Grundlegende Techniken am Schlagzeug


Diplomarbeit, 2006

78 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Was ist Technik am Schlagzeug?

1. Das Timing
1.1 Wahrnehmung der zeitlichen Folge in Verbindung mit Aufmerksamkeit, Konzentration, Entspannung und Körperbewusstsein
1.2 Eine Time-Übung

2. Der Schlag mit dem Stick
2.1 Stick Grip – Traditional und Matched Grip
2.2 Die Varianten des Matched Grip – German, French und American Grip
2.3 Das sinnvolle Nutzen der Schwerkraft
2.4 Eigenfrequenz des Sticks
2.5 Schlagtechniken
2.5.1 Free Stroke Technik
2.5.2 Die Moeller-Technik
2.5.3 Der Moeller Stroke
2.5.4 Pumping Motion des Moeller Strokes

3. Fußpedal Technik
3.1 Heel Up und Heel Down
3.2 Eine Fußpedal-Übung

4. Unabhängigkeit am Schlagzeug
4.1 Die Entwicklung der Unabhängigkeit am Schlagzeug
4.2 Vorhandene Literatur zur Unabhängigkeit am Schlagzeug
4.3 Kombination und Präzision zwischen Händen und Füßen
4.4 Klangkombinationen der Hände bei einem Standard Drumset
4.5 Koordination zwischen Händen und Füßen über rhythmische Motive
4.6 Interpretation von rhythmischen Vorlagen
4.7 Das ”4tel Notensystem”

5. Zusätzliche Übungen
5.1 Rhythmische Vorlagen in einem Takt
5.2 Handsätze ”verteilen”

6. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Internetangaben

Notenerläuterung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Das Drumset ist im Verhältnis zu anderen Instrumenten noch sehr jung. Seit der Entstehung des Drumsets zu Beginn des 20. Jahrhundert ist es in einem stetigen Wandel. Durch ständig hinzukommende und neuentwickelte Schlagzeuginstrumente und Zubehör sind die Möglichkeiten des Drumsetaufbaus sehr variabel und machen das Instrument flexibel und unterschiedlich einsetzbar.

Gleichzeitig ist es ein Instrument, an dem man technisch viel falsch machen kann, weil sich das Drumset in einem Entwicklungsprozess befindet. Es entsteht oft eine Vermittlung von unreifer und falscher Technik, da vielen nicht klar ist, welche Technik die richtige ist, und den Grundlagen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dies wirkt sich auf das Musizieren negativ aus und verringert unsere Chancen uns weiterzuentwickeln. Mein Ziel ist es deshalb, mit dieser Arbeit die grundlegenden Techniken am Schlagzeug zu erklären, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden und die sich seit der Entstehung des Schlagzeugs durchgesetzt haben. Es wird ein Überblick über die am meisten verwendeten Schlagtechniken der Hände und Füße gegeben. Die Bewegungsabläufe der Schläge werden schriftlich erklärt und in Bildern dargestellt.

Desweiteren werden verschiedene Möglichkeiten gezeigt, wie man seine Unabhängigkeit am Schlagzeug verbessern kann. Die Übungen und Darstellungen sind überwiegend stilistisch ungebunden, denn die Arbeit handelt von grundlegenden Techniken, die in jedem Musikstil von Nutzen sein können. Die Übungen in dieser Arbeit sind hilfreich für Schlagzeuger im fortgeschrittenem Stadium, die ihre Technik verbessern wollen oder Anregungen suchen.

Was ist Technik am Schlagzeug?

Technik ist nach der Definition des Wörterbuchs „grundsätzlich die Anwendung von besonderen Methoden, Prinzipien bzw. Naturgesetzen, einzeln oder in Kombination, um bestimmte Wirkungen zu erzielen. (...) Technik kann als die Fähigkeit des Menschen verstanden werden, Naturgesetze und Kräfte (...) sinnvoll einzusetzen oder umzuwandeln” (http://de.wikipedia.org/wiki/Technik).

