Rechtsextremistische Jugendliche - eine Herausforderung für die Jugendarbeit


Hausarbeit, 2007

24 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hintergründe rechtsextremer Orientierung
2.1 Definitionsansatz von Rechtsextremismus
2.2 Gewalt, Fremdenhass und Vorurteile
Vorurteile

3. Wie Jugendliche in den Rechtsextremismus gelangen

4. Herausforderungen für die Jugendarbeit
4.1 Pädagogische Ebenen gegen Rechtsextremismus
4.1.1 Die ökonomisch-soziale Ebene
4.1.2 Die politische Ebene
4.1.3 Die Ebene der Polizei und Justiz
4.1.4 Die Ebene der Kommune
4.1.5 Die Alltagsebene
4.1.6 Die Ebene der Pädagogik und der politischen Bildung
4.2 Zwei Konzepte der außerschulischen Jugendarbeit
4.2.1 Die akzeptierende Jugendarbeit
4.2.2 Das Anti- Aggressivitäts- Training

5. Schlusswort

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In unserer Gesellschaft ist eine geschärfte und wiedergewonnene Wahrnehmung von Rechtsextremismusphänomenen und eine verstärkte Suche nach Gegenstrategien sichtbar. Es wurde sich bei früheren Rechtsextremismus-Debatten häufig mit dem wachsenden Zulauf Jugendlicher zu rechtsextremen Parteien und mit der Schaffung national befreiter Zonen, sowie der Verbreitung rechter Kameradschaften und rechter Musik auseinander gesetzt. Gegenwärtige Themenschwerpunkte sind der Ansehensverlust für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Deutschland, die Gefahren der Verbreitung von Rechtsextremismus und Rassismus durch das Internet, sowie die Bekämpfung durch verstärkte Regression.

In meiner Arbeit möchte ich mich mit der Frage auseinandersetzen, was speziell die Jugendarbeit gegen den Rechtsextremismus bei Jugendlichen erreichen kann. Am Anfang werde ich mich mit möglichen Ursachen für das Auftreten rechtsextremer Orientierungen beschäftigen und danach schulische, sowie außerschulische Konzepte im Ungang mit Rechtsextremismus vorstellen.

2. Hintergründe rechtsextremer Orientierung

2.1 Definitionsansatz von Rechtsextremismus

Mit dem Begriff Rechtsextremismus werden häufig die Bagatellisierungen der NS-Zeit, die Auschwitzlüge, die Ablehnung des demokratischen Verfassungsstaates, oder auch die manifeste und latende Gewaltbereitschaft verbunden. Vorherrschend ist der Rassengedanke mit dem Ziel eine nationalbefreite Zone, bzw. ein kleines deutschen Dorf zu erschaffen um somit eine blutige Vermischung der Völker zu vermeiden. Diese Gruppierungen beschäftigen sich mit dem Eugenismus (Vererbungslehre), der besagt, dass der Charakter und das Verhalten sich vom Körper ableiten lassen. Dieser wird als legitimierter Rassismus bis zur Vernichtung durchgezogen.

In der Alltagssprache und in der Fachliteratur wird der Begriff Rechtsextremismus oft synonym für die Bezeichnungen wie Rechtsradikalismus, Neofaschismus, Neonazismus oder Neue Rechte verwendet. Eine allgemeingültige und verbindliche Definition und Theorie von Rechtsextremismus konnte sich bisher jedoch nicht entwickeln, was zur Folge hat, dass die Begriffsbestimmungen für Rechtsextremismus unterschiedlich ausfallen, je nach dem zugrunde liegenden Forschungsansatz. Dennoch lässt sich ein Konsens erkennen, auch wenn dieser nur die Dimension der Demokratiefeindlichkeit, die lediglich ein Minimalkriterium darstellt, umfasst.

Zur Bestimmung des Begriffs Rechtsextremismus möchte ich die Definition aus politisch- verfassungsrechtlicher Sicht anführen. Im Verfassungsschutzbericht 2002 wird die Ideologie des Rechtsextremismus wie folgt beschrieben. „Die rechtsextremistische Ideenwelt ist von nationalistischen und rassistischen Anschauungen geprägt. Dabei ist die Überzeugung vorherrschend, die ethnische Zugehörigkeit zu einer Nation oder Rasse entscheide über den Wert eines Menschen. Da nach rechtsextremistischem Verständnis diesem Kriterium auch die Menschen- und Bürgerrechte untergeordnet werden, lehnen Rechtsextremisten das – für jedes Individuum geltende- universale Gleichheitsprinzip, wie es Art. 3 des Grundgesetzes konkretisiert, ab.“ (Verfassungsschutzbericht 2002, S. 21)

Demzufolge bildet ein wesentliches Kriterium der rechtsextremen Ideologie die Ablehnung des Prinzips der natürlichen Gleichheit aller Menschen. Somit wird ihnen je nach Nationalität und Rasse eine unterschiedliche Wertigkeit zugeschrieben.

