Glossar unter ‚Definition biologisch abbaubar, Bioabbau‘).

Studien zum Abbau von synthetischen Polymeren haben eine eindeutige Korrelation zwischen biolo- gischer Abbaubarkeit und der chemischen Struktur des Materials gezeigt. Synthetische Polymere, die biologisch abbaubar sind, zeigen ähnliche Strukturen wie sie in natürlich vorkommenden Polymeren zu finden sind, eine Übersicht hierzu findet sich in Anlage 5.1. Es ist daher anzunehmen, dass mikro- bielle Populationen Enzyme produzieren, die Polymere gleicher chemischer Struktur auf dem gleichen Weg angreifen, woraus wiederum geschlossen werden kann, dass Hydrolyse und Oxidation die pri- mären Schritte beim Abbau von Polymeren darstellen. Wesentlich für die Abbaubarkeit ist also die chemische Struktur, beispielsweise das Vorhandensein hydrolysierbarer und oxidierbarer Gruppen

//Kawai 1997//. Depolymerisierte Moleküle werden dann in übliche metabolische Produkte umgewan- delt, die in die zentralen metabolischen Verwertungswege der Mikroorganismen eingehen, um zur Energiegewinnung und zum Aufbau neuer Zellsubstanz zu dienen. Allerdings gibt es nach Kawai bis heute wenig Untersuchungen über die bei einem anaeroben Abbau von Polymeren beteiligten Enzyme.

Mikroorganismen greifen bevorzugt an den Enden der Kohlenstoffketten im Kunststoff an. Die Zahl der Enden ist invers proportional zum molekularen Gewicht des Materials. Um also Kunststoffe bio- logisch abbaubar zu machen, ist es notwendig, das molekulare Gewicht zu verringern //Guillet 1997//. Als weiterer ausschlaggebender Parameter für einen biologischen Abbau ist das Verhältnis der Ober- fläche zur Masse zu nennen, je größer die Oberfläche ist, desto besser funktioniert der Abbau. Das bedeutet, dass auch bei an sich gut abbaubare Werkstoffen diese Eigenschaft mit zunehmender Dicke des Materials schwinden kann. Weiterhin haben Untersuchungen gezeigt, dass im Allgemeinen ein Rückgang der biologischen Abbaubarkeit mit zunehmender Kristallinität zu verzeichnen ist und dass der Abbau wesentlich von der molekularen Struktur der Monomereinheiten und der konkreten Zusammensetzung von Blends abhängt //Doi 1992//, vergleiche hierzu auch Anlage 5.2.

Im Folgenden wird nur die Gruppe der biologisch abbaubaren Kunststoffe näher betrachtet. Nicht immer ist allerdings ein Überschneiden mit anderen Abbaumechanismen auszuschließen und eine eindeutige Abtrennung erscheint auch nicht zwingend.

3 Biologisch abbaubare Kunststoffe

Biologisch abbaubare Werkstoffe (BAW) müssen sowohl die aus Anwendungssicht geforderte Stabilität als auch den anschließenden problemlosen biologischen Abbau gewährleisten. Hierbei sind sowohl Verfahren der Kompostierung (aerobe Rotte) als auch der Vergärung (anaerob) möglich.

Erste Anwendungen von abbaubaren Werkstoffen fanden bereits Anfang der 70er Jahre in der Medizin statt, z.B. als resorbierbares Nahtmaterial, Schrauben, Implantate. Es handelt sich um Produkte aus aufwendig gereinigten und speziell gewonnenen Wekstoffen, v.a. allem aber aus Polymilchsäure, wobei sich die Kosten für derartige Spezialwerkstoffe teilweise auf weit über 1000 DM/kg belaufen

//C.A.R.M.E.N. 1998//. Diese Materialien werden im Folgenden nicht weiter betrachtet, obwohl sie in der Literatur größtenteils auch unter dem Begriff „Bioabbaubare Polymere“ zu finden sind. Als primäre Abbaumechanismen sind jedoch ebenso wie bei photoabbaubaren Polymeren nicht biologische Prozesse, sondern chemisch-physikalische Mechanismen wirksam //Witt 1997//. In englischen Publikationen werden diese Spezialwerkstoffe im allgemeinen als ‚bioabsorbable‘ im Unterschied zu ‚biodegradable‘ (bioabbaubar) und ,biostable‘ (biologisch nicht abbaubar) bezeichnet

//siehe z.B. in Törmälä 1997//.

