Vergleich zwischen Klatsch der Alltagskommunikation und Medienklatsch


Hausarbeit, 2005

22 Seiten, Note: 2,4


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Klatsch in der Alltagskommunikation
2.1. Strukturelle Merkmale
2.2. Funktionen
2.3. Legitimationsstrategien

3. Klatsch in den Massenmedien
3.1. Struktur
3.2. Merkmale von Prominenz
3.3. Funktionen von Prominentenklatsch

4. Exkurs: Klatsch im Fernsehen über nicht prominente Menschen

5. Fazit

1. Einleitung

Klatsch ist ein Phänomen, das vielen Menschen bekannt ist. Im allgemeinen wird Klatsch als Gerede über die Privatangelegenheiten abwesender Personen verstanden, wobei die ausgetauschten Informationen oftmals eher negativ sind und nicht immer wahrheitsgemäß sein müssen.[1] Mit anderen Worten: „Klatschen heißt: anderer Leute Sünden beichten“[2]. Ob nun der Nachbar ein Verhältnis hat oder der Lehrer beim Ladendiebstahl erwischt worden ist, es finden sich zahlreiche Themen über die in allen Gesellschaftsbereichen unabhängig von Alter oder Geschlecht geklatscht wird. Doch auch in den Massenmedien hat Klatsch und Tratsch an Bedeutung gewonnen und ist sowohl aus der Presse als auch aus Fernsehen und Internet kaum mehr wegzudenken, wobei die Betroffenen dort nicht die Nachbarn von nebenan, sondern Stars und Prominente sind. In der vorliegenden Arbeit soll nun der Klatsch im Alltag mit dem massenmedial vermittelten Klatsch verglichen werden. Dabei wird zunächst auf strukturelle Merkmale von Alltagsklatsch eingegangen und untersucht, welche Funktionen dieser für die am Klatschgespräch Beteiligten erfüllt. Die Ergebnisse sollen dann dazu dienen, strukturelle und allgemeine Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Klatsch in der Alltagskommunikation und Medienklatsch aufzudecken. Im Bereich von massenmedial vermitteltem Klatsch wird sich vor allem auf das Fernsehen bezogen, da die Klatschentwicklung bei diesem Medium zwar noch relativ jung, dafür aber sehr erfolgreich ist und die Klatschberichte über Prominente mittlerweile zum Standard im Fernsehprogramm gehören. Nachfolgend wird geklärt, was Prominente ausmacht und was die Funktionen von Berichten über deren Intimleben sind, beziehungsweise warum diese Berichte so erfolgreich sind. In einem Exkurs soll schließlich noch auf Menschen eingegangen werden, die zwar nicht prominent sind, aber trotzdem ihre Privatangelegenheiten im Fernsehen zur Schau tragen. Ob diese Berichte ebenfalls Klatsch entsprechen, kann nicht eindeutig zugeordnet werden. Da sie aber mittlerweile im Fernsehen fast genauso präsent sind wie die Berichte über Prominente und es zudem viele Parallelen gibt, wird an dieser Stelle auch darauf eingegangen.

2. Klatsch in der Alltagskommunikation

Klatsch hat einige feste Merkmale, die ihn von anderen Kommunikationsarten unterscheiden. Als eine allgemeine Definition kann gesagt werden, dass es bei Klatsch meistens um die „Privatangelegenheiten nicht-anwesender(...)gemeinsamer Bekannter“ geht[3]. Diese Definition enthält bereits drei wichtige Merkmale: Die Person über die geklatscht wird, muss den Klatschenden bekannt sein, das Klatschgespräch dreht sich um private Angelegenheiten aus dem Leben des Beklatschten, und die beklatschte Person ist während des Klatschgespräches nicht anwesend, da sie nicht wissen soll, dass über sie geredet wird. Diese und weitere Strukturmerkmale der Klatschkommunikation sollen im Folgenden näher beleuchtet werden, anschließend werden die Funktionen von Klatsch im Alltag untersucht, um schließlich Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit dem massenmedial vermittelten Klatsch zu überprüfen.

