Hooligans - Jugendsubkultur oder Jugendszene?


Hausarbeit, 2006

21 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute

3. Begriffsbestimmung Jugendkulturen, Jugendsubkulturen und Jugendszenen

4. Hooligans
4.1 Abgrenzung Fußballfan – Hooligan
4.2 Hooligans
- Herkunft und Verbreitung
- Hooligan- Philosophie und -Kultur
- Das Verhältnis der Geschlechter
- Die Bedeutung der Musik

5. Bill Buford "Geil auf Gewalt" – Teilnehmende Beobachtung eines Schriftstellers unter englischen Hooligans

6. Fazit: Hooligans – Jugendszene oder Jugendsubkultur?

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Gerade durch die schrecklichen Ereignisse am Rande der Fußballweltmeisterschaft 1998 in Frankreich, ist die Gewalt der Hooligans wieder zunehmend in den Fokus der gesellschaftlichen Diskussion gelangt. Die doch oft sehr einseitige und emotional hochstilisierte Darstellung der Fußballrowdies in den Medien kann meiner Meinung nach aber kein differenziertes Bild aufzeigen. Mit dieser Hausarbeit versuche ich ein möglichst realistisches Bild über Jugendliche und dem Hooligan-Phänomen zu geben. Hooligan, dieses Wort kommt aus dem englischen Sprachgebrauch und heißt soviel wie Randalierer. Aber sind diese Jugendlichen einfach nur Gewalttäter, die Lust daran verspüren andere Menschen schwer zu verletzen, oder gibt es doch differenzierte Gründe für dieses Verhalten? Die Literaturrecherche zum Thema zeigte, dass die Verwendung der Begriffe Jugendkultur, Jugendsubkultur, und Jugendszenen in der Fachliteratur nicht einheitlich erfolgt. Für mich stellte sich dabei vor Allem die Frage, ob Hooligans nun als Jugendsubkultur oder Jugendszene zu betrachten sind? Die nachfolgenden Seiten werden dem Leser hoffentlich über diese Fragen Aufschluss geben.

2. Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute

Postmoderne Gesellschaften sind nach Hitzler geprägt von Pluralisierungs-, Subjektivierungs- und Globalisierungsprozessen. Deren Auswirkungen werden u.a. in der zunehmenden Individualisierung und der Vielfalt von Sinnangeboten deutlich. Die große Zahl an Möglichkeiten, zwischen denen die Jugend heute gezwungen ist zu entscheiden, korrespondiert mit dem Wegfall an Verlässlichkeiten, wie sie beispielsweise die Normalbiographien in der Moderne für den Menschen bereit hielten. Traditionelle Gemeinschaften wie Familie, Nachbarschaft, Kirchengemeinde, Vereine und der gleichen mehr, verlieren gerade für Jugendliche zunehmend an Bedeutung. Durch die Ablösung der Individuen „[…] aus vorgängigen, biographiedeterminierenden Verbindlichkeiten[…]“[1] entsteht ein Bedarf an alternativen Konzepten des Zusammenlebens. Dieses Bedürfnis treibt das Individuum zur Suche nach sinnstiftenden Formen von Gemeinschaft an. Das Individuum macht sich in einem „Spektrum von Sinn-Provinzen[…]“[2] auf die Suche nach einer neuen Heimat. Die affektuelle Bindung an eine Szene gilt prinzipiell als unbeständig und kurzlebig. Somit ist die Entscheidung für eine Gemeinschaft ein „[…] voluntativer Akt freiwilliger Selbstbindung.“[3] Die Szene als Form einer Vergemeinschaftung bietet ein neues mentales und emotionales Zuhause.

Hitzler hat ein zentralistisches Kreis-Modell entwickelt, in dem er je nach funktionaler Leistungserbringung zwischen drei unterschiedlichen Stati, die ein Mitglied einnehmen kann, unterscheidet: Der Szenekern wird gebildet von der „Organisationselite“, um diese herum gruppieren sich mit abnehmendem Engagement für die Szene die „Heavy User“ und die „normalen Szenegänger“.[4]