Auf das Schlagzeug bezogen gilt Technik als die „Verbindung zwischen dem Verstand und dem Instrument” (http://johnnydrums.com/ text/FreeTechnique.html), denn es geht darum die Zusammenhänge zwischen den Bewegungen, die wir am Instrument ausführen, und den Impulsen des Gehirns zu verstehen und kontrollieren zu können. Jeder Musiker (oder Lehrer) sollte hinterfragen, ob die Methoden und Übungen von Bedeutung sind. Methoden und Übungen haben das Ziel „Fähigkeiten zur Kontrolle des Schlägel mittels Finger-, Handgelenk, Unter- und Oberarm und sonstigen Körperbewegungen zu erlangen und gleichzeitig Kraft, Kontrolle, Ausdauer und Geschwindigkeit aufzubauen“ (Tozzi 1994, S.36). Letztendlich geht es darum seine Technik im musikalischen Kontext einsetzen zu können: Schnelligkeit macht das Spielen „spektakulär”, Kontrolle bringt Klarheit und Genauigkeit in unseren musikalischen Ausdruck, Ausdauer und Konzentration für die Länge des Auszudrückenden, Kraft für die Ausweitung des dynamischen Umfangs (Famularo 1996, S.10). Joe Morello beschreibt Technik wie folgt: „Technique is only a means to an end, but some drummers lose sight of this and approach the drums strictly from a technical standpoint. (...) You have to apply the technique to the music you are playing. (...) The ultimate goal is to be able to play what you hear in your mind and to be able to play it instantly ”(Morello 1983, S.5). Das Ziel sollte demnach sein, die eigene Technik zu verbessern, um dadurch „Freiheit über Ausdruck mit der größtmöglichen Fähigkeit mit dem Minimum an Anstrengung” (Kaufmann 1993, S. 13) zu erlangen. „Das Erweitern der Technik führt zu mehr Ausdruck der [eigenen] Kreativität” (Kaufmann 1993, S.13).

Dass die Verbesserung der Technik nur durch regelmäßiges, tägliches Üben erzielt werden kann, sollte jedem professionellem Musiker, der sein Instrument versteht und ernst nimmt, klar sein. Erst durch die Routine wird ein Fortschritt erkennbar. Vor allem der Aufbau von Muskeln und das Trainieren der Reflexe erfordern beim Schlagzeuger eine kontinuierliche Regelmäßigkeit, um ein Abbau der Muskeln und Reflexe zu verhindern.

Wir können außerdem nur unsere Technik erweitern und verbessern, wenn wir die richtige Technik anwenden. Ich würde die richtige Technik als jede körperliche Bewegung beschreiben, die natürlich und entspannt ist und sich komfortabel anfühlt, und die den gewünschten Klang mit der geringsten möglichen Bemühung erzeugt.

Eine Bewegung ist auch dann „natürlich”, wenn

1. ihr Ablauf den größtmöglichen Grad an Bewegung ausnutzt
2. der geringste Widerstand erzeugt wird und
3. die größtmögliche Entspannung herrscht (http://musicalskills.com/stick-control-tm.html).

Die Herausforderung des Schlagzeugers besteht also darin, die Mechanismen der natürlichen Körperbewegungen beim Spielen mit Entspanntheit zu meistern und gleichzeitig sinnlose Anstrengungen, die Spannungen erzeugen, zu verringern.

Technik heißt auch, ein tieferes Verständnis für seinen Körper zu erlangen. Es ist wichtig, seinen Körper beim Üben zu beobachten und darauf zu achten, dass alle Muskeln entspannt sind, denn durch hohe körperliche Belastung können leicht Verspannungen und Schmerzen auftreten. Verspannungen sind oft schwierig zu spüren und zu erkennen; sie können an den kleinsten Muskeln oder an ganzen Muskelgruppen entstehen. Solche andauernden Anspannungen können sich in Schmerz umwandeln. Wenn Schmerzen aufkommen, ist dies ein Zeichen für falsches Üben. Das Üben wirkt sich dadurch eher negativ auf den Körper aus und verliert seine eigentliche Bedeutung. Deshalb ist es unbedingt notwendig Schmerz zu vermeiden, um Kraft, Ausdauer, Geschwindigkeit und Kontrolle am Schlagzeug verbessern zu können. Durch unnötige Spannung entsteht nicht nur Schmerz. „Es ist eine Verschwendung von wertvoller Energie, die zu einem positiven Gebrauch genutzt werden könnte” (Kaufmann 1993, S.15).

