Karl der Große und Papst Leo III. Die Geschichte der Kaiserkrönung Karls des Großen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

23 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Verhältnisse zwischen den Karolingern und dem Papsttum bis Leo III.

2. Die Wahl des Papstes Leo III.

3. Die Vorgeschichte der Kaiserkrönung
3.1. Der Putsch in Rom
3.2. Die Reise des Papstes nach Paderborn
3.3. Karls Romzug

4. Die Krönung Karls des Großen und ihr Nachwirken
4.1. Die Krönungszeremonie
4.2. Das Zweikaiserproblem und die Anerkennung Karl als Kaiser

Fazit

Literaturverzeichnis:

Einleitung

Karl der Große gehört zu den schillernden Persönlichkeiten der mittelalterlichen Geschichte. Als „Vater Europas“ genießt er fast uneingeschränkte Hochachtung als militärischer Führer und kultureller Erneuerer, umsichtiger Politiker und kluger Verwaltungsfachmann.

Über dem Papst Leo III. weiß man dagegen viel weniger. Über die Herkunft des Papstes existieren mehrere Theorien. Der Vatername des Papstes lässt vermuten, dass er aus einer griechischen Familie aus Süditalien stammt. Daraus, dass keine Quelle in irgendeiner Form seine Verwandten erwähnt, konnte auf seine Nichtadligkeit geschlossen werden. Wie dem auch sei, sollte gerade dieser Papst in der Geschichte des fränkischen Reiches und für die Gründung des Kaisertums, das bis zur Abdankung des Kaisers Franz II im Jahre 1806 existierte, eine sehr wichtige Rolle spielen.

Wie groß die Rolle dieses Ereignisses in der Geschichte des Abendlandes ist, dementsprechend intensiv ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit den Beziehungen zwischen Karl dem Großen und dem Papst Leo III. sowie mit dem Karls Weg zum Kaisertum. In den generationenlangen Debatten, die sich an die mittelalterliche Quellen und die zeitgenössische Forschung anlehnen, existieren zahlreiche Theorien über Karls Kaiserkrönung und ihre Nachwirkung.

Auf der Basis der grundlegenden Arbeiten von den Historikern Classen, Caspar, Riché und anderen wird in dieser Arbeit versucht, die Beziehungen zwischen dem Papst und Karl dem Großen darzustellen. Dabei werden die rechtliche Grundlage dieser Beziehungen, die Vorgeschichte und die Zeremonie der Kaiserkrönung Karls sowie ihre unmittelbaren Folgen untersucht.

Bevor aber mit dem eigentlichen Thema dieser Arbeit zu beginnt wird, ist es notwendig einen groben Überblick der Verhältnisse, die zwischen den Karolingern und dem Papsttum zur Zeit der Regierung Karls des Großen schon gebildet waren, zu geben.

1. Verhältnisse zwischen den Karolingern und dem Papsttum bis Leo III.

Die Beziehungen zwischen dem Papsttum und den Karolingern um die Mitte des 8. Jahrhunderts stellten schon eine Tradition dar. Schritt für Schritt näherten sich die beiden Mächte, um ein für die Geschichte bedeutendsten Bündnis zu schließen.

Der Hilferuf von Papst Gregor III. an Karl Martell und die weitere Übergabe des Schlüssels vom Grabe mit den Ketten des hl. Petrus kann man als ersten Schritt seitens des Papsttums zum Aufbau dieses Bündnisses bezeichnen.[1] Obwohl Karl Martell wegen seiner Außenpolitik und des Bündnisses mit dem Langobardenkönig Liutprand sich nur auf die ehrenvollen Empfang der päpstlichen Gesandtschaft und die reiche Geschenke an den Papst von seiner Seite beschränkte, sah Gregor III. schon damals Karl Martell als Verteidiger der Kirche.

Im Jahre 751 hatte der Papst Zacharias mit seiner Antwort an die Gesandten Pippins des Jüngeren „… es sei besser, den als König zu bezeichnen, der die Macht habe, statt den, der ohne königliche Macht blieb.“ zum Aufstieg des karolingischen Geschlechtes zum Königtum verholfen.[2] Mit dem päpstlichen Responsum wurde nicht nur die merowingische Epoche beendet, sondern auch die karolingische Königsgewalt völlig legitimiert.