Manche Mitglieder sind nur sporadisch in der Szene aktiv und somit kaum vom außenstehenden Publikum zu unterscheiden. Durch Netzwerke stehen die Mitglieder miteinander (teilweise auch mit anderen Szenen) in Kontakt. Das (fiktive) „Wir-Bewusstsein“, dass nach Hitzler dadurch entsteht, verbindet die Mitglieder zu einer „[…]Komplizenschaft gegenüber Dritten[…]“[5], zum Beispiel gegenüber der Gesellschaft. Wie Hitzler spricht auch K. Farin von einer Entwicklung und Vermehrung von neuen bzw. neuartigen Vergemeinschaftungsformen für Jugendliche, die sich in den letzten Jahren immer mehr ausdifferenziert haben: „Die Jugend gibt es nicht. Gab es sie überhaupt jemals, so hat sie sich spätestens in den letzten zwei Jahrzehnten in auch für professionelle Jugendforscher nicht mehr überschaubare Parzellen aufgelöst. […] In Cliquen und Gangs, Crews und Tribes, Stämme und Posses, Families und Szenen, Kulturen und Subkulturen, bei denen schon die Entscheidung, ab sofort den Schirm der Baseballkappe nach hinten zu tragen oder die Schnürsenkelfarbe der Boots auszutauschen, einen gravierenden Szenewechsel bedeuten kann. Oder auch nicht.“[6] Die Marketingforscher der Industrie haben nach Farin inzwischen allein in Deutschland über vierhundert existierende ‚Jugendkulturen’ aufgespürt. Dies zeigt meiner Meinung nach, wie enorm vielschichtig und vielseitig die Lebensphase Jugend sich heutzutage gestaltet.

3. Begriffsbestimmung Jugendkulturen

Die Literaturrecherche zum Thema zeigte, dass zunächst eine begriffliche Differenzierung von Subkultur, Jugendkultur und Jugendszene notwendig ist, da die Verwendung dieser Begriffe in der Fachliteratur nicht einheitlich erfolgt. Im Folgenden soll anhand einiger Definitionen die Jugendkultur-Diskussion und die Vielfältigkeit der begrifflichen Verwendung illustriert werden.

Zunächst möchte ich auf zentrale Elemente und die Bedeutung von Jugendkulturen eingehen. Die Bedeutung von Jugendkulturen liegt in der „[…] Erhöhung des persönlichen Selbstwertes und der Schaffung eines kollektiv orientierten Identitätsgefühls“[7]. Die Jugendlichen können innerhalb der Jugendkultur von etablierten Identitätsentwürfen abweichen und sich beispielsweise über Mode oder Musik ästhetisch abgrenzen. Die Partizipation oder Zugehörigkeit an bzw. zu einer bestimmten Jugendkultur bedeutet nicht nur Selbst-Darstellung sondern auch Selbst-Suche und Ich-Findung.[8] Sie ist Ausdruck der Gleichzeitigkeit des Wunsches nach Anerkennung und dem Bedürfnis nach Abgrenzung. Jugendkulturen sind somit eine wichtige Sozialisationsinstanz in der Lebensphase Jugend. Die von Jugendlichen aufgegriffenen verschiedenen kulturellen Praktiken, die auch als Alltagspraktiken bezeichnet werden, funktionieren als „Überlebenshilfe, als Andeutung von Widerstand-Möglichkeiten, als Einholung des Menschenrechts auf Vergnügen und Spaß [...]“.[9]

Im Folgenden soll der Begriff Subkultur, der sich den Begriffen Jugendkultur und Jugendszene scheinbar überordnen lässt, erläutert werden, da die Definition den Bezug zur Jugend nicht explizit herstellt. Die Betonung bei Subkultur liegt auf der „[…]Eigenständigkeit kultureller Systeme“[10]. Der Begriff Subkultur lässt sich daher vielleicht im Sinne von „Alternativkultur“ verwenden. Wenn sich also in einer Gesellschaft einzelne Mitglieder von dieser abgrenzen und in eigenständigen Subsystemen „unter sich bleiben“ und innerhalb dieser eigene Normen, Werte und Symbole gelten, spricht man von Subkulturen. Es gibt aber immer auch einige Basiswerte und -normen, die mit der Gesamtgesellschaft geteilt werden, was die Zugehörigkeit von Subkulturen zum Gesamtsystem ausmacht.[11] Nach Farin ist „[…] Subkultur ein Teil einer konkreten Gesellschaft, der sich in seinen Institutionen, Bräuchen, Werkzeugen, Normen, Wertordnungssystemen, Präferenzen, Bedürfnissen usw. in einem wesentlichen Ausmaß von den herrschenden Institutionen ect. der jeweiligen Gesamtgesellschaft unterscheidet.“[12]

Baacke ersetzt den Begriff Subkultur schließlich mit dem Begriff Jugendkulturen. Subkulturen seien beispielsweise nicht „[…] präzise lokalisierbar (in einer bestimmten sozialen Schicht, in einer bestimmten politischen Grundhaltung etc.)[…] und [sind] keine Sub-Aggregate einzelner Gesellschaften, sondern kulturelle Gruppierungen, die sich international ausbreiten und unter dem gleichen Erscheinungsbild ganz unterschiedliche Formen von Selbständigkeit und Abhängigkeit ausagieren[…]“[13].

