Migrationen in der 3. Welt - unvermeidbarer Preis oder unverzichtbare Voraussetzung für Entwicklung?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

1 Unterschiedliche Definitionsansätze von Entwicklung
1.1 Die Wirtschaftsstufentheorie von W. W. Rostow
1.2 Zentrum-Peripherie-Modelle
1.3 Das Humankapital
1.4 Politökonomische Modelle
1.5 Schlussfolgerungen

2 Entwicklung vs. Modernisierung

3 Migration und Entwicklung
3.1 Konventionelle Migrationsmodelle und Entwicklung
3.1.1 Der Einfluß des Entwicklungsstandes auf die Migrationen
3.1.2 Drei Entwicklungsstufen der Migration
3.2 Alternative Möglichkeiten der Erforschung der Migrationsströme
3.3 Wirtschaftliche Auswirkungen der Migration
3.3.1 Wirtschaftliche Auswirkungen der Migration auf den ländlichen Raum
3.3.2 Wirtschaftliche Auswirkungen der Migration auf die Städte
3.3.3 Wirtschaftliche Auswirkungen von Geldrücksendungen
3.4 Die Rolle der Migration für konvergierende und divergierende Entwicklungs- prozesse aus Sicht der neoklassischen Theorie
3.4.1 Grundgedanken der neoklassischen Theorie
3.4.2 Das Theorem der Konvergenz und Effekte der Migration
3.4.3 Das Theorem der Divergenz und Effekte der Migration
3.4.4 Schlussfolgerungen

Literaturverzeichnis

Internationale wie auch nationale Migrationen besitzten im Vergleich mit anderen demographischen Phänomenen äußerst vielschichtige Determinanten und auch Folgen. Deshalb ist eine generelle Unterscheidung hinsichtlich Herkunfts- und Zielregionen bei der Beschreibung der Komplexität der Migrationsströme in Entwicklungsländern schlichtweg unzureichend. Wie noch aufgezeigt werden soll, läßt sich aber mit Sicherheit behaupten, daß Migration sehr eng mit der Entwicklung eines Landes verflochten ist: So spiegeln Migrationsvorgänge innerhalb der 3. Welt beispielsweise die Unterschiede hinsichtlich der Beschäftigungsmöglichkeiten, der Lohnniveaus und der vorgegebenen natürlichen Vorzüge in den entsprechenden Gebieten wieder. Bevor jedoch die Zusammenhänge zwischen Migrationen in Ländern der 3. Welt und deren Entwicklung dargestellt werden, sollte zuerst eine Definition des Begriffs “Entwicklung” - vor allem im Zusammenhang mit Entwicklungsländern - erfolgen, da es bisher eine Vielzahl von untereinander abweichenden Sichtweisen von Entwicklung gab.

1 Unterschiedliche Definitionsansätze von Entwicklung

Ein einfach zu handhabender und daher häufig verwendeter Indikator zur Beschreibung von Entwicklung ist das Pro-Kopf-Einkommen, wobei dies auch oft der einzig erhältliche Indikator ist. Dabei handelt es sich aber gleichzeitig um eine sehr eingeschränkte Be- trachtung der Wirklichkeit. Entwicklung im Sinne einer Verbesserung des allgemeinen Wohlergehens beinhaltet alle sozialen, politischen und wirtschaftlichen Veränderungen einer Gesellschaft, wodurch ihren Mitgliedern ermöglicht wird, sich auf die Art und Weise zu entwickeln, um ihr größtmögliches wirtschaftliches und nicht-wirtschaftliches Wohl zu erlangen. Entwicklung wird hier also nach D. Seers als ,,normativer Begriff im Sinne einer langfristigen Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Be- völkerung“ ( vgl. Schätzl, 1998, S.94 ) verstanden.