2.1 Strukturelle Merkmale

Klatsch vollzieht sich im Alltag mittels der „Face-to-Face-Kommunikation“, bei der mindestens zwei Individuen unmittelbar anwesend sind und sich während der Kommunikation gegenseitig sowohl sprachlich als auch durch Gesten und Mimik wahrnehmen.[4]

Da zum Klatschen mindestens drei Personen gehören, wird die Grundstruktur eines alltäglichen Klatschgespräches unter dem Begriff Klatschtriade zusammengefasst. Es werden im Folgenden die drei Bestandteile der Klatschtriade näher untersucht und erläutert.

Das Klatschobjekt:

Das Klatschobjekt ist die Person über die geklatscht wird. Auf die bereits angedeuteten Eigenschaften, welche die Voraussetzungen dafür bilden, dass eine Person zum Klatschobjekt wird, soll nun weiter eingegangen werden: Zum ersten hebt sich das Klatschobjekt von den anderen Klatschakteuren dadurch ab, dass es während des Klatschgesprächs nicht anwesend ist. Erst durch die Abwesenheit des Klatschobjektes kann überhaupt geklatscht werden, da beim Klatsch meistens private Dinge beredet werden, von denen das Objekt nicht will, dass sie nicht ausgewählte Dritte erfahren. Damit die Klatschakteure also nicht die Freundschaft zum Beklatschten riskieren, können sie nur während seiner Abwesenheit über ihn klatschen. Dass die Abwesenheit des Klatschobjektes für die Entstehung für Klatsch unbedingt notwendig ist, wird besonders deutlich, wenn der Beklatschte zur Unterhaltung dazukommt. Das Gespräch bricht plötzlich ab, ein unangenehmes Schweigen entsteht und eine Unterhaltung über ein anderes Thema kommt nur schleppend in Gang. Man kann daran erkennen, dass die Klatschenden sich bewusst darüber sind, dass sie etwas „Unrechtes“ getan haben und vermeiden wollen, dass das Klatschobjekt davon erfährt.[5]

Ein weiteres wichtiges Merkmal des Klatschobjektes ist seine Bekanntheit. Im Falle des alltäglichen Klatsches kennen sich das Klatschobjekt und die anderen zwei Klatschakteure gegenseitig und haben zum Beispiel durch gemeinsame Erlebnisse ein bestimmtes Vorwissen und Informationen voneinander.[6] Dabei kann der Grad der Bekanntschaft schwanken. Es reicht schon aus, wenn man nur von der Existenz dieser Person weiß, um private Informationen über diese als relevant anzusehen. Über unbekannte Personen wird nicht geklatscht, da Informationen über das Privatleben einer anderen Person nur dann interessant sind, wenn man die Person kennt. Nur dann gewinnt eine Klatschgeschichte für uns soziale Bedeutung, denn somit kann sie das Persönlichkeitsbild, das man vom Klatschobjekt hat, ergänzen.[7]

Eine weitere Voraussetzung dafür dass jemand zum Objekt von Klatsch wird, ist seine „Geheimnisfähigkeit“, das heißt er muss über eine Privatsphäre verfügen. In der Regel gibt man von seiner Privatsphäre nur wenig preis, weswegen es auch für andere so interessant ist, etwas darüber zu erfahren. Wenn Informationen aus dem privaten Lebensbereich nach draußen sickern, regt dies zu Klatsch an. Das Überschreiten der Grenze der Privatsphäre eines anderen Menschen macht unter anderem den Reiz von Klatsch aus. Eine Besonderheit bilden hier kleine Kinder, denn sie gelten nicht als potenzielle Klatschobjekte, da sie noch keine eigene Identität und den damit verbundenen privaten Lebensbereich ausgebildet haben.[8]

Da zu einem Klatschgespräch noch zwei weitere Akteure gehören, soll als nächstes der Klatschproduzent, das heißt derjenige, welcher den Klatsch verbreitet, genauer betrachtet werden.