1 Das Timing

1.1 Wahrnehmung der zeitlichen Folge in Verbindung mit Aufmerksamkeit, Konzentration, Entspannung und Körperbewusstsein

Ein Gefühl für den Zeitablauf zu entwickeln, ist eines der wesentlichen Kriterien musikalischer Qualität, denn Musik kann nur als Ablauf in der Zeit erlebt werden (http://de.wikipedia.org/wiki/Musik). Für den Schlagzeuger ist es erstrebenswert und von großer Bedeutung eine gute ”Time” zu entwickeln, d.h. ein beständiges Zeitempfinden. Um ein beständiges Zeitempfinden zu entwickeln, muss man den Zeitraum zwischen den einzelnen Schlägen studieren (Kaufmann 1993, S.17). ”Ein beständiges Tempo wird durch das Studieren der Bewegungen in diesem Zeitraum erreicht” (Kaufmann 1993, S.17). Die Zeit, die man braucht, um die Bewegung eines Schlags durchzuführen, ist je nach Tempo unterschiedlich. Deshalb sind langsamere Tempi sinnvoller, um Bewegungsabläufe zu verinnerlichen, weil mehr Zeit bleibt, die Bewegungen bewusst auszuführen. ”Langsame, gleichmäßige und korrekt ausgeführte Schläge sind viel besser geeignet, wenn es darum geht, alte Gewohnheiten durch neue und effektivere auszutauschen. [...] Unser Gehirn erlernt und reprogrammiert Gewohnheiten durch ständige Wiederholung. Wenn man seine Technik aus- und aufbauen will, wird das Erinnerungsvermögen über die Bewegungsabläufe der Muskeln ständig reprogrammiert. Langsam zu üben beschleunigt also in gewisser Weise den Lernprozess” (Famularo 1996, S.2). Erst wenn die Bewegungsabläufe im langsamen Tempo verinnerlicht sind, können wir allmählich das Tempo erhöhen. Damit wir also ein bestimmtes Tempo verinnerlichen können, müssen wir uns über die Zeitdauer und die Bewegung der einzelnen Schläge im Klaren sein. Die grundlegenden Schläge beim Schlagzeug werden in den Kapiteln 2 und 3 näher erläutert.

Als wesentlicher Bestandteil des Übens ist ein Metronom von großer Wichtigkeit, weil es keine Zeitschwankungen hat und die verschiedenen Tempi korrekt wiedergibt. Das Ziel sollte deshalb sein, möglichst genau zu einem Metronom oder Click spielen zu können, um die ”Genauigkeit seiner inneren Uhr” (Famular 1996, S.57) zu verbessern. Das Metronom ”ist ein effektives Werkzeug, um die Feineinstellung eures Time-Empfindens zu kontrollieren” (Famularo 1996, S.2), es überprüft die Time und dient gleichzeitig als Maßstab, um unseren Fortschritt zu messen. Die eigene innere Uhr kann zwar nie perfekt sein wie ein maschinell funktionierendes Metronom, weil ”das menschliche Zeitempfinden durch das Ein- und Ausatmen in einem gewissen Grad elastisch und dehnbar ist” (Kaufmann 1993, S.17).

