Kommunikation und Inkommunikabilitäten der Werbung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitendes zu Werbung und Glaubwürdigkeit

2. Kommunikation und Inkommunikabilitäten der Werbung
2.1 Die Kommunikation von Werbung – Werbung als Kommunikation
2.1.1 Die Ubiquität von Kommunikation
2.1.2 Kommunikation als Prozess
2.1.3 Die Interpunktion von Ereignisfolgen
2.1.4 Handeln und Erleben
2.1.5 Inhalt- und Beziehungsaspekt der Kommunikation
2.2 Inkommunikabilitäten der Werbung
2.2.1. Vertrauens- und Glaubwürdigkeit
2.2.2. Authentizität
2.3 Umstellung des Attributionsmodus als Lösung für Inkommunikabilitäten
2.3.1 Invisibilierung der Mitteilungsinstanz
2.3.2 Invisibilisierung des Adressaten
2.3.3. Aktivierung des Publikums
2.3.4 Umstellung des Attributionsmodus von Handeln auf Erleben

3. Resümee

4. Literatur

1. Einleitendes zu Werbung und Glaubwürdigkeit

„Werbung ist nicht glaubwürdig. Einer Werbeanzeige wird niemand Glauben schenken, weil der Verbraucher sie als voreingenommen empfindet. Werbung ist die Stimme des Verkäufers.“ (Ries und Ries, 2005, S. 99).

Die vorliegende Arbeit hat das Ziel, Probleme der Glaubwürdigkeit und weitere kommunikationsimmanente Grenzen von Werbung in ein umfassendes Modell menschlicher Kommunikation zu integrieren und als Attributionsprobleme zu reformulieren. Mag man auch an der Plausibilität der These von Al und Laura Ries zweifeln, so verdeutlicht sie doch die Bedeutung, die das Thema Glaubwürdigkeit für die Werbung hat. Dass Werbung glaubwürdig zu sein hat, um ihre Wirkung entfalten zu können, ist ein Allgemeinplatz der Werbepsychologie und Marketingforschung: „Damit Werbung Erfolg hat, braucht sie nicht Kreativität. Sie braucht Glaubwürdigkeit“ (Ries und Ries, 2005; S. 53). Auf der anderen Seite wird aber konzediert, dass gerade die persuasive Kommunikation der Werbung in hohem Maße unglaubwürdig ist, da man davon ausgehen kann, dass die Mehrzahl der Adressaten aufgeklärte Personen sind, welche als Ziele der Werbung durchaus den Absatz von Produkten (bzw. Dienstleistungen oder Ideen) identifizieren. In jedem Falle wird man davon ausgehen müssen, dass der Adressat über Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit einer Kommunikationsofferte mitentscheidet. Aus diesem Grund bietet es sich an, ein umfassendes Modell der Kommunikation als theoretisches Instrument zu Rate zu ziehen.

Werbung wird nämlich im Rahmen dieser Arbeit umfassend verstanden als eine Form menschlicher Kommunikation, die zum Ziel hat, Personen dazu zu motivieren, die Werbeziele in tatsächliches Verhalten umzusetzen. Zugrundelegen will ich daher ein allgemeines Modell der Kommunikation, welches sich im Wesentlichen auf die Erkenntnisse Paul Watzlawicks et. al. (2000) sowie die Systemtheorie nach Niklas Luhmann stützt. Mit dieser Hilfe will ich darzulegen versuchen, dass das Problem der Glaubwürdigkeit in der Werbekommunikation als strukturelles Problem der Kommunikation und Resultat eines bestimmten Zurechnungsmodus’ aufgefasst werden kann.

Im Folgenden will ich zunächst das dieser Arbeit zugrunde liegende Modell von Kommunikation vorstellen und in diesem Zusammenhang auf immanente Schranken der (Werbe-)Kommunikation eingehen. Im Anschluss daran soll der Fokus darauf gerichtet werden, mit Hilfe welcher Strategien die Werbung diese Probleme zu umgehen bzw. zu invisibilieren versucht.