Der Klatschproduzent:

Der Klatschproduzent wird von Bergmann als „zentrale Figur der Triade“[9] beschrieben. Über ihn laufen alle Fäden: er weiß über die privaten Angelegenheiten des Klatschobjekts Bescheid und vermittelt dieses Wissen an andere weiter. Das Besondere am Klatschproduzenten ist seine Zwischenstellung, er ist dem Klatschobjekt weder fremd noch hat er eine besonders enge Beziehung zu ihm. Aufgrund dieses Standes kann er private Informationen über das Klatschobjekt erwerben, da er zu dessen sozialen Kreis gehört, und scheut sich nicht, diese an Dritte weiterzugeben, da ihm das Klatschobjekt auch nicht so nahe steht, als dass er es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren könnte, sein Wissen anderen zu übermitteln. Eine solche Sonderstellung wird beispielsweise in der Bezeichnung „Klatschbase“ deutlich: eine Base bezeichnet die Tochter der Tante und gehört damit zur entfernten Verwandtschaft. Sie ist zwar so eng im sozialen Kreis des Klatschobjekts eingebunden, dass sie zum Beispiel auf Familienfesten eingeladen wird, und dort die neuesten Angelegenheiten der anderen erfährt, aber nicht eng genug als dass sie die Informationen für sich behalten würde[10].

Die Person, welche die Klatschtriade komplettiert, ist diejenige, welche den Klatsch vom Klatschproduzenten erfährt, nämlich der Klatschrezipient.

Der Klatschrezipient:

Der Klatschrezipient ist der letzte Baustein der Triade und sorgt schließlich dafür, dass ein Gespräch zum Klatsch wird. Dazu muss er sowohl mit dem Klatschobjekt als auch mit dem Klatschproduzenten in einer bestimmten Beziehung stehen. Das Klatschobjekt muss dem Rezipienten zumindest bekannt sein, da sonst Informationen über dessen Privatleben, wie bereits erwähnt, keine Relevanz für ihn hätten und er somit nicht daran interessiert wäre. Ebenso sollten sich Klatschrezipient und –produzent gegenseitig relativ gut kennen, damit sie ein Klatschgespräch führen können, denn es ist nicht üblich, dass sich zwei Fremde zusammen über die Privatangelegenheiten anderer Leute unterhalten.[11] Nachdem der Klatschrezipient die privaten Informationen erhalten hat, kann er sie weiterverbreiten und dadurch selbst zum Klatschproduzenten werden. Somit kann eine private Information sich schnell „wie ein Lauffeuer“ ausbreiten.

Es konnte kurz erläutert werden, wie die Beziehungsstruktur der am Klatschgespräch Beteiligten aussieht. Doch welche Funktion hat Klatsch? Ist Klatsch nur ein Zeitvertreib oder steckt mehr dahinter? Diese Fragen sollen nun geklärt werden.

2.2 Funktionen:

Klatsch im Alltag hat nicht nur einen hohen Unterhaltungswert sondern er erfüllt auch etliche soziale Funktionen:

Oft wird erwähnt, dass Klatsch die Funktion der sozialen Kontrolle erfüllt. „Klatsch ist eine Art Agentennetz, das die Gesellschaft anscheinend zur Kontrolle und zur Selbstkontrolle benötigt“[12] Durch die weite Verbreitung von Klatsch in allen gesellschaftlichen Bereichen ist man sich bewusst, dass man jederzeit zum Klatschobjekt werden kann. Das Ergebnis ist, dass sich viele Menschen ständig von ihrer Umwelt kritisch beobachtet fühlen. Sie wissen dass ein „Fehltritt“ jederzeit zum Klatschthema werden könnte. Da man weiß, dieser negativen Sanktion durch normkonformes Verhalten entgehen zu können, wird man gezwungen, gesellschaftliche Regeln einzuhalten. Klatsch ist nach Bergmann nur indirekt für die soziale Kontrolle verantwortlich, denn nicht Klatsch selbst, sondern die Angst vor Imageverlust durch Klatsch führt zu einem an die geltenden Normen angepassten Verhalten.[13]