Außerdem wird die Zeit von jedem Individuum unterschiedlich wahrgenommen, weil jeder Mensch in einer bestimmten Zeitdauer unterschiedliche mentale Prozesse durchläuft. ”Denn die Zeitwahrnehmung entsteht erst durch kognitive Vorgänge, d.h. die mentalen Prozesse eines Individuums wie Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche und Absichten” (http://de.wikipedia.org/wiki/Kognition) ergeben zusammen ein individuelles Zeitempfinden. ”Die Zeit ist eine zwar abstrakte, aber reale Eigenschaft der Umwelt, und die grundlegenden Informationen über sie werden über die Sinne aufgenommen” (http://de.wikipedia.org/ wiki/Wahrnehmung). Deshalb müssen wir unsere Sinne auf vielen Ebenen schärfen, um schließlich unser Timing zu verbessern. ”Unser Gehörsinn (auditive Wahrnehmung) dient der Wahrnehmung von Schall, Geräuschen, Tönen, Rhythmen und Klängen” (http://de.wikipedia.org/wiki/Wahrnehm-ung). Durch ihn können wir feststellen, wann Klänge entstehen. Zum Einen müssen wir uns auf den Click des Metronoms konzentrieren und zum Anderen gleichzeitig darauf achten, in welchem zeitlichen Verhältnis die gespielten Sounds zum Click stehen. Ausserdem müssen die Stellung der Körperteile zueinander und damit die Körperhaltung bewusst wahrgenommen werden. Die Wahrnehmung einzelner Körperteile geschieht durch eine Vielzahl an Rezeptoren in Gelenken, Muskeln und Sehnen. Diese nehmen Verspannungen oder zu starke Anstrengungen wahr, die dem Körper schaden können. Deshalb ist es ”erstrebenswert, einen Zustand vollkommener Entspannung zu erreichen” (Famularo 1996, S.2). Nur dann können wir unsere Technik auf- und ausbauen: ”...everything is done with natural body movement. [...] they have to fit the way the body is made. you must use everything in a natural way” (Morello 1983, S.5). Damit wir unserem Körper nicht schaden, müssen wir uns vor dem Üben oder Spielen aufwärmen und dehnen. Durch Aufwärmen erfolgt eine bessere Blutversorgung der Muskeln und somit eine geringere Verletzungsgefahr. ”Durch Dehnen erreichen wir mehr Beweglichkeit und Flexibilität in unserem Spiel” (Famularo 1996, S.3). Die Dehnung der Muskulatur kann nur dann optimal erfolgen, wenn auch der allgemeinen Entspannung genügend Beachtung geschenkt wird.

Musik zu machen ist ein äusserst komplexes Vorhaben und sowohl für den Körper als auch für den Geist anstrengend und kraftraubend, weil ein hohes Maß an Konzentration gefordert wird. Damit wir diese besondere Leistung erbringen können, müssen wir uns durch intensives Üben auf die musikalische Situation vorbereiten. Dies erfolgt, indem wir beim Üben bewusst unsere Aufmerksamkeit auf die schwierigen Stellen lenken, damit wir später beim Musizieren nicht darüber nachdenken müssen. Das Üben hat den Vorteil, dass wir die Aufmerksamkeit und alle Gedanken gezielt auf das richten können, was wir gerade üben, und gleichzeitig die Aufmerksamkeit von unwichtigen Sachen weglenken. Dennoch verarbeitet das Gehirn auch die Reize, auf die wir nicht unsere Aufmerksamkeit richten (http://de.wikipedia.org/wiki/Aufmerksamkeit). Deshalb ist es beim Üben wichtig, dass wir uns von Störquellen, wie z.B. von anderen Personen, vom Telefon, Fernseher usw. abschirmen. ”Eine regelmäßige bewusste Lenkung der Aufmerksamkeit auf einzelne Körperteile oder den Körper insgesamt führt zu einer besseren Durchblutung, einer Stärkung des Immunsystems und allgemein zu einem verbesserten Gesundheitszustand” (http://de.wikipedia.org/wiki/Aufmerksamkeit). Richten wir die Aufmerksamkeit regelmäßig nur auf eine bestimmte Sache, so wird dies mit der Zeit zu einer Gewohnheit und wir vernachlässigen unbewusst andere Körperteile, an denen mit der Zeit Verspannungen und Schmerzen auftreten können. Deshalb ist es wichtig die Richtung unserer Aufmerksamkeit regelmäßig zu kontrollieren und zu versuchen auf möglichst vieles zur gleichen Zeit aufmerksam zu sein. ”Die Aufmerksamkeit sollte als eine besondere Form der physischen Tätigkeit, nämlich als Kontrollfähigkeit für unseren Körper fungieren” (http://de.wikipedia.org/wiki/Aufmerksamkeit). Ziel sollte sein, einen Zustand der entspannten Aufmerksamkeit in einer Umgebung ohne Störreize zu erreichen.