2. Kommunikation und Inkommunikabiltäten von Werbung

2.1 Die Kommunikation von Werbung – Werbung als Kommunikation

Das Thema Kommunikation hatte nicht immer die wissenschaftliche Prominenz, über die es heute dank verschiedenen Psychologen, Sozialpsychologen und Soziologen verfügt. Erst in den fünfziger Jahren dieses Jahrhundert richtet sich der Fokus der (Fach-)öffentlichkeit auf dieses elementare Phänomen menschlichen Zusammenlebens, analog dazu erfährt das Thema auch im den mehr praktisch orientierten Bereich des Marketing und der Markentechnik zunehmende Bedeutung. Spätestens mit dem Erscheinen des Standwerkes über menschliche Kommunikation der Palo Alto Schule um Paul Watzlawick (2000) ist das Thema Kommunikation in der (nicht nur psychologischen) Fachöffentlichkeit in aller Munde.

2.1.1 Die Ubiquität von Kommunikation

Dieses Interesse gründet sich nicht zuletzt auf die erste, ebenso simple wie anschlussfähige These Watzlawicks: „Man kann nicht nicht kommunizieren“ (Watzlawick et. al.; 2000; S. 53). Sobald sich zwei Personen wechselseitig wahrnehmen, was unter der Bedingung gemeinsamer Anwesenheit und Aufmerksamkeit zwangsläufig der Fall ist, kommt Kommunikation zustande, und jeder Versuch, nicht zu kommunizieren, kann nur noch als Kommunikationsofferte zugerechnet werden. Damit lässt sich auch das Verhältnis zwischen Unternehmen und Kunden, speziell auch Werbung, als Form der Kommunikation auffassen, sofern man bereit ist, auch Unternehmen als (juristische) Personen bzw. Adressaten zu verstehen - was ja im Kontext der Markenbildung und –führung seit der Beginn der Markentechnik angestrebt wird (Domitzlaff 1991). Von Personen soll daher immer die Rede sein, wenn Instanzen gemeint sind, denen Mitteilungen zugerechnet werden können. Für Unternehmen bedeutet das etwa, dass die Nicht-Stellungnahme zu einem betrieblichen Skandal nur als kommunikativ vorgebrachte Stellungsnahme gewertet wird, nämlich beispielsweise als Versuch der Vertuschung oder als Schweigen in Ermangelung von Erklärungen. Was dann vom Publikum als vom Unternehmen initiierte Kommunikation gewertet wird, liegt weniger im Ermessen des Unternehmens selbst als im Ermessen des Publikums, das sich bestimmter Zurechnungsmodi bedient, die etwas als Handeln (oder Unterlassen) erscheinen lassen.

Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Publikum bei der Wahrnehmung einer in der Werbung vorgebrachten Kommunikationsofferte reagieren muss. Denn die Wahrnehmung einer Werbung zwingt zur Reaktion darauf, und auch (und gerade) die Unterlassung eines Kaufaktes ist als mögliche Reaktionshandlung von hoher Relevanz für das Unternehmen. Um es mit Watzlawick zu formulieren: „Verhalten hat kein Gegenteil. (…) Handeln oder Nichthandeln, Wort oder Schweigen habe alle Mitteilungscharakter (…). Es muss betont werden, dass Nichtbeachtung oder Schweigen seitens des anderen dem eben Gesagten nicht widerspricht“ (Watzlawick et. al., 2000; S. 51).

Dass man nicht nicht handeln kann, ist als Fazit des bisher Gesagten festzuhalten, und dass Werbung umfassend als Form menschlicher Kommunikation verstanden werden kann. Dass aber Handeln nicht einfach existiert, sondern das Resultat von Beobachtungsschemata ist, soll im Folgenden erläutert werden. Zuvor will ich aber ein Modell der Kommunikation vorstellen, welches stärker der Ereignis- und Prozesshaftigkeit der Kommunikation Rechnung trägt und auf die Struktur von Kommunikation aufmerksam macht, welche der Werbung zum Problem geraten kann.