Ich möchte nun näher auf die Ursachen des Rechtsextremismus bei Jugendlichen eingehen. Häufig agieren junge Menschen ihre Probleme über rechte Orientierungen. „Der Hintergrund dafür kann der Abbau emotionaler Identität durch den Identitätsverlust sein, sowie kaum Befriedigung im Hinblick auf die individuelle Anerkennung in der Gesellschaft. Weitere Ursachen sind die eingeschränkte Teilnahme am öffentlichen Diskurs und die Erfahrung von Ausgrenzung, aber auch soziale Kontrollverluste, wie Flexibilisierungszwänge, erhöhte Mobilität oder Arbeitslosigkeit. Weiterhin können politische Kontrollverluste, wie virtuelle oder reale Verlagerung von Produktion ins Ausland, zur individuellen Verunsicherung führen und die Menschen offen für demagogische Angebote machen, die versuchen durch Schüren verbreiteter Emotionen und Vorurteile selbst Macht zu gewinnen.“

(Vgl. BKA – Herbsttagung 2000, S. 34)

Andere Jugendliche kompensieren durch den Eintritt in rechte Gruppen die Desintegrations- und Desorientierungserfahrungen über Gruppengewalt, oder nennen die Auflösung von Familien, die dann keine stabilen Werte mehr vermitteln können, als Ursache für die rechte Meinung.

Auch die Weitergabe von rechten Einstellungen in der Primärsozialisation über Generationen hinweg gilt als Veranlassung zum Eintritt in die rechte Szene.

2.2 Gewalt, Fremdenhass und Vorurteile

Gewalt, Fremdenhass und Vorurteile bilden eine Grundlage für rechtsextreme Orientierungen, die ich nun kurz erläutern möchte.

Gewalt

„Gewalt ist die Bezeichnung für einen einmaligen physischen Akt, für den Vorgang, dass der Mensch einem anderen Menschen Schaden mittels physischer Stärke zufügt.“ (Vgl. Rüger 2001, S.79)

Gewalt ist dann einfach und schnell möglich, wenn sie als legitim erscheint, da sie so nicht mehr als böse empfunden wird und nicht mit moralischen (Selbst-) Verurteilungen oder anderen Nachteilen gerechnet werden muss.

„Gewalttätigkeiten werden auf der individuellen Ebene durch Entfremdung (Mangel an Identitätssicherung, Wohlbefinden und Sinn), gestörte Selbstverwirklichung (führt zu Unterentwicklung von prosozialen Eigenschaften, wie Mitgefühl und Courage), sowie durch die Reproduktion erfahrener Gewalt (Wiederholungszwang, mangelnde Bewältigungsmöglichkeiten und Abwehr des eigenen Empfindens von Wut und Trauer) verursacht. Auf der gesellschaftlichen Ebene begünstigen die Desintegration, Entpersonalisierung, Beziehungslosigkeit, Anonymität, sowie das mangelnde Wir-Gefühl die Gewalt. Menschen wissen wenig voneinander erleichtert dadurch die Gewalt enorm.

Ohnmacht und Resignation durch Kolonialisierung der Lebenswelt gelten als weiterer begünstigender Umstand für die Gewalt.“ (Vgl. Rüger 2001, S. 84ff)

Gewalt hat ein großes Spektrum an Wirkungen. Dazu gehören die Störung der Selbstbestimmung des Opfers, die Manipulation seines Denkens, Handelns und Empfindens, sowie die Störung der Selbstverwirklichung beim Opfer.

„Da Gewalterfahrung Frustration erzeugt, welche dann Aggression bewirkt, wird Gewalt immer wieder reproduziert, wo die Aggression in erneuter Gewalttätigkeit ihren Ausdruck findet. Gewalt kann also wiederum Gewalt bewirken.“ (Vgl. Rüger 2001, S. 87)

Fremdenhass

„Fremdenhass im Bezug auf Rechtsextremismus ist ein unreflektierter und allgemeiner Hass auf Fremde, auf ethnische Gruppen und Menschen anderer Nationalitäten. Hass ist dort wo sich Frustration zu Wut aufstaut. Die Energie, die aus der Wut resultiert reicht auch nicht aus, den frustrierenden Missstand zu ändern. Somit ist Wut in dem Sinne etwas Konstruktives.“ (Vgl. Rüger 2001, S. 96)

Eine Voraussetzung für den allgemeinen Hass gegen Menschen fremder Nationen muss ein starkes Bedürfnis nach Überlegenheit oder eine Besser-Schlechter Weltansicht sein. Sie macht solche Undifferenziertheit möglich und macht alles, was als böse gilt, auf den bösen Anderen projizierbar. „Diese Projektion gelingt um so besser, je weniger man vom bösen Anderen weiß und je weniger dessen tatsächliches Bild das Bild der Vorstellung von ihm verdrängen kann.