1.2 Eine Time-Übung

Während meines Studiums wurde mir von Jerry Granelli eine Übung gezeigt, die sich mit der Verbesserung der Time befasst und gleichzeitig als Aufwärmübung für die Hände dient. Dabei soll die Konzentration auf die Time gelenkt werden. Die Übung ist der Aufwärmübung ”2-50 Warm-Up Exercise” von Dom Famularo (1996, S. 12) sehr ähnlich. Das kommt daher, dass sowohl J. Granelli als auch D. Famularo die Übung von Joe Morello gezeigt bekommen haben.

Übetipp:

Die Übung besteht aus dem Free Stroke-Schlag in Form von Viertelnoten, die zum Metronom gespielt werden. Deshalb muss man zuerst den Free Stroke-Schlag beherrschen, damit diese Übung korrekt ausgeführt wird. Die Übung dient auch dazu, ”die Free Stroke-Bewegung besser zu verstehen und die Ausführung zu perfektionieren” (Famularo 1996, S.11). Sie macht umso mehr Sinn, je besser man den Free Stroke-Schlag beherrscht, weil man dann mehr Aufmerksamkeit auf die Time lenken kann. Der Free Stroke wird im Kapitel 2.4.1 näher erklärt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Metronom wird auf ein langsames Tempo zwischen 50 und 70 bpm gestellt. Zu Beginn sollte die Hand jeweils im einminütigen Rhythmus gewechselt werden. Dann kann eine langsame Steigerung erfolgen, bis man mit jeder Hand 5 Minuten diese Übung spielen kann. Die Übung sollte man insgesamt mindestens 20 Minuten lang spielen.

Am Anfang werden die Hände (vor allem das Handgelenk) sehr schnell müde werden, wenn man den Free Stroke Schlag nicht beherrscht. Bis man diese Übung 5 Minuten korrekt spielen kann, können mehrere Tage oder Wochen vergehen. Es ist deshalb wichtig, tägliche Kontinuität in diese Übung zu bekommen, damit sich die Muskulatur in den Handgelenken aufbaut und ein Fortschritt in der Genauigkeit der Time erkennbar wird.

Es ist äußerst wichtig, die Übung im langsamen Tempo zu spielen, um den Bewegungsablauf zu verinnerlichen. Je langsamer das Tempo ist, desto schwieriger wird es die Übung auszuführen, weil der Zeitraum zwischen den Schlägen größer wird, und wir damit mehr Gelegenheit haben, gedanklich abzuschweifen (siehe Kap. 1.1).

Dadurch, dass jeder Schlag zum Metronom gespielt wird, hört man jede Ungenauigkeit zwischen dem Metronom und den Schlägen. Das Ziel sollte sein, dass man so exakt mit dem Metronom zusammen ist, bis man es nicht mehr hört. Man soll das Gefühl kriegen, dass man eins ist mit dem Metronom. Achtet dabei auf die Lautstärke des Metronoms. Ist der Click zu laut, hört man jeden Click, auch wenn man exakt zusammen ist. Ist der Click zu leise, wird es schwierig zu beurteilen, ob man wirklich exakt spielt.

”Es ist nicht nur eine Übung für den Free Stroke allein, sondern auch eine Übung für die physische und mentale Disziplin” (Famularo 1996, S. 12). Wenn nämlich die Gedanken von der Time und dem Schlag abschweifen, wird die Time dadurch ungenauer. Je konzentrierter und aufmerksamer diese Übung durchgeführt wird, umso besser entwickelt sich ein beständiges Zeitempfinden.