Mittlerweile gibt es einen ,,zunehmenden Konsensus darüber, was Entwicklung nun eigentlich ausmacht, wodurch die einzelnen Sichtweisen von Entwicklung auf einige wenige Standardformen zurückführbar sind“ ( vgl. Brown, 1991, S.10 ). Durch sozial- wissenschaftliche Studien wurden mehrere brauchbare Ergebnisse erzielt, mit denen die Voraussetzungen für Entwicklung identifiziert werden können und die auch den Entwicklungsprozess an sich beschreiben. Diese Studien konzentrieren sich dabei primär auf charakteristische Eigenschaften einzelner Länder oder Regionen. In diesem Zu- sammenhang sollen an dieser Stelle vier Modelle erläutert werden:

1.1 Die Wirtschaftsstufentheorie von W. W. Rostow:

,,Die Theorie der Wirtschaftsstufen beschreibt die langfristige Entwicklung der Wirtschaft unter Berücksichtigung der Interdependenz ökonomischer, demographischer, sozialer und politischer Einflußgrößen“ ( Schätzl, 1998, S. 161 ). Rostows Modell von 1960 fundiert dabei auf der wirtschaftlichen Historie und beschreibt die Entwicklung eines Landes im Sinne wirtschaftlichen Wachstums durch fünf Wachstumsstadien: Das Stadium der traditionalen Gesellschaft, das Stadium der Gesellschaft im Übergang zu einem selbsttragenden Wachstum, das Stadium des wirtschaftlichen Aufstiegs, die Ent- wicklung zur Reife und das Zeitalter des Massenkonsums. Auf dem Weg eines Landes von der untersten zur obersten Stufe der Entwicklung spielen unter anderem der Ausbau der Infrastruktur, die Ansammlung von Kapital, der Ausbau des Industriesektors und auch eine gewisse unternehmerische Mentalität der Bevölkerung eine große Rolle. Rostow geht davon aus, ,,daß alle vergangenen und gegenwärtigen Gesellschaften einem dieser Stadien zugeordnet werden können“ ( a. a. O. ).

1.2 Zentrum-Peripherie-Modelle:

,,Der Schwerpunkt aller Zentrum-Peripherie-Modelle ist die Ausgeglichenheit zwischen aktuellen und traditionellen Gegebenheiten der nationalen und internationalen Wirt- schaft“ ( vgl. Brown, 1991, S. 13 ). Mit einem strengen räumlichen Bezug haben Begriffe wie “Zentrum” und “Peripherie” eine entscheidende Funktion bei der Unterteilung eines Landes in seine geographischen Räume. Hier wird unterschieden zwischen dynamischen und modernen Wachstumszentren, die sich durch einen dominanten sekundären oder auch quartären Sektor auszeichnen, und traditionellen Periphergebieten, welche von einem primären Sektor beherrscht werden. Diese beiden Räume sind nach J. Friedmann ,,durch Autoritäts–Abhängigkeitsbeziehungen miteinander verbunden und bilden ein ge- schlossenes, räumliches System. Autorität gibt dabei dem Zentrum die Möglichkeit, über autonome Entscheidungen Einfluß auf die Entwicklung der Peripherie auszuüben“ ( vgl. Schätzl, 1998, S. 185 ). Polarisationseffekte berauben die peripheren Regionen durch Migrationen, Kapitalbewegungen und Handelsbeziehungen, während gleichzeitig Sickereffekte dafür sorgen, daß die Peripherregionen durch Lohnüberweisungen, Innovationsausbreitungen, Infrastrukturmaßnahmen, verbesserte Ausbildungsmöglichkei- ten, usw. aufgewertet werden. Letztendlich überwiegen jedoch die Polarisationseffekte, so daß es schließlich zu einer Dominanz des Zentrums, der räumlich konzentrierten wirtschaftlichen Agglomeration, kommt. Auch wenn diese Disparität zirkulär und kumulativ zunimmt, so ist doch zu beobachten, daß die Sickereffekte an Gewicht zunehmen, die Wachstumsraten der peripheren Regionen steigen und es allmählich zu einer Umkehr der Polarisationseffekte kommt.

Letztendlich besteht Entwicklung in diesen Modellen aus der Expansion eines modernen Sektors, welche verbunden ist mit dem Verfall eines traditionellen Sektors. Generell ist die Entwicklung in Städtezentren am größten und nimmt gleichmäßig mit der Entfernung zu diesen Zentren ab, bis sie ihren Tieftpunkt in ländlichen Gebieten erreicht.