Nach Schröder & Leonhardt setzen sich Jugendsubkulturen ausdrücklich von der Normalität der Erwachsenen-Kultur ab, praktizieren bezüglich dieser Normalität abweichendes Verhalten. Schröder & Leonhardt weisen jedoch auch darauf hin, dass die meisten Autoren das „sub“ in Jugendsubkulturen nicht mehr verwenden, da das Element des Widerstandes nicht in allen Jugendkulturen zu finden sei und die verschiedenen Stile aus immer neuen Elementen zusammengesetzt werden. Schröder & Leonhardt sprechen von Jugendkultur als einer Teilkultur der Gesellschaft, die gekennzeichnet ist durch das Zugehörigkeitsgefühl zu einem bestimmten Lebensstil. Solch ein Zugehörigkeitsgefühl resultiert aus Gemeinsamkeiten hinsichtlich Weltanschauung, Aktivitäten, Kleidung, Sprache, symbolischen Handlungen und anderen Elementen eines Lebensstils.[14]

Seit den 80er Jahren kam es zu einer Pluralisierung der Jugendkulturen. Es entwickelten sich zahlreiche neue Freizeitstile. Unter dem Einfluss von Massenmedien und Werbebranche standen den Jugendlichen vielfältige Angebote zur Orientierung und zur Gestaltung eines Lebensstils zur Verfügung. Damit wurden die Trennlinien zwischen den einzelnen Jugendkulturen einerseits und die zwischen Jugendkulturen und „Gesamtkultur“ unscharf. Es dürfte deutlich geworden sein, dass es die Jugend oder die Jugendkultur im Singular heute nicht mehr gibt.

[...]


[1] Hitzler, R. / Bucher, T. / Niederbacher, A. (2005): Leben in Szenen. Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute; S. 25

[2] Hitzler, R. / Bucher, T. / Niederbacher, A. (2005): Leben in Szenen. Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute; S. 25

[3] Hitzler, R. / Bucher, T. / Niederbacher, A. (2005): Leben in Szenen. Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute; S. 26

[4] Hitzler, R. / Bucher, T. / Niederbacher, A. (2005): Leben in Szenen. Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute; S 27

[5] Hitzler, R. / Bucher, T. / Niederbacher, A. (2005): Leben in Szenen. Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute; S. 25

[6] Farin, K. (2002): Generation kick.de. Jugendsubkulturen heute; S. 9

[7] Vgl. Baacke, D. (2004): Jugend und Jugendkulturen. Darstellung und Deutung; S.40

[8] Vgl. Baacke, D. (2004): Jugend und Jugendkulturen. Darstellung und Deutung; S. 43

[9] Vgl. Baacke, D. (2004): Jugend und Jugendkulturen. Darstellung und Deutung; S. 42

[10] Baacke, D. (2004): Jugend und Jugendkulturen. Darstellung und Deutung; S. 40

[11] Vgl. Backe, D. (2004): Jugend und Jugendkulturen. Darstellung und Deutung; S. 95

[12] Farin, K. (2002): Generation kick.de. Jugendsubkulturen heute; S. 18

[13] Backe, D. (2004): Jugend und Jugendkulturen. Darstellung und Deutung; S. 95

[14] Vgl. Schröder, A. & Leonhardt, U. (1998): Jugendkulturen und Adoleszenz; S. 17

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Details

Titel
Hooligans - Jugendsubkultur oder Jugendszene?
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Soziologie)
Veranstaltung
Jugendkulturen und Jugendszenen
Note
2
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V68145
ISBN (eBook)
9783638606677
ISBN (Buch)
9783638754170
Dateigröße
506 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hooligans, Jugendsubkultur, Jugendszene, Jugendkulturen, Jugendszenen
Arbeit zitieren
Melanie Aschert (Autor:in), 2006, Hooligans - Jugendsubkultur oder Jugendszene?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68145

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