3.1 Rohstoffe zur Herstellung von bioabbaubaren Kunststoffen

Als Rohstoffbasis zur Herstellung biologisch abbaubarer Polymere werden sowohl nachwachsende pflanzliche oder tierische als auch fossile Rohstoffe eingesetzt. Es werden grundsätzlich verschiedene Synthesewege angewandt //modifiziert nach Lörcks 1999, Witt 1997//:

- Nutzung von der Natur vorgebildeter Polymerstrukturen, z.B. Kohlenhydrate (Stärke, Cellulose), Gelatine, Lignin, insbesondere Thermoplaste als Stärkeblends/ compounds mit abbaubaren Polyestern, Polyesteramiden, Cellulosederivaten. Im Endprodukt kann das polymere Grundgerüst unverändert oder modifiziert vorliegen.
- chemisch-synthetische Polymerisierung von Monomeren natürlichen Ursprungs, z.B. zu Poly- lactide, Polyhydroxybuttersäure und Coploymere mit Valeriansäure. Wichtige Monomere lassen sich aus natürlichen Fetten und Ölen gewinnen.
- chemisch-synthetische Polymerisierung von Monomeren fossiler Herkunft, beispielsweise zu Poly- ester wie Polycaprolacton oder Copolyester , Polyesteramide, Polyesterurethane, Polyvinylalkohol, Ethylenvinylalkohol

Einen Überblick über die Rohstoffquellen für biologisch abbaubare Polymere zeigt Anlage 5.3. Biotechnologische Verfahren können heute sowohl zur Gewinnung von Polymeren als auch von Monomeren eingesetzt werden. Als natürliche Rohstoffquelle für biologisch abbaubare Polymere finden hauptsächlich preiswerte Polysaccharide Verwendung, wobei hierbei ein großer Teil auf die Kohlenhydrate Cellulose und Stärke entfällt //Witt 1997//. Die Eigenschaft der biologischen Abbaubarkeit ist also nicht eine Folge des Rohstoffs sondern ist vielmehr von der molekularen Struk- tur des Materials abhängig, vgl. auch Kapitel 2.3. Auch Werkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen müssen grundsätzlich nicht biologisch abbaubar sein. Ein Beispiel hierfür ist hoch substituierte Stärke, die nicht mehr biologisch abbaubar ist //Groot 1998//. Herkömmliche Kunststoffe wie PE, PP oder PS sind aus fossilen Rohstoffen durch Polymerisation einfacher Kohlenwasserstoffmonomere hergestellt.

Die Vorteile des Einsatzes nachwachsender Rohstoffe sind die Schonung fossiler Rohstoffe und die ausgeglichene CO2-Bilanz, da bei der Verbrennung oder der biologischen Umsetzung nur maximal so- viel CO2 freigesetzt wird, wie während des Wachstums aufgenommen wurde (hierbei jedoch Ver- nachlässigung der gegebenenfalls eingesetzten fossilen Energie für Betrieb der Erntemaschinen, Trans- port, Verarbeitung, usw.). Werden nachwachsende Rohstoffe genutzt, um daraus biologisch abbaubare Produkte herzustellen, so entsteht im Idealfall, unter Vernachlässigung von Verlusten durch den Ener- giebedarf bei Herstellung, Transport usw., ein geschlossener Kreislauf, der an den Kohlenstoffkreis- lauf der Natur erinnert, siehe Anlage 5.5. Beim aeroben Abbau der genutzten Produkte entstehen Kompost, Wasser und CO2, die in die nächste Generation von Rohstoffen eingehen. So werden der Anspruch der Abfallwirtschaft nach Schließung von Stoffkreisläufen und die Idee einer generations- übergreifend nachhaltigen Wirtschaftsweise der Gesellschaft („sustainable development“) erfüllt.

Positiv in der Bilanz wirkt auch, dass einheimische Rohstoffe verwendet werden können, beispiels- weise Stärke aus Getreide, Kartoffeln, Zuckerrüben, wodurch Transportwege reduziert und einheimi- sche Arbeitsplätze gesichert werden. Die Landwirte sehen im Anbau nachwachsender Rohstoffe eine wichtige Zukunftsperspektive und eine mögliche Einkommens- sowie Produktionsalternative für ihr Unternehmen und den ländlichen Raum //Sklenar 1997//.

Im Falle der Herstellung von BAW aus fossilen Rohstoffen, entfallen die Argumente der Ressourcen- schonung und der Kreislaufschließung, vorteilhaft bleibt aber, dass durch die biologische Verwertung das aufwendige Sammeln, Transportieren, Sortieren, Reinigen und je nach Kunststofftyp aufwendige Recyclingverfahren auf ein Mindestmaß reduziert wird.