Beim Fremdenhass existiert also das Vorhandensein aufgestauter Wut, die wegen Ohnmacht nicht abreagiert werden konnte, in Verbindung mit beiderseitiger hoher Anonymität, mangelndem Angstgefühl vor Benachteiligungen und mangelnden prosozialen Fähigkeiten.“ (Vgl. Rüger 2001, S. 98)

Vorurteile

„Vorurteile sind negative oder ablehnende Einstellungen gegenüber eines Menschen oder einer Menschengruppe. Dabei werden dieser Gruppe infolge stereotyper Vorstellung bestimmte Eigenschaften von vornherein zugeschrieben, die sich auf Grund von Starrheit und gefühlsmäßiger Ladung, selbst bei widersprechender Erfahrung, schwer korrigieren lassen.“ (Vgl. Ahlheim 2001, S.39)

„Vorurteile dienen der Orientierung in unübersichtlichen Situationen und erlauben damit Verhaltenssicherheit, stellen Eindeutigkeit her und reduzieren Unsicherheit. Vorurteile helfen bei der Gruppenbildung durch Ein- und Ausgrenzungen und erlauben die Konzeption eines positiven Selbstkonzepts von Fremdgruppen. Sie ermöglichen Diskriminierung ohne Gewissenskonflikt bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Toleranzgebotes. Weiterhin dienen sie der Legitimation und Rechtfertigung von Herrschaftsausübung und helfen dabei, den Status der Machtverteilung zwischen Majoritäten und Minoritäten zu erhalten. Sie sichern somit das Machtverhältnis. Eine weitere Funktion von Vorurteilen ist die Stabilisierung von Herrschaftsverhältnissen durch Bereitstellung von Sündenböcken und Mythenbildung. Vorurteile führen zu Solidaritätserwartungen innerhalb von Gruppen, die über Fremdbilder die Gruppengrenzen und damit die Grenzen der Solidarität markieren.“ (Vgl. Ahlheim 2001, S. 61)

Menschen, die Vorurteile hegen, sind unzugänglich gegenüber Fakten, die diese Überzeugungen widerlegen könnten. „Darüber hinaus hat das Vorurteil die Tendenz, die Wahrnehmung zu verzerren. Aus der Sicht des Wahrnehmenden scheint das Verhalten des Fremdgruppenmitglieds das Vorurteil zu bestätigen. Nicht nur die Wahrnehmung wird unter diesen Umständen selektiv verzerrt, sondern die betreffende Person neigt auch dazu, alle Verhaltensweisen, die in irgendeiner Form mehrdeutig sind, so auszulegen, dass sie sich mit dem Vorverständnis decken, das er vom anderen besitzt.“ (Vgl. Ahlheim 2001, S.39)

Zu den besonders beliebten Vorurteilen gegenüber Ausländern gehört die Behauptung, Ausländer würden den Deutschen Arbeitsplätze wegnehmen und die Wohnungsnot in Deutschland verschärfen.

„Doch Ausländer sind weder an der hohen Arbeitslosigkeit schuld, noch an der Wohnungsnot. Sie gehören vielmehr zu jenen Bevölkerungsgruppen, die unter beidem am meisten leiden. Besonders weil Arbeitsplätze und Wohnungen meist von Deutschen vergeben werden und Ausländer vorwiegend solche Jobs übernehmen, sowie in solchen Wohnungen leben, die Deutsche ohnehin nicht wollen. Weiterhin nehmen Asylsuchende den Deutschen weder Arbeitsplätze noch Wohnungen weg, da ihnen der Zugang sowohl zum Arbeits- als auch zum Wohnungsmarkt durch Regelungen versperrt wird.“

( Vgl. Ahlheim 2001, S. 47)

[...]

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Rechtsextremistische Jugendliche - eine Herausforderung für die Jugendarbeit
Hochschule
Ernst-Abbe-Hochschule Jena, ehem. Fachhochschule Jena
Veranstaltung
Hauptseminar/ VT ohne Fallcharakter Rechtsextremismus und Bildungsarbeit mit Jugendlichen
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
24
Katalognummer
V66410
ISBN (eBook)
9783638590105
ISBN (Buch)
9783656814863
Dateigröße
795 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rechtsextremistische, Jugendliche, Herausforderung, Jugendarbeit, Hauptseminar/, Fallcharakter, Rechtsextremismus, Bildungsarbeit, Jugendlichen
Arbeit zitieren
Janine Seibold (Autor:in), 2007, Rechtsextremistische Jugendliche - eine Herausforderung für die Jugendarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66410

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