Am 7.1.754 schlossen Pippin der Jüngere und der Papst Stephan II. in Ponthion einen Schutzvertrag, der als so genannte „Pippinische Schenkung“ besser bekannt ist.[3] In diesem Vertrag versprach Pippin die eroberten langobardischen Gebiete und den Dukat von Rom dem Papst zu übertragen. Dafür erhielt Pippin den Titel eines Patricius Romanorum und die Salbung vom Papst. Auf solche Weise ging das Fränkische Reich jenes enge Bündnis mit der Römischen Kirche ein. In der wissenschaftlichen Literatur[4] wird dieser Vertrag als wichtige Grundlage für den „Kirchenstaat“ gesehen.

Das Pippinische Versprechen wurde im Jahre 774 von Karl dem Großen bei seinem ersten Besuch nach Rom erneuert.[5] Außerdem soll zwischen dem Frankenkönig und Papst Hadrian I. eine Art persönlicher Vereinbarungen, in Form einer Amicitia, geschlossen werden.[6]

Eine wichtige Rolle spielte Papst Hadrian I. bei der Einbeziehung Bayerns in das fränkische Reich. Der Papst lehnte eine Vermittlung zwischen Karl den Großen und Tassilo III. ab. Er stellte sich auf der Seite Karls und legte in der Anwesenheit bayerischen Abgesandten seinen Standpunkt fest womit er Karl die Hand frei ließ:

“ der Herzog in seiner Verstocktheit den Worten des erwähnten Papstes nicht gehorchen wolle, dann seien König Karl und sein Heer von jeder Sündengefahr frei, und was in seinem Land geschehe an Brand, Mord und sonstigen Untaten, das komme über Tassilo und dessen Genossen, während König Karl und die Franken von jeder Schuld unberührt blieben.“[7]

2. Die Wahl des Papstes Leo III.

Nach dem Tod des von Karl sehr verehrten Papstes Hadrian I. wurde am 26.12.795 sein Nachfolger, Papst Leo III. gewählt.[8] Seine Wahl zeigte der neue Papst Karl dem Großen durch die Übersendung des Wahldekretes und, wie die fränkischen Reichsannalen melden, des „Schlüssel[s] vom Grabe des Apostelfürsten und [des] Banner[s] (vexillum) der Stadt Rom“.[9] Damit versuchte der neue Papst das Bündnis seines Vorgängers mit Karl dem Großen zu erneuern und Karls Rolle des Patricius über Rom stärker als bisher zu betonen. Als Grund für ein solches Streben zur Intensivierung des Bündnisses mit dem Frankenkönig war möglicherweise die Sicherheitslage, die gleich nach den Wahlen sehr angespannt wurde.

Karls Erwiderung auf die päpstliche Botschaft war die Mission des Abtes Angilbert, der dem neuen Papst reiche Geschenke überbrachte. Der Vertrag in Form der Amicitia, der zwischen Karl dem Großen und Hadrian I. galt, endete mit dem Tod des letzteren. Um ähnliche Beziehungen mit dem neuen Papst aufzubauen, bot Karl in seinem Antwortbrief auf Leos Wahldekret an das Bündnis zu erneuern.[10] Ein solcher Vertrag stellte zwischen den vertragsschließenden Parteien eine Friedenbeziehung her, ein Rechtsstreit oder friedensstörende Handlungen wurden auf solche Weise ausgeschlossen. Im Falle der Meinungsdifferenzen wurde nicht nur eine friedliche Einigung postuliert, sondern auch aktives Streben zum Frieden und gegenseitige Hilfe im Not. Außerdem wurde den beiden Partnern der gleiche gesellschaftliche Rang zuerkannt.[11]

Die von Karl angebotene Beziehung war aber weniger personalrechtlich, sondern hatte vielmehr einen programmatischen Charakter; die Enge der Verbindung und das Bewusstsein der Verpflichtung der beiden Partner wurden vorausgesetzt. Das Verhältnis zwischen den beiden Mächten und ihre Zuständigkeit hatte Karl aus seiner Sicht wie folgt definiert:

„Unser ist es, mit der Hilfe des göttlichen Erbarmens die heilige Kirche Christi allenthalben vor dem Einbruch der Heiden und der Verwüstung der Ungläubigen außen mit den Waffen zu verteidigen und innen mit der Erkenntnis des katholischen Glaubens zu festigen. Euer ist es, heiligster Vater, mit zu Gott erhobenen Händen wie Moses unser Waffenwerk (militia) zu unterstützen, auf daß durch eure Intercession dank Gottes Führung und Glaube das christliche Volk über die Feinde seines heiligen Namens allezeit und allenthalben Sieg habe und der Name unseres Herrn Jesu Christi in der ganzen Welt gepriesen werde.“[12]

In diesem Brief erscheint etwas die dominantere Rolle Karls des Großen ganz deutlich: Dem Papst wird der liturgische und sakramentale Vollzug der Gottesverehrung überlassen, während dem Frankenkönig nicht nur der äußere Schutz und die Sitte der Gläubigen, sondern auch die rechtliche und pädagogische Sorge für den Glauben zufällt.