2 Der Schlag mit dem Stick

2.1 Stick Grip – Traditional und Matched Grip

Eines der wichtigsten Kriterien beim Schlagzeugspielen ist die Stickhaltung. Eine entspannte, natürliche Stickhaltung ist Voraussetzung für effektives Trommeln. Jeder Schlagzeuger setzt sich zwangsläufig damit auseinander. Allgemein haben sich zwei verschiedene Stickgriffe entwickelt, die heutzutage von den meisten Schlagzeugern benutzt werden: „Traditional Grip” und „Matched Grip”. Beim Matched Grip ist der Stickgriff beider Hände identisch. Verschiedene Formen des Matched Grip sind German, French und American Grip. Beim Traditional Grip (Bild 1.1) werden im Gegensatz zum Matched Grip die Sticks mit beiden Händen unterschiedlich gehalten. Dieser Griff entwickelte sich aus der militärischen Schlagzeugschule, wo die Trommel in einer schrägen Lage von der Schulter hing. Durch die Neigung war es schwierig in Matched Grip Position zu spielen, und man war gezwungen mit der linken Hand den Stick anders zu greifen, um eine ungünstige Position zu vermeiden. Allgemein wird der Stick in der rechten Hand „unterhalb”, in der Linken „oberhalb” der Hand gegriffen.

Bild 1.1 Traditional Grip

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im frühen 20. Jahrhundert überlieferten viele der damaligen Schlagzeuglehrer ihren Schülern die militärische Schlagzeugausbildung mit Verwendung des Traditional Grip. Dadurch wurde der Traditional Grip von Schlagzeugern wie Gene Krupa, Warren „Baby” Dodds und Buddy Rich für das Drumset übernommen und präzisiert, obwohl dieser Griff eigentlich für Trommeln in schräger Lage erfunden wurde. Für das Drumset wird die Snaredrum dabei oft auch auf einem Ständer in eine schräge Position gebracht, um mit Traditional Grip spielen zu können, obwohl es auch möglich ist in horizontaler Lage der Snaredrum den Traditional Grip anzuwenden, wie z.B von Jojo Mayer. Durch die unterschiedliche Haltung der Hände sind diese allerdings nicht mehr gleichberechtigt, sondern bekommen unterschiedliche Aufgaben. Die rechte Hand wird zur „führenden Hand” und spielt die „lead patterns”, z.B auf Ridecymbals oder Hihat, während die linke Hand aufgrund der Haltung nicht die Rolle der „führenden Hand” übernehmen kann. Einige Schlagzeuger lehnen den Traditional Grip vor allem für den Orchestergebrauch ab, da es zeitaufwändig ist diesen Griff zu perfektionieren, und fast immer ein leicht unterschiedlicher Klang entsteht. Ebenso ist es nicht möglich, den Traditional Grip auf Mallets oder Timpani zu transferieren. Trotzdem wird dieser Griff heutzutage von vielen Schlagzeugern wie Steve Gadd, Stewart Copeland und Winnie Colaiuta benutzt und von manchen Lehrern nach wie vor unterrichtet. Viele sehen im Traditional Grip einen Vorteil im Erreichen von Unabhängigkeit: Aufgrund der Technik fällt es manchen Musikern leichter die linke von der rechten Hand „im Kopf” trennen zu können. Der Griff soll auch dazu beitragen, ein wenig „asymmetrischer” und dadurch unabhängiger zu denken. Der Traditional Grip wird häufig von Jazzschlagzeugern bevorzugt mit der Begründung, es sei ein anderes Gefühl und es wäre optisch reizvoller mit Traditional Grip zu spielen. Grundsätzlich ist es aber möglich, mit beiden Grips ein hohes technisches Niveau zu erreichen. Diejenigen, die den Traditional Grip gelernt haben, bevorzugen diesen Grip, weil sie ihn mehr geübt haben und dadurch besser damit zurechtkommen.

Manche Schlagzeuger bevorzugen hingegen den „Matched Grip“. Dieser hat den Vorteil, dass man durch die identische Haltung bei Single- oder Double Strokes leichter einen gleichmäßigen, flüssigeren Klang erreichen kann. Das Erlernen des Matched Grip ist im Gegensatz zum Traditional Grip einfacher, da man die Haltung der einen Hand auf die andere übertragen kann, und es nicht notwendig ist, zwei unterschiedliche Haltungen zu erlernen. Sogar in Drumcorps werden heutzutage Schlaufen verwendet, die eine schräge Lage der Trommel verhindern und es ermöglichen, den Matched Grip zu nutzen. Dieser hat außerdem den Vorteil, dass man die linke Hand zur „führenden Hand” trainieren kann, um Ride- oder Hihatpatterns auch mit ihr spielen zu können und um das „über Kreuz spielen” zu verhindern. Meiner Meinung nach eignet sich der Matched Grip deshalb in den meisten Situationen besser, es sei denn, man spielt „traditional marching drums” in schräger Lage.