3.2 Verarbeitung von biologisch abbaubaren Werkstoffen

Um die gewünschten Gebrauchseigenschaften zu erhalten, bestehen BAW selbst und die daraus herge- stellten Produkte häufig aus einer Kombination verschiedener Rohstoffe, wobei auch Kombinationen nachwachsender und petrochemischer Rohstoffe möglich sind. Hinzu kommen noch Hilfsstoffe, beispielsweise Additive wie Weichmacher oder Gleitmittel zur Verbesserung der Verarbeitungs- und der Gebrauchseigenschaften, oder Füllstoffe, um den optischen und ökonomischen Ansprüchen zu genügen. Fertige Produkte sind oft Verbunde aus unterschiedlichen Materialien. Beispielsweise wer- den Verpackungsfolien oft mehrschichtig aufgebaut (Multilayer), um eine höhere Sperrwirkung gegen- über Gasen zu erreichen. Fast immer werden sie etikettiert oder mit Farbe bedruckt //Käb 1999//. Es muss darauf geachtet werden, dass die biologische Abbaubarkeit nur erhalten bleibt, wenn dies für die Materialien durchgehend zutrifft und das Verfahren selber die Abbaubarkeit nicht beeinträchtigt.

Für das Einfärben von abbaubaren Kunststoffen eignen sich anorganische Farben wie Eisenoxide, Manganeisen-Braun, Chromgrün, Farben der Silica-Gruppe, Tonarten, Graphit. Sie sind selbst nicht abbaubar, beeinflussen aber auch den Prozess des Abbaus nicht. Daneben gibt es zahlreiche Farben pflanzlicher und tierischer Herkunft (mehr als 300 farbgebende Pflanzen, Muscheln, Insekten, Fische). Sie sind ihrer Herkunft nach biologisch abbaubar und die meisten sind in internationalen Positivlisten für den direkten Kontakt mit Lebensmitteln aufgeführt. Viele der Farben weisen jedoch nicht die notwendige Hitzebeständigkeit für die Verarbeitungstemperatur von Kunststoffen (z.T. weit über 200o C) auf. Wieder andere zeigen nur geringe Lichtechtheit oder beträchtliche Migrationsneigung. Auch Sublimation kann auftreten. Das Potential des Einsatzes von natürlichen Farben für das Einfärben von Kunststoffen wurde bis heute jedoch noch nicht richtig untersucht //Hastings-Long 1999//.

In der Regel können für die Verarbeitung von biologisch abbaubaren Kunststoffen gängige Verfahren der Kunststofftechnologie ohne große Veränderung eingesetzt werden, wobei jedoch die spezifischen Parameter jedes einzelnen Stoffes berücksichtigt werden müssen. Hier wird auf eine Vorstellung der Verarbeitungsverfahren verzichtet und auf die Literatur verwiesen, beispielsweise auf die Darstellung in //C.A.R.M.E.N. 1998//.

3.3 Einsatzbereiche biologisch abbaubarer Kunststoffe

Folgende Einsatzbereiche sind für eine Verwendung von biologisch abbaubaren Materialien besonders hervorzuheben:

- Bereiche, in denen der biologische Abbau vorgeschrieben ist, z.B. bei Friedhofsartikeln, Golf-Tees
- im Bereich Catering bei Veranstaltungen, bei denen Mehrweg generell verboten ist, z.B. große Open-Air Konzerte, Großsportveranstaltungen, sowie generell, wenn keine entsprechende Infra- struktur für Mehrweg existiert und als Ergänzung zur Abdeckung von Spitzen
- wenn die Funktion des biologischen Abbaus verlangt wird, z.B. Bioabfallsäcke, Pflanztöpfe
- als Substitution herkömmlicher Kunststoffe, wann immer möglich und ökonomisch vertretbar

Heute werden die meisten biologisch abbaubaren Materialien in Bereichen eingesetzt, die direkt mit dem biologischen Verwertungsverfahren in Berührung kommen, wie z.B. Sammelsäcke für Bioabfall, Landwirtschaftsfolien, Friedhofs- und Gärtnereiartikel. Auch bei verschiedenen großen Veran- staltungen wurden bereits biologisch abbaubares Geschirr und Besteck eingesetzt. Bei einer günstigen Rahmengestaltung sind jedoch auch eine Reihe weiterer Einsatzfelder denkbar, wobei insbesondere im Verpackungsbereich ein großes Potential gesehen wird. Der Verein Deutscher Ingenieure hat die VDI Richtlinie 4427 „Vorgehensweise zur Auswahl biologisch abbaubarer Verpackungsmaterialien“ erstellt, die derzeitig verfügbare Werkstoffe, deren Eigenschaften und Anwendungsbeispiele aufführt, um so Anwendern bei der Auswahl biologisch abbaubarer Packstoffe und Packmittel zu helfen. Einen Überblick über potentielle Einsatzbereiche biologisch abbaubarer Kunststoffe liefert Anlage 5.6.