1.3 Das Humankapital:

Im Gegensatz zu Entwicklungsstufenmodellen und Zentrum–Peripherie-Modellen, welche die strukturellen Gegebenheiten in den Vordergrund rücken, konzentrieren sich die Humankapitalmodelle auf Individuen und deren Fähigkeit, die Entwicklung selbst zu beeinflussen. Sie gehen davon aus, daß ,,Arbeitsproduktivität, persönliche Fähigkeiten, Motivation und das Ausschöpfen vorhandener Möglichkeiten zu weitreichenden wirt- schaftlichen Aktivitäten führen, welche spontan ablaufen“ ( vgl. Brown, 1991, S. 15 ). Diese Perspektive ergänzt dadurch die Modernisierungstheorie, welche von dem Übergang einer traditionellen zu einer modernen Grundeinstellung ausgeht, wodurch eine Motivationssteigerung der Individuen hinsichtlich unternehmerischer Werte erzielt wird. Die Voraussetzungen, unter denen das Humankapital genutzt werden kann, sind vor allem Qualifikation in Form einer guten Ausbildung, die Teilnahme am Arbeitsmarkt und eine ausreichende Abdeckung an Grundbedürfnissen wie beispielsweise ärztliche Ver- sorgung, gute Wohnplatzverhältnisse und ausreichende Ernährung.

1.4 Politökonomische Modelle:

,,Ein Grundlehrsatz aus der politökonomischen Sichtweise ist, daß Entwicklung und Un-terentwicklung in struktureller Hinsicht miteinander so in Beziehung stehen, daß die Interessen und Anliegen des politisch dominanten Zentrums am besten verwirklicht werden können, der Handlungsspielraum der Peripherie aber dadurch gleichzeitig eingeschränkt wird“ ( vgl. Brown, 1991, S. 17 ). Auf einer intranationalen Maßstabs- ebene hängt das Wachstum des Zentrums beispielsweise von einer Einschränkung der wirtschaftlichen Tätigkeit in der Peripherie ab, da ihm somit weiterhin billige Arbeitskräfte, Kapital und andere Vorteile durch Polarisationseffekte zur Verfügung stehen. Politökonomische Modelle sehen somit wirtschaftliche Entwicklung als Folge von Machtbeziehungen und die Entwicklung von Peripherregionen hinsichtlich deren Abhängigkeit begrenzt.

1.5 Schlussfolgerungen:

Die Konzentration bei diesen Ausführungen galt vor allem den wirtschaftlichen Aspekten von Entwicklungskonzepten. ,,Entwicklung wird vielfach synonym zum Begriff wirt- schaftliches Wachstum verwendet, ... wobei Wachstum zu verstehen ist als eine quantitative Erhöhung des Outputs entsprechend der Zunahme des realen Sozialprodukts“ ( vgl. Schätzl, 1998, S. 94 ).

Ergänzend lässt sich noch festhalten, daß ,,neuere Entwicklungstheorien und –strategien vermehrt internationale Beziehungen und Verflechtungen zwischen verschiedenen Wirt- schaftsebenen, kulturelle Einheiten, historische Gegebenheiten usw. berücksichtigen“ ( vgl. Hammer, 1988, S. 127 ). Dies liegt daran, daß erkannt wurde, daß einzelne Regionen nicht nur allgemeingültigen gesetzmäßigen Entwicklungen unterliegen, son- dern auch autochthone Kriterien wie Kultur, Religion, Geschichte, interne Produktions- faktoren, usw. die regionale Entwicklung beeinflussen.

Im Endeffekt verhält es sich so, daß sich die einzelnen Erklärungen, welche aus den Sichtweisen der unterschiedlichen Modelle abgeleitet werden können, eher untereinander ergänzen, als daß sie miteinander konkurrieren.

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Migrationen in der 3. Welt - unvermeidbarer Preis oder unverzichtbare Voraussetzung für Entwicklung?
Hochschule
Technische Universität München  (Geographisches Institut)
Veranstaltung
Bevölkerungswachstum und Mobilität in Ländern der 3. Welt
Note
1,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
23
Katalognummer
V9430
ISBN (eBook)
9783638161381
ISBN (Buch)
9783638641029
Dateigröße
536 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Migrationen, Welt, Preis, Voraussetzung, Entwicklung, Bevölkerungswachstum, Mobilität, Ländern, Welt
Arbeit zitieren
Franz Stare (Autor:in), 2001, Migrationen in der 3. Welt - unvermeidbarer Preis oder unverzichtbare Voraussetzung für Entwicklung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9430

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