2.2 Die Varianten des Matched Grip – German, French und American Grip

Die Geschichte des Matched Grip geht bis zu Mallet- und Timpaniinstrumenten zurück, die von Schlagzeugern in Matched Grip-Position gespielt wurden. In Deutschland und Frankreich entwickelten sich im Orchesterspiel unterschiedliche Griffe des Sticks, die bis heute benutzt werden. Der American Grip hat eine weitaus jüngere Geschichte und entwickelte sich in der Zeit der Drumsetentstehung. Bei allen drei Griffen sind beide Hände in identischer Position. Die Griffe unterscheiden sich hinsichtlich des Winkels der Sticks zueinander und der Neigung des Handgelenks. Außerdem werden bei jedem Griff Muskelpartien des Handgelenks und der Finger unterschiedlich stark beansprucht, was zu entsprechenden Vor- und Nachteilen führt.

Bild 1.2: German Grip

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der German Grip (Bild 1.2) wird oft in der klassischen Ausbildung für kleine Trommel unterrichtet. Es gibt keine allgemein einheitliche German Grip-Haltung, denn sie variiert minimal je nach Person und Körpereigenschaften. Folgende Merkmale zeichnen den German Grip aus: Beim German Grip sollten die Sticks einen Winkel von ca. 90° ergeben. Die Handfläche zeigt dabei nach unten, und die Daumen befinden sich seitlich von den Sticks. Der Stick sollte leicht zwischen dem abgeflachten Teil des Daumens und dem vorderen Glied des Zeigefingers gehalten werden (Famularo 1996, S.8), ohne dabei großen Druck auf den Stick auszuüben. Zwischen Daumen und Zeigefinger sollte eine Lücke sein, in der der Stick zurückspringen kann. Das hintere Ende des Sticks ruht auf dem weichen Teil des Handballens zwischen kleinem Finger und Handgelenk. Bei Dom Famularo hat dieser Teil der Hand die Funktion als eine Art „Shock Absorber” (1996, S.8), der die Energie des zurückkommenden Sticks abfängt. Die anderen drei Finger liegen locker um den Stick. Die Bewegung des Schlags kommt aus dem Handgelenk, und mit dem Daumen und Zeigefinger werden der Druck auf den Stick und damit der Rebound kontrolliert. Mit diesem Griff ist vor allem lautes, kraftvolles Spielen möglich, weil die Bewegung aus dem Handgelenk kommt.

Bild 1.3: French Grip

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der French Grip (Bild 1.3) entwickelte sich in erster Linie zur Realisation schneller Single Stroke Rolls auf den Kesselpauken. Beim French Grip sind die Hände näher zusammen und die Sticks sind fast parallel zueinander. Die inneren Handflächen sind einander „gegenüber”, die Daumen sind oberhalb der Sticks und die restlichen Finger sind unterhalb. Die Bewegung des Handgelenks steht bei diesem Griff nicht im Vordergrund. Durch die seitliche Lage des Unterarmes wird die Bewegung des Handgelenks eingeschränkt, aber sie ermöglicht den Fingern eine aktive Rolle bei der Bewegung der Sticks zu übernehmen. Die Finger können einen wichtigen Teil dazu beitragen, höhere Geschwindigkeiten beim Spielen zu erreichen und ein größeres Ausmaß an Finesse zu erlangen. Vor allem leisere Schläge können sinnvoll mit den Fingern kontrolliert werden. Viele Schlagzeuger benutzen die French Grip Position auch auf dem Jazz-Ride-Becken (Daumen oben) oder beim Backbeat auf der Snare.

Bild 1.4: American Grip

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Den American Grip (Bild 1.4) entwickelten Schlagzeuger, die sich am wohlsten zwischen dem German und French Grip fühlten. Der American Grip ist somit eine Mischung dieser beiden Griffe. Die Hände sind weiter auseinander als beim French Grip, aber enger zusammen als beim German Grip. Die Daumen sind ungefähr in einem Winkel von 45° zum Stick. Dieser Griff kombiniert die Kraft des German Grip und die Finesse des French Grip.