Im Verpflegungsbereich bei Großveranstaltungen, aber auch im Bereich Fast Food eröffnet der Einsatz von biologisch abbaubaren Materialien die Möglichkeit, diese gemeinsam mit den anderen nativ- organischen Veranstaltungsabfällen einer gemeinsamen biologischen Behandlung zuzuführen. Eingesetzt wurden biologisch abbaubares Geschirr und Besteck beispielsweise bei den Olympischen Spielen in Lillehammer 1994 //Moser 1996//, beim Rennsteiglauf 1997 (Europas größter Cross- marathon, Zielort Schmiedefeld; Teller aus Maisstärke der Fa. Biopac, Besteck „Mater-Bi“ der Fa. Novamont, mit Biopol beschichtete Pappbecher der Fa. Polarcup; ausführlich in //Bidlingmaier 1998//), bei der Skiweltmeisterschaft im Februar 1999 in Österreich (Biocorp-Produkte). Bei diesen Veranstaltungen erfolgte jeweils eine Mit-Kompostierung in lokalen Anlagen.

Die Erfahrungen zeigen, dass zum Gelingen der getrennten Einsammlung der abbaubaren Stoffe umfassende Informationen des Konsumenten, eine eindeutige Kennzeichnung der entsprechenden Pro- dukte sowie leicht aufzufindende Sammelbehälter notwendig sind //ausführlich in Bidlingmaier 1998; Moser 1996//. Die Abfallsortieranalyse des Rennsteiglaufs 1997 ergab einen Gehalt an Fehlwürfen in der Biotonne von nur 0,3%, woraus auf eine hohe Akzeptanz für biologisch abbaubare Gebrauchsgüter bei den Besuchern nach entsprechend umfassender Information geschlossen werden kann.

Weitere Beispiele am Markt sind der Einsatz von Biopol-beschichteten Pappbechern bei der finnischen Eisenbahn und der Fast-Food Kette Quick in Belgien //Grupe 1996//. Die Fast Food Kette McDonald‘s hat in Österreich seit 1. Januar 1998 in allen Restaurants biologisch abbaubares Besteck aus Maisstärke (Mater-Bi) eingeführt, wodurch über 28 t Plastik pro Jahr eingespart werden //McDonald‘s 2000//. Auch in den McDonald’s Restaurants in Schweden wird Besteck aus Mater-Bi verwendet //Novamont 2000//. Der Einsatz von biologisch abbaubaren Beuteln und Säcken im Bereich der Biomüll-/Grüngutsammlung findet in Europa bereits in großem Maße statt.

Als Konstruktions-Verbundwerkstoffe ist ein Einsatz von biologisch abbaubaren Werkstoffen eben- falls möglich, beispielsweise als Verkleidungselement im Automobil- und Waggonbau, in der Möbel- und Freizeitindustrie, als temporär einzusetzende Rohrleitungssysteme zur Be- und Entwässerung oder Belüftung z.B. von Deponien. Es handelt sich hierbei um Biopolymere als formgebende Matrix, die beanspruchungsgerecht mit Naturfasern verstärkt wird, wobei sich insbesondere Bastfasern (Flachs, Hanf, Jute, Ramie) und Hartfasern (aus Blättern, z.B. Manila, Sisal, Yucca) eignen. Es können „Bio- verbundwerkstoffe“ erzeugt werden, die ähnliches mechanisches Verhalten wie glasfaserverstärkte Kunststoffe aufweisen. Neben dem rohstofflichen Recycling und dem Werkstoffrecycling steht als Entsorgungskonzept die Möglichkeit zum biologischen Abbau zur Verfügung //Hanselka 1996//.