Auch die Klatschenden selbst werden gezwungen, sich den Normen anzupassen - insofern, dass sie das nicht normkonforme Verhalten anderer anprangern und dadurch die geltenden Regeln und Werte anerkennen. Klatsch stärkt „die Gemeinschaft der Gerechten“[14] Wer Normen öffentlich anerkennt, ist gezwungen, sich zumindest äußerlich auch nach ihnen zu richten, beziehungsweise sich vor den anderen als untadelig darzustellen.[15] Dennoch verletzen Klatschproduzent und Klatschrezipient zumindest die Norm des Klatschverbots: „Klatschhaftes Verhalten kollidiert mit dem ethischen Gebot der Aufrichtigkeit und Fairness“[16] Denn indem ungeprüfte Informationen über eine Person weitergegeben werden, besteht die Gefahr, dass man sich ein falsches Urteil über sie bildet, das dem wahren Charakter der Person nicht gerecht wird und es ihr schwer macht, dieses Bild zurechtzurücken. Dies ist unter anderem auch der Grund, weswegen Klatsch als verwerflich und unmoralisch angesehen wird.

Durch diesen gemeinsam begangenen Regelverstoß werden die beiden Klatschakteure zu „Komplizen“, was ihre Beziehung zueinander besonders prägt. Beide sind sich bewusst, dass sie etwas Unrechtes tun allerdings tun sie dies zusammen, was ein „Band der Gemeinsamkeit“[17] um sie schlingt. Sie sind beide für die „ungehörige“ Tat verantwortlich, der Produzent, weil er verbotenes Wissen angeboten hat, der Rezipient weil er es angenommen hat und sie werden dadurch zu Verbündeten. Da beide in eine heikle Situation kommen, klatschen normalerweise nur Personen miteinander, die ungefähr den gleichen gesellschaftlichen Rang besitzen.[18]

Doch es gibt noch andere Gründe, warum Klatsch für die Beziehungspflege so gut geeignet ist: Indem der Klatschproduzent dem Klatschrezipient Informationen unter dem Siegel der Verschwiegenheit weitergibt, welche eigentlich geheim bleiben sollten, zeigt er dem Klatschrezipienten, dass er ihn als so wichtig betrachtet, dass dieser einen „Anspruch“ auf die Neuigkeiten hat, ihm aber gleichzeitig vertraut, dass dieser so diskret ist und die Informationen für sich behält.[19]

[...]


[1] vgl. Thiele-Dohrmann 1995, S.7

[2] http://www.zitate.de/detail-kategorie-5277.htm (Stand 13.9.2005)

[3] Bergmann 1998, S. 139

[4] vgl. http://visor.unibe.ch/WS01/medienthemen/Tschannen.pdf (Stand 13.9.2005)

[5] vgl. Bergmann 1998, S. 141

[6] vgl. Bergmann 1987, S.68

[7] vgl.http://www.brandeins.de/home/inhalt_detail.asp?id=877&MenuID=130&MagID=29&sid=su134109841712735379 (Stand 13.9.2005)

[8] vgl. Bergmann 1998, S. 141

[9] vgl. ebd., S. 142

[10] vgl. Bergmann 1998, S.142f

[11] ebd. S. 143

[12] vgl. Thiele-Dohrmann 1995, S. 20

[13] vgl. Bergmann 1987, S.197

[14] Elias/Scotson 1993; S.171

[15] vgl. Bergmann 1987, S. 194f

[16] Thiele-Dohrmann 1995, S. 14

[17] vgl. Bergmann 1987, S. 93

[18] vgl. ebd., S. 93

[19] vgl. Bergmann 1998, S. 146f

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Vergleich zwischen Klatsch der Alltagskommunikation und Medienklatsch
Hochschule
Technische Universität Chemnitz
Veranstaltung
Soziales Handeln und Kommunikation
Note
2,4
Autor
Jahr
2005
Seiten
22
Katalognummer
V66207
ISBN (eBook)
9783638588867
ISBN (Buch)
9783656812685
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vergleich, Klatsch, Alltagskommunikation, Medienklatsch, Soziales, Handeln, Kommunikation
Arbeit zitieren
Peggy Reichel (Autor:in), 2005, Vergleich zwischen Klatsch der Alltagskommunikation und Medienklatsch, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66207

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