Bezogen auf das Drumset ist generell jeder dieser Griffe möglich. Es ist jedem Schlagzeuger selbst überlassen, seine für sich selbst beste Spielweise zu finden. Betrachtet man die Stickhaltung von Schlagzeugern, stellt man fest, dass es keine einheitliche Haltung gibt. Bei manchen Musikern erscheint die Haltung auf den ersten Blick sogar falsch und unnötig kompliziert, allerdings ist sie vermutlich für den Betreffenden am besten geeignet. Die Unterschiede entstehen unter anderem durch den individuellen Körperbau. Bestimmte Körper- oder Muskelpartien sind bei jedem Menschen anders ausgeprägt. Dies erfordert eine individuelle Haltung beim Spielen. Je nach Musikrichtung werden andere Haltungen bevorzugt. Schlagzeuger, die sich z.B auf Rock oder Metal spezialisiert haben, bevorzugen ein kraftvolles, druckvolles Spiel, und spielen hauptsächlich aus Arm und Handgelenk. Beim Jazz stehen dagegen ein individueller Sound und ein breites Klangspektrum im Vordergrund. Jeder Griff ermöglicht unterschiedliche Schlagtechniken und Klangmöglichkeiten, die auf die jeweilige Musikrichtung und Situation angewandt werden können. Es ist also ratsam, alle Griffe auszuprobieren und zu üben, um die jeweiligen Vor- und Nachteile für sich selbst zu finden und schließlich anwenden zu können.

2.3 Das sinnvolle Nutzen der Schwerkraft

Um nun das Maximum aus einem Schlag mit der geringsten Anstrengung herauszuholen, ist es wichtig sich über die entstehenden Energien bewusst zu werden. Eine dieser Energien ist die der Schwerkraft. Durch die Schwerkraft hat der Stick eine automatische Bewegung nach unten. „Schwerkraft ist eine Kraft, die immer da ist. Wir können sie zu unserem Vorteil nutzen. Ein Verständnis dafür, wie man sie anwendet, ermöglicht uns viel effizienter mit unserer Energie zu sein” (Kaufmann 1993, S.13). Zwar tritt die Schwerkraft automatisch auf, doch jeder Einzelne sollte hinterfragen, ob sie auch vollkommen ausgenutzt oder die bereits vorhandene Schwerkraft „gebremst“ wird. Um die Wirkung der Schwerkraft zu demonstrieren, empfiehlt es sich folgende Bewegung durchzuführen.

Die Wirkung der Schwerkraft:

Bild 2.1: Wirkung der Schwerkraft - Grundposition

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2.2: Wirkung der Schwerkraft - Eigenständiges Springen des Sticks

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei dieser Grundposition wird der auf dem Zeigefinger liegende Stick etwa bei einem Drittel der Gesamtlänge gegriffen und dann aus fast vertikaler Position (so weit oben wie möglich) fallengelassen (Bild 2.1). Es ist wichtig, dass kein Druck auf den Stick ausgeübt wird. Er soll auf dem Zeigefinger liegen. Wird die Bewegung korrekt ausgeführt, kann keine andere Kraft außer der Schwerkraft wirken. Der Stick springt nach dem Fallen mehrmals auf und ab, bis er auf der Trommel liegenbleibt (Bild 2.2). Wie im nächsten Foto gezeigt, kann der Stick auch weiter hinten gegriffen werden (Bild 2.3). Dann kann man schnell feststellen, wie die Energie der Schwerkraft abgebremst werden kann.

[...]

Ende der Leseprobe aus 78 Seiten

Details

Titel
Grundlegende Techniken am Schlagzeug
Hochschule
Universität der Künste Berlin  (Jazz Institut Berlin)
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
78
Katalognummer
V71815
ISBN (eBook)
9783638623469
ISBN (Buch)
9783640858347
Dateigröße
1739 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Grundlegende, Techniken, Schlagzeug
Arbeit zitieren
Tomas Svensson (Autor:in), 2006, Grundlegende Techniken am Schlagzeug, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71815

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