3.4 Marktpotential für biologisch abbaubare Produkte

Es existieren zahlreiche Studien über das Marktpotential von biologisch abbaubaren Werkstoffen, wobei festgestellt werden kann, dass ursprünglich sehr optimistische Prognosen in jüngerer Zeit nach unten korrigiert wurden. Bis zum Jahr 2005 könnten weltweit bis zu 9,3 Mio. t BAW zum Einsatz kommen, wobei insbesondere der asiatische Markt mit seinem riesigen Verbrauch an Fast Food Geschirr zu nennen ist //C.A.R.M.E.N. 1998//. Die EU Commission prognostiziert im Report „BIO- PLASTICS“ 1994 ein Marktpotential von 1,145 Mio. t BAW und damit verbunden die Schaffung von über 20.000 neuen Arbeitsplätzen //Lörcks 1999//. In einer Studie, die 1998 vorgelegt wurde, wird für den Nordamerikanischen und Europäischen Markt insgesamt von nachfolgend in Tabelle 3-2 dargestellten Entwicklung für bioabbaubare Kunststoffe ausgegangen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3-1 Absatzmarkt für bioabbaubare Kunststoffe in den USA und der EU für das Jahr 1997 //hier übernommen aus Lörcks 1999//.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3-2 Prognose Marktentwicklung für bioabbaubare Kunststoffe in Nord- amerika und Europa nach einer Studie von 1998 //hier übernommen aus Lörcks 1999//.

Die Prognosen weichen sehr stark voneinander ab, aber es zeigt sich, dass das Marktpotential für biologisch abbaubare Kunststoffe noch bei weitem nicht ausgeschöpft ist und dass in Zukunft mit er- heblichen Wachstumsraten zu rechnen ist. Novamont, der Hersteller der Werkstoffgruppe Mater-Bi geht derzeit von einem Wachstum von 20% pro Jahr für seine Produktgruppe aus //Hesler 2000//.

Ein sehr großes Marktpotential besteht insbesondere für Verpackungen aus biologisch abbaubaren Ma- terialien. 1997 wurden in Westeuropa beispielsweise 350.000t Tragetaschen aus PE hergestellt, ein denkbares Potential für Biokunststoffe //Lörcks 1999//. Haushaltsabfall enthält in Deutschland 25-30 Vol.% Kunststoffe, vorwiegend kurzlebige Verpackungsmaterialien //C.A.R.M.E.N. 1998//, die ein er- klärtes Einsatzziel der biologisch abbaubaren Kunststoffe sind. Insgesamt wurden in Westeuropa 1995 37 Mio. t Kunststoffe verarbeitet, davon in Deutschland 11 Mio. t, darunter 2,7 Mio. t Verpackungen //Lörcks 1999//. Diese Zahlen belegen, dass Deutschland ein besonders interessanter Markt für biolo- gisch abbaubare Kunststoffprodukte darstellt. Nach Schätzungen besteht in Deutschland ein Marktpo- tential für biologisch abbaubare Kunststoffe von insgesamt 100.000 bis 500.000 t/a //Witt 1997//. Die Bundesregierung hat in beträchtlichem Umfang die Entwicklung von bioabbaubaren Kunststoffen finanziell gefördert und hat mit Zielfestlegung vom 17.01.1990 explizit Entwicklung und Einsatz biologisch abbaubarer, umweltverträglich kompostierbarer Kunststoffe gefordert //Bergs 1999//.

Biologisch abbaubare Kunststoffe treten immer auf einen Markt, auf dem sie mit etablierten und opti- mierten Produkten im Wettbewerb stehen, so dass nahezu alle potentiellen Anwendungen bereits belegt sind. Neben der Besetzung bestimmter Nischen, bei denen die Abbaubarkeit eine unverzichtbare Eigenschaft darstellt, zielen biologisch abbaubare Kunststoffe daher vor allem auf Substitution von etablierten Materialien. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn der Preisnachteil gegenüber konventionellen Kunststoffen verringert wird.

Eine Reduktion der Kosten für die Herstellung ist vor allem dann zu erwarten, wenn die Produktions- kapazitäten erhöht werden. In Deutschland wachsen die Verbrauchsmengen von biologisch abbau- baren Werkstoffen zur Zeit um jährlich 100% //Schroeter im Vorwort zu: Biologisch abbaubare Werk- stoffe 1999. Süddeutsches Kunststoff-Zentrum, 6.Fachtagung, Februar 1999//, so dass sich die Preise für BAWs immer weiter vom Niveau einer Spezialchemikalie in Richtung eines Massenkunststoffs bewegen. Es bestehen aber immer noch Preisunterschiede im Bereich eines Faktors 3 bis 10 verglichen mit herkömmlichen Kunststoffen //Schmidt, Benz 1999//. Der übliche Preisrahmen für Massenkunst- stoffe wie PE, PP und PS liegt zwischen 1,20 und 1,70 DM/kg //Witt 1997//.

[...]

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Abbaubare Kunststoffe
Hochschule
Universität Stuttgart  (Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft)
Note
1,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
25
Katalognummer
V12983
ISBN (eBook)
9783638187497
ISBN (Buch)
9783638642682
Dateigröße
802 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
biologisch abbaubare Kunststoffe
Arbeit zitieren
Sigrid Kusch (Autor:in), 2000, Abbaubare Kunststoffe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12983

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