Seine Sorge für die Reinheit von Lehre und Kultus setzte Karl in Form von Eingriffen in die Kirchenverfassung um. Ein Beispiel hierfür war die anlässlich der Einführung der Metropolitanverfassung in der bayerischen Kirche im Jahre 798 vorgenommene Erhebung Salzburgs zum Erzbistum sowie die aus diesem Anlass vorgenommene Ernennung Arns zum Erzbischof.[13] Diese auf Karls Befehl durchgeführten Aktionen wurden vom Papst lediglich bestätigt.[14] Die päpstliche Abhängigkeit vom Frankenkönig wird in Leos Brief an Karl, in dem er meldet, dass der ihm von Karls Missus überbrachten Auftrag erfüllt ist, bezeugt. Die Tatsache, dass Papst Leo III. vor 800 seine Urkunden nicht nur nach Pontifikatsjahren datieren lassen, sondern auch die Regierungsjahre Karls in die Datierungszeile anführen ließ, zeigt, wie stark der Papst auf den Schutz des Frankenkönigs angewiesen war.[15] Dennoch lebte in Rom die Anschauung weiter, dass der hl. Petrus und damit der Papst eine Sonderstellung noch innehabe. Wichtiges Manifest dieser Sicht der Dinge sind die Mosaiken, das Leo zwischen 795 und 800 in seiner ehemaligen Titelkirche S. Susanna und im Lateran anbringen ließ.[16] Im Triklinium des Laterans, in dem wichtigsten Repräsentationssaal des Papstes selbst, wurde ein Mosaikgemälde angebracht, das Petrus als Schutzherr des Papstes wie des fränkischen Königs darstellte.[17]

[...]


[1] Caspar, Erich: Das Papsttum unter fränkischer Herrschaft, Darmstadt 1956, S.10f.

[2] Einhardi Vita Karoli I, in: Rau, Reinhold (Hg.): Quellen zur Karolingischen Reichsgeschichte, Tl. 1, Darmstadt 1977, S. 167. dazu Caspar, Das Papsttum, S.14ff.

[3] Schramm, Percy Ernst: Kaiser, Könige und Päpste, Stuttgart 1968, S.149-176.

[4] Schimmelpfennig, Bernhard: Das Papsttum, Darmstadt 1984, S.89f., Riché, Pierre: Die Karolinger, Stuttgart 1987, S.93ff.

[5] Caspar, Das Papsttum, S.48f. sowie Riché, Die Karolinger, S.126f.

[6] Fritze, Wolfgang H.: Papst und Frankenkönig, Sigmaringen 1973, S.46f.

[7] Ann. Regni Franc. 787 zit. nach Riché, Die Karolinger, S.131.

[8] Caspar, Das Papsttum, S.117.

[9] Ann. Regni Franc. 796 zit. nach Caspar, Das Papsttum, S. 117, dazu Classen, Peter: Karl der Große, das Papsttum und Byzanz, Sigmaringen 1988, S.44.

[10] Fritze, Papst, S.46ff.

[11] vgl. Althoff, Gerd: Verwandte, Freunde und Getreue, Darmstadt 1990, S.88-119.

[12] MGH Epp. 4, S.137f., zit. nach Caspar, Das Papsttum, S.119.

[13] Classen, Karl der Große, S.45.

[14] vgl. Löwe, Heinz: Die karolingische Reichsgründung und der Südosten, Stuttgart 1937, S.81-86.

[15] Schramm, Kaiser, S.224f.

[16] Schimmelpfennig, Das Papsttum, S.102.

[17] Classen, Karl der Große, S.54ff.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Karl der Große und Papst Leo III. Die Geschichte der Kaiserkrönung Karls des Großen
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Veranstaltung
Die Zeit der Karolinger
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V68259
ISBN (eBook)
9783638609180
ISBN (Buch)
9783638672719
Dateigröße
9937 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Karl, Große, Papst, Geschichte, Kaiserkrönung, Karls, Großen, Zeit, Karolinger
Arbeit zitieren
Lana Novikova (Autor:in), 2006, Karl der Große und Papst Leo III. Die Geschichte der Kaiserkrönung Karls des Großen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68259

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