2.1.2 Kommunikation als Prozess

Folgt man dem systemtheoretischen Prozessmodell Niklas Luhmanns, so ist Kommunikation die Synthese der drei Selektionen von Information, Mitteilung und Verstehen (vgl. auch zum Folgenden Luhmann, 1987, S.194ff).

Informationswert gewinnt nur das, was für einen Beobachter einen Unterschied macht, wenn es im beobachtungsleitenden Differenzschema anschlussfähig ist. Für die Werbung bedeutet das, dass eine Anzeige formal prägnant und inhaltlich bedeutsam gestaltet sein muss, um überhaupt als Information wahrgenommen werden zu können (vgl. Neumann, 2003). Ohne einen wie immer gestalteten „Neuerungswert des Mitteilungsaustausches“ (Luhmann, 1987, S. 195) verliert jedes Ereignis an Informationswert.

Um einen Empfänger zu erreichen, muss diese Information mitgeteilt werden, wozu verschiedene Verbreitungsmedien, wie Schrift, Sprache und grafische Gestaltungselemente zur Verfügung stehen. Während in einfachen, interaktionsnah gebauten Gesellschaften das gesprochene Wort die dominante Form der Mitteilung ist, gewinnen in der modernen Gesellschaft Verbreitungsmedien wie papierne und digitale Dokumente an Bedeutung, deren Vorteil es ist, Informationen dauerhaft zu speichern und an eine Vielzahl von Adressaten tragen zu können, für die persönliche Bekanntschaft keine Vorraussetzung mehr ist. Für die Werbung bleibt das persönliche Verkaufgespräch gleichwohl bedeutsam, da hier ein Vertrauensverhältnis aufgebaut wird, das ein persönliches Commitment zum Kauf der angebotenen Ware erzeugen kann und eine face-to-face-Interaktion aufspannt, in der die (oben angesprochene) Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren, dazu genutzt werden kann, einen Zwang zur Kommunikation zur implizieren, dem sich der Adressat nicht entziehen kann. Wie man in Verkaufsgesprächen oder in Gesprächen mit Handelsvertretern feststellen kann, führt die Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren, im Medium der Interaktion zu Kaufakten, die man unter Umständen leichter ablehnbarer Kommunikationsofferten nicht vollzogen hätte.

Damit Kommunikation schließlich zustande kommt, muss ein Empfänger vorhanden sein, der eine Differenz zwischen Information und Mitteilung erkennt, dass heißt bemerkt, dass hier nicht nur eine Information vorliegt, sondern dass diese auch mitgeteilt wurde. Inwiefern die Eklatanz dieser Differenz zum strukturellen Problem von Kommunikation wird, will ich an späterer Stelle erörtern, zunächst ist festzuhalten, dass der Begriff des Verstehens im hier verstandenen Sinne relativ voraussetzungslos, d.h. ohne ein inhaltlich irgend „richtiges“ Verstehen des Bedeutungsinhaltes zu implizieren, gedacht wird.

Das Stattfinden von Kommunikation als Ereignis gibt also noch keine Auskunft über die Wirkung der Kommunikation oder, bedient man sich systemtheoretischen Vokabulars, ihren Erfolg, insofern die Annahme einer Aufforderung geschieht, bzw. auf die Kaufaufforderung einer Werbung tatsächlich ein Kaufakt erfolgen wird. Da dieses von den Werbtreibenden aber immer intendiert wird, ist jede Werbung persuasive Kommunikation in ebendiesem Sinne.

[...]

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Details

Titel
Kommunikation und Inkommunikabilitäten der Werbung
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Psychologie)
Veranstaltung
Theorie und Praxis der Markt- und Werbepsychologie
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
17
Katalognummer
V65289
ISBN (eBook)
9783638578936
ISBN (Buch)
9783656805472
Dateigröße
464 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kommunikation, Inkommunikabilitäten, Werbung, Theorie, Praxis, Markt-, Werbepsychologie
Arbeit zitieren
Manuel Wätjen (Autor:in), 2006, Kommunikation und Inkommunikabilitäten der Werbung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65289

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